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Informationen zum Dokument  BGer 9C_920/2008  Materielle Begründung
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BGer 9C_920/2008 vom 16.04.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_920/2008
 
Urteil vom 16. April 2009
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
 
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.
 
Parteien
 
Stiftung Sicherheitsfonds BVG, Eigerplatz 2, 3007 Bern, Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Blaise Carron,
 
gegen
 
E.________, Beschwerdegegner,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Joachim Lerf.
 
Gegenstand
 
Berufliche Vorsorge,
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Kantonsgerichts Freiburg
 
vom 16. September 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Ende 1984 wurde die Gemeinschaftsstiftung Y.________ im Hinblick auf das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG [SR 831.40]; am 1. Januar 1985) in Anlagestiftung Z.________ umbenannt und gleichzeitig die Sammelstiftung X.________ gegründet, welche als registrierte Vorsorgeeinrichtung den Zweck der beruflichen Vorsorge übernahm. E.________ war an dieser Umstrukturierung beteiligt, indem er die Statuten der Sammelstiftung neu erarbeitete und jene der Anlagestiftung revidierte. Er war zudem von 1984 bis 1995 Stiftungsrat und ab 1991 Vizepräsident der Sammelstiftung X.________. Die Aufsichtsbehörde verfügte am 16. Januar 1996 die Auflösung der beiden Stiftungen infolge Überschuldung. Die Stiftung Sicherheitsfonds BVG stellte in der Folge gesetzliche Vorsorgeleistungen der Sammelstiftung X.________ in Liquidation sicher.
 
B.
 
Am 30. März 2006 erhob die Stiftung Sicherheitsfonds BVG beim Verwaltungsgericht (heute: Kantonsgericht) des Kantons Freiburg Klage gegen E.________ mit dem Rechtsbegehren, der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin 5 Mio. Franken nebst Zins zu 5 % seit 30. Juli 1997 zu bezahlen, unter Vorbehalt der Nachklage. In der Klageantwort vom 5. Februar 2007 beantragte E.________ Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei, erhob die Einrede der Verjährung und beantragte, das Verfahren sei auf die Frage der Passivlegitimation und der Verjährung zu beschränken. Nach verschiedenen weiteren Stellungnahmen der Parteien wies das Kantonsgericht mit Entscheid vom 16. September 2008 die Klage wegen Verjährung ab.
 
C.
 
Die Stiftung Sicherheitsfonds BVG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
 
E.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a BGG; vgl. Art. 73 Abs. 1 lit. c und d BVG). Der Antrag des Beschwerdegegners, auf das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit der eingereichten neuen Beweismittel nicht einzutreten, ist unbegründet; die Zulässigkeit der Noven ist im Rahmen der materiellen Beurteilung zu prüfen.
 
2.
 
2.1 Die Vorinstanz hat die Verjährung mit folgender Begründung bejaht: Die Forderung der Beschwerdeführerin stütze sich auf Art. 52 oder Art. 56a Abs. 1 BVG (je in der bis Ende 2004 geltenden Fassung). Die Haftung nach Art. 52 BVG verjähre innert zehn Jahren nach dem Rücktritt aus dem Organ; da der Beschwerdegegner bis 1995 Mitglied des Stiftungsrats der Sammelstiftung X.________ gewesen sei, seien die Ansprüche bei Klageeinreichung am 30. März 2006 verjährt gewesen. Die Ansprüche nach Art. 56a Abs. 1 BVG verjährten lückenfüllend innert fünf oder zehn Jahren ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung, was spätestens im Zeitpunkt der Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 16. Januar 1996 der Fall gewesen sei. Mithin sei auch ein auf Art. 56a Abs. 1 BVG gestützter Anspruch bei Klageeinreichung verjährt gewesen. Mit dieser Argumentation setzt die Vorinstanz voraus, dass zwischen 1995 (bezüglich der auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche) bzw. 16. Januar 1996 (bezüglich der auf Art. 56a BVG gestützten Ansprüche) und der Klageeinreichung am 30. März 2006 keine verjährungsunterbrechenden Handlungen erfolgt sind.
 
