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Informationen zum Dokument  BGer 2C_122/2009  Materielle Begründung
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BGer 2C_122/2009 vom 22.09.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_122/2009
 
Urteil vom 22. September 2009
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Müller, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Bundesrichter Zünd,
 
Gerichtsschreiber Merz.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Advokat Dr. Christian von Wartburg,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegner,
 
vertreten durch Advokatin Dr. Judith Natterer,
 
Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Basel-Stadt.
 
Gegenstand
 
Formelle Rechtsverweigerung (Verzicht auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen Anwalt),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 1. Dezember 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ erstattete am 15. März 2007 bei der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Basel-Stadt Anzeige gegen Advokat Y.________ und warf ihm vor, als Willensvollstrecker ihres Vaters ein weit übersetztes Honorar in Rechnung gestellt zu haben. Die Aufsichtskommission entschied am 27. August 2007, zur Zeit kein Disziplinarverfahren gegen den erwähnten Advokaten einzuleiten. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wies am 1. Dezember 2008 einen gegen diesen Entscheid gerichteten Rekurs ab, soweit es darauf eintrat.
 
B.
 
X.________ beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. Februar 2009, den Entscheid des Appellationsgerichts vom 1. Dezember 2008 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an diese Instanz zurückzuweisen.
 
C.
 
Der Beschwerdegegner stellt den Antrag, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Denselben Antrag stellt sinngemäss die Aufsichtskommission. Das Appellationsgericht ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt darauf einzutreten sei.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Fraglich ist, ob und inwieweit die Beschwerdeführerin als Anzeigeerstatterin gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c bzw. Art. 115 lit. b BGG überhaupt beschwerdebefugt ist (vgl. BGE 133 II 468 E. 1 und 2 S. 469 ff.; 132 II 250 E. 4.1-4.4 S. 253 ff.; 129 II 297 E. 2.3, 3.1 und 3.2 S. 301 ff.). Mit Blick auf nachfolgende Erwägungen wird diese Frage hier (vorerst) offen gelassen.
 
1.2 Das Bundesgericht prüft - vorbehältlich offensichtlicher Mängel - nur die in seinem Verfahren hinreichend geltend gemachten Rechtsverletzungen (vgl. Art. 42 Abs. 2, 97 Abs. 1 und 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.; 133 II 249 E. 1.4 S. 254 f.).
 
2.
 
Die Vorinstanz ist auf die Rüge der Beschwerdeführerin, die Aufsichtskommission hätte gegen den Beschwerdegegner ein Disziplinarverfahren einleiten müssen, nicht eingetreten. Die ebenfalls vorgebrachten Verletzungen von Verfahrensvorschriften hat sie geprüft, den Rekurs in diesen Punkten aber für unbegründet erklärt und deshalb abgewiesen.
 
Die Beschwerdeführerin macht vor Bundesgericht erneut geltend, die Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens beruhe auf einer willkürlichen Anwendung des kantonalen Rechts (§ 24 Abs. 1 des Advokaturgesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 15. Mai 2002) und stelle eine formelle Rechtsverweigerung dar. Sie übersieht dabei, dass die Vorinstanz auf diese Rüge nicht eingetreten ist und sich der Streitgegenstand deshalb nur auf die Frage erstrecken kann, ob der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid in diesem Punkt zu Recht erfolgte, hingegen nicht darauf, ob die Aufsichtskommission ein Disziplinarverfahren hätte einleiten müssen. Auf die erwähnte Rüge ist daher nicht einzutreten.
 
Das Gleiche gilt für den weiteren Vorwurf, die Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens verletze Art. 14 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61). Die Vorinstanz hat dazu nicht Stellung genommen, sondern nur geprüft, ob die Aufsichtskommission einzelne Einwände der Beschwerdeführerin übergangen und dadurch eine Gehörsverletzung begangen habe. In der Beschwerde wird nicht dargetan, inwiefern eine solche im angefochtenen Entscheid zu Unrecht verneint wird (vgl. E. 1.2 hievor).
 
