BVerfGE 50, 142 - Unterhaltspflichtverletzung
1. Eine Strafrechtsnorm verstößt nicht schon deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil einzelne Fälle in gleicher Weise strafwürdigen Verhaltens von ihr nicht erfaßt werden.
2. § 170b StGB ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
 
Beschluß
des Ersten Sentas vom 17. Januar 1979
- 1 BvL 25/77 -
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 170b des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 1975 (BGBl. I S. 1) -- Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. November 1977 (42 Ds 132/74) -.
Entscheidungsformel:
§ 170 b des Strafgesetzbuches (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar (Bundesgesetzbl. I S. 1) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
 
Gründe
 
A.
Der Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Nürnberg betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 170b StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht).
I.
1. § 170b StGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 1975 (BGBl I S. 1) hat folgenden Wortlaut, der auf der Novellierung durch das Vierte Gesetz zur Reform des Strafrechts (4. StrRG) vom 23. November 1973 (BGBl I S. 1725) beruht:
    Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so daß der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
2. Bei der Auslegung dieser Vorschrift traten für bestimmte Fallgestaltungen Schwierigkeiten auf: Streitig wurde vor allem, ob eine Strafbarkeit nach § 170b StGB auch dann gegeben ist, wenn unterhaltsberechtigte Kinder aufgrund der Vorschriften des Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG) oder auch des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) von den zuständigen Behörden in einem Heim untergebracht werden und die unterhaltsverpflichteten Eltern trotz eigener Leistungsfähigkeit keinen angemessenen Unterhalt entrichten. Auf eine Vorlage des Bayerischen Obersten Landesgerichts (FamRZ 1976, S. 115 = NJW 1975, S. 1720) hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluß vom 30. März 1976 (BGHSt 26, 312) darauf abgestellt, aus welchen Gründen das unterhaltsberechtigte Kind ins Heim verbracht worden ist: Der den Unterhalt verweigernde Verpflichtete sei dann nach § 170b StGB strafbar, wenn zwischen der Nichtzahlung des Unterhalts und der Heimunterbringung ein innerer Zusammenhang bestehe; hingegen sei § 170b StGB nicht anwendbar, wenn andere Gründe die Verlegung in das Heim veranlaßt hätten. In dem Beschluß heißt es dazu wörtlich:
    Entscheidend bleibt für Fälle der vorliegenden Art., daß die Jugendhilfe gerade und allein wegen Unterhaltsverweigerung eingreifen muß, nicht aus Gründen anderer Art., etwa wegen drohender Verwahrlosung oder geistiger oder körperlicher Behinderung ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Unterhaltspflicht. (Die besondere Betonung des Wortes "ohne" ist im Originaltext durch Kursivdruck kenntlich gemacht).
II.
1. Der Vorlage liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Angeklagte des Ausgangsverfahrens ist die Mutter eines im Jahre 1965 nichtehelich geborenen Sohnes und diesem gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet. Zunächst lebte das Kind bei der Angeklagten und wurde von ihr versorgt, bis sie im Jahre 1972, als sie in einem Nachtlokal im Dirnenmilieu und Zuhältermilieu arbeitete, ihren Sohn zu vernachlässigen begann. Im September 1972 ermittelte das Jugendamt, daß sich das Kind seit zwei Tagen tagsüber unbeaufsichtigt und unversorgt in der Wohnung seiner Mutter aufhielt; die Wohnung befand sich in verwahrlostem Zustand, die Ernährung des Kindes war nicht sichergestellt. Daraufhin wurde das Kind vom Jugendamt in einem Jugendwohnheim untergebracht, wo es noch heute lebt. Durch Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg wurde der Angeklagten die elterliche Gewalt entzogen und diese dem Jugendamt als Vormund übertragen.
In der Zeit bis Herbst 1977 sind Heimunterbringungskosten in Höhe von mehr als 100.000 DM angefallen, die vom Jugendamt getragen wurden. Die Angeklagte, die von Anfang an zu einer Kostenbeteiligung aufgefordert worden war, bezahlte an das Jugendamt nur geringe Beträge, nämlich im Jahre 1974 insgesamt 150 DM, 1975 und 1976 je 50 DM, 1977 insgesamt 300 DM. Dabei wäre die Angeklagte, wie sie selbst einräumt, bei guten Willen in der Lage gewesen, einen angemessenen Unterhaltsbeitrag zu leisten.
Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts hatte die Angeklagte bis etwa Mitte 1975 keinerlei Interesse an ihrem Sohn. Seit etwa Mitte 1975 kümmert sie sich wieder um das Kind, besucht es im Heim und nimmt an seiner weiteren Entwicklung regen Anteil. Sie möchte ihren Sohn auch wieder zu sich nehmen, womit das Jugendamt einverstanden wäre, wenn die Angeklagte sich eine passende und ausreichende Wohnung mieten würde; die Angeklagte will jedoch in ihrem Einzimmerappartement verbleiben.
2. In dem gegen sie eingeleiteten Strafverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht hat das Amtsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 170b StGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Zur Begründung wird ausgeführt: Die Angeklagte habe sich zwar im gesamten Zeitraum seit Herbst 1972 bis Herbst 1977 vorsätzlich ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzogen, obwohl ihr diese Pflicht bekannt und deren Erfüllung möglich gewesen sei. Dennoch erfülle das Verhalten der Angeklagten bis etwa Mitte 1975 den Tatbestand des § 170b StGB nicht. Denn für die Tatbestandsverwirklichung müsse zwingend hinzukommen, daß durch die Entziehung des Unterhalts der Lebensbedarf des Kindes gefährdet sei oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre; die bloße - auch noch so böswillige - Nichtzahlung des Unterhalts sei straflos. Bei der Unterbringung von Kindern in Heimen oder bei Pflegeeltern sei nur derjenige strafbar, dessen Kind wegen der Unterhaltsverweigerung im Heim oder bei den Pflegeeltern untergebracht sei. Hingegen entfalle die Strafbarkeit, wenn das Kind nicht nur wegen der Unterhaltsverweigerung, sondern auch deshalb untergebracht sei, weil der Unterhaltspflichtige es darüber hinaus noch verwahrlosen lasse; denn in diesem Fall würden die mit der Unterbringung des Kindes verbundenen Leistungen zur Deckung des Lebensbedarfs des Kindes nicht gewährt, weil der Unterhaltsverpflichtete seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sei. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zutreffend, wonach die Frage der Strafbarkeit des Unterhaltsverpflichteten bei Heimunterbringung von Kindern nach §§ 5, 6 JWG davon abhänge, aus welchen Gründen die Heimunterbringung erfolgt sei. Da die Angeklagte für ihr Kind bis Mitte 1975 keinen Unterhalt gezahlt und sich zusätzlich nicht um das Kind gekümmert habe, so daß es bei ihr verwahrlost wäre, könne wegen dieser zur Unterhaltsverweigerung hinzukommenden negativen Verhaltensweise der Angeklagten kein Schuldspruch wegen Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 170b StGB erfolgen; auch ein schuldhafter Verstoß gegen § 170d StGB - Verletzung der Fürsorgepflicht oder Erziehungspflicht - liege nicht vor.
