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Informationen zum Dokument  BGer 9C_608/2020  Materielle Begründung
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BGer 9C_608/2020 vom 18.06.2021
 
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9C_608/2020
 
 
Urteil vom 18. Juni 2021
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Bundesrichter Maillard, Stadelmann,
 
Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Procap Schweiz,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 10. Juli 2020 (IV.2019.00335).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
1
Die 1957 geborene A.________ war von Mai 2012 bis August 2014 als Personalfachfrau in einem Vollpensum angestellt. Im September 2014 wanderte sie nach Costa Rica aus, kehrte aber im September 2016 in die Schweiz zurück und meldete sich an der Wohnadresse ihrer Tochter in der Gemeinde B.________ an.
2
Bei einem am 12. Januar 2017 in Costa Rica erlittenen Unfall zog sich A.________ Verbrennungen zweiten und dritten Grades zu, deretwegen sie sich im Januar und Februar 2017 in der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des Spitals E.________ verschiedenen operativen Eingriffen unterziehen musste. Unter Hinweis auf die Folgen dieses Ereignisses meldete sich A.________ im März 2017 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte die medizinischen und die erwerblichen Verhältnisse ab. Sie erteilte Kostengutsprache für orthopädische Serienschuhe (Mitteilung vom 25. Oktober 2017). Des Weitern zog sie eine aktenbasierte Einschätzung ihres Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 7. Juni 2018 bei. Nachdem die Versicherte nach C.________ gezogen war, ersuchte die IV-Stelle des Kantons Zürich die IV-Stelle Luzern um eine Abklärung der Beeinträchtigungen im Haushalt (Bericht vom 16. Juli 2018). Vorbescheidweise stellte sie A.________ am 27. September 2018 die Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht mit der Begründung, die Einschränkung im Haushalt betrage 2.7 bzw. 2.54 %. Auf den von A.________ dagegen erhobenen Einwand hin nahm sie Rücksprache mit dem Abklärungsdienst der IV-Stelle Luzern (Stellungnahme vom 17. Dezember 2018). Die Versicherte gab eine Einschätzung von D.________, eidg. anerkannte Psychotherapeutin ASP, vom 29. Oktober 2018 zu den Akten und machte von der ihr eingeräumten Gelegenheit Gebrauch, sich zur Stellungnahme der IV-Stelle Luzern vom 17. Dezember 2018 zu äussern. Mit Verfügung vom 1. April 2019 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich den Anspruch auf Leistungen aufgrund eines ermittelten Invaliditätsgrades von 5.95 %.
3
B.
4
Beschwerdeweise liess A.________ (unter Beilage verschiedener Arztberichte) beantragen, die Verfügung vom 1. April 2019 sei aufzuheben. Es sei ihr mit Wirkung ab 1. Januar 2018 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Die IV-Stelle sei zu verpflichten, berufliche Massnahmen durchzuführen und die Kosten für die Stellungnahme der Psychotherapeutin ASP D.________ zu übernehmen. Mit Urteil vom 10. Juli 2020 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab.
5
C.
6
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das Rechtsbegehren stellen, das kantonale Urteil sei aufzuheben. Es sei ihr rückwirkend ab 1. Januar 2018 eine Invalidenrente zuzusprechen. Die IV-Stelle sei zu verpflichten, die Kosten der im kantonalen Beschwerdeverfahren eingereichten Arztberichte zu übernehmen.
7
Während die IV-Stelle des Kantons Zürich auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Stellungnahme.
8
 
Erwägungen:
 
1.
9
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
10
 
2.
 