2.2 Die Beschwerdeführerin reicht im bundesgerichtlichen Verfahren mehrere vom Beschwerdegegner zwischen dem 10. Januar 1997 und dem 27. November 2007 abgegebene Verjährungsverzichtserklärungen ein. Der Beschwerdegegner bestreitet die Zulässigkeit dieser Noven.
 
2.3 Im Verfahren vor Bundesgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Solche Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des angefochtenen Entscheids liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals rechtserheblich werden (Urteil 4A_36/2008 vom 18. Februar 2008 E. 4.1; Meyer, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 46 und 47 zu Art. 99 BGG). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226 f.).
 
2.4 Die Verjährung wird nicht von Amtes wegen, sondern nur auf Einrede hin berücksichtigt (Art. 142 OR). Dementsprechend braucht der Kläger nicht bereits in der Klage zur Frage der Verjährung Stellung zu nehmen, da er ja noch nicht weiss, ob sich der Beklagte darauf überhaupt berufen wird. Erhebt der Beklagte in der Klageantwort die Einrede der Verjährung, muss daher der Kläger die Möglichkeit erhalten, sich dazu zu äussern (Art. 29 Abs. 2 BV).
 
2.5 Der Beschwerdegegner hatte in der Klageantwort vom 5. Februar 2007 die Einrede der Verjährung erhoben und diese damit begründet, der Anspruch nach Art. 52 BVG verjähre in jedem Fall in zehn Jahren vom Tag der schädigenden Handlung an gerechnet. Die allenfalls schädigende Handlung (Aufbau der Stiftungskonstruktion) sei in den Jahren 1984/85 erfolgt, entsprechende Ansprüche seien daher verjährt. Auch soweit ihm im Zusammenhang mit dem Anlageverhalten innerhalb der Stiftungskonstruktionen (mithin für die Periode 1986-1995) ein Vorwurf gemacht werden könnte, seien allfällige darauf gestützte Ansprüche verjährt. Er habe zwar gegenüber der Klägerin gelegentlich Verjährungsverzichtserklärungen abgegeben, jedoch immer unter dem Vorbehalt, dass die Verjährung noch nicht eingetreten sei. Am 9. Februar 2007 forderte die Vorinstanz die Klägerin auf, zum Antrag des Beklagten, das Verfahren auf die Fragen der Passivlegitimation und der Verjährung zu beschränken, Stellung zu nehmen. Eine Aufforderung, sich zur Verjährung materiell zu äussern, war damit nicht verbunden. In ihrer Stellungnahme vom 2. März 2007 führte die Klägerin aus, der Beklagte begründe seine Einrede der Verjährung lediglich in Bezug auf die Ansprüche gemäss Art. 52 BVG. In Bezug auf die Ansprüche nach Art. 56a BVG sei die Verjährung offensichtlich nicht eingetreten, so dass eine Beschränkung auf diese Vorfrage bezüglich Art. 52 BVG das Verfahren nicht beenden würde. Es sei naheliegend, dass die Verjährung gemäss Art. 56a BVG nach der gleichen Frist eintrete wie diejenige gemäss Art. 52 BVG, also gemäss der zu dieser Bestimmung (bis Ende 2004) ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nach zehn Jahren. Sie werfe dem Beklagten vor, dass er bis 1996 schädigende Handlungen vorgenommen habe; in diesem Jahr seien auch die ersten Verjährungsverzichtserklärungen eingeholt worden.
 
2.6 Somit ist zwar die Frage der Verjährung im vorinstanzlichen Verfahren thematisiert worden. Der Beklagte hat aber selber in seiner Klageantwort das Vorliegen von Verjährungsverzichtserklärungen erwähnt und die Einrede der Verjährung damit begründet, dass die Verjährungsfrist bereits vor Abgabe dieser Erklärungen abgelaufen sei. Auch die am 28. Februar 2008 von der Klägerin eingereichten strafrechtlichen Unterlagen betrafen das Verhalten des Beklagten bis im Januar 1996 und führten - soweit sie sich auf die Verjährung bezogen - aus, dass infolge Tateinheit die strafrechtliche Verjährung für die ab 1985 begangenen Handlungen erst mit der letzten Tathandlung (mithin im Januar 1996) zu laufen begonnen habe. Unter diesen Umständen brauchte die Klägerin nicht damit zu rechnen, dass die Klage mit der Begründung abgewiesen werden könnte, die Verjährung sei zwischen 1996 und der Klageeinreichung eingetreten, mithin während der Gültigkeit der vom Beklagten abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen. Die vorinstanzliche Begründung war überraschend und erlaubt das Vorbringen von Noven. Die Verjährungsverzichtserklärungen sind demnach im Verfahren vor Bundesgericht zu berücksichtigen.
 
