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Informationen zum Dokument  BGer 5A_169/2022  Materielle Begründung
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BGer 5A_169/2022 vom 14.04.2022
 
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5A_169/2022
 
 
Urteil vom 14. April 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher,
 
Bundesrichter von Werdt,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Betreibungsamt U.________,
 
B.________ AG,
 
Gegenstand
 
Steigerungszuschlag,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen als kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung vom 10. Februar 2022 (ABS.2021.46-AS, AB.2021.48-ASP).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
1
In einem gegen den rubrizierten Beschwerdeführer eingeleiteten Betreibungsverfahren auf Grundpfandverwertung schlug das Betreibungsamt U.________ an der Versteigerung vom 15. Oktober 2021 eine Reihe von Grundstücken und Miteigentumsanteilen an Grundstücken für Fr. 6,9 Mio. der Ersteigererin mit dem zweithöchsten Angebot zu, nachdem der Höchstbietende keine Garantie für den Zuschlagspreis abgeben konnte.
2
B.
3
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kreisgericht See-Gaster als untere Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs mit Entscheid vom 3. Dezember 2021 ab.
4
Auf die hiergegen erhobene Beschwerde und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege trat das Kantonsgericht St. Gallen als obere Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs mit Entscheid vom 10. Februar 2022 nicht ein.
5
C.
6
Mit Eingabe vom 7. März 2022 gelangt der Beschwerdeführer an das Bundesgericht mit dem Begehren um dessen Aufhebung. Ferner stellt er Gesuche um aufschiebende Wirkung und um unentgeltliche Rechtspflege.
7
 
Erwägungen:
 