2.1. Streitig ist, ob die vorinstanzliche Verneinung eines Rentenanspruchs Bundesrecht verletzt.
11
2.2. Im angefochtenen Urteil werden die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen zum Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG) und zu deren Abstufung nach dem Invaliditätsgrad (Art. 28 Abs. 2 IVG) richtig wiedergegeben. Ebenso hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt, dass bei der erstmaligen Prüfung des Rentenanspruchs (ebenso wie bei der Rentenrevision und im Neuanmeldungsverfahren) die Methode der Invaliditätsbemessung zu bestimmen ist (BGE 144 I 28 E. 2.2) und dass dabei grundsätzlich hypothetisch zu beurteilen ist, ob eine versicherte Person im Gesundheitsfall ganz, teilzeitlich oder überhaupt nicht erwerbstätig wäre (sog. Statusfrage), was je zur Anwendung einer anderen Methode der Invaliditätsbemessung (Art. 28a IVG; Einkommensvergleich, gemischte Methode, Betätigungsvergleich) führt (BGE 144 I 28 E. 2.3; 141 V 15 E. 3.1). Richtig ist auch der Hinweis, dass für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 144 I 28 E. 2.3; 141 V 15 E. 3.1; vgl. zum Ganzen auch Meyer/Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014, Rz. 4 ff. zu Art. 28a IVG). Darauf wird verwiesen.
12
2.3. Die Beantwortung der Statusfrage erfordert zwangsläufig eine hypothetische Beurteilung, die auch hypothetische Willensentscheidungen der versicherten Person zu berücksichtigen hat. Diese sind einer direkten Beweisführung wesensgemäss nicht zugänglich und müssen in aller Regel aus äusseren Indizien erschlossen werden. Die Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe stellt eine Tatfrage dar, soweit sie auf Beweiswürdigung beruht, selbst wenn darin auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt werden. Ebenso sind Feststellungen über innere oder psychische Tatsachen Tatfragen, wie beispielsweise was jemand wollte oder wusste. Die auf einer Würdigung konkreter Umstände basierende Festsetzung des hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit bleibt für das Bundesgericht daher verbindlich, ausser wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (BGE 144 I 28 E. 2.4 mit Hinweisen). Eine Beweiswürdigung ist nicht bereits dann offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (zum Begriff der Willkür: BGE 144 II 281 E. 3.6.2), wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn der Entscheid - im Ergebnis - offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 144 V 50 E. 4.2; 141 V 385 E. 4.4).
13
3.
14
Vorab ist die Statusfrage zu prüfen, d.h. ob die Beschwerdeführerin im angefochtenen Urteil zu Recht als Privatière qualifiziert worden ist.
15
3.1. Das kantonale Gericht erwog, angesichts der bereits im Oktober 2015 (Ausschreibung der Liegenschaft in Costa Rica) und im August bzw. September 2016 getätigten Dispositionen (Anmeldung an der schweizerischen Wohnadresse der Tochter) sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bereits vor dem Unfall beabsichtigt habe, wieder in der Schweiz Wohnsitz zu nehmen und ihr Haus zu verkaufen (wobei sich Letzteres als schwierig erwiesen habe). Daraus ergebe sich aber nicht zwingend ihre Absicht, in der Schweiz erneut eine wesentliche Erwerbsarbeit aufzunehmen. Die Beschwerdeführerin habe sich weder während ihrer Zeit in Costa Rica noch zwischen der Rückkehr in die Schweiz und dem Unfall um eine Stelle bemüht und die Arbeitssuche nach dem Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern vom 4. Dezember 2017 (welcher einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mangels Erfüllens der Beitragszeit bzw. mangels Vorliegens eines Befreiungsgrundes verneinte) mit einer Ausnahme gänzlich eingestellt. Angesichts dieser Umstände und des in der Liegenschaft gebundenen Vorsorgevermögens sei durchaus denkbar, dass sie ihren Aufenthalt in Costa Rica für einen wesentlichen Teil des Jahres beibehalten hätte (wenn auch nicht unbedingt in ihrem offenbar abgelegenen Eigenheim), um ihre Kosten bis zum Erreichen des AHV-Rentenalters niedrig zu halten. Dafür spreche auch, dass sie ihre Haustiere erst nach dem Bezug einer eigenen Wohnung im Juli 2017 in die Schweiz geholt habe. Unter dieser Annahme liessen sich ihre teilweise widersprüchlichen Angaben zur beabsichtigten Lebensführung zwanglos miteinander vereinbaren. Angesichts des vorhandenen Vermögens (USD 123'000.- sowie Fr. 40'000.- als Restkapital aus einer privaten Lebensversicherung) und des im Kanton Luzern geltenden monatlichen Grundbetrages von Fr. 1200.- bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Notbedarfs, zuzüglich Wohnungsmiete, Nebenkosten, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern hätte sie einen (bescheidenen) Lebensunterhalt bis zur Vollendung des 64. Altersjahres im April 2021 auch in der Schweiz bestreiten können. Bei dieser Sachlage sei nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgewiesen, dass die Beschwerdeführerin ohne den im Januar 2017 erlittenen Unfall in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Sie sei deshalb als Nichterwerbstätige (ohne Aufgabenbereich) bzw. als Privatière zu betrachten.
