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Informationen zum Dokument  BGer 1C_587/2008  Materielle Begründung
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BGer 1C_587/2008 vom 12.08.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 1/2}
 
1C_587/2008, 1C_15/2009
 
Urteil vom 12. August 2009
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, Raselli, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiber Steinmann.
 
Parteien
 
1C_587/2008
 
Erwin Duss, Beschwerdeführer 1,
 
und
 
1C_15/2009
 
Hans-Rudolf Steffen, Beschwerdeführer 2, vertreten durch Rechtsanwalt Ralph van den Bergh,
 
gegen
 
Gemeinde Werthenstein, Marktweg 2, Postfach 64, 6110 Wolhusen.
 
Gegenstand
 
Beschluss der Gemeindeversammlung vom 28. April 2008 betreffend Zustimmung zur Gemeindeinitiative
 
zur Sicherung der regionalen Kiesversorgung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 18. November 2008 des Regierungsrats des Kantons Luzern.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Gemeindeversammlung von Werthenstein genehmigte am 10. Mai 2006 den Zonenplan Landschaft sowie Änderungen des Zonenplanes Siedlung und des Bau- und Zonenreglementes. In Bezug auf den Zonenplan Landschaft hiess sie Einsprachen gut und genehmigte ihn ohne die ursprünglich vorgesehene Abbau- und Ablagerungszone im Gebiet Schwanden.
 
Der Regierungsrat des Kantons Luzern genehmigte am 1. Dezember 2006 den Zonenplan Landschaft sowie die Änderungen des Zonenplanes Siedlung und des Bau- und Zonenreglementes. Er sistierte das Verfahren hinsichtlich der Gutheissung von Einsprachen unter Bezugnahme auf die in der Zwischenzeit eingereichte "Gemeindeinitiative zur Sicherung der regionalen Kiesversorgung" (im Folgenden: Gemeindeinitiative); diese zielt auf Ausscheidung einer Abbau- und Ablagerungszone im Gebiet Schwanden hin.
 
B.
 
Der Gemeinderat erklärte die genannte Gemeindeinitiative am 13. März 2007 als zustandegekommen und gültig. Die gegen diesen Entscheid erhobenen Beschwerden blieben ohne Erfolg.
 
Mit Botschaft vom 7. März 2008 (im Folgenden: Botschaft) lud der Gemeinderat auf den 28. April 2008 zur Gemeindeversammlung ein. Traktandum 2 lautete wie folgt: "Gemeindeinitiative zur Sicherung der regionalen Kiesversorgung; Grundsatzbeschluss über Annahme oder Ablehnung der Initiative". In der Botschaft an die Stimmberechtigten führte der Gemeinderat aus, die Gemeindeinitiative könne als Wiedererwägungs- oder Rückkommensinitiative bezeichnet werden und sei nunmehr den Stimmberechtigten zum Entscheid vorzulegen. Bei Ablehnung könne das sistierte Verfahren vor dem Regierungsrat betreffend Genehmigung des Zonenplans in der von der Gemeindeversammlung angenommenen Fassung wieder aufgenommen werden. Würde der Gemeindeinitiative zugestimmt, müsste an einer weitern Gemeindeversammlung über die Schaffung einer Abbau- und Ablagerungszone entschieden werden. Demnach stehe nunmehr ausschliesslich die Gemeindeinitiative in Frage.
 
Die Gemeindeversammlung vom 28. April 2008 stimmte der Gemeindeinitiative in geheimer Abstimmung mit 201 Ja gegen 179 Nein zu. Dies bedeutet, dass der Gemeinderat an einer kommenden Gemeindeversammlung das Einzonungsverfahren zum Beschluss vorlegen wird.
 
C.
 
Gegen diesen Beschluss der Gemeindeversammlung erhoben Erwin Duss und Hans-Rudolf Steffen sowie weitere Beteiligte beim Regierungsrat separate Beschwerden. Der Regierungsrat wies die Beschwerden von Erwin Duss und Hans-Rudolf Steffen am 18. November 2008 ab, soweit darauf einzutreten war; auf die übrigen Beschwerden trat er nicht ein oder wies sie ebenfalls ab, soweit er darauf eintrat.
 
