BGer 8C_184/2009 | |||
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BGer 8C_184/2009 vom 25.08.2009 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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8C_184/2009
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Urteil vom 25. August 2009
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I. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Ursprung, Präsident,
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Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
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Gerichtsschreiberin Berger Götz.
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Parteien
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J.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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beco Berner Wirtschaft, Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, Worbstrasse 225, 3073 Gümligen,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Arbeitslosenversicherung
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(Arbeitslosenentschädigung),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 22. Januar 2009.
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1974 geborene J.________ war nach erfolgreichem Abschluss des juristischen Studiums an der Universität X.________ seit 1. August 2001 als Sales Manager für die C.________ AG tätig. Daneben absolvierte er in den Jahren 2003 bis 2005 berufsbegleitend ein Nachdiplomstudium an der Universität X.________ (LL.M., internationales Recht). Am 24. Oktober 2006 löste er das Arbeitsverhältnis durch schriftliche Kündigung per 31. Dezember 2006 auf. Vom 2. Januar bis 30. März 2007 absolvierte er ein Praktikum bei der Firma Y.________, England. Bereits am 28. Dezember 2006 hatte er für die Zeit ab 1. März 2007 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Bern überwies das Dossier dem beco Berner Wirtschaft (nachfolgend: beco) zum Entscheid, welches am 7. Mai 2007 verfügte, J.________ sei ab 2. April 2007 vermittlungsfähig und somit auch anspruchsberechtigt, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt seien.
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Vom 1. Mai bis 31. Juli 2007 konnte J.________ als Praktikant bei der Firma Z.________, Vereinigte Arabische Emirate, weitere Berufserfahrungen sammeln. Mit Verfügung vom 13. September 2007 verneinte das beco die Anspruchsberechtigung für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Mai (recte: 31. Juli) 2007 wegen fehlender Vermittlungsfähigkeit. Daran hielt es mit Einspracheentscheid vom 29. November 2007 fest. Die hiergegen erhobene Beschwerde zog J.________ wieder zurück, nachdem ihm das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mittels prozessleitender Verfügung mitgeteilt hatte, dass das Rechtsmittel verspätet eingereicht worden sei. Auf den entsprechenden gerichtlichen Abschreibungsbeschluss vom 17. Januar 2008 hin stellte er am 17. Februar 2008 ein Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist. Das kantonale Gericht trat auf diese Eingabe "im Sinne der Erwägungen" nicht ein und leitete sie ans Bundesgericht weiter (Entscheid vom 27. Februar 2008), welches - zufolge fehlenden Beschwerdewillens - mit Urteil 8C_165/2008 vom 18. März 2008 auf die Eingabe ebenfalls nicht eintrat.
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Nachdem J.________ am 10. September 2007 ein weiteres - zum Voraus auf den 15. Dezember 2007 befristetes - Praktikum bei der Organisation Q.________, Frankreich, angetreten hatte, verfügte das beco am 14. November 2007, er sei ab 10. September 2007 "nicht vermittlungsfähig und somit auch nicht anspruchsberechtigt", weil er das Erfordernis "in der Schweiz wohnen" gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG nicht erfülle. Die hiergegen erhobene Einsprache wies es ab, weil er Dispositionen getroffen habe, welche eine unmittelbare und rasche Integration in den Arbeitsmarkt ausschliessen würden, und wenig unternommen habe, um sofort und vorbehaltlos eine Stelle als Jurist ohne zusätzliche Qualifikationen annehmen zu können (Einspracheentscheid vom 8. Februar 2008).
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B.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (einzelrichterlicher Entscheid vom 22. Januar 2009).
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C.
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J.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, "die Vermittlungsfähigkeit und somit auch die Anspruchsberechtigung seien unter Berücksichtigung der besonderen Umstände neu zu prüfen und die Anspruchsberechtigung sei zuzusichern". Der Eingabe liegen schriftliche Bestätigungen der Firma Y.________ vom 9. Februar 2009, der Firma Z.________ vom 5. Februar 2009 und der Organisation Q.________ vom 10. Februar 2009 über die vorgängig vereinbarte Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs der Praktika bei.
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Das beco und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Stellungnahme.
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Erwägungen:
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1.
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Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Gemäss Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; Ausnahme: Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG [Art. 105 Abs. 3 BGG]). Zu den Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 lit. a BGG gehören namentlich auch die unvollständige (gerichtliche) Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen (BGE 135 V 23 E. 2 S. 25 mit Hinweisen; ULRICH MEYER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 25, 36 und 58-61 zu Art. 105 BGG; HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 24 zu Art. 97 BGG), die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (statt vieler: Urteil 9C_850/2008 vom 6. Februar 2009 E. 2.2 mit Hinweis; ULRICH MEYER, a.a.O., N. 60 zu Art. 105 BGG; MARKUS SCHOTT, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 17 ff. zu Art. 97 BGG) sowie die Pflicht zu inhaltsbezogener, umfassender, sorgfältiger und objektiver Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400).
