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Informationen zum Dokument  BGer 8C_830/2008  Materielle Begründung
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BGer 8C_830/2008 vom 15.05.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_830/2008
 
Urteil vom 15. Mai 2009
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
 
Parteien
 
M.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Guy Reich,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 27. August 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1975 geborene M.________ arbeitet seit 1. Januar 1993 als Automechaniker bei der Firma A.________ an deren Kapital er zur Hälfte beteiligt und deren Geschäftsführer er ist. Am 14. Dezember 2006 und am 23. Januar 2007 erlitt er je einen Auffahrunfall. Am 17. Oktober 2007 teilte die SUVA dem Versicherten mit, sie komme für die Kosten dieser Unfälle auf. Mit Verfügung vom 31. Oktober 2007 eröffnete sie M.________, der versicherte Jahreslohn für die Taggeldbemessung liege bei Fr. 11'464.75, was ein Taggeld von Fr. 25.15 pro Tag ergebe. Die aufgrund des erheblich höher angegebenen Jahreslohnes zuviel bezahlten Taggelder würden mit der dem Versicherten zustehenden Prämienrückzahlung verrechnet. An ihrem Standpunkt hielt die SUVA mit Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2007 fest.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 27. August 2008 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt M.________ beantragen, es seien ihm die gesetzlichen Leistungen zu erbringen und die Taggelder gestützt auf den versicherten Verdienst zu bezahlen.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
 
2.
 
Streitig und zu prüfen ist die Höhe der auszurichtenden Taggelder.
 
Taggelder und Renten werden nach dem versicherten Verdienst bemessen (Art. 15 Abs. 1 UVG). Massgebend für die Bemessung der Taggelder ist - wie das kantonale Gericht zutreffend ausgeführt hat - der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn (Art. 15 Abs. 2 UVG). Auf Verordnungsstufe bestimmt Art. 22 Abs. 2 UVV, der versicherte Verdienst entspreche - bis zum Höchstbetrag gemäss Art. 22 Abs. 1 UVV - dem nach der Bundesgesetzgebung über die AHV massgebenden Lohn mit bestimmten Abweichungen. Grundlage für die Bemessung der Taggelder bildet der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, einschliesslich noch nicht ausbezahlter Lohnbestandteile, auf die ein Rechtsanspruch besteht (Art. 22 Abs. 3 UVV).
 
3.
 
Mit Verfügung vom 31. Oktober 2007, bestätigt durch den Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2007, hat die SUVA den versicherten Verdienst auf Fr. 11'464.75 festgesetzt, was einen Taggeldansatz von Fr. 25.15 pro Tag ergab. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2006 von der Firma A.________ keinen Lohn bezogen habe. Für die maximal 46 Tage, die der Versicherte 2006 gearbeitet habe, sei ein Verdienst nach berufsüblichen Ansätzen gemäss LSE zu ermitteln. Gleichzeitig stellte die SUVA in Aussicht, dass die aufgrund des in der Unfallmeldung angegebenen monatlichen Lohnes von Fr. 2800.- zuviel bezahlten Taggelder mit der dem Versicherten auszurichtenden Prämienrückzahlung verrechnet würden. Die Vorinstanz hat den Einspracheentscheid bestätigt. Der Beschwerdeführer macht - wie bereits im kantonalen Verfahren - im Wesentlichen geltend, seine Lebensgefährtin habe ihm 2006 ein Darlehen von Fr. 28'000.- zur Bestreitung des Lebensunterhaltes gewährt, welches indessen fälschlicherweise nicht über sein Lohnkonto verbucht worden sei. Zudem habe er im Jahre 2006 täglich gearbeitet. Die vom Revisor gestützt auf die verbuchten Rechnungen festgestellten 46 Arbeitstage entsprächen nicht der tatsächlichen Arbeitsleistung, zumal in einem Betrieb nicht nur produktive Arbeit verrichtet werde.
 
4.
 
4.1 Das Erleiden einer Lohneinbusse ist für die Taggeldberechtigung insofern konstitutiv, als dieses Ersatzeinkommen auf einem versicherten Verdienst zu bemessen ist, über welchen sich die versicherte Person grundsätzlich bei jedem Eintritt unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit auszuweisen hat (Urteil 8C_34/2008 vom 7. November 2008 E. 5.1 mit Hinweisen). Eine Erwerbseinbusse muss zumindest mit dem im Sozialversicherungsrecht massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sein. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360 mit Hinweisen; vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2 und 3.3 S. 324 f.).
 
4.2 Nach Art. 43 Abs. 1 ATSG prüft der Versicherungsträger die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Gemäss Art. 61 lit. c ATSG stellt das Versicherungsgericht unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
 
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 261 E. 3b S. 264).
 
5.
 
