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Informationen zum Dokument  BGer 8C_48/2021  Materielle Begründung
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BGer 8C_48/2021 vom 20.05.2021
 
 
8C_48/2021
 
 
Urteil vom 20. Mai 2021
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
handelnd durch B.________,
 
und dieser vertreten durch Advokat Roman Baumgartner,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung (Invalidenrente, Integritätsentschädigung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. November 2020 (VBE.2020/207).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1963 geborene A.________ war seit 2011 Angestellte der C.________ AG und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 6. Juli 2018 erlitt sie bei einem Treppensturz durch einen Misstritt eine Rückenkontusion (Austrittsbericht des Spitals D.________ vom 12. Juli 2018). Am 30. November 2018 rutschte sie in der Waschküche aus und zog sich dabei - gemäss Austrittsbericht des Spitals E.________ vom 10. Dezember 2018 - eine Kontusion der Lendenwirbelsäule (LWS) zu. Bei einer im Verlauf durchgeführten MRI-Untersuchung vom 19. Dezember 2018 stellte sich heraus, dass sie dabei eine wenig dislozierte Deckplattenimpressionsfraktur im Bereich des 12. Brustwirbelkörpers (BWK) erlitt, die operativ versorgt wurde. Die Suva erbrachte in beiden Fällen die gesetzlichen Leistungen. Mit Schreiben vom 9. Januar 2019 teilte sie A.________ mit, die Taggeldleistungen für den Unfall vom 6. Juli 2018 auf den 15. Januar 2019 einzustellen; die danach ausgerichteten Taggelder seien für das Ereignis vom 30. November 2018 geschuldet. Am 29. August 2019 stellte die Suva sämtliche Leistungen für beide Unfälle verfügungsweise auf den 31. August 2019 ein. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 2. März 2020 fest und verneinte einen Anspruch auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung.
1
B. Die dagegen geführte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 18. November 2020 ab, soweit es darauf eintrat.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr ab 1. September 2019 eine Rente von mindestens 30 % zuzusprechen. Die Taggeldhöhe sei rückwirkend zu korrigieren und ihr der Differenzbetrag zu erstatten. Ihr sei überdies eine Integritätsentschädigung bei einem 20%igen Integritätsschaden zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zwecks weiterer Abklärungen und Festlegung einer Integritätsentschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Suva schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).
5
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
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2.
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie in Bezug auf die beantragte rückwirkende Korrektur der Taggeldhöhe das Vorliegen eines Anfechtungsobjektes verneinte und daher in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht eintrat. Weiter dreht sich die Streitsache um die Frage, ob die Vorinstanz den Einspracheentscheid vom 2. März 2020 bundesrechtskonform bestätigte, wonach mit dem Fallabschluss auf den 31. August 2019 keine weitere Leistungspflicht der Suva hinsichtlich der zwei gemeldeten Ereignisse vom 6. Juli und 30 November 2018 mehr besteht.
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2.2. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG), namentlich bei Fällen, in welchen vor dem Unfall die Leistungsfähigkeit gesundheitsbedingt reduziert ist (Art. 28 Abs. 3 UVV; Urteil 8C_847/2015 vom 2. September 2016 E. 4.1 sowie E. 6.1 unten) oder ein einheitlicher Gesundheitsschaden vorliegt (Art. 36 Abs. 2 UVG), zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), insbesondere die Bemessung der hypothetisch erzielbaren Vergleichseinkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen: BGE 141 V 1 E. 5.4; 134 V 322 E. 4.1; Urteil 8C_721/2017 vom 26. September 2018 E. 3.4.2) und mit Invalidität (Invalideneinkommen: BGE 143 V 295 E. 2.2; Urteil 8C_227/2018 vom 14. Juni 2018 E. 4.2). Darauf kann ebenso verwiesen werden wie auf die vorinstanzlich wiedergegebenen beweisrechtlichen Anforderungen an eine ärztliche Stellungnahme (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 251 E. 3a), namentlich bei versicherungsinternen Berichten (BGE 135 V 465 E. 4.6).
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3.
 