Hingegen sei die Rechtslage anders für den Zeitraum ab Mitte 1975. Nunmehr erfülle das Verhalten der Angeklagten den Tatbestand des § 170b StGB. Denn das Kind befinde sich seitdem nicht mehr wegen drohender Verwahrlosung, sondern nur noch deshalb im Heim, weil sich die Angeklagte weigere, ihrer Unterhaltspflicht nachzukommen. Sie könne eine geeignete Wohnung mieten, ihr Kind bei sich aufnehmen und es versorgen, wozu sie als Mutter verpflichtet sei. Wenn sie dieser Pflicht nicht nachkomme und das Kind deswegen im Heim untergebracht bleiben müsse, sei die Angeklagte bei Gültigkeit des § 170b StGB wegen Verletzung der Unterhaltspflicht schuldig zu sprechen und zu bestrafen.
§ 170b StGB sei jedoch mit dem Grundgesetz insoweit nicht vereinbar, als in Fällen wie dem hier vorliegenden ein Schuldspruch erfolgen müsse. Denn die Tatbestandsfassung des § 170b StGB führe dazu, daß beim Hinzutreten negativer Verhaltensweisen zur Unterhaltsentziehung Straflosigkeit und beim Wegfall der negativen Verhaltensweisen Strafbarkeit gegeben sei. Die Angeklagte sei bis Mitte 1975 deswegen straflos, weil sie ihr Kind auch habe verwahrlosen lassen; ab Mitte 1975 solle sie strafbar sein, weil sie ihr Kind nun nicht mehr verwahrlosen lasse, sich vielmehr nur noch ihrer Unterhaltsverpflichtung entziehe; dieses Ergebnis sei willkürlich. Es verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, daß die Verletzung der Unterhaltspflicht bei Wegfall besonderer, den Unrechtsgehalt verstärkender Umstände strafbar und beim Hinzutreten der genannten Umstände straflos sein solle. Diese Rechtslage habe auch in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt.
Nachdem die Straflosigkeit der Eltern, die nicht nur keinen Unterhalt bezahlen, sondern ihre Kinder auch in die Gefahr der Verwahrlosung bringen, vom Gericht hingenommen werden müsse (vgl.BVerfGE 44, 297), müßten dann auch diejenigen Unterhaltspflichtverletzer straflos sein, die "nur" keinen Unterhalt bezahlten; denn deren Bestrafung sei mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar.
III.
Zur Vorlagefrage haben der Bundesminister der Justiz, der Bayerische Ministerpräsident, der Bundesgerichtshof, das Bayerische Oberste Landesgericht und die Oberlandesgerichte, außerdem die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Stellung genommen.
1. Den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Amtsgerichts treten nur das Oberlandesgericht Bamberg sowie die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth bei. Beide beziehen sich in ihren Stellungnahmen im wesentlichen auf die für zutreffend gehaltenen Gründe des Vorlagebeschlusses.
2. In den übrigen Stellungnahmen wird § 170b StGB durchweg für mit dem Grundgesetz vereinbar gehalten.
a) Der Bundesminister der Justiz geht davon aus, daß durch § 170b StGB nicht die bloße Gläubiger-Schuldner-Beziehung zwischen Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem geschützt werde, sondern die Bewahrung des Unterhaltsberechtigten vor Existenzgefährdung. Eine solche liege nicht vor, wenn der Unterhaltsberechtigte, wie im Falle der Fürsorgeerziehung, einen Anspruch auf Unterhalt gegenüber der öffentlichen Hand habe, der unabhängig sei von der Erfüllung der Unterhaltspflicht durch andere. Hier fehle es an dem nach § 170b StGB erforderlichen "inneren Zusammenhang" zwischen Unterhaltsverweigerung und öffentlicher Hilfe. Im übrigen komme es, wie der Bundesgerichtshof im Beschluß vom 30. März 1976 (BGHSt 26, 312) ausgeführt habe, darauf an, aus welchem Anlaß und aufgrund welcher Vorschriften die Heimunterbringung angeordnet worden sei. Dabei sei die Entscheidung des Bundesgerichtshof richtigerweise dahin zu verstehen, daß von § 170b StGB lediglich die Fälle der Unterhaltsverweigerung nicht erfaßt würden, in denen eine Unterbringung ohne inneren Zusammenhang mit der Unterhaltsverweigerung, also völlig unabhängig von ihr, erfolge; dies ergebe sich schon aus der besonderen Betonung, mit welcher der Bundesgerichtshof hervorgehoben habe, daß bei Anordnung der Jugendhilfe ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Unterhaltspflicht eine Anwendung des § 170b StGB ausscheide. Daraus folge, daß die Unterhaltsverweigerung auch dann ursächlich für die öffentliche Hilfe sei, wenn die Heimunterbringung - abgesehen von den Fällen der Fürsorgeerziehung - zwar wegen einer Verwahrlosung erfolge, diese aber auf einer Nichterfüllung der Unterhaltspflicht beruhe; das könne auch dann der Fall sein, wenn die Mutter ihrer Pflicht, den Haushalt und die Kinder zu versorgen, nicht nachkomme. Dies treffe bei dem Sachverhalt zu, welcher dem Vorlagebeschluß zugrunde liege. Bei einer solchen richtigen Auslegung des § 170b StGB würden die problematischen Fälle - entgegen der Meinung des vorlegenden Gerichts - von der Strafbarkeit der Unterhaltspflichtverletzung erfaßt; das in der Vorlage aufgezeigte Gleichbehandlungsproblem trete nicht auf.
b) Der Bayerische Ministerpräsident ist ebenfalls der Auffassung, eine Bestrafung nach § 170b StGB sei jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn die Verwahrlosung des Kindes gerade darauf beruhe, daß der Täter seine Unterhaltspflicht nicht erfülle; hier fehle es nicht an dem erforderlichen inneren Zusammenhang. So sei ersichtlich auch der Vorlagefall gelagert. Soweit andererseits § 170b StGB die Sachverhalte von der Bestrafung ausnehme, bei denen die Verletzung der Unterhaltspflicht nicht zu einer Gefährdung des Lebensunterhalts des Berechtigten führe, da sich dieser unabhängig von der Unterhaltsverweigerung wegen drohender Verwahrlosung in einem Heim befinde, sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht anzunehmen. Denn es sei sachgerecht, der strafrechtlichen Sanktion des § 170b StGB nur solche Fälle zu unterstellen, in denen die Verletzung der Unterhaltspflicht tatsächlich zu einer Gefährdung des Lebensbedarfs des Unterhaltsbedürftigen führe. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Schutzzweck des § 170b StGB dahin auszuweiten, daß jede bloße Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht ohne Rücksicht auf eine Gefährdungsfolge strafbar werde, bestehe nicht.