2.7 In der Sache bestreitet der Beschwerdegegner die eingereichten Verjährungsverzichtserklärungen nicht. Diese sind daher als massgeblich zu betrachten.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin begründet ihren Anspruch einerseits damit, dass ihr die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche der Sammelstiftung X.________ in Liquidation gegen den Beschwerdegegner abgetreten worden seien, andererseits mit Art. 56a Abs. 1 BVG. Die Verjährung ist für diese beiden Rechtsgrundlagen gesondert zu betrachten.
 
4.
 
4.1 Art. 52 BVG in der bis Ende 2004 geltenden Fassung lautete wie folgt: "Alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen sind für den Schaden verantwortlich, den sie ihr absichtlich oder fahrlässig zufügen." Die Frage der Verjährung war in dieser Bestimmung nicht geregelt. Lückenfüllend hat die Rechtsprechung eine zehnjährige Verjährungsfrist (analog Art. 127 OR) angenommen (BGE 131 V 55 E. 3.1 S. 56 f.), beginnend mit der tatsächlichen Aufgabe der Organstellung (ebd., E. 3.2.2 S. 58 f.). Mit dem Hinweis auf Art. 127 OR wird klargestellt, dass es sich dabei um eine Verjährungs- und nicht um eine Verwirkungsfrist handelt. In der 1. BVG-Revision wurde Art. 52 BVG um einen zweiten und dritten Absatz ergänzt. Nach dem neu eingefügten Absatz 2 verjährt die Haftung in fünf Jahren vom Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, auf jeden Fall aber in zehn Jahren vom Tag der schädigenden Handlung an gerechnet.
 
4.2 Der Beschwerdegegner hat erstmals am 10. Januar 1997 gegenüber der Sammelstiftung X.________ in Liquidation erklärt, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, soweit diese am 10. Januar 1997 nicht bereits eingetreten sei. Diese Verzichtserklärung wurde jeweils bis zum Zeitpunkt der Klageeinreichung ununterbrochen verlängert. Der Beschwerdegegner war nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz bis 1995 Mitglied des Stiftungsrates der Sammelstiftung X.________; die mit dieser Eigenschaft begründete zehnjährige Verjährungsfrist war demnach bis zum 10. Januar 1997 klarerweise nicht abgelaufen. Infolge der Verzichtserklärungen gilt dies auch für die Folgezeit bis zur Klageeinreichung, so dass unerheblich ist, ob die Frist nach Art. 52 Abs. 2 BVG in der ab 1. Januar 2005 in Kraft stehenden Fassung allenfalls früher enden würde. Die Haftung des Beschwerdegegners gegenüber der Sammelstiftung X.________ in Liquidation ist demnach nicht verjährt.
 
4.3 Im vorinstanzlichen Verfahren hat der Beschwerdegegner die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin für die aus Art. 52 BVG abgeleiteten Ansprüche bestritten mit der Begründung, die Zession sei nicht rechtsgültig. Die Vorinstanz hat sich zu dieser Frage noch nicht geäussert, da sie das Verfahren auf die Fragen der Verjährung und der Passivlegitimation des Beschwerdegegners beschränkt hatte. Auch das Bundesgericht hat deshalb dazu nicht Stellung zu nehmen. Verfahrensgegenstand bildet jedoch die Frage, wie es sich mit der Verjährung des Anspruchs verhält, sofern die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen sein wird.
 
