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Informationen zum Dokument  BGer 2C_778/2021  Materielle Begründung
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BGer 2C_778/2021 vom 17.12.2021
 
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2C_778/2021
 
 
Verfügung vom 17. Dezember 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Gerichtsschreiberin Ivanov.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Tobias Morandi und Seline Borner, Rechtsanwälte,
 
gegen
 
Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn, Rathaus, 4509 Solothurn.
 
Gegenstand
 
Härtefallbeitrag Covid-19,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 2. September 2021 (VWBES.2021.231).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Am 5. März 2021 stellte die A.________ AG beim Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn, Fachstelle Standortförderung, ein Gesuch um Gewährung eines Härtefallbeitrags gemäss der kantonalen Verordnung vom 7. Dezember 2020 über Härtefallmassnahmen für Unternehmen im Zusammenhang mit Covid-19 (Härtefallverordnung-SO; BGS 101.6). Mit Mitteilung vom 30. März 2021 wurde das Gesuch abgewiesen, woraufhin die A.________ AG am 8. April 2021 um Erlass einer anfechtbaren Verfügung ersuchte.
 
Mit Verfügung vom 17. Juni 2021 wies das Volkswirtschaftsdepartement das Gesuch ab, mit der Begründung, die Gesuchstellerin sei nicht in einer Branche tätig, für welche Härtefallbeiträge gewährt werden könnten.
 
1.2. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 2. September 2021 ab.
 
1.3. Mit Eingabe vom 4. Oktober 2021 reicht die A.________ AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht ein. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. September 2021 sei vollumfänglich aufzuheben und die Angelegenheit sei zur Neubeurteilung im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen an das Volkswirtschaftsdepartement zurückzuweisen.
 
Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Das Volkswirtschaftsdepartement schliesst auf Nichteintreten, eventualiter auf Abweisung der Beschwerde. Beide Instanzen weisen in ihren Stellungnahmen auf eine Anpassung der Härtefallverordnung-SO hin, wonach bei Unternehmen mit einem Umsatz von über 5 Millionen Franken auf eine Beschränkung der zu unterstützenden Branchen verzichtet werde. Die betroffenen Unternehmen - so auch die Beschwerdeführerin - würden zwischen dem 2. und dem 22. November 2021 die Möglichkeit erhalten, erneut ein Gesuch um Härtefallmassnahmen einzureichen.
 
1.4. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 informierte die Beschwerdeführerin das Bundesgericht über die erwähnte Änderung der Rechtslage sowie über die Möglichkeit, ein neues Härtefallgesuch einzureichen. Im Übrigen hielt sie an der Beschwerde fest.
 
1.5. Mit Schreiben vom 25. November 2021 übermittelte das Volkswirtschaftsdepartement dem Bundesgericht eine am 23. November 2021 ergangene Verfügung, mit welcher der Beschwerdeführerin ein Härtefallbeitrag von Fr. 1'077'600.-- gewährt wurde. In der Folge lud das Bundesgericht die Beschwerdeführerin am 29. November 2021 ein, sich in diesem Zusammenhang zu einer allfälligen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde zu äussern.
 
Mit Eingabe vom 13. Dezember 2021 bestätigte die Beschwerdeführerin, dass ihr der beantragte Härtefallbeitrag zugesprochen worden sei und erklärte sich mit der Abschreibung des Verfahrens infolge Gegenstandslosigkeit einverstanden. Bezüglich der Kostenverteilung ersuchte sie das Bundesgericht, den Ausgang des Verfahrens zu berücksichtigen und ihr eine Parteientschädigung zuzusprechen. Zudem seien die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens anders zu verteilen bzw. der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
 
 
2.
 
2.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich nur legitimiert, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Die Zulässigkeit der subsidiären Verfassungsbeschwerde setzt neben der Teilnahme oder der fehlenden Möglichkeit zur Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids voraus (Art. 115 BGG).
 
2.2. Sowohl im Verfahren der ordentlichen Beschwerde als auch in jenem der subsidiären Verfassungsbeschwerde muss das Interesse an der Beschwerdeführung im Zeitpunkt der Beurteilung der Angelegenheit durch das Bundesgericht aktuell sein (vgl. Verfügung 2C_64/2018 vom 3. August 2018 E. 2.1, mit Hinweisen). Fehlte das aktuelle Interesse bereits im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde, ist auf die Eingabe nicht einzutreten. Fällt es im Verlaufe des bundesgerichtlichen Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP [SR 273]; BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 137 I 23 E. 1.3.1; jeweils mit Hinweisen). Unter Verzicht auf das Erfordernis eines aktuellen Interesses tritt das Bundesgericht auf ein Rechtsmittel ein, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und deren Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. BGE 146 II 335 E. 1.3; 142 I 135 E. 1.3.1; 139 I 206 E. 1.1).
 