D.
 
Diesen Entscheid des Regierungsrates hat Erwin Duss beim Bundesgericht am 19. Dezember 2008 mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten. Er beantragt die Aufhebung des Regierungsratsentscheides, die Ungültigerklärung der Zustimmung der Gemeindeversammlung zur Gemeindeinitiative und die Wiederholung der Abstimmung über die Gemeindeinitiative (Verfahren 1C_587/2008).
 
Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern stellt den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Die Gemeinde Werthenstein hat sich nicht vernehmen lassen.
 
E.
 
Am 12. Januar 2009 hat auch Hans-Rudolf Steffen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Er beantragt die Aufhebung des Regierungsratsentscheides hinsichtlich der ihn betreffenden Dispositiv-Ziffer 5 und die Aufhebung des zustimmenden Beschlusses der Gemeindeversammlung zur Gemeindeinitiative (Verfahren 1C_15/2009).
 
Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde Werthenstein hat sich nicht vernehmen lassen. In einer weitern Eingabe hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
 
Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 ist der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die beiden Beschwerden betreffen denselben Entscheid des Regierungsrates und dieselbe Abstimmung in der Gemeindeversammlung von Werthenstein über die Gemeindeinitiative. Zudem stellen die Beschwerdeführer im Wesentlichen die gleichen Anträge. Es rechtfertigt sich, die Beschwerden gemeinsam zu behandeln.
 
Es handelt sich bei beiden Beschwerden um Stimmrechtsbeschwerden im Sinne von Art. 82 lit. c BGG. In dieser Hinsicht gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG, dass die Kantone als Vorinstanz in kantonalen und kommunalen Stimmrechtssachen eine gerichtliche Behörde einsetzen müssen (BGE 134 I 199 E. 1.2 S. 201, mit Hinweisen). Der angefochtene Entscheid erging noch während der Übergangsfrist von Art. 130 Abs. 3 BGG. Demnach ist mit dem angefochtenen Entscheid des Regierungsrates der kantonale Instanzenzug erschöpft.
 
Als Stimmbürger von Werthenstein sind die Beschwerdeführer gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG zur Beschwerde legitimiert. Die Anträge um Aufhebung des Regierungsratsentscheides und um Aufhebung der Abstimmung über die Gemeindeinitiative in der Gemeindeversammlung vom 28. April 2008 sind zulässig (vgl. BGE 129 I 185 E. 1.2 S. 188).
 
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Hinsichtlich von Grundrechten und kantonalem Recht sind gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG Verletzungen vorzubringen und zu begründen. Obwohl der Beschwerdeführer 1 sich mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht im Detail auseinandersetzt, rügt und begründet er in hinreichender Weise, weshalb er in den Umständen um die Abstimmung über die Gemeindeinitiative eine Verletzung seiner politischen Rechte erblickt.
 
Auf die Beschwerden kann eingetreten werden.
 
2.
 
Die in Art. 34 Abs. 2 BV als Grundrecht verankerte Abstimmungsfreiheit gibt den Stimmberechtigten Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Es soll garantiert werden, dass jeder Stimmberechtigte seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und entsprechend mit seiner Stimme zum Ausdruck bringen kann. Die Abstimmungsfreiheit gewährleistet die für den demokratischen Prozess und die Legitimität direktdemokratischer Entscheidungen erforderliche Offenheit der Auseinandersetzung (BGE 132 I 104 E. 3.1 S. 108; 131 I 442 E. 3.1 S. 447; 130 I 290 E. 3.1 S. 294; Urteil 1C_412/2007 vom 18. Juli 2008 E. 4; je mit Hinweisen).
 