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2.
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Im angefochtenen Gerichtsentscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze zu den Anspruchsvoraussetzungen des Wohnens in der Schweiz (Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG; verlangt werden der tatsächliche Aufenthalt in der Schweiz, die Absicht, diesen Aufenthalt während einer gewissen Zeit aufrechtzuerhalten und hier in dieser Zeit auch den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen zu haben: BGE 125 V 465 E. 2a S. 466; SVR 2006 ALV Nr. 24 S. 82, C 290/03) und der Vermittlungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 15 AVIG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3.
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Streitig und zu prüfen ist einzig, ob der Beschwerdeführer die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenentschädigung während der Dauer seines Praktikums bei der Organisation Q.________ vom 10. September bis 15. Dezember 2007 erfüllt. Nicht zur Debatte steht die Anspruchsberechtigung während der Absolvierung der vorherigen Referendariate bei der Firma Y.________ und bei der Firma Z.________.
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3.1 Das kantonale Gericht hält fest, der Beschwerdeführer sei während rund dreier Monate in D.________, Frankreich, gewesen, um dort auf der Grundlage der mit der Organisation Q.________ abgeschlossenen "Convention de Stage" ein auf diesen Zeitraum zum Voraus befristetes Praktikum zu absolvieren. Dieses Auslandspraktikum sowie die beiden zuvor absolvierten Referendariate in England und den Vereinigten Arabischen Emirate sollten die Vermittlungschancen hinsichtlich einer angestrebten Beschäftigung bei einem Arbeitgeber mit internationaler Ausrichtung verbessern. Hinweise, dass der Aufenthalt in D.________, Frankreich, ALV-rechtlich nicht relevanten Zwecken gedient hätte, fänden sich nicht. Nachgewiesen sei zudem, dass sich der Beschwerdeführer während des Aufenthaltes in D.________, Frankreich, weiterhin um Stellen in der Schweiz bemüht und hier zu Vorstellungsgesprächen eingefunden habe. Er sei in regelmässigem Kontakt mit den schweizerischen ALV-Organen gestanden und überdies auch an den Wochenenden in die Schweiz zurückgekehrt. Angesichts dieser Umstände sei davon auszugehen, dass sich der Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen während des fraglichen Auslandaufenthaltes weiterhin in der Schweiz befunden habe, womit die Leistungsvoraussetzung des Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG erfüllt sei. Ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bestehe für diese Zeit gleichwohl nicht, weil die Vermittlungsfähigkeit verneint werden müsse. In diesem Zusammenhang fällt nach Ansicht der Vorinstanz ins Gewicht, dass die "Convention de Stage" den vorzeitigen Abbruch der Ausbildung nicht vorsehe. Wenn der Beschwerdeführer behaupte, es habe eine Vereinbarung bestanden, wonach er sich jederzeit und auch kurzfristig zu Vorstellungsgesprächen in die Schweiz habe begeben können, lasse sich daraus nicht schliessen, dass die Praktikumsverantwortlichen auch mit einem vorzeitigen Abbruch zufolge Stellenantrittes einverstanden gewesen wären. Konkrete Anhaltspunkte, dass er sich diese Möglichkeit hätte vorbehalten wollen, würden sich aufgrund der Akten nicht ergeben. Im Gegenteil habe der Versicherte wiederholt erklärt, dass er alle drei Auslandspraktika im Hinblick auf eine Verbesserung der Vermittelbarkeit "in dem von ihm gewünschten Sinn" angestrebt habe. Gerade das Praktikum in D.________, Frankreich, - für welches zudem eine Immatrikulation an der Universität X.________ gegen eine Gebühr von Fr. 800.- notwendig geworden sei - habe die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erheblich gesteigert, wie das zunehmende Interesse potentieller Arbeitgeber nach September 2007 zeige. Die sporadischen Arbeitsbemühungen - soweit nicht rein "pro forma" getätigt - seien mit Blick auf die gesamten Umstände überwiegend wahrscheinlich unter dem Vorbehalt der Anstellung nach Abschluss des Praktikums in D.________, Frankreich, gestanden.
