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Informationen zum Dokument  BGer 2C_799/2008  Materielle Begründung
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BGer 2C_799/2008 vom 09.04.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_799/2008
 
Urteil vom 9. April 2009
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Müller, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Zünd, Donzallaz,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
 
Gerichtsschreiber Wyssmann.
 
Parteien
 
X.________,
 
Y.________,
 
Z.________,
 
Beschwerdeführer,
 
beide vertreten durch Herrn X.________,
 
gegen
 
Kantonale Steuerverwaltung Obwalden, St. Antonistrasse 4, 6061 Sarnen 1.
 
Gegenstand
 
Grundstückgewinnsteuer,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden
 
vom 23. September 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Kaufrechtsvertrag vom 19. Dezember 2003 räumten die drei Brüder X.________, Y.________ und Z.________ als Gesamteigentümer (Erbengemeinschaft) der G.________ AG das Kaufrecht an den Liegenschaften GB B.________ Nr.________ und Nr.________ sowie an den selbständigen Miteigentumsanteilen M________ und M________ auf dem Grundstück GB B.________ Nr.________ ein.
 
Am 6. Juni 2005 übte die G.________ AG das Kaufrecht an den vier Liegenschaften in B.________ zum Preis von Fr. ________ aus. Aus dieser Veräusserung ergab sich ein Gewinn.
 
Bereits am 7. Januar 2005 hatten dieselben Eigentümer eine Liegenschaft in C.________ (GB Nr.________) an die G.________ AG zum Preis von Fr. ________ verkauft. Daraus resultierte ein Verlust.
 
B.
 
Mit definitiven Veranlagungsverfügungen vom 26. Januar 2006 veranlagte die kantonale Steuerverwaltung Obwalden die drei Brüder für den Verkauf der Liegenschaften in B.________, GB Nr.________ und Nr.________, auf einen steuerbaren Grundstückgewinn von Fr. ________ und für den Verkauf der beiden Miteigentumsanteile auf einen solchen von je Fr. ________. Der Verlust aus dem Verkauf der Liegenschaft in C.________ (GB Nr.________) von Fr. ________ wurde lediglich satzbestimmend berücksichtigt. Mit Einsprache verlangten die Steuerpflichtigen, der Grundstückverlust sei von den im gleichen Jahr erzielten Grundstückgewinnen abzuziehen. Mit Entscheid vom 6. Juni 2006 wies die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden die Einsprache ab.
 
Mit Entscheid vom 6. Dezember 2006 bestätigte die Kantonale Steuerrekurskommission Obwalden die Veranlagung.
 
X.________, Y.________ und Z.________ führten Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden. Mit Entscheid vom 23. September 2008 wies dieses die Beschwerde ab.
 
C.
 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 23. September 2008 führen die Steuerpflichtigen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen, der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden sei aufzuheben und die Grundstückgewinnsteuer unter Anrechnung des anteiligen Verlusts aus dem Verkauf der Liegenschaft in C.________, GB Nr.________, festzusetzen. Sie rügen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), einen Verstoss gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip (Art. 127 Abs. 2 BV) und das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV) sowie eine willkürliche Anwendung von kantonalem Recht (Art. 9 BV).
 
Die kantonale Steuerverwaltung Obwalden verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden und die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Sie wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
 
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde, es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
 
1.2 Die Beschwerdeführer beschränken sich nicht darauf, nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils zu verlangen, sondern sie beantragen, dass das Bundesgericht in der Sache selbst entscheide. Der reformatorische Antrag ist gemäss Art. 107 Abs. 2 BGG zulässig. Art. 107 Abs. 2 BGG geht als das neuere Recht dem Art. 73 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14) vor (BGE 134 II 186 E. 1.5.4 S. 192).
 
2.
 
Die Beschwerdeführer berufen sich auf ihren verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie sehen diesen Anspruch dadurch verletzt, dass die Vorinstanz sich mit der Problematik von Art. 155 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Obwalden vom 30. Oktober 1994 in der damals geltenden alten Fassung (StG/OW a.F.) nicht näher befasst habe. Die Rüge ist formeller Natur und vorab zu prüfen.
 
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Das bedeutet indessen nicht, dass sich die Behörde mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Der Bürger soll wissen, warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden hat, damit er gegebenenfalls den Entscheid sachgerecht anfechten kann (BGE 112 Ia 107 E. 2b S. 110; 133 I 270 E. 3.1 S. 277 mit weiteren Hinweisen).
 