c) Während der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf seinen Beschluß vom 30. März 1976 (BGHSt 26, 312) Bezug nimmt, beschränkt sich der 3. Strafsenat auf den Hinweis, der Pflichtverletzung fehle die Ursächlichkeit für die potentielle Gefährdung des Lebensbedarfs, soweit das Verhalten des Unterhaltsschuldners eine ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Unterhaltspflicht bestehende gesetzliche Verpflichtung der Behörde zum Eingreifen entstehen lasse; dabei sei jedoch eine Ursächlichkeit auch dann anzunehmen, wenn der die Pflicht zum Eingreifen der Behörde begründende Zustand seinerseits auf eine Verletzung der Unterhaltspflicht zurückzuführen sei. Der 4. Strafsenat meint, die Tatbestandsbegrenzung des § 170b StGB beruhe auf einem sachlich zureichenden Grund, da in erster Linie der Schutz des Unterhaltsberechtigten vor wirtschaftlicher Gefährdung bezweckt sei, während der Schutz vor vermeidbarer Inanspruchnahme öffentlicher Mittel demgegenüber zurücktrete. Selbst wenn sich im Ausgangsverfahren die vom vorlegenden Gericht angenommenen rechtlichen Folgen ergeben sollten, sei dies nicht willkürlich. Im übrigen sei zumindest zweifelhaft, ob derjenige stets straffrei bleibe, der seine Unterhaltspflicht verletze, wenn das unterhaltsberechtigte Kind wegen drohender Verwahrlosung im Heim untergebracht werde. Denn in den Fällen, in denen die Unterhaltsverweigerung die Gefahr der Verwahrlosung schaffe oder beides zusammenkomme, dürften keine Bedenken bestehen, den erforderlichen "inneren Zusammenhang" zwischen Unterhaltspflichtverletzung und Hilfeleistung zu bejahen; es sei nicht einzusehen, warum mit der Heimunterbringung nicht gleichzeitig mehrere Zwecke (Abwendung der durch die Unterhaltsverweigerung hervorgerufenen Gefährdung und der drohenden Verwahrlosung) sollten verfolgt werden können.
d) Die Stellungnahmen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Oberlandesgerichte (mit Ausnahme des Oberlandesgerichts Bamberg) decken sich zwar in ihrem Ergebnis, der Vereinbarkeit des § 170b StGB mit dem Grundgesetz, und großenteils auch in den Grundzügen ihrer strafrechtlichen und verfassungsrechtlichen Überlegungen. In den Einzelheiten gehen die Stellungnahmen aber erheblich auseinander. Die sehr vielfältigen Überlegungen, die hierbei angestellt wurden, lassen sich in ihren hauptsächlichen Grundlinien wie folgt zusammenfassen:
Allgemein wird für die Strafbarkeit nach § 170b StGB ein "innerer Zusammenhang" zwischen der öffentlichen Hilfe, insbesondere der Heimunterbringung und der Unterhaltspflichtverletzung als erforderlich erachtet. Bei der Frage, wann dieser innere Zusammenhang gegeben ist, schließen sich jedoch nur vereinzelte Stellungnahmen der engen Auffassung an, die das vorlegende Gericht vertritt; auch dann wird die gesetzliche Regelung nicht für willkürlich, wenn auch für änderungsbedürftig gehalten. Im übrigen bewerten die Stellungnahmen die Auslegung des § 170b StGB durch das Amtsgericht als unzutreffend, insbesondere auch dessen enge Interpretation des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 30. März 1976. Übereinstimmung besteht allerdings darin, daß es am erforderlichen "inneren Zusammenhang" zwischen Heimunterbringung und Unterhaltspflichtverletzung fehle, wenn beim Eingreifen der öffentlichen Hilfe ganz der Erziehungszweck im Vordergrund stehe, wie dies bei der Fürsorgeerziehung der Fall sei.
In vielen Stellungnahmen wird die Auffassung vertreten, die Heimunterbringung eines Kindes, dessen Verwahrlosung drohe, stehe jedenfalls dann im erforderlichen inneren Zusammenhang zur Unterhaltsverweigerung des Verpflichteten, wenn die Verwahrlosung Folge der Unterhaltspflichtverletzung sei. Häufig wird darüber hinaus angenommen, der Tatbestand des § 170b StGB könne auch dann verwirklicht sein, wenn das Eingreifen der Behörde auf mehreren Gründen (Verwahrlosung und Unterhaltsgefährdung) beruhe, die Heimunterbringung also neben der Verhinderung einer Verwahrlosung auch der Unterhaltssicherung diene. In einer Reihe von Stellungnahmen findet sich die Ansicht, daß eine solche weitergehende Auslegung des § 170b StGB im Hinblick auf das Erfordernis des "inneren Zusammenhangs" mit der Rechtsprechung, wie sie im grundlegenden Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 30. März 1976 (BGHSt 26, 312) ihren Ausdruck gefunden habe, nicht in Widerspruch stehe.
Regelmäßig wird davon ausgegangen, daß eine Verfassungswidrigkeit des § 170b StGB selbst dann nicht anzunehmen sei, wenn trotz gebotener Auslegung Fälle verblieben, die bei gleich zu bewertender Strafwürdigkeit von § 170b StGB nicht erfaßt würden. Das Bestimmtheitserfordernis für Strafnormen (Art. 103 Abs. 2 GG) zwinge den Gesetzgeber dazu, die Tatbestandsmerkmale strafgesetzlicher Bestimmungen möglichst konkret zu fassen; das könne dazu führen, daß einzelne am Rande liegende Sachverhalte mit vergleichbarem Unrechtsgehalt aus dem Anwendungsbereich der Norm herausfielen.
Häufig wird darauf hingewiesen, daß § 170b StGB nicht isoliert gesehen werden dürfe; der Gesetzgeber habe das Rechtsgut der Fürsorgepflicht und Erziehungspflicht in § 170d StGB unter strafrechtlichen Schutz gestellt, der insoweit den Rechtsgüterschutz des § 170b StGB ergänze. Nach der Neufassung und Konkretisierung des § 170d StGB bestehe kein Anlaß mehr, diese Bestimmung selten und restriktiv anzuwenden. Schließlich wird auch betont, daß es eine "Gleichheit im Unrecht" nicht gebe, daß also ein Straftäter nicht deswegen von gerechter Strafe frei bleiben müsse, weil andere, möglicherweise gleich strafwürdige Verhaltensweisen von einer Strafnorm nicht erfaßt würden.
