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Informationen zum Dokument  BGer 2C_743/2021  Materielle Begründung
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BGer 2C_743/2021 vom 04.10.2021
 
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2C_743/2021
 
 
Urteil vom 4. Oktober 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Businger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zollinger,
 
gegen
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aarga u.
 
Gegenstand
 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 12. August 2021 (WBE.2021.90).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. A.________ (geb. 1996) ist türkischer Staatsangehöriger. Er heiratete am 15. Mai 2019 eine Schweizerin, reiste am 8. November 2019 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Nachdem sich die Ehegatten Anfang Februar 2020 getrennt hatten (Scheidung am 22. April 2021), verweigerte das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau mit Verfügung vom 15. Dezember 2020 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobene Einsprache wies es am 18. Februar 2021 ab. Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wies die Beschwerde am 12. August 2021 ab.
 
1.2. Mit Beschwerde vom 17. September 2021 beantragt A.________ dem Bundesgericht, seine Aufenthaltsbewilligung sei zu verlängern. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
 
2.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG).
 
2.1. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer keinen Aufenthaltsanspruch mehr aus Art. 42 Abs. 1 AIG (SR 142.20) ableiten kann. Ebenso besitzt er keinen Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG, nachdem die Ehe keine drei Jahre lang Bestand hatte. Dies gilt selbst dann, wenn auf die Heirat und nicht auf die Einreise abgestellt würde, weshalb der Vorwurf des Beschwerdeführers, ihm sei die Einreise erst ein halbes Jahr nach der Heirat bewilligt worden, unerheblich ist. Schliesslich fällt angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer von weniger als zwei Jahren auch ein Aufenthaltsrecht aus dem Anspruch auf Achtung des Privatlebens (Art. 13 Abs. 1 BV bzw. Art. 8 Ziff. 1 EMRK) ausser Betracht.
 
 
2.2.
 
2.2.1. Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG, weil er Opfer ehelicher Gewalt geworden sei. Er sei von seiner Ehefrau aus der Wohnung geworfen worden und sie habe ihn von der ehelichen Adresse abgemeldet, obwohl sein Ehewille da noch nicht erloschen gewesen sei. Er sei ein Spielball seiner Ehefrau geworden. Er habe sich in der Schweiz stets an die Gesetze gehalten, hier gearbeitet und keine Fürsorgeleistungen bezogen.
 
2.2.2. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz ausdrücklich festgehalten hat, der Beschwerdeführer mache nicht geltend, er sei Opfer ehelicher Gewalt geworden (vgl. E. II./3.3.1 des angefochtenen Urteils). Damit ist fraglich, ob die Vorbringen des Beschwerdeführers nach Art. 99 BGG überhaupt zulässig sind. Die Frage kann aber offengelassen werden, weil die nach Art. 50 Abs. 2 AIG erforderliche Intensität der ehelichen Gewalt offensichtlich nicht erreicht wird, wenn die Trennung bloss nicht einvernehmlich erfolgt bzw. ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung "geworfen" und von der Wohnadresse abgemeldet wird. Dass der Ehewille des Beschwerdeführers damals noch intakt gewesen sein soll, spielt keine Rolle. Ebenso spielt seine Integration im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG nur eine untergeordnete Rolle, wobei alleine aus dem Umstand, dass sich ein Ausländer in der Schweiz an die Rechtsordnung hält und keine Sozialhilfe bezieht, auf keine tiefgreifende Integration geschlossen werden kann.
 
2.3. Es gelingt dem Beschwerdeführer somit nicht, einen Rechtsanspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung in vertretbarer Weise geltend zu machen; damit steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zur Verfügung.
 
 
3.
 
3.1. Als Rechtsmittel kommt damit allein die subsidiäre Verfassungsbeschwerde in Betracht (Art. 113 ff. BGG). Damit kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Zur Verfassungsbeschwerde ist berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 115 lit. b BGG). Da kein Bewilligungsanspruch besteht, ist der Beschwerdeführer durch die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen, sodass er hinsichtlich der Bewilligungsfrage nicht zur Verfassungsbeschwerde legitimiert ist (BGE 133 I 185 E. 3 ff.). Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist er allerdings zur Rüge berechtigt, ihm zustehende Verfahrensgarantien seien verletzt worden. Nicht zu hören sind dabei aber Vorbringen, die im Ergebnis auf die Überprüfung des Sachentscheids abzielen (BGE 137 II 305 E. 2).
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt mehrere Gehörsverletzungen, die im Ergebnis auf eine Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen und damit nicht zulässig sind. Im Übrigen sind sie auch offensichtlich unbegründet. Es spielt keine Rolle, ob der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren zuerst noch einen Ehewillen gehabt hat, weshalb das Verwaltungsgericht nicht gehalten war, diese Frage zu thematisieren. Ebenso ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht begründet, inwieweit die "Ehegeschichte wegen der nachträglich erfolgen Scheidung" für das vorliegende Verfahren relevant sein könnte. Weiter ist nicht ersichtlich, weshalb die Vorinstanz dem Beschwerdeführer nochmals das rechtliche Gehör hätte gewähren müssen, nur weil sie die "eheliche Gewalt" und die Integration von der Beschwerde abweichend beurteilt hat. Schliesslich hat die Vorinstanz in Bezug auf das soziale Beziehungsnetz in der Türkei erwogen, der Beschwerdeführer setze sich mit den Feststellungen im Einspracheentscheid nicht auseinander; zudem hat sie festgehalten, dass sich an der Beurteilung selbst dann nichts ändern würde, wenn der Beschwerdeführer sämtliche Brücken zum Herkunftsstaat abgebrochen hätte (vgl. E. II./3.3.2). Bei dieser Sachlage genügt es der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) offensichtlich nicht, wenn vor Bundesgericht lediglich eine Aktenwidrigkeit gerügt wird.
 
 
4.
 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unzulässig, soweit sie überhaupt rechtsgenügend begründet ist. Darauf ist im vereinfachten Verfahren durch den Einzelrichter nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. Oktober 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Businger
 
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