Mit den entscheidwesentlichen Vorbringen hat sich die Vorinstanz indessen näher zu befassen. Die Beschwerdeführer machten schon im vorinstanzlichen Verfahren auf die Problematik von Art. 155 Abs. 2 a.F. StG/OW aufmerksam, wonach sich bei der Erzielung mehrerer Grundstückgewinne im gleichen Kalenderjahr der Steuersatz nach dem Gesamtgewinn richte. Daraus dürfe nicht abgeleitet werden, im gleichen Jahr erlittene Verluste seien nur satzbestimmend zu berücksichtigen. Auf dieses Vorbringen trat die Vorinstanz in E. 4 in fine nur am Rande ein und setzt sich mit der damit angesprochenen Problematik nicht näher auseinander. Eine Begründung hätte sich umso mehr aufgedrängt, als der Gesetzgeber die fragliche Bestimmung mit Gesetzesnovelle vom 14. Oktober 2005, d.h. kurz nach den Veräusserungen der hier in Frage stehenden Liegenschaften, aufgehoben hat. Vor diesem Hintergrund erscheint die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV nicht zum vornherein unbegründet. Die Frage kann indessen offen bleiben, zumal das vorinstanzliche Urteil ohnehin aufzuheben und die Sache an die Steuerverwaltung zurückzuweisen ist, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt.
 
3.
 
3.1 Gemäss Art. 12 Abs. 1 StHG unterliegen der Grundstückgewinnsteuer von Bundesrechts wegen Gewinne, die sich bei Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks sowie von Anteilen daran ergeben. Als steuerbarer Grundstückgewinn gilt der Erlös, soweit er die Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt. Das Steuerharmonisierungsgesetz definiert diese Begriffe zwar nicht näher. Dem kantonalen Gesetzgeber bleibt trotzdem bei der Umschreibung des steuerbaren Gewinns nur ein beschränkter Spielraum, zumal die Grundstückgewinne eng mit der Einkommens- und Gewinnsteuer verknüpft sind (BGE 131 II 722 E. 2.1 S. 723 f.). Die Beachtung der Vorgaben der Steuerharmonisierung prüft das Bundesgericht mit voller Kognition. Soweit das Bundesrecht dem kantonalen Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum einräumt, ist die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts beschränkt (BGE 131 II 722 E. 2.2. S. 724; 130 II 202 E. 3.1 S. 206; Urteil 2C_147/2008 vom 29. Juli 2008 E. 2.1, in: StR 64/2009 S. 121).
 
3.2 Nach Art. 144 Abs. 1 StG/OW unterliegen der Grundstückgewinnsteuer Gewinne aus der Veräusserung von im Kanton gelegenen Grundstücken oder Anteilen von solchen, die
 
a. zum Privatvermögen gehören;
 
b. land- und forstwirtschaftlicher Natur sind;
 
c. im Eigentum von steuerbefreiten juristischen Personen stehen.
 
Daraus folgt andererseits, dass Gewinne auf Grundstücken des Geschäftsvermögens grundsätzlich der Einkommens- oder Gewinnsteuer unterliegen. Der Kanton Obwalden besitzt mithin ein dualistisches System der Grundstückgewinnbesteuerung. Das ist zulässig. Das Steuerharmonisierungsgesetz folgt im Grundsatz dem dualistischen System (wobei es auch erlaubt, dass nach dem monistischen System geschäftliche und private Grundstückgewinne der Grundstückgewinnsteuer unterworfen werden, Art. 12 Abs. 1 und 4 StHG; vgl. BGE 131 II 722 E. 2.1 S. 723 mit Hinweisen).
 
