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Informationen zum Dokument  BGer U 253/1999  Materielle Begründung
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BGer U 253/1999 vom 13.06.2001
 
[AZA 7]
 
U 253/99 Ge
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiber
 
Lauper
 
Urteil vom 13. Juni 2001
 
in Sachen
 
W.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7, 6000 Luzern 5,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, 6002 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
 
A.- Der 1957 geborene W.________ stiess am 20. Dezember
 
1993 auf seinem Motorrad mit einem Personenwagen zusammen.
 
Der erstbehandelnde Arzt, Dr. med. E.________,
 
Allgemeine Medizin FMH, diagnostizierte eine Commotio cerebri,
 
multiple Prellungen, eine LWS-Stauchung paravertebral,
 
einen Verdacht auf Muskelzerrung oder Blutung in die
 
Lumbalmuskulatur sowie eine Schulterprellung rechts
 
(Bericht vom 4. Januar 1994). Die Schweizerische
 
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) kam für die Folgen dieses
 
per 16. April 1994 abgeschlossenen Unfalles auf und erbrachte
 
die gesetzlichen Leistungen in Form von Heilbehandlung
 
und Taggeld.
 
Nachdem die Anstalt einen ersten Rückfall (vom November
 
1994) gestützt auf einen Bericht des Dr. med.
 
M.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie von
 
der Abteilung Unfallmedizin (vom 9. Januar 1995)
 
rechtskräftig abgelehnt hatte (Einspracheentscheid vom 18.
 
Januar 1995), meldete der Versicherte am 31. Januar 1997
 
einen weiteren Rückfall zum Grundfall von 1993. Dabei legte
 
er einen Bericht des Dr. med. S.________, Neurochirurgie
 
FMH, (vom 23. Dezember 1996), mitsamt den Ergebnissen von
 
zwei computertomographischen (vom 10. Mai 1995 und 28.
 
November 1996) sowie einer kernspintomographischen (vom 6.
 
Dezember 1996) Untersuchung ins Recht. Mit Verfügung vom
 
14. Februar 1997 verneinte die SUVA ihre Leistungspflicht
 
mit der Begründung, die Rückenbeschwerden stünden in keinem
 
rechtserheblichen Kausalzusammenhang mit dem
 
Unfallereignis. Auf Einsprache hin holte sie einen Bericht
 
der Frau Dr. med. N.________ vom Institut für medizinische
 
Radiologie und Nuklearmedizin X.________ (vom 4. August
 
1997) ein. Aufgrund dieser Unterlagen sowie einer
 
Stellungnahme des Kreisarztes Dr. med. L.________ vom 12.
 
August 1997 wies der Unfallversicherer die Einsprache mit
 
Entscheid vom 15. September 1997 ab.
 
B.- W.________ liess hiegegen beim Verwaltungsgericht
 
des Kantons Luzern Beschwerde erheben und beantragen, die
 
SUVA sei zu verpflichten, ihm für den Vorfall vom 20. Dezember
 
1993 die gesetzlichen Leistungen zu gewähren; insbesondere
 
habe sie Taggelder auszurichten und die Heil- und
 
Pflegekosten zu übernehmen.
 
Mit Entscheid vom 18. Juni 1999 wies das kantonale Gericht
 
die Beschwerde ab.
 
C.- W.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
führen und die im vorinstanzlichen Verfahren gestellten
 
Anträge erneuern.
 
Die Anstalt trägt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
an. Das Bundesamt für Sozialversicherung
 
hat sich nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Das kantonale Gericht hat die vorliegend massgeblichen
 
gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend
 
dargelegt. Es betrifft dies den Anspruch auf zweckmässige
 
Behandlung der Unfallfolgen (Art. 10 Abs. 1 UVG), das
 
Taggeld (Art. 16 Abs. 1 UVG), den für die Leistungspflicht
 
des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen (BGE 119
 
V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, 117 V 376 Erw. 3a mit Hinweisen)
 
und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 123 III 112
 
Erw. 3a, 123 V 103 Erw. 3d, 139 Erw. 3c, 122 V 416 Erw. 2a,
 
je mit Hinweisen) zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen
 
Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) und den
 
Anspruch auf eine Invalidenrente des Unfallversicherers
 
(Art. 18 Abs. 1 UVG). Richtig sind auch die Ausführungen zu
 
den Begriffen des Rückfalls und der Spätfolgen (Art. 11
 
UVV; BGE 118 V 296 Erw. 2c; RKUV 1994 Nr. U 198 S. 138 f.),
 
zur Untersuchungsmaxime (BGE 117 V 263 Erw. 3b und 282
 
Erw. 4a, 116 V 26 Erw. 3c) und zu den Beweisgrundsätzen der
 
überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 121 V 47 Erw. 2a und
 
208 Erw. 6b, je mit Hinweisen), der Beweislast (BGE 125 V
 
195 Erw. 2 mit Hinweisen) sowie der antizipierten Beweiswürdigung
 
(BGE 124 V 94 Erw. 4b). Darauf kann verwiesen
 
werden.
 
