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Informationen zum Dokument  BGer 4A_555/2021  Materielle Begründung
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BGer 4A_555/2021 vom 18.01.2022
 
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4A_555/2021
 
 
Urteil vom 18. Januar 2022
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Kiss,
 
Bundesrichter Rüedi,
 
Gerichtsschreiber Dürst.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Gerhard Hofmann,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Kantonsgerich t von Graubünden,
 
2. Genossenschaft B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Casanova, 3. C.C.________ und D.C.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Janett, Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Rechtsverzögerung,
 
Beschwerde betreffend das Verfahren
 
des Kantonsgerichts von Graubünden (ZK2 17 48).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
Die A.________ AG (Beschwerdeführerin) erhob mit Eingabe vom 1. November 2021 beim Bundesgericht Beschwerde wegen Rechtsverzögerung durch das Kantonsgericht von Graubünden im Berufungsverfahren ZK2 17 48, das die Beschwerdeführerin mit Berufung vom 8. Dezember 2017 gegen das Urteil des Regionalgerichts Landquart vom 5. Juli 2017 eingeleitet hatte. In der betreffenden Mietsache sind auf der Gegenseite die Genossenschaft B.________ sowie C.C.________ und D.C.________ (Beschwerdegegner 2 und 3) beteiligt.
 
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das Kantonsgericht von Graubünden sei aufzufordern, im Verfahren ZK2 17 48 innerhalb von drei Monaten ein Urteil zu fällen. Eventualiter sei festzustellen, dass das Kantonsgericht von Graubünden mit der zögerlichen Behandlung des Verfahrens ZK2 17 48 das Beschleunigungsgebot nach Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt.
 
Die Beschwerdegegner 2 und 3 teilten mit Eingaben vom 11. November 2021 bzw. vom 22. November 2021 mit, dass sie auf Vernehmlassung und Antragstellung verzichteten.
 
Mit Schreiben vom 30. November 2021 orientierte das Kantonsgericht von Graubünden, dass es zwischenzeitlich im Verfahren ZK2 17 48 ein Urteil gefällt und den Parteien mitgeteilt habe. Das bundesgerichtliche Verfahren dürfte mithin als gegenstandslos abgeschrieben werden. Im Hinblick auf die Kostenverteilung im bundesgerichtlichen Verfahren räumt das Kantonsgericht ein, dass das Verfahren vor Kantonsgericht nicht innert angemessener Frist habe erledigt werden können. Dasselbe gelte für zahlreiche andere Verfahren am Kantonsgericht von Graubünden und sei die Folge einer jahrelangen personellen Unterdotierung. Den im Kanton Graubünden prozessierenden Anwälten sei die schwierige Lage hinlänglich bekannt. Umso mehr erstaune es bei allem Verständnis, dass die Beschwerdeführerin am 1. November 2021, rund eineinhalb Jahre nach der letzten Abfrage des Verfahrensstands, ohne vorherige Ankündigung eine Rechtsverzögerungsbeschwerde eingereicht habe. Bei einer Anfrage hätte die Beschwerdeführerin in Erfahrung bringen können, dass das Urteil bis spätestens Ende Jahr mitgeteilt sei. Der durch die Beschwerde entstandene Kostenaufwand hätte sich damit erübrigt, was beim Kostenentscheid zu berücksichtigen sei.
 
 
2.
 
Gegen das unrechtmässige Verzögern eines anfechtbaren Entscheids kann Beschwerde geführt werden (Art. 94 BGG). Wenn wie vorliegend während des bundesgerichtlichen Verfahrens der als verzögert abgemahnte Entscheid ergeht, wird die Rechtsverzögerungsbeschwerde gegenstandslos. Auch am Eventualbegehren, es sei eine Verletzung des Beschleunigungsgebots festzustellen, besteht kein selbständiges Rechtsschutzinteresse (vgl. BGE 137 I 296 E. 4; 130 I 312 E. 5.3). Das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren ist daher als gegenstandslos abzuschreiben.
 
 
3.
 
Erklärt das Bundesgericht einen Rechtsstreit als erledigt, entscheidet es mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 72 BZP). Es steht ihm dabei ein weites Ermessen zu. In erster Linie ist auf den mutmasslichen Verfahrensausgang abzustellen (BGE 142 V 551 E. 8.2; 125 V 373 E. 2a).
 
Vorliegend räumt das Kantonsgericht ein, dass das Verfahren allzu lange dauerte, und dass die hierfür verantwortlichen Ressourcenknappheit dem Rechtssuchenden nicht entgegengehalten werden kann. Demnach hätte die Rechtsverzögerungsbeschwerde wahrscheinlich gutgeheissen werden müssen.
 
Nachdem sich die Beschwerdeführerin wiederholt beim Kantonsgericht nach dem Stand des Verfahrens erkundigt hatte, jedoch die von diesem zugesagten Termine für den ausstehenden Entscheid jeweils nicht eingehalten werden konnten, ist verständlich, dass die Beschwerdeführerin schliesslich den Weg der Rechtsverzögerungsbeschwerde beschritt. Entgegen dem Kantonsgericht kann daher nicht gesagt werden, die Beschwerdeführung habe unnötigen Aufwand verursacht. Demnach sind der Beschwerdeführerin keine Kosten zu auferlegen und ist sie für die Beschwerdeführung zu entschädigen.
 
Die Beschwerdegegner 2 und 3 wiederum haben sich eines Antrags enthalten und sind für die Verzögerung nicht verantwortlich. Sie sind demnach nicht mit Kosten zu belasten.
 
Bei dieser Sachlage rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten, da dem Kanton keine Kosten auferlegt werden dürfen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen ist der Kanton Graubünden zu verpflichten, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. Urteil 4A_554/2020 vom 4. Februar 2021 E. 3).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Das Verfahren 4A_555/2021 wird infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton Graubünden hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Graubünden schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 18. Januar 2022
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Hohl
 
Der Gerichtsschreiber: Dürst
 
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