3.3 Art. 12 StHG regelt die Frage der Verlustanrechnung nicht. Für Kantone mit monistischem System der Grundstückgewinnbesteuerung wurde zwar die Meinung vertreten, aus dem Art. 12 Abs. 4 lit. a StHG in der alten Fassung, wo ursprünglich auf Art. 24 Abs. 4 StHG und damit auf den Verlustabzug verwiesen wurde, ergebe sich, dass diese Kantone zwingend eine Verlustanrechnung vorsehen müssten (Bernhard Zwahlen, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, 2. Aufl. 2002, N. 13 zu Art. 12 StHG; Jürg Steiner, «Harmonisierte» Grundstückgewinnsteuer im Kanton Zürich?, ST 68/1994, S. 88 ff.). Die herrschende Lehre betrachtete diese Verweisung auf Art. 24 Abs. 4 StHG allerdings als gesetzgeberisches Versehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, N. 26 zu § 224 StG/ZH und dort zitierte Autoren). Im Rahmen des Fusionsgesetzes wurde denn auch durch Änderung von Art. 12 Abs. 4 lit. a StHG die "redaktionelle Korrektur" vorgenommen (so Botschaft vom 13. Juni 2000 zum Fusionsgesetz, BBl 2000 4510 Ziff. 2.2.8; s. auch Urteil 2P.75/2003 vom 1. September 2003 E. 3.5, in: StE 2004 B 44.13.7 Nr. 18). Abgesehen davon wird überwiegend die Auffassung vertreten, eine Verlustanrechnung im Rahmen einer Objektsteuer, wie die Grundstückgewinnsteuer sie darstelle, sei systemwidrig (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N. 27 zu § 224 StG/ZH mit zahlreichen Hinweisen; neuerdings Thomas P. Wenk, in: Kommentar zum Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, 2004, N. 5 zu § 79 StG/BL; Klöti-Weber/Baur, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Band 2, 3. Aufl. 2009, N. 3 zu § 95 StG/AG). Nach Klöti-Weber/Baur (a.a.O.) ist diese Lösung sachgerecht, weil Kapitalverluste auf Privatvermögen ohnehin nicht berücksichtigt werden.
 
Dies ist an sich zutreffend. Indessen ist zu beachten, dass auch Kapitalgewinne auf Privatvermögen grundsätzlich nicht besteuert werden. Nur gerade Gewinne auf Grundstücken des Privatvermögens sind nach kantonalem Recht steuerbar. So besehen erscheint es nicht als völlig abwegig, ebenso Grundstückverluste in bestimmtem Rahmen zu berücksichtigen (vgl. auch Julia von Ah, Besteuerung des Liegenschaftenhandels und Ermittlung des Grundstückgewinns bei Geschäftsgrundstücken [inkl. Verrechnung von Geschäfts- und Grundstücksverlusten], zsis, Aufsätze 2006, Ziff. 4.5.8.3 S. 23 f.; Peter Locher, Das Objekt der bernischen Grundstückgewinnsteuer, 1976, S. 47 f.; Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, 2. Aufl. 2002, N. 25a zu Art. 10 StHG). So kennen heute diverse Kantone - und zwar sowohl solche mit monistischem System der Grundstückgewinnbesteuerung als auch solche mit dualistischem System - eine mehr oder weniger grosszügige Verlustanrechnung im Rahmen ihrer "Objektsteuer" (Art. 143 StG/BE, § 79 StG/BL, § 108 StG/BS, Art. 50 StG/FR, Art. 51 StG/GR, § 119 StG/SZ). Andere Kantone rechnen immerhin Verluste bei parzellenweiser Veräusserung eines Grundstücks an (§ 108 Abs. 3 StG/AG, § 224 Abs. 3 StG/ZH, Art. 134 Abs. 4 StG/TI). Zu dieser Gruppe gehört auch der Kanton Obwalden (Art. 154 Abs. 3 StG/OW). Alle diese Regelungen sind harmonisierungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch Urteil 2P.75/2003 vom 1. September 2003 E. 6.1, in: StE 2004 B 44.13.7 Nr. 18; Urteil 2P.439/1997 vom 27. Oktober 1999 E. 3c, in: StR 55/2000, 182 S. 185 f.). Auch die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass das Steuergesetz des Kantons Obwalden in dieser Hinsicht harmonisierungswidrig sei.
 
4.
 
Die Beschwerdeführer berufen sich indessen auf verfassungsmässige Rechte und Grundsätze.
 
Sie machen vorab geltend, das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) konkretisiere im Bereich des Steuerrechts das Rechtsgleichheitsgebot. Eine Objektsteuer, die keinerlei Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit nehme, sei verfassungswidrig. Zwar habe das Bundesgericht in seinem Urteil 2P.75/2003 vom 1. September 2003 E. 4 (in: StE 2004 B 44.13.7 Nr. 18) noch die Nichtberücksichtigung von Verlusten bei einer als Objektsteuer ausgestalteten Grundstückgewinnsteuer als nicht verfassungswidrig erklärt. Seither habe es aber im Zusammenhang mit dem Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 BV) seine Praxis wesentlich geändert und messe der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mehr Bedeutung zu (BGE 133 I 19; 132 I 220; 131 I 249 und 285). Diese Rechtsprechung hat jedoch mit der Frage, wie die Kantone ihre Grundstückgewinnsteuer auszugestalten haben, nichts zu tun. Es geht um das Schlechterstellungsverbot, einem Teilaspekt des Doppelbesteuerungsverbots, welchem die Rechtsprechung besser zum Durchbruch verhelfen will (s. auch Peter Locher, La recente giurisprudenza del Tribunale federale sul divieto di discriminazione nel diritto fiscale intercantonale, RtiD 2008 I pag. 169 ff.). Im Übrigen ging es in diesen Fällen mehrheitlich um Geschäftsverluste. Diese Praxis kann daher nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegenden Verluste aus einer privaten Liegenschaft übertragen werden.
 