 
B.
Die Vorlage ist zulässig.
Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts genügen noch den Anforderungen, die an einen Vorlagebeschluß zu stellen sind (vgl.BVerfGE 37, 328 [333 f.]; 47, 109 [114]). Die vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung erscheint nicht offensichtlich unhaltbar (vgl.BVerfGE 13, 31 [35 f.]; 16, 82 [88]; 18, 274 [280 f.]), wenngleich die Ansichten des vorlegenden Gerichts in wesentlichen Punkten Bedenken begegnen, wie bei der Sachprüfung der Vorlagefrage zu erörtern sein wird.
 
C.
§ 170b StGB verstößt bei einer Auslegung, die der in der Rechtsprechung vorherrschenden Auffassung entspricht, nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Vorschrift begegnet auch im übrigen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
I.
1. a) Die Auslegung des § 170b StGB bei Eingreifen der öffentlichen Hand, insbesondere durch Heimunterbringung des Unterhaltsberechtigten, ist umstritten. Meinungsverschiedenheiten zwischen verschiedenen oberen Gerichten (Oberlandesgericht Frankfurt, NJW 1972, S. 836; Oberlandesgericht Stuttgart, NJW 1973, S. 816 einerseits, Bayerisches Oberstes Landesgericht, a.a.O., andererseits) haben zur Vorlage an den Bundesgerichtshof geführt (BGHSt 26, 312); auch nach diesem Beschluß des Bundesgerichtshofs können bei dessen Interpretation und der Auslegung des § 170b StGB noch Unstimmigkeiten auftreten, wie der Vorlagebeschluß zeigt (vgl.auch Forster, NJW 1976, S. 1645). Je nachdem, welcher Inhalt der zur Normenkontrolle vorgelegten Gesetzesbestimmung beigelegt wird, können die Erwägungen zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift verschieden sein. Das Bundesverfassungsgericht muß deshalb von sich aus die Rechtslage nach einfachem Recht untersuchen und die erforderliche Auslegung des § 170b StGB vornehmen; denn die Frage der Vereinbarkeit einer Vorschrift mit dem Grundgesetz kann nur beantwortet werden, wenn die zutreffende Interpretation der Norm zugrunde gelegt wird (BVerfGE 22, 28 [33] m.w.N.; 30, 129 [139]; 32, 279 [284]; 33, 90 [100]). Dies ist auch deshalb notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht bei mehreren möglichen Auslegungen der verfassungskonformen Interpretation den Vorzug geben muß (vgl.BVerfGE 18, 70 [80]; 2, 266 [282]). Bei der Auslegung des § 170b StGB ist das Bundesverfassungsgericht nicht an die Rechtsansicht des vorlegenden Gerichts gebunden.
b) § 170b StGB dient - wie bereits eingangs erwähnt - in erster Linie dem Schutz des Unterhaltsberechtigten vor Gefährdung seines materiellen Lebensbedarfs; außerdem soll - dahinter zurücktretend - die Allgemeinheit vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel geschützt werden (vgl.Lenckner, in: Schönke-Schröder, Strafgesetzbuch, 19. Aufl, 1978, RdNr. 1 zu § 170b StGB; Dreher/Tröndle, Strafgesetzbuch, 38.Aufl, 1978, RdNr. 1 zu § 170 b StGB; Lackner, Strafgesetzbuch, 11. Aufl, 1977, Anm 1 zu § 170b StGB; Heimann-Trosien, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd 2, 9. Aufl, 1974, RdNr. 1 zu § 170b StGB; BGHSt 26, 111 [116]; BGHZ 28, 359 [366]). Geschütztes Rechtsgut ist somit nicht die ordnungsgemäße Erfüllung gesetzlicher zivilrechtlicher Unterhaltsansprüche schlechthin, sondern die materielle Sicherstellung des Berechtigten sowie - zweitrangig - die Schonung der öffentlichen Finanzen.
In welchem Umfang gesetzliche Unterhaltspflichten bestehen und wann ein Verpflichteter diese nicht erfüllt, richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (vgl.BGHSt 12, 166,[171]). Dabei ist zu beachten, daß gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB die Mutter ihre Verpflichtung, zum Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. In diesem Fall gehört zum Unterhalt die Vornahme aller der Handlungen, die normalerweise von einer Frau im Haushalt zu erbringen sind; § 170b StGB ist anwendbar, wenn solche Leistungen verweigert werden (vgl.Lenckner, in: Schönke-Schröder, a.a.O., RdNr. 13 zu § 170b StGB; Oberlandesgericht Hamm, NJW 1964, S. 2316; a.A. Oberlandesgericht Karlsruhe, JZ 1973, S. 600).
Entsprechend dem vom Gesetzgeber in § 170b StGB beabsichtigten Rechtsgüterschutz reicht die bloße Nichterfüllung des Unterhaltsanspruchs zur Tatbestandsverwirklichung nicht aus; vielmehr muß sich der Täter der gesetzlichen Unterhaltspflicht entziehen, so daß der Lebensbedarf des Berechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre (konkretes Gefährdungsdelikt - BGHSt 12, 185 [187]).
Zwischen der Unterhaltsverweigerung und der tatsächlichen oder nur durch Dritte abgewendeten Gefährdung des Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten muß somit ein Kausalitätsverhältnis gegeben sein; die fremde Hilfe muß in einem "inneren Zusammenhang" zur Nichtzahlung des Unterhalts durch den Verpflichteten stehen (vgl.BGHSt 26, 312 [315]; Oberlandesgericht Hamm, NJW 1975, S. 456 [457]; Oberlandesgericht Frankfurt, NJW 72, S. 836; Oberlandesgericht Köln, FamRZ 1976, S. 116 [117]; Lenckner, in: Schönke-Schröder, a.a.O., RdNr. 22 zu § 170b StGB; Heimann-Trosien, in: Leipziger Kommentar, a.a.O., RdNr. 20 zu § 170b StGB). Dieser "innere Zusammenhang" ist stets dann gegeben, wenn die Hilfe, auch die der öffentlichen Hand, deswegen gewährt wird, weil die Unterhaltsverpflichteten ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen, wenn also eine Unterhaltssicherung erforderlich ist und mit der Hilfeleistung bezweckt wird; denn in diesen Fällen wäre ohne das Eingreifen der Hilfe anderer der Lebensbedarf des Berechtigten tatsächlich gefährdet; soweit hier öffentliche Hilfe gewährt wird, liegt eine Inanspruchnahme der öffentlichen Mittel gerade wegen der Unterhaltsverweigerung des Verpflichteten vor. Hingegen fehlt es am "inneren Zusammenhang", wenn die Leistungen Dritter unabhängig davon erbracht werden, ob der Unterhaltsverpflichtete seiner Pflicht nachkommt oder nicht. Bei öffentlicher Hilfe ist der "innere Zusammenhang" dann nicht gegeben, wenn die öffentliche Hand aus anderen als den Gründen der Unterhaltssicherung eingreift (auch wenn dabei möglicherweise als notwendige Folge des Eingreifens Unterhaltsleistungen erbracht werden).