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3.2. Die Beschwerdeführerin wendet ein, es fehle eine Grundlage für die vom kantonalen Gericht getroffene Annahme, dass sie im Gesundheitsfall abwechslungsweise in der Schweiz und in Costa Rica gelebt hätte und keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Es sei realitätsfremd davon auszugehen, dass sie sich vor dem Verkauf der Liegenschaft um eine Stelle hätte bemühen können. Sie sei damals mit dem Umzug, zahlreichen Formalitäten und der Zusammenstellung des Bewerbungsdossiers - sie habe bei ihrer Auswanderung im September 2014 alle Unterlagen vernichtet - beschäftigt gewesen. Weiter habe sie bereit sein müssen, in absehbarer Zeit wieder für den Hausverkauf nach Costa Rica zurückzukehren. Nach dem Verkauf habe sie in Costa Rica gar keine Bleibe mehr gehabt. Zudem hätte sie aus praktischen Gründen die Haustiere nicht alle paar Monate vom einen zum anderen Kontinent transportieren können. Auch die finanzielle Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts halte nicht stand: Sie sei sich bewusst gewesen, dass sie nach dem Scheitern ihres Planes, in Costa Rica von ihrem Vermögen zu leben, in der Schweiz wieder eine Erwerbstätigkeit hätte aufnehmen müssen, weil ihre Ersparnisse hier nicht ausgereicht hätten, die verbleibenden fast fünf Jahre bis zur Alterspensionierung zu überbrücken. Zudem habe sie nach dem Hauskauf über keine Versicherungsdeckung in der zweiten Säule mehr verfügt. Es sei unzulässig, dass das kantonale Gericht sie für ihren Lebensunterhalt einfach auf das Existenzminimum setze. Alle Indizien wiesen darauf hin, dass sie ohne Unfall in der Schweiz bis zu ihrer Alterspensionierung im Mai 2021 wieder eine Erwerbstätigkeit von 80-100 % aufgenommen hätte.
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3.3. Nach ihren gegenüber der Abklärungsperson Haushalt gemachten Angaben, welchen im Sinne einer Aussage der ersten Stunde höherer Beweiswert zukommt (BGE 121 V 45 E. 2a), plante die Beschwerdeführerin ursprünglich, mindestens bis zur Pensionierung in Costa Rica zu bleiben, wo sie vom Geld der Pensionskasse gut hätte leben können (vgl. Haushaltbericht vom 16. Juli 2018). Entgegen ihrer damaligen Behauptung, wonach sie ohne Unfall immer noch in Costa Rica leben würde, steht weiter verbindlich fest, dass sie dieses Vorhaben bereits vor dem im Januar 2017 erlittenen Unfall aufgab, indem sie im Oktober 2015 die Liegenschaft in Costa Rica zum Verkauf ausschrieb und im September 2016 ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegte, wo sie bis zum Bezug einer eigenen Wohnung im Juli 2017 (zu welchem Zeitpunkt sie auch ihre Haustiere in die Schweiz holte) bei der Familie ihrer Tochter lebte und sich vor dem Unfall noch nicht um eine Arbeitsstelle bemühte. Dass die Vorinstanz aus diesen Gegebenheiten und der Bindung des Vorsorgevermögens in der costa-ricanischen Liegenschaft den Schluss zog, die Beschwerdeführerin hätte als Privatière ihren effektiven Aufenthalt in Costa Rica für einen wesentlichen Teil des Jahres beibehalten, um ihre Lebenshaltungskosten bis zum Fliessen der AHV-Rente niedrig zu halten, ist offensichtlich unhaltbar und damit für das Bundesgericht nicht verbindlich (vgl. E. 2.3 hievor) : In der Vergangenheit hatte die Beschwerdeführerin entweder in der Schweiz oder in Costa Rica gelebt und es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie sich für die vom kantonalen Gericht für überwiegend wahrscheinlich gehaltene, vollkommen neue Variante entschieden hätte, einen wesentlichen Teil des Jahres in Costa Rica und den Rest in der Schweiz zu verbringen, was im Übrigen auch angesichts ihres Haustierbestandes (seit Jahren hielt sie gemäss dem Haushaltbericht vom 16. Juli 2018 fünf Katzen und einen Hund) keine praktikable Lösung gewesen wäre. Zudem fehlt auch den im angefochtenen Urteil zur Stützung dieser Hypothese angeführten finanziellen Motiven ein Bezug zu den konkreten Umständen, lebte doch die Beschwerdeführerin nur in Costa Rica von ihren (dafür ausreichenden) Ersparnissen, während sie ihren Lebensunterhalt in der Schweiz in der Vergangenheit stets mit ihrem (überdurchschnittlich hohen) Erwerbseinkommen bestritt und sich deshalb auch nie um eine Minimierung der Lebenshaltungskosten kümmern musste. Aufgrund der gesamten Umstände erscheint damit überwiegend wahrscheinlich (BGE 144 I 28 E. 2.3), dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall ausschliesslich in der Schweiz gewohnt und hier wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hätte, dies entsprechend den von ihr bisher in der Schweiz gelebten Verhältnissen. Hinzu kommt, dass sie ihren Lebensunterhalt hier nicht allein mit ihrem Vermögen hätte decken können und ihr gerade auch im Hinblick auf den baldigen Eintritt ins Rentenalter ein Versicherungsschutz der beruflichen Vorsorge fehlte. Auszugehen ist dabei von einer hypothetischen Teilerwerbstätigkeit von 80 %, welches Pensum sie in der Vergangenheit regelmässig innegehabt hatte, mit Ausnahme der letzten Stelle, wo sie während zwei Jahren und vier Monaten 100 % arbeitete (vgl. dazu Haushaltbericht vom 16. Juli 2018). Das Fehlen von Stellenbewerbungen in der kurzen Zeit zwischen der Rückkehr in die Schweiz im September 2016 und dem Unfall vom 12. Januar 2017 steht dieser Betrachtungsweise nicht entgegen, denn die Beschwerdeführerin dürfte an entsprechenden Bemühungen dadurch gehindert worden sein, dass sie sich zuerst um administrative Angelegenheiten sowie ihre Bewerbungsunterlagen kümmern und im Übrigen ständig bereit sein musste, für den Hausverkauf wieder nach Costa Rica zu reisen. Zudem erlaubten die Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin ohne Weiteres, mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit noch etwas zuzuwarten.
18
3.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass sowohl das angefochtene vorinstanzliche Urteil, soweit es die Invalidenrente betrifft (vgl. auch E. 4.1 und 4.3), als auch die diesem zugrunde liegende Verfügung der Beschwerdegegnerin aufzuheben sind. Die Sache ist an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie die Invalidität der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung einer hypothetischen Teilerwerbstätigkeit von 80 % und eines Aufgabenbereichs von 20 % (BGE 141 V 15 E. 4.5) neu ermittle und anschliessend über den Rentenanspruch neu verfüge.
19
 