Die Verfassungsrügen der Beschwerdeführer sind indessen in einer anderen Hinsicht begründet.
 
5.
 
5.1 Art. 155 StG/OW in der hier noch massgebenden ursprünglichen Fassung lautete wie folgt:
 
"1. Abschnitt: Steuersatz
 
Art. 155
 
1 Die einfache Steuer wird nach dem Einkommenssteuertarif gemäss Art. 38 dieses Gesetzes berechnet.
 
2 Werden innerhalb eines Kalenderjahres mehrerer Grundstückgewinne erzielt, so richtet sich der Steuersatz nach dem Gesamtgewinn."
 
Das Gesetz stellt somit für die Bemessung der Grundstückgewinnsteuer nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht auf jeden einzelnen realisierten Grundstückgewinn ab, sondern rechnet die in einem Kalenderjahr erzielten Gewinne zusammen.
 
Ähnliche Bestimmungen kennen auch andere Kantone. Allerdings sehen diese vor, dass dann auch Grundstückverluste abgezogen werden können (vgl. etwa Art. 143 in Verbindung mit Art. 145 Abs. 2 StG/BE; § 108 in Verbindung mit § 116 StG/BS; § 119 Abs. 1 in Verbindung mit § 120 Abs. 1 StG/SZ). Bezeichnend sind die (aufs Wesentliche reduzierten) Vorschriften in den Steuergesetzen der Kantone Basel-Landschaft, wonach die Grundstückgewinne und -verluste, die sich innert eines Jahres ergeben, zusammengerechnet werden (§ 79 Abs. 1 StG/BL), und Freiburg, wo die steuerpflichtige Person von den während eines Steuerjahres erzielten Grundstückgewinnen die im gleichen Jahr erlittenen Grundstückverluste (sowie den Verlustüberschuss aus dem Vorjahr) abziehen kann (Art. 50 Abs. 1 StG/FR). Regelungen über die Verlustverrechnung werden auch in der Doktrin im Rahmen einer objektivierten Grundstückgewinnsteuer als sachgerecht empfunden (s. etwa Markus Langenegger, Handbuch zur bernischen Grundstückgewinnsteuer 2001, Muri/Bern 2002, N. 2 zu Art. 143 StG BE: "Die Anrechnung von Grundstückverlusten rechtfertigt sich lediglich im Zusammenhang mit der Zusammenrechnung sämtlicher Grundstückgewinne eines Kalenderjahres zur Satzbestimmung").
 
5.2 Demgegenüber kennt das Steuergesetz des Kantons Obwalden die Verlustanrechnung nicht (ausser bei Teilveräusserung, Art. 154 Abs. 3 StG/OW), obschon nach Art. 155 Abs. 2 a.F. StG/OW bei der Satzbestimmung mehrere Grundstückgewinne zusammenzurechnen sind. Die Vorschrift will offensichtlich - in einem beschränkten Rahmen - der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung tragen. In Verbindung mit dem damals noch geltenden Progressionstarif gemäss Art. 155 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 38 a.F. StG/OW ergab sich daraus eine Verschärfung der durchschnittlichen Steuerbelastung. Dann ist es aber sachlich notwendig, dass in die Bemessungsgrundlage auch die Grundstückverluste einbezogen werden. Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit würde in Frage gestellt, wenn einzig die gewinnbildenden, nicht aber die gewinnmindernden Faktoren berücksichtigt werden. Der Gedanke, der dem alten Art. 155 Abs. 2 StG/OW zugrunde liegt, wird daher nur dann folgerichtig zu Ende gedacht und der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit respektiert, wenn diese Verluste ebenfalls von der Bemessungsgrundlage abgesetzt werden können.
 