Das Ergebnis eines Urnengangs oder einer Abstimmung kann durch eine unzulässige behördliche Beeinflussung der Stimmberechtigten verfälscht werden. Eine solche fällt hinsichtlich von amtlichen Abstimmungserläuterungen, von andern amtlichen Informationen im Vorfeld von Urnengängen oder von Erläuterungen anlässlich von Gemeindeversammlungen in Betracht (unten E. 4.2). Umgekehrt können nach der Rechtsprechung auch private Informationen im Vorfeld von Abstimmungen in unzulässiger Weise die Willensbildung der Stimmberechtigten beeinträchtigen (unten E. 4.1).
 
Im vorliegenden Fall beziehen sich die Beschwerdeführer für ihre Rüge der Verletzung von Art. 34 Abs. 2 BV einerseits auf das Verhalten der Befürworter der Gemeindeinitiative und deren Präsentation eines Dienstbarkeitsvertrages an der Gemeindeversammlung, anderseits auf die behördliche Information dazu. In beiderlei Hinsicht rügen sie Verletzungen der Abstimmungsfreiheit.
 
3.
 
Stein des Anstosses bildet im vorliegenden Fall der Umstand, dass die Befürworter der Gemeindeinitiative anlässlich der Gemeindeversammlung vom 28. April 2008 einen Dienstbarkeitsvertrag von eben diesem Tage präsentierten und erläuterten. Dieser soll im Falle des Kiesabbaus in den zu schaffenden Zonen auf lange Zeit eine hinreichende Versorgung der Gemeinde mit Wasser garantieren. Der Gemeinderat nahm in der Gemeindeversammlung zum Vertrag kurz Stellung.
 
Das Thema Wasser hat die Auseinandersetzung um die Schaffung von Kiesabbauzonen wesentlich geprägt. Im Vorfeld der Gemeindeversammlung vom 10. Mai 2006 wurde auf die Frage der Sicherung der Trinkwasserversorgung und der Aufhebung von Schutzzonen hingewiesen (Einladung zur Gemeindeversammlung vom 10. Mai 2006, S. 20 Ziff. 7.3; Protokoll der Gemeindeversammlung vom 10. Mai 2006, S. 13 Ziff. 7.3). Als Folge der Gemeindeinitiative bildete sich das überparteiliche Komitee "Wasser ist Gold". Dieses befürchtet im Falle eines Kiesabbaus negative Auswirkungen für die Trinkwasserversorgung auf Jahrzehnte hinaus. Vor der Gemeindeversammlung vom 28. April 2008 führte es Informationsveranstaltungen zu diesem Thema durch. In der Botschaft zuhanden der Stimmberechtigten hielt das Komitee fest, niemand könne genau vorhersagen, welches die Folgen des Kiesabbaus für die Quellen seien; zurzeit bestünden keine Verträge für die Sicherung von Ersatzwasser. Die Sorge um die Wasserversorgung bildete dann - neben den finanziellen Aspekten und allfälligen Auswirkungen auf den kommunalen Finanzhaushalt - einen wesentlichen Diskussionspunkt in der Gemeindeversammlung vom 28. April 2008.
 
Vor diesem Hintergrund war die Ankündigung eines Dienstbarkeitsvertrages über die Lieferung von Trinkwasser zwecks Sicherung der Wasserversorgung bedeutsam und geeignet, die Willensbildung und -äusserung der Stimmberechtigten anlässlich der Gemeindeversammlung zu beeinflussen. Unter dem Gesichtswinkel von Art. 34 Abs. 2 BV gilt es daher zu prüfen, ob die Präsentation des Dienstbarkeitsvertrages von Seiten der Initianten und durch die Behörden im Hinblick auf die konkret in Frage stehende Abstimmung über die Gemeindeinitiative und das Rückkommen auf den Zonenplan die Abstimmungsfreiheit verletzt hat. Diese Prüfung ist ungeachtet des Umstandes vorzunehmen, dass die Tragweite der Vereinbarung im Einzelnen erst bei einer allfälligen Ausscheidung von Abbau- und Ablagerungszonen im vollen Ausmass zu gewichten sein wird.
 
4.
 