Für die Fälle der Heimunterbringung des Berechtigten durch eine Behörde gilt danach folgendes: Es kommt darauf an, ob die Unterbringung der Sicherung des materiellen Lebensbedarfs dient und dadurch verursacht wurde, daß der Unterhaltsverpflichtete die Unterhaltsleistungen nicht erbrachte, oder ob der Heimaufenthalt aus anderen, mit der Unterhaltsverweigerung nicht in Zusammenhang stehenden Gründen veranlaßt war. Es ist daher nach dem Grund und der Zielsetzung der Heimunterbringung zu unterscheiden (vgl.BGHSt 26, 312 [317]; Oberlandesgericht Köln, a.a.O.; Bayerisches Oberstes Landesgericht, FamRZ 1976, S. 115 [116]; Oberlandesgericht Hamm, a.a.O.; Oberlandesgericht Oldenburg, OLGSt Nr. 1 zu § 170b StGB; Lenckner, in: Schönke-Schröder, a.a.O., RdNr. 22 zu § 170b StGB; Dreher/Tröndle, a.a.O., RdNr. 8 zu § 170b StGB; Klussmann, MDR 1973, S. 457 [459 f.]).
2. Das Eingreifen der öffentlichen Hand, insbesondere die Heimunterbringung, kann auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen beruhen und unterschiedlichen Zielen dienen. Das Jugendamt kann im Rahmen der Erziehungshilfe nach den §§ 5, 6 JWG ein Kind in einem Heim unterbringen, wobei die Heimunterbringung aus verschiedenen Motivationen erfolgen kann: Es kann der Erziehungszweck im Vordergrund stehen (entsprechend der eigentlichen Aufgabe der Jugendämter), es kann aber auch vorrangig die Sicherung der Lebensgrundlagen des Kindes bezweckt sein. Eine Heimunterbringung kann im Rahmen freiwilliger Erziehungshilfe nach §§ 62 f JWG in Betracht kommen. Sie kann ferner auf vormundschaftsgerichtlich angeordneter Fürsorgeerziehung beruhen, weil Verwahrlosung des Kindes droht oder bereits eingetreten ist (§§ 64 ff. JWG). Das Eingreifen der öffentlichen Hilfe bis zur Heimunterbringung kann schließlich auch im Rahmen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz erfolgen (zur Abgrenzung der sich insoweit teilweise überschneidenden Zuständigkeiten vgl.Potrykus, Jugendwohlfahrtsgesetz, 2. Aufl, 1972, Anm 4 zu § 6 JWG sowie Anhang zu § 6 JWG). Dabei ist innerhalb der Sozialhilfe wieder zu unterscheiden zwischen der allgemeinen Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 11 ff. BSHG) und der Hilfe in besonderen Lebenslagen (§§ 27 ff. BSHG). Hilfe zum Lebensunterhalt kann auch durch Unterbringung in einem Heim geleistet werden (§ 21 Abs. 3 BSHG). Bei Hilfe in besonderen Lebenslagen kommt eine Heimunterbringung vor allem aus gesundheitlichen Gründen in Betracht (z. B. Eingliederungshilfe für Behinderte [§ 27 Abs. 1 Ziff. 6 BSHG], Tuberkulosehilfe [§ 27 Abs. 1 Ziff. 7 BSHG] etc). Hieraus ergibt sich, daß auch eine Heimunterbringung aufgrund der Sozialhilfebestimmungen unterschiedliche Ziele verfolgen kann, nämlich zum einen echte Unterhaltssicherung, zum anderen zusätzliche Hilfe, etwa zur ärztlichen Betreuung, unabhängig vom laufenden Unterhalt.
3. Bei der Anwendung der unter 1b) aufgestellten Grundsätze auf diese Fälle der Heimunterbringung kann vor allem die rechtliche Beurteilung von Sachverhalten zu Zweifeln Anlaß geben, bei denen für das Eingreifen der Behörde mehrere Gründe und Zielsetzungen maßgeblich sind:
a) Das Jugendamt greift zwar ein, um eine drohende Verwahrlosung des Kindes durch Verbringen in ein Heim abzuwenden und vorrangig seine Erziehung zu sichern; zur Verwahrlosung ist es aber gerade deswegen gekommen, weil ein Verpflichteter seinen materiellen Unterhalt nicht geleistet hat. In diesen Fällen ist der erforderliche Zusammenhang zwischen der Unterhaltsverweigerung und der Heimunterbringung gegeben, obwohl das Vorgehen des Jugendamts in erster Linie durch die drohende Verwahrlosung aus erzieherischen Gründen veranlaßt worden ist; denn hier ist die Verwahrlosungsgefahr nur ein Zwischenglied zwischen Unterhaltsverweigerung und Heimunterbringung; der Tatbestand des § 170b StGB ist daher verwirklicht (vgl.Lenckner, in: Schönke-Schröder, a.a.O., RdNr. 22 zu § 170b StGB). Möglicherweise greift daneben auch § 170d StGB ein, wenn die Erziehungspflicht gröblich vernachlässigt wurde (§ 170b und § 170d StGB können in Tateinheit stehen, Oberlandesgericht Hamm, NJW 1964, S. 2316 [2317]; Dreher/Tröndle, a.a.O., RdNr. 12 zu § 170b StGB).
In diese Fallgruppe gehören viele Sachverhalte, die dem vorlegenden Gericht Anlaß zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegeben haben. Denn sehr häufig, möglicherweise auch im Vorlagefall selbst, wird dann, wenn Verwahrlosung und Verletzung der materiellen Unterhaltspflicht zusammenkommen, die Verwahrlosung gerade durch die Unterhaltsverweigerung verursacht sein. Dies liegt jedenfalls überall dort nahe, wo die sorgeberechtigte Mutter, die ihre Unterhaltspflicht durch Verpflegung und Verköstigung des Kindes erfüllen muß, diesen Pflichten nicht nachkommt und das Kind damit sowohl physisch als auch psychisch vernachlässigt. In vielen dieser Fälle wird aus den genannten Gesichtspunkten eine Strafbarkeit nach § 170b StGB zu bejahen sein.
b) Das Jugendamt veranlaßt die Heimunterbringung eines Kindes, sowohl um den - durch Unterhaltsverweigerung eines Verpflichteten - gefährdeten Lebensbedarf des Kindes zu sichern, als auch, um einer Verwahrlosung durch weitere Pflichtverletzungen eines Erziehungsberechtigten, die unabhängig von der Unterhaltsverweigerung sind, zu begegnen; keiner der beiden Zwecksetzungen (Unterhaltssicherung und Erziehungssicherung) steht gegenüber dem anderen ausgesprochen im Vordergrund. Hier muß es darauf ankommen, ob die Sicherung des Unterhalts allein bereits für das Eingreifen des Jugendamts ausreichend Anlaß geboten hat, ob diese Zwecksetzung also die Heimunterbringung trägt, ohne Rücksicht auf die hinzukommenden, mit der Verwahrlosung zusammenhängenden Gründe. Ist dies zu bejahen, so ist der Tatbestand des § 170b StGB erfüllt. Wenn allein die drohende Gefährdung des materiellen Lebensbedarfs bereits für die Heimunterbringung ausreicht und die öffentliche Hand auch deswegen eingreift, liegt der erforderliche "innere Zusammenhang" zwischen Unterhaltsverweigerung und Heimunterbringung vor.