4.4 Mit der Zession gehen auch die Vorzugs- und Nebenrechte auf den Zessionar über, mit Ausnahme derjenigen, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind (Art. 170 Abs. 1 OR). Zu den übergehenden Rechten gehört auch das Recht, die Verjährung zu unterbrechen (Urteil 4C.363/2002 vom 26. Februar 2003 E. 2.2.1). Umgekehrt kann der Schuldner Einreden, die der Forderung des Zedenten entgegenstehen, auch gegen den Zessionar geltend machen, wenn sie schon zur Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt (Art. 169 Abs. 1 OR). Das gilt insbesondere auch für die Einrede der Verjährung (Urteil 5C.98/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 4.2; Flavio Lardelli, Die Einreden des Schuldners bei der Zession, 2008, S. 29; Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2006, S. 555 Rz. 90.48; Eugen Spirig, Zürcher Kommentar, 1993, N. 32 zu Art. 169 OR). Dies entspricht dem Grundgedanken der Zession, dass der Schuldner durch die Zession nicht schlechter gestellt werden soll (Lardelli, a.a.O., S. 23; Schwenzer, a.a.O., S. 555). Deshalb ist auch für den Beginn einer Verjährungsfrist, die auf die Kenntnis des Schadens durch den Geschädigten abstellt, die Kenntnis des ursprünglich Geschädigten massgebend, nicht diejenige des Zessionars (Urteil des Bundesgerichts 4C.31/1991 vom 15. August 1991 E. 6b, nicht publ. in: BGE 117 II 315, aber in: SJ 1992 S. 152). Konsequenterweise muss sich dann aber der Zessionar auch auf eine Verjährungsverzichtserklärung berufen können, die der Schuldner dem ursprünglichen Gläubiger abgegeben hat. Denn der Schuldner wird dadurch nicht schlechter gestellt. Die Verzichtserklärungen, die der Beschwerdegegner ab dem 10. Januar 1997 regelmässig gegenüber der Sammelstiftung X.________ in Liquidation abgegeben hat, haben daher auch Wirkung im Verhältnis zur Beschwerdeführerin, soweit diese sich auf eine rechtsgültige Zession berufen kann. Unter dieser von der Vorinstanz noch zu prüfenden Voraussetzung sind demnach die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche der Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner nicht verjährt.
 
5.
 
Zu prüfen ist weiter die Verjährung allfälliger auf Art. 56a BVG gestützter Ansprüche.
 
5.1 Nach der ursprünglichen, bis 31. Dezember 1996 in Kraft gewesenen Fassung von Art. 56 Abs. 1 lit. b Satz 2 BVG (AS 1983 797) regelte der Bundesrat die Voraussetzungen für die Leistungen des Sicherheitsfonds und das Rückgriffsrecht auf Organe zahlungsunfähiger Vorsorgeeinrichtungen. Gestützt darauf hatte der Bundesrat die Verordnung vom 7. Mai 1986 über die Verwaltung des Sicherheitsfonds BVG (aSFV 2; AS 1986 867; in Kraft bis 30. Juni 1998, AS 1998 1662) erlassen. Nach deren Art. 11 hat der Sicherheitsfonds gegenüber den Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung ein Verschulden trifft, ein Rückgriffsrecht im Umfang der sichergestellten Leistungen. Am 1. Januar 1997 trat Art. 56a Abs. 1 BVG (in der bis 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Fassung) in Kraft (AS 1996 3067), wonach der Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, ein Rückgriffsrecht im Umfang der sichergestellten Leistungen hat. In der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung sieht Art. 56a Abs. 1 BVG vor, dass der Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten kann.
 