4.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung können private Informationen im Vorfeld von Sachabstimmungen in unzulässiger Weise die Willensbildung der Stimmberechtigten beeinflussen. Von einer unzulässigen Einwirkung wird etwa dann gesprochen, wenn mittels privater Publikation in einem so späten Zeitpunkt mit offensichtlich unwahren und irreführenden Angaben in den Abstimmungskampf eingegriffen wird, dass es den Stimmberechtigten nach den Umständen unmöglich ist, sich aus anderen Quellen ein zuverlässiges Bild von den tatsächlichen Verhältnissen zu machen. In Anbetracht der Meinungsäusserungsfreiheit wird eine derartige Beeinträchtigung nicht leichthin angenommen. Da insbesondere gewisse übertreibende oder gar unwahre Behauptungen kaum vermieden werden können und weil den Stimmberechtigten ein Urteil über die bekundeten Meinungen und Übertreibungen zugetraut werden darf, fällt die Aufhebung einer Abstimmung nur unter grösster Zurückhaltung und bei ganz schwerwiegenden Verstössen in Betracht (BGE 119 Ia 271 E. 3c S. 274 f.; 118 Ia 259 E. 3 S. 262 und 263; Urteil 1C_393/2007 vom 18. Februar 2008 E. 5; je mit Hinweisen).
 
Ernst Bieri vom Komitee für die Gemeindeinitiative hat den Dienstbarkeitsvertrag an der Gemeindeversammlung vorgestellt. Er hielt gemäss Protokoll (S. 14, 18 und 20) u.a. das Folgende fest:
 
Die Abbaufirma F+M Kies AG werde der Aufforderung zur Verpflichtung von Ersatzwasser bei einer Aufhebung der Schutzzone um die Aregger-Quelle (...) nachleben. Heinz Bieri informiert, dass die F+M Kies AG mit heutigem Datum mit einem Grundeigentümer (...) einen Dienstbarkeitsvertrag betreffend eines Wasserentnahmerechtes abgeschlossen hat. Es handelt sich dabei um ein Wasserentnahmerecht mit einer Menge von 800 bis 1'200 Minuten-Litern. Somit ist das Ersatzwasser für die Gemeindewasserversorgung Werthenstein bei einer Aufhebung der Wasserschutzzone im Zusammenhang mit der Abbauetappe 3 dinglich garantiert. Es steht also mehr als genügend Ersatzwasser zur Verfügung; eine weitere Angstmacherei ist nun völlig fehl am Platz. Der vorerwähnte Dienstbarkeitsvertrag werde im Grundbuch eingetragen."
 
Es handelt sich um Ersatzwasser mit einer Kapazität von 800 bis 1'200 Minuten-Litern. Dieses Ersatzwasser sei vertraglich gesichert; der Dienstbarkeitsvertrag wird auch im Grundbuch eingetragen."
 
Heinz Bieri verweist einmal mehr bezüglich des gesicherten Ersatzwassers auf den am 28. April 2008 abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrag. Der Vertragsschluss erfolgte absichtlich erst unmittelbar vor der Gemeindeversammlung und dies aus einem guten Grund. Denn bei der Suche nach Ersatzwasser durch die Kiesgrubenbetreiberin im Vorfeld der Gemeindeversammlung haben Exponenten des Komitees 'Wasser ist Gold' ihre negativen Einflüsse auf den durch ... kontaktierten Grundeigentümer geltend machen wollen. Aus diesem Grunde wurde der Name des dienstbarkeitsbelasteten Grundeigentümers bewusst noch nicht bekannt gemacht. Heinz Bieri bestätigt, dass Ersatzwasser vertraglich gesichert und somit der Vorwand des Komitees 'Wasser ist Gold' beseitigt ist."
 
Bei der Beurteilung dieser Aussagen ist davon auszugehen, dass anlässlich der Gemeindeversammlung ein - an demselben Tage abgeschlossener und unterzeichneter - Dienstbarkeitsvertrag zwischen einem Grundeigentümer und der F+M Kies AG tatsächlich vorlag. Er trägt den Titel "Wasserentnahmerecht" und bezweckt nach seinem Wortlaut die "Sicherstellung der Wasserversorgung für die Gemeinde Werthenstein mit hinreichendem Trinkwasser".
 