Auch im Bereich dieser Fallgruppe können die vom vorlegenden Gericht als problematisch angesehenen Sachverhalte angesiedelt sein. Das vorlegende Gericht geht hier jedoch von einer unzutreffenden Betrachtungsweise aus, wenn es meint, die - an sich strafbare - Unterhaltspflichtverletzung werde durch das Hinzutreten weiterer negativer Verhaltensweisen des Verpflichteten (zusätzliche Herbeiführung einer Verwahrlosung des Kindes) straflos.
Liegt eine Unterhaltspflichtverletzung vor, die so gravierend ist und zu einer solchen Bedrohung der materiellen Lebensumstände des Betroffenen führt, daß die öffentliche Hand bereits deswegen zur Heimunterbringung schreiten muß, so wird die Strafbarkeit des den Unterhalt verweigernden Verpflichteten nach § 170b StGB nicht dadurch ausgeschlossen, daß weitere negative, den Unrechtsgehalt verstärkende Verhaltensweisen hinzutreten. Denn es geht - wie dargestellt - der "innere Zusammenhang" zwischen der Heimunterbringung und der Unterhaltsverweigerung gerade nicht dadurch verloren, daß das Jugendamt auch wegen drohender Verwahrlosung, die andere Gründe hat, eingreift. Trägt die Unterhaltsverweigerung für sich allein bereits die Heimunterbringung, dann sind zusätzliche Gründe und Verhaltensweisen des Verpflichteten belanglos. Reicht hingegen die bloße Unterhaltsverweigerung nicht aus, um ein Einschreiten der öffentlichen Hand und die Heimunterbringung erforderlich zu machen, dann fehlt es regelmäßig auch an der Gefährdung des Lebensbedarfs, welche durch solche Maßnahmen der öffentlichen Hand abzuwenden wäre; denn läge die Gefährdung vor, dann müßte das Jugendamt (oder die Sozialbehörde) in Erfüllung ihrer Aufgaben gerade zur Unterhaltssicherung eingreifen. In diesen Fällen sind die durch § 170b StGB geschützten Rechtsgüter nicht verletzt, so daß durch die zur Verwahrlosung führenden Verhaltensweisen nicht ein weiterer Unrechtsgehalt hinzukommt, sondern ein anderes Unrecht vorliegt, das möglicherweise zur Bestrafung nach § 170d StGB führen kann.
Dem vorlegenden Gericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es der Ansicht ist, während der Heimunterbringung könne eine Strafbarkeit nach § 170b StGB dann einsetzen, wenn zusätzliche negative Verhaltensweisen entfielen. Ist die Heimunterbringung in der Weise durch die Unterhaltsverweigerung mit veranlaßt worden, daß diese auch für sich allein bereits die Verbringung ins Heim trägt, so verbleibt es während des Heimaufenthalts bei der Strafbarkeit nach § 170b StGB, solange der Verpflichtete (das Vorliegen sonstiger Erfordernisse wie Leistungsfähigkeit usw vorausgesetzt), einen zumutbaren Kostenbeitrag vorsätzlich nicht leistet. Dies ist unabhängig davon, ob weitere Unterbringungsgründe wie drohende Verwahrlosung bestehen bleiben oder wegfallen, sofern nur die Fortsetzung des Heimaufenthalts auch durch die Zwecksetzung der Unterhaltssicherung getragen wird; dies ist ohne weiteres der Fall, wenn das Kind dann aus dem Heim entlassen werden könnte, wenn der materielle Unterhalt durch den Unterhaltsverpflichteten sichergestellt wäre. Die Strafbarkeit nach § 170b StGB kann nur dann enden, wenn aufgrund einer neuen Entwicklung die Fortsetzung des Heimaufenthalts von einem bestimmten Zeitpunkt an vorrangig auf ganz anderen Gründen beruht. In diesen Fällen ist der Wegfall der Strafbarkeit nach § 170b StGB sachlich dadurch gerechtfertigt, daß die in § 170b StGB geschützten Rechtsgüter nicht mehr verletzt werden.
4. Diese Auslegung des § 170b StGB steht mit den in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. März 1976 (BGHSt 26, 312) entwickelten Grundsätzen in Einklang. Der Bundesgerichtshof hatte dort nicht zu entscheiden, ob und wann der Tatbestand des § 170b StGB erfüllt sei, wenn für die Heimunterbringung sowohl der Unterhaltssicherungszweck als auch der Erziehungszweck maßgeblich seien. Er hatte sich vor allem mit der vom Oberlandesgericht Frankfurt (NJW 1972, S. 836) vertretenen Meinung auseinanderzusetzen, bei Heimunterbringung nach §§ 5, 6 JWG scheide eine Strafbarkeit gemäß § 170b StGB (außer bei Überleitung von Unterhaltsansprüchen gemäß § 82 JWG) deswegen aus, weil die primäre Unterhaltspflicht auf den Träger der Jugendhilfe übergegangen sei. Der Bundesgerichtshof hat im Gegensatz hierzu die grundsätzliche Möglichkeit eines "inneren Zusammenhangs" zwischen Heimunterbringung nach §§ 5, 6 JWG und Unterhaltsverweigerung (abhängig vom Grund der Heimunterbringung) bejaht und die Frage der Kostenüberleitung für unerheblich erklärt. Dabei kam es ihm ersichtlich darauf an, das Erfordernis des Zusammenhangs zwischen Unterhaltsverweigerung und Heimunterbringung herauszustellen und klarzulegen, daß ein Eingreifen der Jugendhilfe ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Unterhaltspflicht zur Verwirklichung des Tatbestands des § 170b StGB nicht ausreicht (das zeigt gerade die Betonung des Wortes "ohne" durch Kursivschrift, BGHSt, a.a.O., S. 317); es werden hier also zwei Alternativen gegenübergestellt, die sich ausschließen. Dagegen kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Bundesgerichtshof damit über mögliche Kombinationen beider Zwecksetzungen und Unterbringungsgründe Entscheidendes sagen wollte. Unter diesem Blickwinkel ist auch die Formulierung zu verstehen, Jugendhilfe müsse "gerade und allein wegen Unterhaltsverweigerung eingreifen"; es ist nicht anzunehmen, daß hiermit zum Ausdruck gebracht werden sollte, es fehle an dem "inneren Zusammenhang" schon dann, wenn zum Unterhaltssicherungszweck der Unterbringung noch irgendein weiteres Motiv der Behörde hinzukomme. Vielmehr ist es auch unter Berücksichtigung dieser Überlegungen des Bundesgerichtshofs nur erforderlich, daß gerade die Unterhaltsverweigerung für sich allein bereits die Heimunterbringung trägt, mögen auch noch weitere Gründe hinzutreten.