5.3 Der Auffassung der Vorinstanz, dass mit der (bloss) satzbestimmenden Berücksichtigung des Verlustes den Besteuerungsgrundsätzen nachgelebt werde, kann nicht gefolgt werden. Die Berücksichtigung von Verlusten bei mehreren Grundstückgewinnen nur für die Satzbestimmung beruht offenbar auf einer Praxisregel. Aus dem Wortlaut von Art. 155 Abs. 2 StG/OW a.F. ergibt sich eine solche Beschränkung auf den Steuersatz nicht. Der Begriff "Gesamtgewinn" lässt jedenfalls verschiedene Deutungen zu. Auch den Gesetzesmaterialien ist diesbezüglich nichts Relevantes zu entnehmen.
 
Der Praxisregel, wonach Verluste nur bei der Bestimmung des Steuersatzes zu berücksichtigen seien, wohnt zudem ein aleatorisches Element inne. Die Beschwerdeführer haben dies anhand von Berechnungsbeispielen illustriert. So kann sich namentlich bei grossen Gewinnen ein Steuersatz von Null und damit eine Nullbesteuerung ergeben, wenn der Gesamtverlust den Gesamtgewinn erreicht (egalisiert), während der gleich grosse Gewinn (z.B. Fr. 200'000.--) nach dem Progressionsverlauf des damaligen Einkommenssteuertarifs in Art. 38 StG/OW a.F. praktisch dem höchsten Steuersatz untersteht, wenn der Gesamtverlust auch nur leicht (um Fr. 29'000.--) unter dem Gewinn lag. Die Besteuerung hängt im Einzelfall damit von Zufälligkeiten ab und führt zu willkürlichen Ergebnissen. Das kann nicht hingenommen werden (zum Begriff der Willkür, s. auch BGE 133 I 149 E. 3.1, 132 I 113 E. 5.1).
 
Wie die vergleichbaren gesetzlichen Regelungen anderer Kantone zeigen, wird bei Berücksichtigung mehrerer Veräusserungen zur Satzbestimmung eine kohärente Lösung nur erreicht, wenn Gewinne und Verluste innerhalb eines Kalenderjahres gleichermassen berücksichtigt werden, und zwar auch im Rahmen der Bemessungsgrundlage. Bei aller Zurückhaltung, die sich das Bundesgericht in diesem Bereich auferlegt, muss die von der Vorinstanz gewählte Lösung für das damals geltende Recht daher als sachwidrig und willkürlich bezeichnet werden.
 
5.4 Ob diesbezüglich bereits von einer Gesetzeslücke zu sprechen ist, wie die Beschwerdeführer meinen, kann offen bleiben. Jedenfalls stammt die im Jahre 1994 eingeführte Bestimmung noch aus einer Zeit, als Verluste aus Grundstückverkäufen kaum vorstellbar waren. Dennoch muss eine sachgerechte Ordnung auch die Möglichkeit von Verlusten miteinbeziehen.
 
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass mit dem Übergang zum Proportionaltarif bei der Grundstückgewinnsteuer im Rahmen der Steuergesetzrevision per 1. Januar 2006 (vgl. hierzu BGE 133 I 206) die Zusammenrechnung mehrerer Grundstückgewinne eines Kalenderjahres als obsolet erachtet und aufgehoben wurde (Botschaft des Regierungsrates zur Teilrevision des Steuergesetzes auf den 1. Januar 2006 vom 5. Juli 2005, S. 47). Damit entfällt aber in Zukunft eine Verlustanrechnung mit Grundstückgewinnen desselben Kalenderjahres (zur analogen neuen Rechtslage im Kanton St. Gallen, vgl. Weidmann/Grossmann/Zigerlig, Wegweiser durch das st. gallische Steuerrecht, 6. Aufl. 1999, S. 235).
 
6.
 
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden zurückzuweisen. Entgegen dem Beschwerdeantrag kann hier das Bundesgericht nicht in der Sache selbst entscheiden, weil der massgebende Verlust bzw. die entsprechenden Verlustanteile der einzelnen Veräusserer von der Veranlagungsbehörde zuerst noch verifiziert werden müssen.
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Kanton Obwalden, der Vermögensinteressen verfolgt, aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Den Beschwerdeführern, die nicht anwaltlich vertreten sind, ist praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen (BGE 133 III 439 E. 4 S. 446). Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens hat das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden zu befinden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 23. September 2008 aufgehoben und die Sache zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden sowie zur Verlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Kanton Obwalden auferlegt.
 
3.
 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. April 2009
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Wyssmann
 
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