1.
8
Die Beschwerde hat ein Rechtsbegehren und eine Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG), in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Erwägungen erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4). Weil es sich um einen Nichteintretensentscheid handelt, kann dabei grundsätzlich nur die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Beschwerde eingetreten ist, zum Anfechtungsgegenstand gemacht werden (BGE 135 II 38 E. 1.2; 139 II 233 E. 3.2).
9
2.
10
Das Kantonsgericht hat festgehalten, gemäss den Steigerungsbedingungen sei nebst der Anzahlung eine Sicherheit in Form einer Bankgarantie einer Bank mit Sitz in der Schweiz erforderlich gewesen, ansonsten das Angebot dahinfalle und durch dreimaliges Ausrufen des nächst tieferen Angebotes die Steigerung fortgesetzt werde. Der Meistbietende sei darauf ausdrücklich darauf hingewiesen worden und habe den Erhalt und die Kenntnisnahme der Bedingungen handschriftlich bestätigt. Das Betreibungsamt sei daher nicht gehalten gewesen, ihm eine weitere Zahlungsfrist bzw. eine Frist zur Einreichung einer Bankgarantie oder einer gleichwertigen Sicherheit einzuräumen.
11
Auf das spezifische Beschwerdevorbringen, die Steigerungsbedingungen müssten ausdrücklich regeln, ob und welche Sicherheit verlangt werden könne, ist das Kantonsgericht nicht eingetreten mit der Begründung, diese seien längst in Rechtskraft erwachsen.
12
Auch auf das weitere Beschwerdevorbringen, das Kreisgericht habe nicht geprüft, ob alle Bieter gleich behandelt worden seien, indem der Ersteigerer (d.h. derjenige mit dem zweithöchsten Angebot) nur ein unverbindliches Schreiben und keine Bankgarantie überreicht habe und auch der Höchstbietende ein solches Schreiben hätte erhältlich machen können, ist das Kantonsgericht nicht eingetreten, da es sich beim eingereichten Schreiben um ein unechtes Novum handle und gemäss dem nach Art. 20a Abs. 2 und 3 SchKG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 EG SchKG/SG und Art. 46 VRP/SG diesbezüglich anwendbaren Verfahrensrecht die Partei, welche sich auf ein Novum berufe, nachzuweisen habe, weshalb das Beweismittel nicht schon vor erster Instanz habe eingereicht werden können. Überhaupt werde das Vorbringen der angeblichen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes erstmals vor dem Kantonsgericht erhoben.
13
3.
14
Vor Bundesgericht äussert sich der Beschwerdeführer einzig noch hierzu. Er macht geltend, er habe erst am 6. Dezember 2021 und damit nach dem Vorliegen des am 3. Dezember 2021 erstinstanzlichen Entscheides einen entsprechenden anonymen Brief mit der Finanzierungsbestätigung zugunsten des Erwerbers erhalten und diese folglich dem Bezirksgericht noch gar nicht vorlegen können. Der kantonsgerichtliche Vorwurf, er habe die Finanzierungsbestätigung zu spät bzw. unentschuldigt eingereicht, verfange aber auch deshalb nicht, weil sie sich bereits in den Akten des Betreibungsamtes befunden haben müsse. Sie sei klarerweise keine Bankgarantie im eigentlichen Sinn und es werde deshalb das Gleichbehandlungsgebot verletzt, wenn vom Höchstbietenden eine solche verlangt worden sei. Das Gleichbehandlungsgebot liege im öffentlichen Interesse und ein Verstoss dagegen bewirke folglich die Nichtigkeit des Steigerungszuschlages im Sinn von Art. 22 BGG. Im Übrigen müssten die kantonalen Rechtsmittelinstanzen den Sachverhalt gemäss Art. 20a SchKG von Amtes wegen feststellen.
15
4.
16
Ausgangspunkt bilden die Ausführungen im angefochtenen Entscheid zu den Entschuldigungsgründen und den hierfür anwendbaren kantonal-rechtlichen Grundlagen. Weil das für die Aufsichtsbehörden geltende Verfahrensrecht (unter Vorbehalt einiger bundesrechtlicher Minimalvorschriften) grundsätzlich kantonal geregelt ist (Art. 20a Abs. 3 SchKG) und das Bundesgericht dieses nur auf Verletzung verfassungsmässiger Rechte hin überprüften kann, wobei die Rüge im Vordergrund steht, dieses sei willkürlich angewandt worden (BGE 140 III 385 E. 2.3), wären in diesem Zusammenhang Verfassungsrügen zu erheben gewesen. Nicht nur bleiben solche Rügen aus, sondern der Beschwerdeführer äussert sich zu den dieszüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid gar nicht, weshalb die Beschwerde selbst im Rahmen von Art. 42 Abs. 2 BGG unbegründet bliebe. Dieser Begründungsmangel lässt sich auch nicht durch die weiteren Vorbringen beheben:
17
Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit Art. 46 VRG/SG keine Willkür darlegt, wird die Rüge, das Kantonsgericht hätte den Sachverhalt von Amtes wegen feststellen müssen, gegenstandslos, soweit es bei der geforderten inhaltlichen Bewertung der Finanzierungszusage überhaupt um eine beweiswürdigende Sachverhaltsfeststellung geht. Im Übrigen traf den Beschwerdeführer im kantonalen Beschwerdeverfahren eine Mitwirkungspflicht (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG) und er wäre angesichts der dubiosen Umstände - angeblich unmittelbar nach Vorliegen des erstinstanzlichen Entscheides anonym erhaltenes Schreiben - gehalten gewesen, dem Kantonsgericht die näheren Umstände der nachträglichen Einreichung der Finanzierungsbestätigung darzulegen und diese nicht erstmals gegenüber dem Bundesgericht zu behaupten.
18
Ist keine willkürliche Anwendung des einschlägigen kantonalen Prozessrechts dargetan und ist die Finanzierungsbestätigung bzw. deren Inhalt mithin nicht Teil der relevanten Sachverhaltsbasis, kann das Bundesgericht (abgesehen von der diesbezüglich fehlenden Ausschöpfung des Instanzenzuges) keine inhaltliche Prüfung oder Würdigung der Finanzierungsbestätigung vornehmen und sich nicht dazu äussern, ob sie einer Bankgarantie gleichwertig ist. Dies kann der Beschwerdeführer auch nicht indirekt dadurch erwirken, dass er erstmals vor Bundesgericht die Nichtigkeit des Zuschlages behauptet (Verbot neuer Vorbringen, Art. 99 Abs. 1 BGG, was grundsätzlich auch für rechtliche Vorbringen gilt, vgl. BGE 143 III 290 E. 1.1), zumal das Bundesgericht seit langem keine Oberaufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurs mehr ist (vgl. COMETTA/MÖCKLI, Basler Kommentar, 3. Aufl. 2021, N. 15 zu Art. 22 SchKG). Die Nichtigkeit müsste wenn schon auf der Hand liegen, was vorliegend nicht ansatzweise der Fall ist.
19
5.
20
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
21
6.
22
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist.
23
7.
24
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
25
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt U.________, der B.________ AG und dem Kantonsgericht St. Gallen, kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung, mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. April 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
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