In der Diskussion ist ausgeführt worden, dass das Ersatzwasser vertraglich gesichert sei, aber auch, dass es dinglich garantiert sei und der Vertrag im Grundbuch eingetragen werde. Mit Blick auf den Abstimmungsgegenstand kann in dieser Schilderung keine Irreführung der Stimmberechtigten erblickt werden. Der blosse Dienstbarkeitsvertrag als solcher entfaltet zwar ohne Grundbucheintrag keine dingliche Wirkung. Es ist indes hinreichend darauf hingewiesen worden, dass es noch eines Eintrages ins Grundbuch bedürfe und ein solcher noch ausstehe. Bei dieser Sachlage konnten sich die Stimmberechtigten insoweit ein hinreichendes Bild über die Sachlage machen.
 
Verschiedene Punkte blieben offen oder wurden von den Initianten nicht angesprochen, wie der Beschwerdeführer 2 ausführt. Zurzeit bestehen die für die Wasserzuführung erforderlichen Durchleitungsrechte noch nicht; die Frage der Grundwasserschutzzonen und einer kantonalen Konzession scheinen noch kaum geklärt; über die technische, betriebliche und wirtschaftliche Machbarkeit wurden den Stimmberechtigten keine Angaben gemacht, ebenso wenig über die Wasserqualität.
 
Von ausschlaggebender Bedeutung ist der Umstand, dass die Initianten an der Gemeindeversammlung von der Sicherstellung einer Kapazität von 800 bis 1'200 Minuten-Litern sprachen. Dieses Ersatzwasser sei vertraglich gesichert, die Verpflichtung erlange mit dem Grundbucheintrag dingliche Wirkung. Bei genauem Hinsehen schliesst der Dienstbarkeitsvertrag die Gewähr für eine entsprechende Menge gerade ausdrücklich aus. In Ziff. 4 des Vertrages heisst es: "Der Grundeigentümer der Parzelle ... übernimmt keine Gewähr für die Ergiebigkeit der Wasserfassung. Aufgrund der durchgeführten Bohrungen kann mit einer Menge von 800 bis 1'200 Litern pro Minute gerechnet werden." Bei dieser Sachlage handelt es sich bei der von Seiten der Exponenten der Gemeindeinitiative vorgebrachten Zusicherung bestimmter Wassermengen um offensichtlich unwahre und irreführende Angaben.
 
4.2 Wie dargelegt, kann das Ergebnis einer Abstimmung durch eine unzulässige behördliche Beeinflussung der Stimmberechtigten verfälscht werden. Eine solche fällt auch hinsichtlich von Erläuterungen von Gemeindebehörden anlässlich von Gemeindeversammlungen in Betracht (vgl. namentlich Urteil 1P.113/2004 E. 4 und 5, in: ZBl 106/2005 S. 246; Urteil 1P.720/1999 vom 16. Februar 2000 E. 2 und 4). Es ist nicht bestritten, dass Gemeindebehörden an Gemeindeversammlungen - gleich wie in Abstimmungserläuterungen vor Volksabstimmungen - Vorlagen erklären und zur Annahme oder Ablehnung empfehlen dürfen. Für ihre Beurteilung und den aus Art. 34 Abs. 2 BV fliessenden Anforderungen kann auf die Rechtsprechung zu den Abstimmungserläuterungen abgestellt werden. Danach sind die Behörden zur Objektivität verpflichtet, sie dürfen Zweck und Tragweite einer Vorlage nicht falsch darstellen. Die Behörde muss sich nicht mit jeder Einzelheit einer Vorlage befassen und nicht alle denkbaren Einwendungen, welche gegen eine Vorlage erhoben werden können, erwähnen. Das Gebot der Sachlichkeit verbietet indessen, in den Erklärungen für den Entscheid des Stimmbürgers wichtige Elemente zu unterdrücken oder Argumente von gegnerischen Referendums- oder Initiativkomitees falsch wiederzugeben (BGE 132 I 104 E. 4 S. 111; 130 I 290 E. 3.2 S. 294; 119 Ia 271 E. 3b S. 273; 112 Ia 129 E. 3b S. 135; Urteil 1C_412/2007 vom 18. Juli 2008 E. 5 und 6; Urteil 1P.582/2005 vom 20. April 2006 E. 2, in: ZBl 108/2007 S. 275; ZBl 99/1998 S. 89 E. 4a; Pra 2000 Nr. 23 E. 2a).
 