4.
 
4.1. In der Beschwerde wird die Übernahme der Kosten der im kantonalen Verfahren eingereichten Arztberichte beantragt. Soweit sich dieses Begehren nicht auf die Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin vom 29. Oktober 2018 bezieht, deren alleinige Übernahme die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Prozess anbegehrt hat, ist es neu und deshalb unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).
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4.2. Gemäss Art. 45 Abs. 1 ATSG übernimmt der Versicherungsträger die Kosten der Abklärung, soweit er die Massnahmen angeordnet hat (Satz 1). Hat er keine Massnahmen angeordnet, übernimmt er deren Kosten dennoch, wenn die Massnahmen für die Beurteilung des Anspruchs unerlässlich waren oder Bestandteil nachträglich zugesprochener Leistungen bilden (Satz 2; Urteil 9C_567/2015 vom 13. April 2016 E. 7; vgl. auch Urteil 9C_764/2014 vom 21. Juli 2015 E. 3.2.2 [zu Art. 78 Abs. 3 IVV]).
21
4.3. Inwiefern der von der Beschwerdeführerin bei der behandelnden Psychotherapeutin eingeholte Bericht zur Eingliederungsfähigkeit vom 29. Oktober 2018 für die Beurteilung des Leistungsanspruchs unabdingbar gewesen sein soll, wird in der Beschwerde mit keinem Wort dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Damit ist ein Anspruch auf Übernahme der Kosten dieser von der Beschwerdeführerin selbst veranlassten Abklärung zu verneinen.
22
5.
23
Die Beschwerdeführerin obsiegt in der Hauptsache (d.h. in der Rentenfrage; E. 3 hievor), gilt doch eine Rückweisung zu erneutem Entscheid mit offenem Ausgang als Obsiegen, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1). Sie unterliegt lediglich in einem Nebenpunkt (d.h. betreffend die Kosten der im kantonalen Verfahren eingereichten Arztberichte; E. 4 hievor). Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
24
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 10. Juli 2020 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 1. April 2019 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
 
4.
 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, IV. Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 18. Juni 2021
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Parrino
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann
 
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