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3.2 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, es sei ihm nie darum gegangen, die Praktika alle zu absolvieren. Sie hätten lediglich eine Notwendigkeit dargestellt, um im Arbeitsalltag wieder Fuss fassen zu können. Erst nach Beendigung eines Praktikums habe er jeweils eine neue Referendariatsstelle angenommen, da er immer die Hoffnung gehabt habe, bereits während der Dauer des vorangehenden Praktikums eine Arbeitsstelle zu finden. Alle Referendariate hätte er jederzeit und unverzüglich beenden können, falls sich eine Anstellung ergeben hätte. Dies sei nunmehr auch den zwischenzeitlich von ihm angeforderten und der Beschwerde beigelegten drei schriftlichen Bestätigungen (ausgestellt von der Firma Y.________, der Firma Z.________ und der Organisation Q.________) zu entnehmen, welche das damals mündlich Vereinbarte wiedergeben würden. Es sei unverständlich, weshalb nicht bereits das RAV oder das beco auf das Erfordernis der Schriftlichkeit einer solchen Abmachung hingewiesen hätten. Bereits vor seinem Zusatzstudium (LL.M.) habe er sich für andere Stellen beworben, was zeige, dass er einzig und allein eine andere Tätigkeit im juristischen Bereich habe finden wollen. Für seine jederzeitige Bereitschaft, eine neue Stelle anzutreten, spreche auch der Umstand, dass bei Aufnahme einer bezahlten Erwerbstätigkeit ein Salär angefallen wäre, welches die Immatrikulationsgebühren an der Universität X.________ von Fr. 800.- mehrfach überstiegen hätte, und keine weiteren, mit dem Referendariat verbundene Ausgaben entstanden wären.
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4.
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4.1
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4.1.1 Sowohl das Verwaltungsverfahren wie auch der kantonale Sozialversicherungsprozess sind vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Danach haben Verwaltung und Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht. Der Untersuchungsgrundsatz weist enge Bezüge zum - auf Verwaltungs- und Gerichtsstufe geltenden - Grundsatz der freien Beweiswürdigung auf. Führen die im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes von Amtes wegen vorzunehmenden Abklärungen den Versicherungsträger oder das Gericht bei umfassender, sorgfältiger, objektiver und inhaltsbezogener Beweiswürdigung (BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400) zur Überzeugung, ein bestimmter Sachverhalt sei als überwiegend wahrscheinlich (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360; 125 V 193 E. 2 S. 195, je mit Hinweisen) zu betrachten und es könnten weitere Beweismassnahmen an diesem feststehenden Ergebnis nichts mehr ändern, so liegt im Verzicht auf die Abnahme weiterer Beweise keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94). Bleiben jedoch erhebliche Zweifel an Vollständigkeit und/oder Richtigkeit der bisher getroffenen Tatsachenfeststellung bestehen, ist weiter zu ermitteln, soweit von zusätzlichen Abklärungsmassnahmen noch neue wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind (Urteil 9C_167/2009 vom 28. Mai 2009 E. 3.1).
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4.1.2 Der Untersuchungsgrundsatz zählt zu den in Art. 95 BGG erwähnten bundesrechtlichen Vorschriften. Eine unvollständige Beurteilungsgrundlage stellt eine Rechtsverletzung dar. Eine solche liegt vor, wenn die für die Beurteilung des streitigen Rechtsverhältnisses erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt worden sind (ULRICH MEYER, a.a.O., N. 59 zu Art. 105 BGG). Hat das kantonale Gericht die rechtserheblichen tatsächlichen Feststellungen in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes getroffen, sind sie für das Bundesgericht nicht verbindlich (Urteil 8C_773/2008 vom 11. Februar 2009 E. 5.4, in: SVR 2009 EL Nr. 5 S. 17).
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4.2
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4.2.1 Bereits in seiner Einsprache vom 10. Dezember 2007 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er (seit April 2007) jederzeit bereit und in der Lage gewesen sei, eine zumutbare Arbeit anzunehmen oder an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen, weshalb er vermittlungsfähig sei. Anlass zu weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang bestanden nicht, weil das beco den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung in seiner Verfügung vom 14. November 2007 unter Hinweis auf das Fehlen des Wohnens in der Schweiz gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG abgelehnt hatte. Mit Einspracheentscheid vom 8. Februar 2008 gelangte das beco zum Schluss, Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG sei nicht erfüllt. Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG wurde nicht mehr als Ablehnungsgrund erwähnt. In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 1. März 2008 brachte der Versicherte vor, dass er permanent vermittlungsfähig im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG gewesen sei, zumal sein einziges Ziel eine Anstellung und nicht die kostenintensive Absolvierung von Referendariaten gewesen sei. In dieser Eingabe wies er auch darauf hin, dass er mit der Direktion der Organisation Q.________ eine Vereinbarung getroffen habe, wonach er unverzüglich zu wichtigen Terminen in die Schweiz reisen und allenfalls das Praktikum zum Antritt einer Arbeitsstelle kurzfristig beenden durfte. Daneben ging er nochmals auf die Anspruchsvoraussetzung des Wohnens in der Schweiz gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG ein.