5.1 Wie aus den Akten hervorgeht und unbestritten ist, hat der Beschwerdeführer am 7. Juni 2007 anlässlich eines Gesprächs im Büro seines Rechtsanwaltes dem Aussendienstmitarbeiter der SUVA gegenüber erklärt, er habe seit dem Unfall vom 25. November 2004 nie mehr gearbeitet und keinen Lohn mehr bezogen. Dies sei auch so gewesen, nachdem die SUVA die Leistungen per 19. Dezember 2005 eingestellt habe. Auch danach habe er bis zu den Unfällen vom 14. Dezember 2006 und 23. Januar 2007 nie mehr gearbeitet und keinen Lohn bezogen. Der Einmannbetrieb bestehe noch, sei aber stillgelegt worden. Für die Lebensunterhaltskosten sei seine Partnerin aufgekommen. Die SUVA-Prämien seien auf einem fiktiven Lohn weiterbezahlt worden. Diese Angaben wurden von der Lebenspartnerin des Beschwerdeführers bestätigt. Gestützt darauf wurde den Anwesenden eröffnet, dass bei dieser Sachlage die beiden Unfälle bei der SUVA nicht gedeckt seien. Am 13. Juni 2007 teilte der Anwalt des Versicherten der SUVA sodann telefonisch mit, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt. Sein Mandant habe ihm nach der Besprechung vom 7. Juni 2007 erklärt, er habe nach Einstellung der SUVA-Leistungen in geringem Rahmen gearbeitet. Es seien keine Lohnabrechnungen gemacht worden, er hätte sich aber einen kleinen Lohn auszahlen lassen. Das Ganze sei in der Buchhaltung registriert. Am 14. Juni 2007 liess der Beschwerdeführer einen Lohnausweis für das Jahr 2006 über brutto Fr. 34'709.- und am 9. Juli 2007 eine Bilanz und Erfolgsrechnung der Firma A.________ einreichen, woraus hervorgeht, dass diese mit einem Verlust von Fr. 37'457.45 abgeschlossen hat. Eine Überprüfung der Buchführung durch die SUVA vom 23. Juli 2007 ergab, dass der Versicherte 2006 teilweise gearbeitet hat, dass zwei unterschiedliche Buchhaltungen vorhanden waren und dass ein Lohnfluss nicht erklärbar ist, da die Kasse praktisch während des ganzen Jahres im Minus war. Auch anhand der am 18. September 2007 nachgereichten Rechnungen und Zahlungsbelege konnte die SUVA keinen effektiven Lohnbezug ermitteln. Aufgrund der bestehenden und der gemäss Buchhaltung ausgeführten Rechnungen hat die SUVA die im Jahr 2006 maximal gearbeiteten Tage eruiert und für die so festgestellten 46 Tage anhand der LSE einen Durchschnittslohn festgelegt. Das kantonale Gericht hat den Einspracheentscheid der SUVA bestätigt und festgestellt, die Anzahl der gearbeiteten Tage und der zu Grunde gelegte Stundenansatz seien grosszügig festgelegt worden.
 
5.2 In Anbetracht der Aktenlage ist der vorinstanzliche Entscheid nicht zu beanstanden. Daran vermögen die Einwendungen in der Beschwerde nichts zu ändern. Der Versicherte räumt selber ein, dass er für das Jahr 2006 buchhalterisch keinen Lohn bezogen hatte. Auch der Geldfluss des behaupteten Darlehens seiner Lebenspartnerin in der Höhe von Fr. 28'000.- - so der Beschwerdeführer - könne nicht konkret nachvollzogen werden. Dass die Gewährung des Darlehens - wie der Versicherte sagt - gestützt auf die vorhandenen Unterlagen nicht ausgeschlossen werden könne, reicht für den erforderlichen Nachweis von erzieltem Lohn nicht. Selbst wenn das Darlehen dem Beschwerdeführer zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes tatsächlich gewährt worden wäre, könnte daraus in Anbetracht der Geschäftsbuchhaltung nichts bezüglich des massgebenden letzten Lohnes vor dem Unfall zur Ermittlung des versicherten Verdienstes abgeleitet werden. Weitere Abklärungen wie die vom Beschwerdeführer erwähnte Befragung der Darlehensgeberin und von ihm selber vermöchten daran nichts zu ändern. Auch soweit der Beschwerdeführer die Festsetzung des Lohnes durch die SUVA anhand der Rechnungen und der LSE kritisiert, kann ihm nicht gefolgt werden. Wenn er nun geltend macht, er habe im Jahr 2006 täglich gearbeitet und sei für seine Kunden dagewesen, widerspricht er damit seinen früheren Angaben, wonach er zuerst gar nicht (Besprechung vom 7. Juni 2007), nachher in geringem Rahmen (telefonische Mitteilung vom 13. Juni 2007) gearbeitet haben will. Eine geringe Arbeitstätigkeit ergibt sich effektiv aus den Rechnungen der Firma A.________ und wurde von der SUVA - wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat - grosszügig berücksichtigt. Auch aus dem Umstand, dass der Versicherte für einen höheren Lohn Prämien bezahlt und diesen nicht bezogenen Lohn deklariert habe, lässt sich mit der Vorinstanz nichts bezüglich des für den versicherten Verdienst massgebenden, vor dem Unfall erzielten Lohn ableiten. Schliesslich fehlen nach Gesagtem Anhaltspunkte für das Vorhandensein noch nicht ausbezahlter Lohnbestandteile im Sinne von Art. 22 Abs. 3 UVV, auf die ein Rechtsanspruch besteht.
 
5.3 Liegen somit keine Beweismittel vor, welche die tatsächliche Erzielung eines grösseren Lohnes im Jahr 2006 mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen vermöchten, und können solche auch nicht mehr beigebracht werden, wirkt sich die diesbezügliche Beweislosigkeit zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus. Der angefochtene Entscheid ist somit zu bestätigen.
 
6.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 15. Mai 2009
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Ursprung Kopp Käch
 
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