5.2 Die Beschwerdeführerin leitet ihren Anspruch aus Umständen ab, die sich vor dem 31. Dezember 2004 ereignet haben. Anwendbar ist daher die bis zu diesem Zeitpunkt massgebende Fassung von Art. 56a BVG bzw. Art. 11 aSFV 2 (vgl. SVR 2006 BVG Nr. 30 S. 116, B 97/05 E. 3). Nach dieser Regelung subrogiert der Sicherheitsfonds nicht in die Ansprüche, die der Vorsorgeeinrichtung nach Art. 52 BVG zustehen, sondern hat einen eigenen Anspruch, der sich im Unterschied zur Haftung nach Art. 52 BVG nicht nur gegen Organe der Stiftung richtet, sondern auch gegen andere Personen, die an der Zahlungsunfähigkeit der Stiftung ein Verschulden trifft (BGE 130 V 277 E. 2.1 S. 280 ff.), und zwar gemäss Art. 11 aSFV 2 über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch bereits in der ursprünglichen Fassung (SVR 2008 BVG Nr. 33 S. 135, 9C_92/2007 E. 1.2; 2006 BVG Nr. 34 S. 131, B 10/05 E. 8). Dieser Anspruch kann auch verjährungsrechtlich ein eigenes, von den Ansprüchen nach Art. 52 BVG getrenntes Schicksal haben. Ob die neue, seit 1. Januar 2005 in Kraft stehende Fassung von Art. 56a BVG daran etwas geändert hat, braucht hier nicht geprüft zu werden.
 
Die vom Beschwerdegegner gegenüber der Sammelstiftung X.________ in Liquidation abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen haben deshalb in Bezug auf die Ansprüche des Sicherheitsfonds nach Art. 56a BVG keine Wirkung. Ebenso wenig unterbricht die im Januar 1997 von der Sammelstiftung X.________ in Liquidation gegen den Beschwerdegegner eingeleitete Betreibung die Verjährung des auf Art. 56a BVG gestützten Anspruchs der Beschwerdeführerin. Gegenüber der Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegner erstmals am 17. März 2004 erklärt, auf die Erhebung der Verjährungseinrede zu verzichten, soweit die Verjährung bis zu diesem Zeitpunkt nicht bereits eingetreten sei. Wie es sich damit verhält, ist im Folgenden zu prüfen.
 
5.3 Weder Art. 56a BVG noch eine andere Gesetzesnorm regelt die Frage, innert welcher (Verwirkungs- oder Verjährungs-)Frist der Sicherheitsfonds den darin verankerten Haftungs- und Regressanspruch gemäss Abs. 1 geltend zu machen hat, beziehen sich doch die Absätze 2 und 3 auf den davon zu unterscheidenden Rückerstattungsanspruch bei unrechtmässiger Leistungsausrichtung. Es liegt eine echte Gesetzeslücke vor. Denn es fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber bei den Forderungen nach Art. 56a Abs. 1 BVG vom allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verjährbarkeit auch öffentlich-rechtlicher Forderungen abweichen wollte (SVR 2006 BVG Nr. 30 S. 116, B 97/05 E. 3). Die Lücke ist nach derjenigen Regel zu schliessen, die der Richter als Gesetzgeber aufstellen würde (Art. 1 Abs. 2 ZGB). Das Bundesgericht hatte bisher nicht zu entscheiden, welche Frist anwendbar ist; in E. 4 des Urteils B 97/05 hat es immerhin ausgeführt, es sei nicht eine ein- oder zweijährige, sondern eine fünf- oder zehnjährige Frist massgebend. Ebenso wenig hatte es sich bisher dazu zu äussern, wann die Verjährungsfrist beginnt. Vorliegend sind die Fragen nach Beginn und Dauer der Verjährungsfrist entscheiderheblich und zu beantworten.
 
5.4 Nach Auffassung der Vorinstanz beginnt die Verjährungsfrist mit der Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung, weil die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds an diese anknüpfe. Von einer Zahlungsunfähigkeit sei spätestens mit der aufsichtsrechtlichen Auflösung der Vorsorgeeinrichtung auszugehen. Das kann nicht überzeugen: Die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung ist zwar notwendige Voraussetzung für die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds (Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG). Dessen Rückgriffsrecht knüpft aber nicht bereits an die Zahlungsunfähigkeit an, sondern erst an die Sicherstellung von Leistungen (Art. 56a Abs. 1 BVG). Mit der Zahlungsunfähigkeit steht noch nicht fest, ob und in welchem Umfang der Sicherheitsfonds überhaupt Leistungen sicherzustellen haben wird. Dazu ist zunächst ein Antrag der zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtung erforderlich (Art. 24 SFV), worauf der Sicherheitsfonds seine Leistungspflicht prüft und gegebenenfalls Leistungen erbringt oder Vorschüsse bezahlt (Art. 26 SFV). Den Fristbeginn auf den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung festzusetzen, hätte zur Folge, dass die Verjährung bereits läuft, obwohl der Anspruch noch gar nicht besteht. Die Verjährungsfrist kann deshalb jedenfalls unter der bis 31. Dezember 2004 massgebenden Rechtslage erst mit der Leistung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnen.
 