II.
1. Die Auslegung des § 170b StGB ergibt hiernach, daß der Rahmen der Strafbarkeit weiter gespannt ist, als es das vorlegende Gericht annimmt. Wohl die meisten Sachverhalte, von denen das vorlegende Gericht meint, sie fielen trotz gleicher Strafwürdigkeit aus der Strafbarkeit heraus, werden vom Tatbestand des § 170b StGB erfaßt. Offenkundige Unstimmigkeiten, wie sie im Vorlagebeschluß dargelegt werden (Straflosigkeit bei Hinzutreten zusätzlicher negativer Verhaltensweisen, Strafbarkeit bei deren Wegfall), bestehen in aller Regel nicht. Strafbarkeit und Straflosigkeit eines Verhaltens lassen sich regelmäßig folgerichtig auf den mit § 170b StGB beabsichtigten Rechtsgüterschutz zurückführen. Insgesamt erweist sich, daß die im Hinblick auf Art.. 3 Abs. 1 GG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken großenteils bereits bei zutreffender Gesetzesauslegung entfallen.
Immerhin mögen die in § 170b StGB getroffene Wahl der geschützten Rechtsgüter und die Ausgestaltung der Tatbestandsmerkmale in Einzelfällen zu Ergebnissen führen, die nicht auf den ersten Blick einleuchten und vom Rechtsgefühl her als unbefriedigend angesehen werden könnten. So ist etwa folgender Fall denkbar: Ein Vater, dessen Kind nicht bei ihm, sondern bei der sorgeberechtigten Mutter lebt und der Unterhalt in Form einer Geldrente zahlen muß, kommt dieser Pflicht nicht nach; er ist nach § 170b StGB strafbar. Die Mutter, die selbst in beengten finanziellen Verhältnissen lebt, das Kind aber materiell versorgt, läßt es sittlich verwahrlosen, so daß es deswegen vom Jugendamt in ein Heim gebracht wird. Von nun an entfällt die Strafbarkeit des Vaters nach § 170b StGB, obwohl er weiter keine Unterhaltszahlungen erbringt. Hier kommt ihm letztlich die Pflichtverletzung der Mutter zugute.
2. Auch die Möglichkeit solcher oder ähnlicher Fälle rechtfertigt jedoch keinen durchgreifenden Zweifel an der Vereinbarkeit des § 170b StGB mit dem Grundgesetz.
a) Nach Art.. 3 Abs. 1 GG ist der Gesetzgeber zwar gehalten, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln; hierbei verbleibt ihm aber ein weiter Gestaltungsspielraum. Das Bundesverfassungsgericht kann nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden und dem Gesetzgeber erst entgegentreten, wenn für eine von ihm getroffene Differenzierung sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar sind, so daß ihre Aufrechterhaltung als willkürlich beurteilt werden müßte (ständige Rechtsprechung; vgl.BVerfGE 3, 58 [155 f.]; 9, 334 [337]; 17, 319 [330]; 21, 12 [26 f.]; 41, 121 [125]; 47, 109 [124]).
Der Gesetzgeber ist bei der Entscheidung, ob er ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm wesentlich erscheint, gerade mit den Mitteln des Strafrechts verteidigen und wie er dies gegebenenfalls tun will, grundsätzlich frei (vgl.hierzu BVerfGE 39, 1 [44 ff.]). Im Falle des § 170b StGB ist nicht schon die korrekte Abwicklung der Gläubiger-Schuldner-Beziehung zwischen Unterhaltsverpflichtetem und Unterhaltsberechtigtem als solche strafrechtlich geschützt: Dies liegt auf der auch sonst verfolgten Linie des Strafrechts, die bloße Nichterfüllung zivilrechtlicher Ansprüche nicht zu pönalisieren, selbst wenn der Schuldner noch so unverständlich und bösartig die Erfüllung der Forderung des Gläubigers verweigert und damit eine Haltung zeigt, die in der Rechtsgemeinschaft als klares Unrecht zu bewerten ist; hier reichen grundsätzlich die zivilprozessualen Sanktionen aus. Strafrechtlich relevant wird ein anspruchsverletzendes Verhalten in der Regel erst dann, wenn weitere Unrechtselemente hinzukommen, mögen diese in zusätzlichem Handlungsunrecht oder in einem unwerten Erfolg (bzw. einer Gefährdung) bestehen. Letzteres ist bei § 170b StGB der Fall. Sicherung des Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten und Abwehr unnötiger, durch Unterhaltsverweigerung verursachter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sind Rechtsgüter, deren Schutz mit Mitteln des Strafrechts unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist; ihre Verletzung hat gegenüber der einfachen Nichterfüllung eines zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs (die als solche nicht pönalisiert ist) einen deutlich erhöhten Unrechtsgehalt.
Begegnet aber die in § 170b StGB getroffene Wahl der geschützten Rechtsgüter keinen Bedenken, so kann es keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellen, wenn von der Strafbarkeit alle diejenigen Sachverhalte nicht erfaßt werden, bei denen diese geschützten Rechtsgüter nicht (oder nicht mehr) verletzt werden.
b) Die Normierung des zusätzlichen Tatbestandsmerkmals der drohenden, nur anderweit abgewendeten Gefährdung des Lebensbedarfs des Berechtigten wäre nur dann verfassungsrechtlich bedenklich, wenn dieses Merkmal generell ungeeignet wäre, um die Fälle einer Verletzung der vom Gesetzgeber als strafrechtlich schutzwürdig gewählten Rechtsgüter von den straflosen Fällen bloßer Nichterfüllung von Unterhaltsansprüchen abzugrenzen (vgl.BVerfGE 30, 250 [263]; 47, 109 [117]), oder wenn auf diese Weise aus den die in § 170b StGB geschützten Rechtsgüter verletzenden Tätern ohne rechtfertigenden Grund nur eine bestimmte Gruppe herausgegriffen und mit Strafe bedroht worden wäre, obwohl ihr Verhalten vom Unrechtsgehalt her nicht schwerer wiegt als das anderer Personengruppen, die ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Eine solche willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Regelung liegt jedoch nicht vor.