b) Im Bereich des Unfallversicherungsrechts entspricht
 
es einer medizinischen Erfahrungstatsache, dass praktisch
 
alle Diskushernien bei Vorliegen degenerativer Bandscheibenveränderungen
 
entstehen und ein Unfallereignis nur ausnahmsweise,
 
unter besonderen Voraussetzungen, als eigentliche
 
Ursache in Betracht fällt (statt vieler Urteil H. vom
 
18. August 2000, U 4/00, mit zahlreichen Hinweisen). Als
 
weitgehend unfallbedingt kann eine Diskushernie betrachtet
 
werden, wenn das Unfallereignis von besonderer Schwere und
 
geeignet war, eine Schädigung der Bandscheibe herbeizuführen,
 
und die Symptome der Diskushernie (vertebrales oder
 
radikuläres Syndrom) unverzüglich und mit sofortiger Arbeitsunfähigkeit
 
auftreten. Wird die Diskushernie durch den
 
Unfall lediglich ausgelöst, nicht aber verursacht, übernimmt
 
die Unfallversicherung den durch das Unfallereignis
 
ausgelösten Beschwerdeschub, spätere Rezidive dagegen nur,
 
wenn eindeutige Brückensymptome gegeben sind (erwähntes
 
Urteil H. vom 18. August 2000; Debrunner/Ramseier, Die Begutachtung
 
von Rückenschäden, Bern 1980, S. 54 ff., insbesondere
 
S. 56; Baur/Nigst, Versicherungsmedizin, 2. Aufl.
 
Bern 1985, S. 162 ff.; Mollowitz, Der Unfallmann, 11. Aufl.
 
Berlin 1993, S. 164 ff.).
 
2.- Streitig und zu prüfen ist, ob die vom Beschwerdeführer
 
geklagten Rückenbeschwerden, insbesondere die Diskushernie
 
L 4/5, in einem natürlichen Kausalzusammenhang
 
mit dem versicherten Ereignis vom 20. Dezember 1993 stehen.
 
a) Die Vorinstanz hat dies aufgrund der medizinischen
 
Aktenlage, insbesondere der Berichte der Dres. E.________
 
(vom 4. Januar 1994), M.________ (vom 9. Januar 1995),
 
S.________ (vom 23. Dezember 1996) und N.________ (vom
 
4. August 1997) sowie der verschiedenen computer- und
 
kernspintomographischen Untersuchungen verneint, da sich
 
der Beschwerdeführer am 20. Dezember 1993 - neben einer
 
Commotio cerebri und diversen Prellungen - lediglich eine
 
Stauchung der Lendenwirbelsäule zugezogen habe. Atypische
 
Verletzungen seien dabei nicht festgestellt worden;
 
namentlich seien auch weder ossäre Verletzungen noch
 
neurologische Ausfälle zu verzeichnen gewesen, und die
 
ischialgieformen Schmerzschübe seien erstmals im Mai 1995
 
aufgetreten. Abgesehen davon, dass nach heutigem medizinischen
 
Wissensstand eine einmalige heftige Krafteinwirkung
 
keine Diskushernie verursachen könne, habe Frau Dr.
 
N.________ aufgrund ihrer MR-Untersuchung die Diskushernie
 
L 4/5 auf einen degenerativen Prozess zurückgeführt. Darauf
 
wiesen auch die vom Versicherten im Rahmen des ersten
 
Rückfalls von 1994 gemachten Aussagen hin, denen zufolge er
 
nach dem Heben schwerer Lasten ab und zu einen "müden
 
Rücken" gehabt habe bzw. die Beschwerden nach Arbeiten im
 
Keller und nach dem Streichen des Balkons in gebückter
 
Stellung aufgetreten seien. Damit sei das Rückenleiden
 
nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das
 
versicherte Unfallereignis zurückzuführen, weshalb die SUVA
 
hierfür keine Leistungspflicht treffe.
 
b) Dieser Auffassung ist beizupflichten. Was der Versicherte
 
hiegegen vorbringt, ist nicht geeignet, zu einer
 
anderen Beurteilung zu führen. Aktenwidrig ist insbesondere
 
die Behauptung, dass er seit dem Unfall von 1993 an persistierenden
 
Beschwerden leide, nachdem er in der Einsprache
 
vom 28. November 1994 (die Abweisungsverfügung des ersten
 
Rückfalls betreffend) selber angegeben hatte, seit ca. Ende
 
Januar 1994 - dem Zeitpunkt übrigens, in welchem er die Arbeit
 
uneingeschränkt wieder aufgenommen hatte - völlig beschwerdefrei
 
gewesen zu sein. Nicht relevant sind weiter
 
die Ausführungen bezüglich der Beweislast, da die Beweislastregeln
 
in casu nicht zur Anwendung gelangen, nachdem
 
der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erreicht
 
ist und somit keine Beweislosigkeit vorliegt (vgl.
 
BGE 125 V 195 Erw. 2 mit Hinweisen; zu den Beweisgrundsätzen
 
im Grundfall einerseits, bei Rückfall und Spätfolgen
 
andererseits siehe RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 f. Erw. 3b).
 
Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers sind sodann
 
die zur Verfügung stehenden medizinischen Unterlagen widerspruchsfrei.
 
Dies gilt insbesondere auch für die angeblichen
 
Diskrepanzen zwischen den Berichten des Dr. E.________
 
(vom 16. November 1994) und des Dr. L.________ (vom 22.
 
November 1994 und 12. August 1997). Es kann hiezu auf die
 
vernehmlassungsweise vorgebrachten Ausführungen der SUVA
 
hingewiesen werden, denen das Eidgenössische Versicherungsgericht
 
nichts beizufügen hat. Schliesslich erübrigen
 
sich Aktenergänzungen, da von weiteren medizinischen Abklärungen
 
mit Bezug auf die Kausalität keine neuen
 
Erkenntnisse zu erwarten sind, welche den Ausgang des
 
Prozesses zu beeinflussen vermöchten.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
 
des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche
 
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
 
zugestellt.
 
Luzern, 13. Juni 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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