5.5 Für die Dauer der Verjährungsfrist hat die Vorinstanz auf die zehnjährige Frist gemäss BGE 131 V 55 in Verbindung mit Art. 127 OR hingewiesen. Die angemessene Dauer einer Verjährungsfrist kann jedoch nicht unabhängig von der Frage des Fristbeginnes festgelegt werden. In BGE 131 V 55 hat das Bundesgericht zwar für die Ansprüche nach Art. 52 BVG die zehnjährige Frist gemäss Art. 127 OR als anwendbar erachtet, aber zugleich den Beginn der Frist auf die Aufgabe der Organstellung festgesetzt und es ausdrücklich abgelehnt, die Frist mit dem Eintritt des Schadens beginnen zu lassen, da sich der Schaden unter Umständen viel später verwirklicht, wenn das in Pflicht genommene Organ längst aus dem Stiftungsrat ausgetreten ist (BGE 131 V 55 E. 3.2.2 S. 58 f.). Der Zeitpunkt des hier massgeblichen Fristbeginns (Erbringung der Leistungen durch den Sicherheitsfonds, vorne E. 5.4) kann ebenfalls bedeutend später liegen als das anspruchsbegründende Verhalten. Würde nun auch für den Anspruch nach Art. 56a Abs. 1 BVG eine zehnjährige Verjährungsfrist angenommen, so könnten die Schuldner unter Umständen noch viel später in Anspruch genommen werden als nach Ablauf der zehn Jahre seit der Beendigung der schädigenden Handlung, welche Frist sowohl die Rechtsprechung als auch der Gesetzgeber (Art. 52 Abs. 2 BVG in der Fassung gemäss 1. BVG-Revision, in Kraft seit 1. Januar 2005) maximal festgelegt haben. Dies spricht dafür, eine kürzere als die zehnjährige Frist anzunehmen. Es verhält sich ähnlich wie bei der Haftung nach Art. 52 AHVG: Auch dort gilt eine fünfjährige Verjährungsfrist ab Eintritt des Schadens (Art. 52 Abs. 3 Satz 1 AHVG), worunter der Zeitpunkt zu verstehen ist, ab welchem die Ausgleichskasse die Beiträge infolge Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht mehr im ordentlichen Verfahren geltend machen kann (Hinweise bei Marco Reichmuth, Die Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52 AHVG, 2008, S. 86 ff., 206). Auch der Sicherheitsfonds hat Kenntnis von seinem Schaden, sobald er Zahlungen geleistet hat. Es ist ihm ohne weiteres zumutbar, innert fünf Jahren seit diesem Zeitpunkt Klage zu erheben. In Analogie zu Art. 52 Abs. 3 AHVG ist somit eine fünfjährige Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt anzunehmen (ebenso Kristin M. Lüönd, Der Sicherheitsfonds BVG, 2004, S. 107, sowie Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 27. September 2000 E. 4, in: Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE] 2000 II Nr. 40 S. 303).
 
5.6 Es stellt sich die Frage, ob die Frist mit jeder einzelnen oder gesamthaft mit der letzten Zahlung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnt (so zit. Luzerner Entscheid E. 4e S. 307 f.). Zur Beantwortung der Frage ist zu beachten, dass der Sicherheitsfonds bis zum Abschluss des Liquidations- oder Konkursverfahrens Vorschüsse leisten kann (Art. 26 Abs. 1 Satz 2 SFV), was möglicherweise während längerer Zeit der Fall sein kann. Dabei stehen gegensätzliche Interessen in Widerstreit: Einerseits kann dem Sicherheitsfonds kaum zugemutet werden, für jeden einzelnen Teilbetrag seine Forderung separat geltend zu machen. Andererseits wäre es für die Belangten stossend, wenn sie nach unter Umständen langer Zeit für den ganzen Betrag noch in Anspruch genommen werden könnten, bloss weil möglicherweise mit grosser Verzögerung noch eine geringfügige Restzahlung geleistet worden ist. Eine endgültige Antwort auf diese Frage braucht vorliegend aus folgenden Gründen nicht gegeben zu werden:
 
