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Informationen zum Dokument  BGer 2D_46/2021  Materielle Begründung
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BGer 2D_46/2021 vom 24.11.2021
 
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2D_46/2021
 
 
Urteil vom 24. November 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kantonales Steueramt Zürich.
 
Gegenstand
 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich sowie direkte Bundessteuer, Steuerperioden 2012-2018; Steuererlass,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 29. September 2021 (SB.2021.00097 / SB.2021.00098).
 
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1. A.________ (nachfolgend: der Steuerpflichtige) hatte in den hier interessierenden Jahren 2012 bis 2018 steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton Zürich. Dort reichte er die Steuererklärungen zu den Steuerperioden 2012 bis 2017 jeweils nicht ein, weshalb es zur Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen kam. Die entsprechenden Veranlagungsverfügungen zu den Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich sowie zur direkten Bundessteuer erwuchsen in Rechtskraft. Aufgrund der später entdeckten Untersteuerung ergingen im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich, Steuerperioden 2012 bis 2017, zudem Nachsteuerverfügungen und Bussenverfügungen; auch diese erwuchsen in Rechtskraft.
 
1.2. Am 26. Juli 2020 ersuchte der Steuerpflichtige das Steueramt des Kantons Zürich (KStA/ZH) um Erlass der noch offenen Staats- und Gemeindesteuern (Nachsteuern und Bussen betreffend die Steuerperioden 2012 bis 2017, ordentliche Steuern der Steuerperiode 2018) sowie der noch offenen direkten Bundessteuern (Steuerperioden 2012 bis 2018). Das Gesuch blieb erfolglos (Entscheide des Steueramts des Kantons Zürich vom 22. Februar 2021 [alle genannten Steuern mit Ausnahme der ordentlichen Staats- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2018 betreffend] bzw. der Wohnsitzgemeinde vom 17. März 2021 [ordentliche Staats- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2018]). Der Rekurs an die Finanzdirektion des Kantons Zürich führte ebenso zur Abweisung (Verfügung vom 13. Juli 2021).
 
1.3. Mit Beschwerde vom 8. August 2021 gelangte der Steuerpflichtige an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, das die Rechtsmittel abwies, die Gerichtskosten auf die Gerichtskasse nahm und das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege zufolge Gegenstandslosigkeit abschrieb (Entscheid SB.2021.00097 / SB.2021.00098 vom 29. September 2021). In der Sache selbst erwog das Verwaltungsgericht, der Steuerpflichtige habe schwerwiegend gegen seine Mitwirkungspflichten verstossen, indem er in den Steuerperioden 2012 bis 2017 - und dies bewusst - keine Steuererklärung eingereicht habe. Sein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit habe sich in den streitbetroffenen Steuerperioden auf durchschnittlich Fr. 98'000.-- pro Jahr belaufen. Auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsbeiträge an seine abgeschiedene Ehefrau von Fr. 24'500.-- pro Jahr, die er im Übrigen nicht geleistet habe, wäre es ihm ohne Weiteres möglich gewesen, seiner Steuerzahlungspflicht nachzukommen. Die abgeschiedene Ehefrau habe auf die Nachzahlung nie verzichtet, weshalb es zu einer Schlechterstellung des Gemeinwesens käme, wenn die Steuern erlassen würden. Zudem habe der Steuerpflichtige auch zu Zeiten seiner Erwerbstätigkeit keine Rücklagen für die Steuern getätigt, obwohl er dazu imstande gewesen wäre. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Steuererlasses seien mithin trotz gegebener Notlage nicht erfüllt, zumal Nachsteuern und Steuerbussen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen zum Erlass führen könnten. Ein derartiger Ausnahmefall sei vorliegend nicht gegeben.
 
1.4. Mit Eingabe vom 14. November 2021 (Poststempel: 15. November 2021) erhebt der Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde. Er ersucht um Aufhebung des angefochtenen Entscheids, Erteilung des Steuererlasses, Erlass der Gerichtsgebühren des Verwaltungsgerichts und Befreiung von den Kosten des Einspracheverfahrens.
 
2.
 
2.1. Der Steuerpflichtige macht nicht - auch nicht zumindest sinngemäss - geltend, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliege. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) fällt daher ausser Betracht (Art. 83 lit. m BGG). Zu prüfen bleibt, wie es sich mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) verhält. Mit diesem Rechtsmittel kann ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 142 II 259 E. 4.2), wobei die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit herrscht (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 194 E. 3.4; 147 II 44 E. 1.2; 147 V 156 E. 7.2.3). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 146 I 62 E. 3; 146 IV 114 E. 2.1). Rein appellatorische Kritik genügt diesen Anforderungen nicht (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1).
 