Durch das Erfordernis der Gefährdung des Lebensbedarfs des Berechtigten oder einer drohenden Gefährdung, die nur durch die Hilfe Dritter abgewendet wird, ist eine im großen und ganzen durchaus praktikable und zweckgerechte Abgrenzung der nach der getroffenen Rechtsgüterwahl strafwürdigen Verhaltensweisen von der zwar rechtswidrigen, aber die geschützten Rechtsgüter nicht unmittelbar beeinträchtigenden Nichterfüllung von Schuldnerpflichten erreicht worden. Die gewählte Tatbestandsgestaltung, wonach die Abwendung der unmittelbar drohenden Gefährdung des Unterhalts des Kindes durch einen Dritten, auch die öffentliche Hand, den Täter nicht von Strafe freistellt, entspricht im übrigen einem auch sonst das Strafrecht beherrschenden Prinzip (BGHSt 12, 185 [188]).
c) § 170b StGB erfaßt auch nicht nur eine Minderheit oder eine bestimmte Gruppe der Unterhaltsverpflichteten, die in einer gegen die Rechtsordnung verstoßenden Weise ihren gesetzlichen Unterhaltspflichten nicht nachkommen und dadurch die materielle Lebensgrundlage des Berechtigten gefährden; vielmehr fällt unter die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift die große Masse der Täter, die sich ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht mit dieser Folge entziehen. Es sind letztlich die Ausnahmefälle, in denen § 170b StGB - der in dieser Bestimmung getroffenen Rechtsgüterwahl nach folgerichtig - nicht zur Anwendung kommen kann, weil die Hilfe Dritter aus Gründen eingreift, die nicht in dem erforderlichen "inneren Zusammenhang" mit der Unterhaltsverweigerung stehen. Ob die vom Gesetzgeber gewählte Tatbestandsgestaltung des § 170b StGB letztlich die zweckdienlichste Lösung ist, ob es möglicherweise andere dem Rechtsempfinden noch weiter entgegenkommende Gestaltungsmöglichkeiten gegeben hätte (etwa Erfassung aller hartnäckigen und böswilligen Unterhaltsverweigerungen ohne Rücksicht auf einen konkreten Gefährdungserfolg; Ausgestaltung der Bestimmung als abstraktes Gefährdungsdelikt), hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu prüfen.
3. Auch wenn es Sachverhalte geben mag, in welchen - bei etwa gleichem Unrechtsgehalt der Verhaltensweise des Täters - ein Unterhaltsverpflichteter wegen der Tatbestandsfassung des § 170b StGB straflos bleibt, so kann daraus ein die Verfassungswidrigkeit der Strafbestimmung begründender Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht hergeleitet werden:
a) Art. 103 Abs. 2 GG fordert für das Strafrecht bestimmt umschriebene Tatbestände. Die Tatbestandsmerkmale sind so konkret zu umreißen und genau zu bestimmen, daß Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl.BVerfGE 41, 314 [319]; 25, 269 [285]; 14, 245 [251]). Bei einer scharf umrissenen und möglichst konkret abgegrenzten Strafnorm ist es letztlich kaum vermeidbar, daß besonders gelagerte Einzelfälle aus dem Anwendungsbereich dieses Strafgesetzes herausfallen, auch wenn das Verhalten in ähnlicher Weise strafwürdig erscheinen mag. Derartige, sich aus Abgrenzungsproblemen ergebende Fälle von Ungleichbehandlungen sind nicht willkürlich und bedeuten keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Anders könnte es dort sein, wo eine zu enge Abgrenzung durch bestimmte Tatbestandsmerkmale dazu führt, daß willkürlich große Gruppen gleich strafwürdiger Täter von einer Strafnorm nicht erfaßt werden. Eine solche Situation ist bei der Bestimmung des § 170b StGB jedoch nicht gegeben.
b) § 170b StGB darf ferner nicht isoliert gesehen werden, sondern es muß auch § 170d StGB in die Betrachtung mit einbezogen werden. In letzterer Bestimmung hat der Gesetzgeber - allerdings unter besonders erschwerten Voraussetzungen - die Verletzung der Fürsorgepflicht und Erziehungspflicht gegenüber Kindern unter Strafe gestellt. Dieser Straftatbestand kann dort verwirklicht sein, wo eine Bestrafung nach § 170b StGB ausscheidet, etwa weil ein Kind ganz vorrangig wegen drohender Verwahrlosung in einem Heim untergebracht worden ist ohne Rücksicht darauf, daß auch materielle Unterhaltsleistungen nicht erbracht wurden (vgl.die Beispielsfälle bei Dreher/Tröndle, a.a.O., RdNr. 5 zu § 170d StGB). Wenn auch die Tatbestandsmerkmale des § 170d StGB gerade im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot im Vierten Strafrechtsreformgesetz enger und präziser gefaßt worden sind (vgl. Sturm, JZ 1974, S. 1 [3]), so zeigt sich hier doch, daß die Verwahrlosung, welche ein Sorgeberechtigter verschuldet, keineswegs strafrechtlich privilegiert werden soll. Die strafrechtlich zweispurige Behandlung der Gefährdung der materiellen (§ 170b StGB) und der immateriellen (§ 170d StGB) Lebensumstände eines Unterhaltsberechtigten ist auch dann nicht willkürlich, wenn es Einzelfälle gibt, in denen trotz vorhandenen Unrechtsgehalts weder der Tatbestand der einen noch der der anderen Strafbestimmung verwirklicht ist.
c) Schließlich ist zu bedenken, daß es keine "Gleichheit im Unrecht" gibt. Eine strafrechtliche Norm kann grundsätzlich nicht deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil bestimmte besonders gelagerte Sachverhalte, die einen entsprechenden Unrechtsgehalt aufweisen, von ihr nicht erfaßt werden. Ebensowenig, wie ein Straftäter seine Straflosigkeit mit dem Hinweis darauf fordern kann, daß andere Gesetzesbrecher nicht verfolgt worden sind (BVerfGE 9, 213 [223]), ist es durch den Gleichheitssatz geboten, an sich strafwürdige und zu Recht mit Strafe bedrohte Handlungen deswegen straffrei zu lassen, weil bestimmte andere, möglicherweise gleich zu bewertende Verhaltensweisen von der Strafvorschrift nicht erfaßt werden. Zwar mag eine Grenze dort liegen, wo willkürlich nur eine Minderheit des strafwürdigen Verhaltens herausgegriffen und mit Strafe bedroht wird. Dies ist jedoch bei der Tatbestandsgestaltung des § 170b StGB nicht der Fall.
Benda Haager Böhmer Simon Faller Katzenstein Niemeyer