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Informationen zum Dokument  BGE 100 II 358  Materielle Begründung
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Regeste
Nach Art. 343 Abs. 2 und 3 OR haben die Kantone für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von fünftausend Franken ein einfaches, rasches und - unter Vorbehalt mutwilliger Prozessführung - kostenloses Verfahren vorzusehen. Der Streitwert bemisst sich nach der eingeklagten Forderung, ohne Rücksicht auf Widerklagebegehren.
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
54. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. November 1974 i.S. Häfliger gegen Hostettler
 
 
Regeste
 
Verfahrensrecht.  
 
BGE 100 II, 358 (359)Nach Art. 343 Abs. 2 und 3 OR haben die Kantone für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von fünftausend Franken ein einfaches, rasches und - unter Vorbehalt mutwilliger Prozessführung - kostenloses Verfahren vorzusehen. Der Streitwert bemisst sich nach der eingeklagten Forderung, ohne Rücksicht auf Widerklagebegehren.
 
a) Der Beschwerdeführer ist im Gegensatz zum Kassationsgericht der Meinung, dass der Streitwert im Sinne des Art. 343 Abs. 2 OR nicht nur durch die vor erster Instanz eingeklagte Forderung, sondern durch das jeweilige Rechtsbegehren der klagenden Partei bestimmt werde.
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Die Gesetzesmaterialien schweigen sich darüber aus, ob unter "eingeklagter Forderung" nur der vor erster Instanz erhobene Anspruch zu verstehen ist. Das ist indessen schon nach dem Sinnzusammenhang von Art. 343 OR zu bejahen. Ob nämlich für einen Prozess aus einem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 5000.-- ein einfaches, rasches und grundsätzlich kostenloses Verfahren vorzusehen ist, hat der Richter bei Einreichung der Klage, nicht erst in einem späteren Verfahrensabschnitt zu entscheiden. Unter der "eingeklagten Forderung" (la demande, la domanda) ist daher nur der vor erster Instanz gestellte Anspruch gemeint. Dafür spricht auch die Überlegung, dass verschiedene kantonale Prozessordnungen die sachliche Zuständigkeit der Gerichte vom Streitwert bei der Klageerhebung abhängig machen. Die teilweise Streiterledigung nach Eintritt der Rechtshängigkeit (z.B. durch Rückzug, Anerkennung oder Vergleich) berührt weder die einmal begründete Zuständigkeit des betreffenden Gerichtes noch das eingeschlagene Verfahren (vgl. GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht S. 101/102). Wird also das Klagebegehren vor erster Instanz aus irgendeinem Grunde auf Fr. 5000.-- oder weniger herabgesetzt, so ist das in Art. 343 OR vorgesehene besondere Verfahren nicht anwendbar. Es ist auch von der kantonalen Rechtsmittelinstanz, an die der Streit weitergezogen wird, nur dann einzuhalten, wenn die ursprünglich eingeklagte Forderung Fr. 5000.-- nicht überstieg (vgl. REHBINDER, Grundriss des Schweiz. Arbeitsrechts, 2. Aufl., S. 146). Wollte man anders entscheiden, so hätte es die appellierende Partei in der Hand, durch einen entsprechenden Berufungsantrag den Streitwert auf Fr. 5000.-- oder weniger zu BGE 100 II, 358 (360)ermässigen und damit ein für sie ungünstiges, nicht kostenloses Urteil der unteren Instanz im Rechtsmittelverfahren kostenlos überprüfen zu lassen, was widersinnig wäre. Damit steht BGE 98 Ia 567, auf den sich der Beschwerdeführer beruft, nicht im Widerspruch. In diesem Entscheid hat das Bundesgericht bloss klargestellt, dass die in Art. 343 OR vorgeschriebene Unentgeltlichkeit des Verfahrens - gleich wie nach der mittlerweile aufgehobenen Vorschrift von Art. 29 FG - nicht nur für die kantonale, sondern auch für die eidgenössische Gerichtsbarkeit gelte. Das setzt selbstverständlich voraus, dass die ursprünglich eingeklagte Forderung Fr. 5000.-- nicht überschritt.
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b) Der Beschwerdeführer beanstandet sodann zu Unrecht, das Kassationsgericht habe den sozialpolitischen Zweck von Art. 343 OR verkannt. Der Gesetzgeber wollte nach dieser Vorschrift den Parteien des Arbeitsverhältnisses das Prozessrisiko nur in beschränktem Umfange abnehmen, indem er bis zum Klagebetrag von Fr. 5000.-- die Kostenlosigkeit des Verfahrens vorschrieb, an der durch das kantonale Prozessrecht geregelten Entschädigungspflicht der unterliegenden Partei dagegen nichts änderte. Der Beschwerdeführer hatte sich also bei Einleitung des Prozesses über die Höhe der einzuklagenden Forderung zu vergewissern. Es kommt demnach auch nichts darauf an, dass der Beschwerdegegner das weniger als Fr. 5000.-- zusprechende Urteil des Bezirksgerichtes anfocht und erreichte, dass das Obergericht die Klage nur noch in einem geringen Umfange schützte und entsprechend dem Beschwerdeführer Prozesskosten auferlegte.
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