3.
 
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin verletzt das vorinstanzliche Nichteintreten auf die Frage, ob die Aufsichtskommission ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdegegner hätte einleiten müssen, die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV.
 
Nach dieser Verfassungsbestimmung hat jede Person bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Nicht sämtliche Handlungen der Verwaltung, die jemand missbilligt, begründen bereits eine Rechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 29a BV. Dafür ist vielmehr erforderlich, dass das Verwaltungshandeln in schützenswerte Rechtspositionen eingreift und der Betroffene legitimiert ist, eine diesbezügliche Feststellungsverfügung zu verlangen (Andreas Kley, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 12 zu Art. 29a BV, mit Hinweisen auf die Materialien; vgl. auch Walter Kälin, Die Bedeutung der Rechtsweggarantie für die kantonale Verwaltungsjustiz, ZBl 1999 S. 56; Esther Tophinke, Bedeutung der Rechtsweggarantie für die Anpassung der kantonalen Gesetzgebung, ZBl 2006 S. 92 f.; Anne Benoît, La garantie de l'accès au juge: L'art. 29a Cst. et ses répercussions sur la révision de l'organisation judiciaire fédérale, in: Besson/Hottelier/Werro, Les Droits de l'Homme au Centre, 2006, S. 171). Ein Anspruch auf eine solche Verfügung besteht nur, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse nachweist (vgl. Art. 25 Abs. 2 und 25a VwVG, SR 172.021).
 
Nach konstanter Rechtsprechung dient das anwaltsrechtliche Disziplinarverfahren dem allgemeinen öffentlichen Interesse an der korrekten Berufsausübung durch die Rechtsanwälte und nicht der Wahrung individueller privater Anliegen. Der Anzeiger wird durch die Nichteinleitung oder Einstellung eines Disziplinarverfahrens deshalb nicht in schutzwürdigen eigenen Interessen betroffen. Es fehlt ihm damit auch die Legitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG, um einen Entscheid über die Nichteröffnung oder Einstellung eines solchen Verfahrens mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht anzufechten (BGE 133 II 468 E. 2 S. 471 f. mit Hinweisen). Mangels eines schutzwürdigen Interesses verleiht die Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV dem Anzeiger daher ebenfalls keinen Anspruch, auf kantonaler Ebene eine gerichtliche Überprüfung der erwähnten Entscheide zu erwirken (vgl. zudem BGE 132 II 250 E. 4.1-4.4 S. 253 ff.). Die Beschwerde erweist sich demnach in diesem Punkt als unbegründet.
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich, dass die Vorinstanz die Kostenauflage durch die Aufsichtskommission geschützt habe. Sie beanstandet zunächst, dass § 12 der kantonalen Verordnung vom 4. März 1975 über die Gerichtsgebühren für die Kostenerhebung keine genügende gesetzliche Grundlage bilde, weil das Gerichtsorganisationsgesetz die Anwaltsaufsichtskommission nicht erwähne. Die fragliche Verordnungsbestimmung lässt sich indessen zwanglos auf § 1 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 9. März 1972 über die Verwaltungsgebühren abstützen. Danach erheben die Verwaltungsbehörden für Tätigkeiten, die sie in Erfüllung ihrer Aufgaben vornehmen, Gebühren. Die Anwaltsaufsichtskommission zählt selbst nach Auffassung der Beschwerdeführerin zu den Verwaltungsbehörden. Die genannte Gesetzesbestimmung bildet zudem eine genügende gesetzliche Grundlage für die beanstandete Kostenauflage. Es ist auch nicht im Sinne von Art. 9 BV willkürlich, wenn sie von den kantonalen Behörden auf das Verfahren vor der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte angewendet wird. Die gegen die Kostenauflage erhobenen Rügen sind daher unbegründet.
 
5.
 
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). Sie hat ausserdem den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Beschwerdegegner, der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte sowie dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. September 2009
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Merz
 
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