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4.2.2 Mit dem angefochtenen Gerichtsentscheid vom 22. Januar 2009 wurde erstmals ausdrücklich - und zu Recht - eingeräumt, dass der Versicherte die Anspruchsvoraussetzung des Wohnens in der Schweiz gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG im Sinne eines Fortdauerns des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz während der Absolvierung des Referendariates in D.________, Frankreich, erfülle (siehe dazu: SVR 2006 ALV Nr. 24 S. 82, C 290/03). Die Anspruchsvoraussetzung wurde nunmehr einzig mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer wäre nicht bereit und in der Lage gewesen, das dreimonatige Auslandspraktikum vorzeitig abzubrechen, um eine Arbeitsstelle in der Schweiz anzutreten. Dabei stellte das kantonale Gericht schwergewichtig darauf ab, dass in der "Convention de Stage" die Möglichkeit eines vorzeitigen Abbruchs des Referendariates in D.________, Frankreich, nicht vorgesehen war, und ging davon aus, dass der Beschwerdeführer kein Interesse daran haben konnte, die Vollständigkeit seiner internationalen praxisorientierten Erfahrungen wegen der vorzeitigen Beendigung eines der zu leistenden Praktika leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
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4.3
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4.3.1 Im Verfahren vor Bundesgericht dürfen gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG neue Tatsachen und Beweismittel nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Werden Tatsachen etwa erst durch den vorinstanzlichen Entscheid rechtswesentlich, so sind die im letztinstanzlichen Verfahren neu dazu eingereichten Belege als zulässige Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG zu qualifizieren (NICOLAS VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 6 zu Art. 99 BGG).
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4.3.2 Da nur das kantonale Gericht die fehlende schriftliche Abmachung zur vorzeitigen Beendigung des Praktikums bei der Organisation Q.________ im Zusammenhang mit der Verneinung der Vermittlungsfähigkeit - neben weiteren Kriterien - als massgeblich erachtete, hatte sich der Versicherte auch erst durch den vorinstanzlichen Entscheid veranlasst sehen müssen, sich um einen schriftlichen Nachweis der mündlichen Abrede bezüglich der Zulässigkeit des vorzeitigen Abbruchs des Referendariates zu bemühen. Das Schreiben der Organisation Q.________ vom 10. Februar 2009, in welchem bestätigt wird, dass der Versicherte frei gewesen wäre, sein Praktikum vorzeitig zu beenden, falls ihm eine Daueranstellung in einer anderen Organisation oder Firma angeboten worden wäre, ist daher im letztinstanzlichen Verfahren als neues Beweismittel zu berücksichtigen. Zwar besteht entgegen den Ausführungen in der Beschwerde kein Schriftlichkeitserfordernis, auf welches die Verwaltung hätte hinweisen müssen. Die nun vorliegende schriftliche Bestätigung der Abrede durch die Organisation Q.________ hat aber zweifellos ein grösseres Gewicht, als eine blosse entsprechende Behauptung in der Beschwerdeschrift. Die dem Bundesgericht ebenfalls eingereichten, inhaltlich übereinstimmenden neuen Bestätigungen für die anderen zwei Referendariate sind hingegen nicht relevant, weil sie zwei Zeiträume betreffen, welche nicht zur Beurteilung stehen.