Im vorliegenden Fall sind den Stimmberechtigten von Seiten der Gemeindebehörden (Gemeinderat bzw. Präsident der Gemeindewasserversorgungskommission) zum Abstimmungsgegenstand und insbesondere zum Dienstbarkeitsvertrag gemäss Protokoll (S. 12, 18, 19 und 20) die folgenden Informationen zugekommen:
 
Gemeinderat Beat Bucheli erläuterte die Vorlage zu Beginn in allgemeiner Weise. Im Verlaufe der Diskussion hielt er fest, dass das Problem "Grundwasserschutzzone Bergboden Wolhusen" unabhängig von einem möglichen Einbezug des Gebietes Schwanden/Obermoss/Sulzig bekannt sei. Weiter führte er aus: "Die Existenz eines Dienstbarkeitsvertrages mit der Bestätigung des Ersatzwassers wird durch den Gemeinderat Werthenstein bestätigt. Der entsprechende Dienstbarkeitsvertrag wurde am Montagnachmittag, 28. April 2008 dem Gemeinderat ausgehändigt." Weiter: "GP Beat Bucheli bestätigt einmal mehr, dass der Dienstbarkeitsvertrag dem Gemeinderat erst am Gemeindeversammlungsantrag bekannt geworden ist. Die Firma F+M Kies AG mag wohl Gründe haben, wieso erst zu diesem Zeitpunkt informiert wurde. Im Übrigen weist Beat Bucheli darauf hin, dass der Dienstbarkeitsvertrag für die Sicherung des Ersatzwassers nicht Bestandteil des Gemeindeversammlungsthemas 'Gemeindeinitiative' sei."
 
Werner Imbach schätzt sich als Präsident der Gemeindewasserversorgungskommission glücklich, wenn das mit dem Dienstbarkeitsvertrag gesicherte Wasser innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahren ins Leitungsnetz eingespiesen werden kann."
 
Die Ausführungen von Gemeindepräsident Bucheli können nicht als irreführend bezeichnet werden. Der Gemeindepräsident bestätigte die Existenz eines Dienstbarkeitsvertrages sowie den Umstand, dass dieser (erst) am Nachmittag den Gemeindebehörden überbracht worden war. Es ist nicht zu beanstanden, dass dabei von "Bestätigung des Ersatzwassers" die Rede war. Die Redewendung darf aus dem Zusammenhang heraus als Hinweis auf den Titel des Vertrages betrachtet werden. Die Aussage kann nicht in dem Sinne verstanden werden, dass der Gemeindepräsident den Stimmberechtigten die Garantie abgegeben hätte, mit dem Dienstbarkeitsvertrag sei die Trinkwasserversorgung auch für den Fall eines Kiesabbaus in jeder Hinsicht tatsächlich und rechtlich gesichert. Der Verlauf der Verhandlung zeigt vielmehr, dass sich der Gemeindepräsident weitgehend aus der Diskussion heraushielt, von einer Wertung des Dienstbarkeitsvertrages absah, dazu nicht eigentlich Position bezog und zutreffend bemerkte, der Dienstbarkeitsvertrag bilde nicht Gegenstand der Gemeindeinitiative. Demnach kann nicht gesagt werden, der Gemeindepräsident habe das Objektivitätsgebot verletzt oder die Abstimmungsvorlage und die Begleitumstände unsachlich wiedergegeben.
 
Auch die Aussage von Werner Imbach, des Präsidenten der Gemeindewasserversorgungskommission, kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht als irreführend bezeichnet werden. Dem Protokoll kann keineswegs entnommen werden, dass dieser die Wasserversorgung wegen des ins Spiel gebrachten Vertrages als gesichert bezeichnet hätte. Wie der Regierungsrat ausgeführt hat, darf das Votum so verstanden werden, dass dieser sich glücklich schätzen würde, wenn die Trinkwasserversorgung auf diesem Wege tatsächlich für die nächsten dreissig Jahre gesichert werden könnte.
 
