VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_263/2022  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 02.04.2022, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_263/2022 vom 17.03.2022
 
[img]
 
 
6B_263/2022
 
 
Urteil vom 17. März 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
 
Gerichtsschreiberin Lustenberger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
2. B.________, vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Lerch,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Fahrlässige einfache Körperverletzung; Willkür; Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 16. Dezember 2021 (SB210304-O/U/cwo).
 
 
Die Präsidentin zieht in Erwägung:
 
 
1.
 
1.1. Am 28. September 2018 wurde A.________ in Dübendorf als Autolenker in einen Unfall verwickelt, bei dem ein Vespa-Fahrer verletzt wurde. Ihm wird vorgeworfen, er habe, als er auf der Gfennstrasse bei der Verzweigung Ueberlandstrasse nach links Richtung Dübendorf habe abbiegen wollen, zufolge pflichtwidriger Unaufmerksamkeit B.________ übersehen, der mit seiner Vespa mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h auf der U.________strasse in Fahrtrichtung Hegnau unterwegs gewesen ist. Dabei habe er sein Fahrzeug in Missachtung der Signalisation "Kein Vortritt" auf die Kreuzung gelenkt, wo es zur Kollision mit B.________ gekommen sei.
 
1.2. Das Bezirksgericht Uster verurteilte A.________ am 18. August 2020 wegen fahrlässiger einfacher Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 20.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 120.--.
 
1.3. Nachdem A.________ Berufung erhoben hatte, bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 16. Dezember 2021 den erstinstanzlichen Schuldspruch sowie die ausgesprochene Strafe im Grundsatz, wobei es die Geldstrafe jedoch auf 24 Tagessätze à Fr. 20.-- reduzierte.
 
1.4. A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung der Urteile des Bezirksgerichts sowie des Obergerichts. Er sei von allen Kostenfolgen, die ihm von den beiden Vorinstanzen auferlegt wurden, zu entlasten und für die ihm entstandenen Aufwände sei eine angemessene Entschädigung auszurichten.
 
 
2.
 
Vor Bundesgericht anfechtbar ist einzig das Urteil der Vorinstanz vom 16. Dezember 2021 als letzter kantonaler Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG). Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung des Urteils der Erstinstanz beantragt, kann darauf nicht eingetreten werden.
 
3.
 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG sind Beschwerden ans Bundesgericht zu begründen und ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die Begründung muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein; der Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten genügt nicht (BGE 143 IV 122 E. 3.3; 141 V 416 E. 4; 138 IV 47 E. 2.8.1; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer kann folglich nicht gehört werden, soweit er zur Begründung seiner Beschwerde ohne nähere Erläuterung auf Dokumente verweist, die er im kantonalen Verfahren eingereicht hat.
 
 
4.
 
4.1. Im kantonalen Verfahren brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Beschwerdegegner 2 dem vor ihm fahrenden, rechts abbiegenden Fahrzeug zu nahe aufgefahren sei, dieses überholt und dabei die ausgezogene Linie der Linksabbiegespur überfahren bzw. über die Einspurstrecke gefahren sei. Dieses verkehrsregelwidrige Verhalten sei kausal gewesen für die Kollision.
 
Nach Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers, des Beschwerdegegners 2 sowie eines Zeugen und unter Berücksichtigung einer Fotodokumentation gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass sich dieser Vorwurf nicht erstellen lasse. Für die Beurteilung der Strafbarkeit nach Art. 125 Abs. 1 StGB spiele die Frage, ob der Beschwerdegegner 2 die Linie überfahren hat, letztlich aber ohnehin keine Rolle. Der Beschwerdeführer habe ausgesagt, mit dem Abbiegen begonnen zu haben, als der Fahrer des nach rechts abbiegenden Fahrzeugs noch auf gerader Strecke gewesen sei. Dieses habe den Beschwerdegegner 2 verdeckt. Damit sei klar, dass die Sicht auf die Hauptstrasse für den vortrittsbelasteten Beschwerdeführer nicht frei gewesen sei. Hätte er mit dem Losfahren gewartet, bis die Sicht auf die Hauptstrasse frei war, wäre die Kollision vermeidbar gewesen. Des Weiteren verweist die Vorinstanz auf die Rechtsprechung zur Verneinung der Voraussehbarkeit mangels Adäquanz. Es sei nicht ungewöhnlich im Sinne dieser Rechtsprechung, dass ein Fahrzeug, das sich hinter einem im Abbiegen begriffenen Fahrzeug befinde, abbremsen müsse und dass der Abstand deshalb für gewisse Zeit nicht ausreichend im Sinne von Art. 34 Abs. 4 SVG sei. Ebenso wenig sei es ungewöhnlich oder unvorhersehbar, dass das hintere Fahrzeug in dieser Situation das im Abbiegen begriffene Fahrzeug umfahre bzw. überhole. Die Voraussehbarkeit sei folglich gegeben und der Beschwerdeführer könne sich aufgrund seines eigenen regelwidrigen Verhaltens auch nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen.
 
4.2. Für die Anfechtung des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht greift in die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nur ein, wenn diese sich als offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV erweist (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1). Die Willkürrüge muss explizit vorgebracht und substantiiert begründet werden. Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 143 IV 500 E. 1.1 je mit Hinweisen).
 
4.3. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz Willkür vor. Er macht mit Verweis auf die "Geometrie der Kreuzung" und die "Betrachtung der Beschleunigung" geltend, der Vorgang könne sich nicht wie vom Beschwerdegegner 2 geschildert abgespielt haben. Dieser habe vielmehr den Vortritt erzwungen und Art. 13 Abs. 3 der Verkehrsregelnverodnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) verletzt, indem er die Linksabbiegespur befahren habe.
 
Der Beschwerdeführer verkennt mit seinen Ausführungen, dass es nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz letztlich keine Rolle spielt, ob der Beschwerdegegner 2 in regelwidriger Weise auf die Linksabbiegespur geraten ist. Entscheidend ist nämlich gemäss den vorinstanzlichen Erwägungen, dass er vortrittsbelastet war und losgefahren ist, obwohl er keine freie Sicht auf die Hauptstrasse hatte, weshalb er sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann (vgl. BGE 143 IV 500 E. 1.2.4; Urteil 6B_735/2020 vom 18. August 2021 E. 3.2.3 mit Hinweisen). Auf diese Überlegungen der Vorinstanz geht der Beschwerdeführer nicht ein, genauso wenig wie auf diejenigen zur Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der Kollision. Damit kommt er den Anforderungen, die an die Begründung einer Beschwerde vor Bundesgericht gestellt werden, nicht nach. Unbehelflich sind daher auch seine Berechnungen zur Breite der Fahrspur sowie zur Beschleunigung der Vespa des Beschwerdegegners 2 und sein Vorbringen, dass eine sachverständige Person mit der Begutachtung der Situation vor Ort hätte beauftragt werden müssen. Diese Vorbringen dienen letztlich ebenfalls nur dem (versuchten) Nachweis, dass der Beschwerdegegner 2 sich nicht regelkonform verhalten haben soll. Um darzulegen, inwiefern das angefochtene Urteil Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzen soll, sind sie nicht geeignet. Dem Willkürvorwurf fehlt es nach dem Gesagten an einer tauglichen Begründung, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
 
5.
 
Aus den genannten Gründen wird auf die Beschwerde im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht eingetreten. Gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. März 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger
 
© 1994-2022 Das Fallrecht (DFR).