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4.3.3 Mit Blick darauf, dass erstmals das kantonale Gericht der fehlenden schriftlichen Abrede betreffend vorzeitigen Abbruchs des Referendariats in D.________, Frankreich, ein massgebliches Gewicht beigemessen hat, hätte es den Sachverhalt diesbezüglich ergänzen und namentlich dem Beschwerdeführer (beispielsweise im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels) vorgängig seines Entscheides das rechtliche Gehör - mit der Möglichkeit, weitere Unterlagen einzureichen - gewähren müssen (E. 4.1.1 hiervor). Dieses Versäumnis stellt eine Verletzung der vorinstanzlichen Pflicht zur Feststellung des Sachverhaltes von Amtes wegen nach dem Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) und damit einen Verstoss gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG dar. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die darauf beruhende Sachverhaltsfeststellung sind für das Bundesgericht nicht verbindlich (E. 1 und 4.1.2 hiervor). Im Verfahren vor Bundesgericht ergibt sich, dass sich die Argumentation des kantonalen Gerichts über die Gründe, welche zur fehlenden Vermittlungsfähigkeit führen sollen, angesichts der gesamten Umstände - eingeschlossen die nunmehr nachgewiesene Abrede der vorzeitigen Beendigungsmöglichkeit des zeitlich letzten Praktikums in D.________, Frankreich, - nicht halten lässt. Der Versicherte hat durch sein Verhalten gezeigt, dass er durchaus bereit gewesen wäre, das Referendariat in D.________, Frankreich, zugunsten einer Festanstellung in der Schweiz abzubrechen. Dafür sprechen unter anderem seine Arbeitsbemühungen, seine jederzeitige Erreichbarkeit für ALV-Behörden und potentielle Arbeitgeber, seine Anreisen in die Schweiz zu Beratungsgesprächen mit dem RAV-Personalberater und zu Vorstellungsgesprächen mit potentiellen Arbeitgebern in der massgebenden Zeit, wie auch der Umstand, dass sein Praktikum nicht entlöhnt war, und er zusätzlich für die Kosten des Auslandaufenthalts und der Reisen aufzukommen hatte. Die finanziellen Konsequenzen einer vorzeitigen Beendigung des Referendariats wären entgegen der impliziten Ansicht der Vorinstanz ausserordentlich günstig für den Versicherten ausgefallen. Bei einer vorgezogenen Festanstellung wären die erwähnten Zusatzkosten weggefallen und der Versicherte hätte über ein Erwerbseinkommen verfügt, womit die Immatrikulationsgebühr von Fr. 800.-, welche aufgrund seines Einsatzes in D.________, Frankreich, angefallen ist, längst aufgewogen worden wäre. Der Beschwerdeführer hat nicht nur in Worten, sondern auch durch sein Verhalten deutlich gemacht, dass für ihn - zumindest in der vorliegend relevanten Zeit ab 10. September 2007 - stets der Antritt einer Festanstellung und nicht die ordentliche Absolvierung des Praktikums in D.________, Frankreich, Priorität hatte. Für die gegenteilige Annahme des kantonalen Gerichts finden sich keine ins Gewicht fallenden Anhaltspunkte. Es ist nicht einzusehen, inwiefern der Abbruch des letzten Referendariats, welcher nicht mit einem Studienabbruch gleichgesetzt werden kann, zu einer Unvollständigkeit seiner praxisorientierten Erfahrungen geführt hätte. Dass seine Arbeitsbemühungen ab September 2007 mehrheitlich Stellen betrafen, welche auf anfangs 2008 neu zu besetzen waren, kann dem Versicherten nicht vorgeworfen werden. Dieser Vorlauf ergibt sich zwangsläufig aus dem Umstand, dass die ordentlichen Kündigungsfristen vielfach drei Monate oder mehr betragen. Den Arbeitsvertrag, welchen der Beschwerdeführer schliesslich nach Vorstellungsgesprächen im November 2007 mit der O.________ AG abschliessen konnte, sah dementsprechend einen Stellenantritt auf 1. Januar 2008 vor. Daneben hatte er sich aber auch auf (zumindest) eine Stelle gemeldet, welche bereits auf den 1. Dezember 2007 neu zu besetzen war (Bewerbung vom 3. September 2007 und Vorstellungsgespräch vom 15. Oktober 2007 bei der S.________ AG). Die übrigen Arbeitsbemühungen erwecken ebenfalls nicht den Eindruck von "pro-forma"-Bewerbungen.
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4.4 Bei dieser Sachlage war der Beschwerdeführer auch ab 10. September, während seines Praktikums in D.________, Frankreich, vermittlungsfähig im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 15 AVIG. Wie bereits die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat, ist Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG ebenfalls erfüllt. Das Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen stand nie in Frage, so dass die Verwaltung dem Versicherten Arbeitslosenentschädigung für die Zeit seines Praktikumsaufenthaltes in D.________, Frankreich, auszubezahlen hat.
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5.
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Das Verfahren ist grundsätzlich kostenpflichtig. Das unterliegende beco ist jedoch gestützt auf Art. 66 Abs. 4 BGG von Gerichtskosten befreit (BGE 133 V 640).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 22. Januar 2009 und der Einspracheentscheid des beco Berner Wirtschaft, Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, vom 8. Februar 2008 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer während seines Praktikumsaufenthaltes in D.________, Frankreich, vom 10. September bis 15. Dezember 2007 Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 25. August 2009
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Ursprung Berger Götz
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