2.2. Die Vorinstanz hatte der Frage nachzugehen, ob bezüglich der streitbetroffenen Steuerperioden die Voraussetzungen für einen Steuererlass nach Art. 167 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) bzw. § 183 ff. des Steuergesetzes (des Kantons Zürich) vom 8. Juni 1997 (StG/ZH; LS 631.1) vorlägen. In ständiger Praxis hat das Bundesgericht erwogen, die genannten Normen verliehen keinen Anspruch auf Erlass der Steuer (zu Art. 167 ff. DBG: Urteil 2D_45/2020 vom 10. Juni 2021 E. 2.2.2; zu § 183 ff. StG/ZH: Urteil 2D_32/2021 vom 5. Oktober 2021 E. 3.1.2). Demgemäss kann eine steuerpflichtige Person alleine durch die willkürliche Auslegung und/oder Anwendung des eidgenössischen und/oder kantonalen Erlassrechts und insbesondere die angeblich willkürliche Verweigerung des Steuererlasses in keinen rechtlich geschützten Interessen betroffen sein (Art. 115 lit. b BGG). Insofern fehlt einer steuerpflichtigen Person die Legitimation, um im Erlasspunkt Rügen vorzubringen.
 
2.3. Fehlt im Erlassverfahren ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, bleibt es einer steuerpflichtigen Person immerhin möglich, mit der Verfassungsbeschwerde diejenigen Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; Urteile 6B_307/2019 vom 13. November 2019 E. 2 Ingress, nicht publ. in: BGE 146 IV 76; 6B_773/2017 vom 21. Februar 2018 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 144 IV 57; BGE 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3). Unter diesem Titel kann etwa vorgebracht werden, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende Person sei nicht angehört worden, sie habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder die Akteneinsicht sei ihr verwehrt worden (BGE 114 Ia 307 E. 3c). Zulässig ist auch die Rüge, das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) sei in verfassungsrechtlich unhaltbarer Weise verweigert worden. Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen, wie etwa die Behauptung, die Begründung sei unvollständig oder zu wenig differenziert bzw. die Vorinstanz habe sich nicht oder in willkürlicher Weise mit den Argumenten der Partei auseinandergesetzt und Beweisanträge in offensichtlich unhaltbarer antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt (BGE 137 II 305 E. 2; 133 I 185 E. 6.2).
 
2.4. Der Steuerpflichtige bestreitet zunächst die vorinstanzliche Beweiswürdigung dahingehend, dass seine Beweggründe für das Nichteinreichen der Steuererklärungen nur ungenügend bzw. gar nicht in Betracht gezogen worden seien. Er erläutert seine Motivation und legt dar, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, eine Steuererklärung auszufüllen, ohne dass es bei seinen damaligen Arbeitgebern - Gemeindeverwaltungen - zu Lohnpfändungen gekommen wäre. Eine Lohnpfändung habe er sich aber nicht erlauben dürfen, wären die Arbeitsverhältnisse doch ansonsten mutmasslich umgehend aufgelöst worden. Insofern habe er sich in einem Teufelskreis befunden. Seine abgeschiedene Ehefrau verlange keinerlei Nachzahlungen. Die diesbezüglichen Überlegungen der Vorinstanz seien unbegründet. Dazu ist Folgendes zu sagen: Ausgehend davon, dass die hier einschlägigen Steuergesetze keinen Rechtsanspruch auf Steuererlass verleihen, kann der Steuerpflichtige nur Rügen vortragen, die auf eine formelle Rechtsverweigerung hinauslaufen. Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass eine Laienbeschwerde vorliegt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteil 2C_345/2021 vom 29. Oktober 2021 E. 2.3.3), geht der Steuerpflichtige nicht ansatzweise auf eine angebliche formelle Rechtsverweigerung ein. Seine appellatorischen, auf die Hauptsache bezogenen Einwände sind nicht zu hören.
 
2.5. Soweit der Steuerpflichtige Erlass der Gerichtsgebühren des Verwaltungsgerichts beantragt, ist dies gegenstandslos, da das Verwaltungsgericht die Kosten auf die Gerichtskasse genommen hat.
 
2.6. Die Beschwerde erweist sich damit als offensichtlich unzulässig, weshalb darauf mit einzelrichterlichem Entscheid des Abteilungspräsidenten als Instruktionsrichter nicht einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
 
3.
 
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Das sinngemäss für das Verfahren vor Bundesgericht gestellte Begehren um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Kanton Zürich, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1.
 
Auf die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Auf die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich wird nicht eingetreten.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
4.
 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. November 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher
 
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