4.3 Eine gesamthafte Betrachtung der Situation anlässlich der Gemeindeversammlung zeigt, dass die Initianten der Gemeindeinitiative mit der Präsentation des Dienstbarkeitsvertrages für eine ausgesprochene Überraschung sorgten. Der Vertrag, vom Beschwerdeführer 2 verständlicherweise als "deus ex machina" bezeichnet, ist erst am Nachmittag dem Gemeinderat ausgehändigt und am Abend den Stimmberechtigten erstmals bekanntgemacht worden. Verschiedene Stimmberechtigte gaben ihrem Erstaunen über den Zeitpunkt des Abschlusses und der Präsentation des Vertrages Ausdruck. Es ist mit den Grundzügen der demokratischen Meinungsbildung zwar vereinbar, einzelne Argumente aus taktischen Gründen zurückzuhalten und im best erscheinenden Moment in die Diskussion einzubringen. Das Taktieren findet allerdings seine Grenzen, wo die Fairness der Auseinandersetzung nicht gewahrt ist und der umfassende Prozess der Meinungsbildung der Stimmberechtigten beeinträchtigt wird. Das kann zutreffen, wenn in einem späten Zeitpunkt nicht bloss persönliche Meinungen und Einschätzungen vorgebracht, sondern massgebliche Dokumente ins Spiel gebracht werden, die einer Prüfung bedürften. Für behördliche Unterlagen sieht das Stimmrechtsgesetz des Kantons Luzern (SRL Nr. 10) in § 22 Abs. 1 gar vor, dass die einer Abstimmungsvorlage zugrunde liegenden Akten während zwei Wochen eingesehen werden können. Im vorliegenden Fall hatten die Stimmberechtigten in keiner Weise die Möglichkeit, den Dienstbarkeitsvertrag einzusehen und zu prüfen. Gemäss Protokoll ist der Vertrag nicht vorgelesen worden. Damit fiel eine zuverlässige Willensbildung von vornherein schwer.
 
Ausschlaggebendes Gewicht kommt in der vorliegenden Konstellation dem Umstand zu, dass der für die Abstimmung über die Gemeindeinitiative wichtige Dienstbarkeitsvertrag, wie oben dargelegt, in einem äusserst späten Zeitpunkt präsentiert und unzutreffend dargestellt worden ist: Die Aussage über die Zusicherung bestimmter Wassermengen war offensichtlich unwahr und irreführend. In der konkreten Situation konnten die Stimmberechtigten die unzutreffenden Angaben über den Dienstbarkeitsvertrag in keiner Weise mehr überprüfen. Damit sind sie irregeführt und in ihrer Abstimmungsfreiheit beeinträchtigt worden.
 
Überdies lässt der Verhandlungsverlauf eine gewisse Verunsicherung erkennen. Die Ausführungen des Gemeindepräsidenten zeigen, dass der Gemeinderat den Dienstbarkeitsvertrag offenbar noch nicht prüfen und dessen Tragweite weder im Hinblick auf die Abstimmung über die Gemeindeinitiative noch mit Bezug auf eine allfällige Ausscheidung von Abbauzonen abschätzen konnte. Der Gemeindepräsident war daher nicht in der Lage, die mit der neuen Konstellation konfrontierten Stimmberechtigten über allfällige Konsequenzen aufzuklären und seiner Informationspflicht gegenüber den Stimmbürgern in einer der Situation angemessenen Weise nachzukommen. Von daher hätte geprüft werden können, das Geschäft bis zur Klärung der neuen Situation auszusetzen.
 