5.7 Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Klage vom 30. März 2006 ausgeführt, sie habe "bis heute" gemäss Art. 56 BVG Vorsorgeleistungen im Umfang von 62,5 Mio. Franken sichergestellt (Rz. 19); dies sei ihr Schaden im Sinne von Art. 56a BVG (Rz. 597). Wie aus Klagebeilage Nr. 7 hervorgeht, wurde dieser Betrag bereits mit Nachtragsverfügung vom 12. Oktober 1998 zugesprochen, wobei die letzte Tranche von 12,5 Mio. Franken am 12. Oktober 1998 ausbezahlt wurde. Auch in der Beschwerde ans Bundesgericht bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe die letzte Vorschussleistung am 12. Oktober 1998 erbracht, und geht selber davon aus, dass dieses Datum für den Beginn der Verjährungsfrist entscheidend sei. Auch wenn die Liquidation der Sammelstiftung X.________ bisher noch nicht abgeschlossen ist und möglicherweise in Zukunft noch weitere Sicherstellungen anfallen könnten, kann jedenfalls bei einem solch langen Unterbruch nicht angenommen werden, dass die Verjährungsfrist erst mit dem endgültigem Abschluss der Liquidation zu laufen beginnt. Die fünfjährige (vorne E. 5.5) Verjährungsfrist hat somit jedenfalls in Bezug auf den geltend gemachten Betrag von 62,5 Mio. Franken am 13. Oktober 1998 zu laufen begonnen und war demnach bei Ausstellung der Verjährungsverzichtserklärung vom 17. März 2004 abgelaufen.
 
6.
 
Insgesamt ergibt sich, dass die auf Art. 56a BVG gestützten Ansprüche der Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner jedenfalls im Umfang des per 12. Oktober 1998 verfügten Betrags von 62,5 Mio. Franken verjährt sind, dass aber in Bezug auf die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche die Verjährung nicht eingetreten ist, soweit - was bisher nicht geprüft wurde - die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen ist. Die Sache geht an die Vorinstanz zurück, damit sie das Verfahren weiterführe.
 
7.
 
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdegegner auferlegt (Art. 65 Abs. 1-3 und Art. 66 Abs. 1 BGG). Da mit dem vorliegenden Urteil über die Sache nicht endgültig entschieden wird, rechtfertigt sich eine Gerichtsgebühr am unteren Rand des Tarifs für Streitigkeiten mit Vermögensinteresse (Art. 65 Abs. 3 lit. b BGG; Art. 1 des Tarifs vom 31. März 2006 für die Gerichtsgebühren im Verfahren vor dem Bundesgericht, SR 173.110.210.1).
 
Nach Art. 68 Abs. 3 BGG wird Behörden oder mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. Dies gilt auch für die Träger oder Versicherer der beruflichen Vorsorge gemäss BVG (BGE 126 V 143 E. 4a S. 150; Urteil 8C_186/2008 vom 4. November 2008 E. 4.2, nicht publ. in: SVR 2009 UV Nr. 15 S. 60). Vom Grundsatz des fehlenden Parteientschädigungsanspruchs weicht die Rechtsprechung indessen ab, wenn die besondere Art des Prozesses die Zusprechung von Parteikosten rechtfertigt. Eine derartige Ausnahme wird unter anderem in Verfahren um Rückforderungen des Sicherheitsfonds für sichergestellte Leistungen bejaht (SVR 2006 BVG Nr. 34 S. 131, B 10/05 E. 10.2; Urteil B 76/01 vom 11. Juli 2002 E. 5b, nicht publ. in: SZS 2003 S. 524).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom 16. September 2008 aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die Klage neu entscheide.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 8'000.- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 16. April 2009
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Meyer Keel Baumann
 
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