2.3. Vorliegend wurde die Härtefallverordnung-SO am 6. Oktober 2021 teilrevidiert. Gemäss dem neu eingefügten § 14bis Abs. 1 können Gesuche für Härtefallmassnahmen für Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 5 Millionen Franken (ohne Brancheneinschränkung) vom 2. November 2021 bis 22. November 2021 eingereicht werden. Diese Änderung ist am 2. November 2021 in Kraft getreten (GS 2021, 46).
 
Gemäss der aktenkundigen Verfügung des Volkswirtschaftsdepartements vom 23. November 2021 reichte die Beschwerdeführerin am 15. November 2021 ein neues Gesuch um Gewährung eines Härtefallbeitrags ein, welches gutgeheissen wurde. Damit ist das aktuelle Interesse an der Beurteilung der Eingabe vom 4. Oktober 2021 noch während der Instruktion des bundesgerichtlichen Verfahrens dahingefallen. Es sind keine Umstände ersichtlich, die es rechtfertigen würden, ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen. Das Verfahren kann deshalb durch den instruierenden Präsidenten als gegenstandslos abgeschrieben werden (Art. 32 Abs. 1 und 2 BGG). Dabei kann offenbleiben, inwieweit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Hintergrund von Art. 83 lit. k BGG überhaupt zulässig gewesen wäre, nachdem die Vorinstanz festgehalten hat, dass kein Rechtsanspruch auf Gewährung eines Härtefallbeitrags bestehe (vgl. E. II/1.2 des angefochtenen Entscheids).
 
 
3.
 
3.1. Über die Kosten- und Entschädigungsfrage ist gestützt auf eine summarische Prüfung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP) zu entscheiden. Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen, soweit sich dieser ohne Weiteres feststellen lässt. Andernfalls ist auf allgemein zivilprozessrechtliche Kriterien zurückzugreifen. Danach wird jene Partei kosten- und entschädigungspflichtig, welche das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat oder in welcher die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass der Prozess gegenstandslos geworden ist (BGE 118 Ia 488 E. 4a; Urteil 2C_622/2016 vom 31. März 2017 E. 3.1; Verfügung 2C_201/2008 vom 14. Juli 2008 E. 2.3).
 
3.2. Im vorliegenden Fall stellt sich insbesondere die Frage, ob die Voraussetzungen, unter welchen der Kanton Härtefallmassnahmen gewährt (vgl. § 7 Abs. 1 Härtefallverordnung-SO), namentlich die Beschränkung auf einzelne Branchen, gegen Bundesrecht (Bundesgesetz vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie [Covid-19-Gesetz; SR 818.102] und Verordnung vom 25. November 2020 über Härtefallmassnahmen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie [Covid-19-Härtefallverordnung; SR 951.262]) verstossen. Deren Beantwortung liegt nicht ohne Weiteres auf der Hand. Hingegen steht fest, dass die Gründe für die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens beim Kanton Solothurn und nicht bei der Beschwerdeführerin eingetreten sind.
 
Dem Kanton Solothurn werden keine Kosten auferlegt, da er in seinem amtlichen Wirkungskreis handelt und es nicht um sein Vermögensinteresse geht (Art. 66 Abs. 4 BGG; vgl. Art. 12 Abs. 1quater lit. b Covid-19-Gesetz, wonach der Bund die volle Finanzierung von Härtefallmassnahmen für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 5 Millionen Franken übernimmt). Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine angemessene Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
3.3. Was das kantonale Verfahren betrifft, ist es dem Bundesgericht bei Abschreibung des Verfahrens verwehrt, selber eine Neuregelung der vorinstanzlichen Kosten zu treffen (Urteil 2C_622/2016 vom 31. März 2017 E. 3.4; Verfügung 2G_3/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 2.4). Bei der nachträglichen Gewährung eines Härtefallbeitrags gestützt auf ein neues Gesuch und eine geänderte Rechtslage sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, das Verwaltungsgericht aufzufordern, seine Kostenregelung zu überprüfen (vgl. Verfügung 2G_3/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 2.5, mit Hinweisen).
 
 
Demnach verfügt der Präsident:
 
1.
 
Das Verfahren wird infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton Solothurn hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
 
4.
 
Diese Verfügung wird der Beschwerdeführerin, dem Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Dezember 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Die Gerichtsschreiberin: Ivanov
 
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