In Anbetracht all dieser Umstände kann nicht gesagt werden, dass im vorliegenden Fall der umfassende Prozess der Meinungsbildung der Stimmberechtigten und die Offenheit der direktdemokratischen Entscheidfindung gewahrt gewesen sind. Es zeigt sich vielmehr, dass die Abstimmung über die Gemeindeinitiative unter Umständen erfolgte, welche es nicht erlaubten, den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig zu bilden und unverfälscht zum Ausdruck zu bringen und demnach den demokratischen Mehrheitsentscheid zu legitimieren. Damit erweist sich die Rüge der Verletzung von Art. 34 Abs. 2 BV als begründet.
 
4.4 Stellt das Bundesgericht Mängel fest, so hebt es den Urnengang oder die Abstimmung nur auf, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten erheblich sind und das Ergebnis beeinflusst haben könnten. Die Auswirkungen brauchen von den Beschwerdeführern nicht nachgewiesen zu werden; vielmehr genügt es, wenn eine derartige Beeinflussung im Bereiche des Möglichen liegt. Mangels einer ziffernmässigen Feststellung der Auswirkung eines Verfahrensmangels ist dessen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis nach den gesamten Umständen und grundsätzlich mit freier Kognition zu beurteilen. Dabei wird namentlich auf die Schwere des festgestellten Mangels und dessen Bedeutung im Rahmen der gesamten Abstimmung sowie auf die Grösse des Stimmenunterschiedes abgestellt. Erscheint die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre, nach den gesamten Umständen als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in Betracht fällt, so kann von der Aufhebung der Abstimmung abgesehen werden (vgl. zum Ganzen BGE 132 I 104 E. 3.3 S. 110; 130 I 290 E. 3.4 S. 296; Urteil 1P.582/2005 vom 20. April 2006 E. 2, in: ZBl 108/2007 S. 275; Urteil 1P.113/2004 E. 2.2, in: ZBl 106/2005 S. 246).
 
Der festgestellte Mangel bei der Diskussion und Abstimmung über die Gemeindeinitiative wiegt schwer und war geeignet, sich auf das Resultat auszuwirken. Die gesamten Umstände erlaubten es den Stimmberechtigten nicht, sich in einer den Anforderungen von Art. 34 Abs. 2 BV entsprechenden Weise über die Tragweite des ins Spiel gebrachten Dienstbarkeitsvertrages eine eigene korrekte Meinung zu bilden. Der damit eng zusammenhängenden Thematik der Sorge um Wasser und Wasserversorgung kam grosse Bedeutung zu. Daran ändert der Umstand nichts, dass auch die finanziellen Auswirkungen eines allfälligen Kiesabbaus - mit entsprechenden Einnahmen für die Gemeinde in Anbetracht der bestehenden Finanzschwierigkeiten - kontrovers diskutiert worden sind. Das in geheimer Abstimmung ermittelte Ergebnis von 201 Ja gegen 179 Nein ist als eher knapp zu bezeichnen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Abstimmung ohne Präsentation des Dienstbarkeitsvertrages bzw. mit einer korrekten und umfassenderen Darstellung der Vereinbarung anders ausgefallen wäre.
 
Bei dieser Sachlage sind in Gutheissung der Beschwerden der angefochtene Entscheid des Regierungsrates und die Abstimmung in der Gemeindeversammlung über die Gemeindeinitiative aufzuheben.
 
5.
 
In Anbetracht der Gutheissung der Beschwerden sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Gemeinde Werthenstein hat den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer 2 für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdeführer 1 ist mangels Vertretung keine Entschädigung zuzusprechen (vgl. BGE 129 II 297 E. 5 S. 304; 125 II 518).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verfahren 1C_587/2008 und 1C_15/2009 werden vereinigt.
 
2.
 
Die Beschwerden werden gutgeheissen und es werden der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 18. November 2008 und die Abstimmung in der Gemeindeversammlung der Gemeinde Werthenstein vom 28. April 2008 über die "Gemeindeinitiative zur Sicherung der regionalen Kiesversorgung" aufgehoben.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Dem Beschwerdeführer 1 wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
 
5.
 
Die Gemeinde Werthenstein hat den Beschwerdeführer 2 für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
6.
 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Gemeinde Werthenstein und dem Regierungsrat des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. August 2009
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Féraud Steinmann
 
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