3.1. Die Vorinstanz erwog, es sei nunmehr unbeanstandet geblieben, dass sich die Beschwerdegegnerin in medizinischer Hinsicht auf die Beurteilung ihres Kreisarztes Dr. med. F.________, Facharzt für Chirurgie, vom 14. August 2019 gestützt und den Fall auf den 31. August 2019 abgeschlossen habe. Dem kreisärztlichen Zumutbarkeitsprofil folgend seien der Beschwerdeführerin mindestens leichte bis mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Gewichten von mehr als 10 bis 15 kg ganztägig zumutbar. Ungüngstig seien Tätigkeiten mit Einwirkungen von starken Vibrationen oder Schlägen auf die Wirbelsäule sowie Tätigkeiten mit Zwangshaltungen in stark vornüber geneigter Position. Bezüglich der verbliebenen Arbeitsfähigkeit erscheine es daher zumindest zweifelhaft, ob der Beschwerdeführerin ihre angestammte Tätigkeit in einer Fleischfabrik noch zumutbar sei. Denn sie müsse dabei teilweise, wenn auch selten, Gewichte von mehr als den gemäss Anforderungsprofil des Kreisarztes noch als möglich erachteten 10 bis 15 kg heben. Die Vorinstanz liess diese Frage indessen offen, da auch gestützt auf die vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) bei einem Tabellenlohn für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten kein Rentenanspruch resultiere. Der Einkommensvergleich ergab einen Invaliditätsgrad von 6 %, weshalb die Vorinstanz den Anspruch auf Invalidenrente verneinte.
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3.2. Was die geforderte Integritätsentschädigung anbelangt, erwog die Vorinstanz, hinsichtlich der beim Unfall vom 30. November 2018 erlittenen Deckplattenimpressionsfraktur BWK 12 sei nur eine diskrete Keilwirbelbildung von maximal 6° und eine damit zusammenhängende Kyphosierung von höchstens 4° zurückgeblieben. Es sei gemäss der Beurteilung des Dr. med. F.________ vom 2. Juni 2020 weder der bei Kyphosierungen geforderte Grenzwert von 10° gemäss Suva-Tabelle 7.2 erreicht, noch bestehe die zu verlangende anhaltende unfallkausale Schmerzproblematik, sodass kein Integritätsentschädigung geschuldet sei.
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4.
 
4.1. Nicht zu hören ist die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, das ausgerichtete Taggeld sei entsprechend einem geforderten Valideneinkommen von Fr. 62'878.45 rückwirkend zu korrigieren. Die Vorinstanz hat bereits in ihrer E 1.1 im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass hierauf nicht eingetreten werden kann, da es in Bezug auf die Taggeldhöhe an einem Anfechtungsobjekt mangle. Es ist nochmals festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin über die Höhe des Taggeldes am 29. August 2019 nicht verfügt hatte, wobei die Beschwerdeführerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zu keinem Zeitpunkt Einwände gegen das mit Schreiben vom 9. Januar 2019 festgelegte Taggeld erhob. Im Einspracheentscheid vom 2. März 2020, der Anfechtungsgegenstand des vorinstanzlichen Beschwerdeverfahrens bildete (vgl. Art. 56 ATSG), wurde ausschliesslich über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Dauerleistungen (Rente, Integritätsentschädigung) befunden, weshalb es bezüglich der Vorbringen zur Höhe des Taggeldes an einem Anfechtungsobjekt fehlt. Auf die Beschwerde ist von vornherein nicht einzutreten, soweit sie sich gegen die Taggeldhöhe richtet (vgl. BGE 142 I 155 E. 4.4.2; 131 V 164 E. 2.1; 125 V 413 E. 1).
11
 
4.2.
 
4.2.1. Die Beschwerdeführerin rügt sodann, es sei ihr ein zu tiefes, fehlerhaftes Valideneinkommen angerechnet worden, da die Vorinstanz zu Unrecht die regelmässig erzielten Nacht-, Feiertag- und Wochenendzuschläge nicht berücksichtigt habe. Nacht- und Wochenendzuschläge seien entgegen der Auffassung im angefochtenen Entscheid nicht von der Regelung gemäss Urteil I 398/05 vom 7. Dezember 2005 E. 3.2 erfasst, welches sich auf eigentliche Schichtarbeit beziehe. Wochenendzulagen seien nicht gleich wie Schichtarbeitsentschädigungen zu beurteilen, was sich aus Urteil I 618/05 E. 3.1 ergebe, worin die Wochenendzuschläge ohne Weiteres zum Valideneinkommen hinzugerechnet worden seien. Sie habe ferner weitere Extrazahlungen erhalten wie Sonderprämie, Arbeitsweg- und Flexibilitätszulagen, die allen Arbeitnehmenden unabhängig von Nacht- oder Wochenendzulagen zugestanden seien.
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4.2.2. Bei der Bestimmung des zuletzt erzielten Einkommens sind grundsätzlich sämtliche Bestandteile des Erwerbseinkommens, mithin Nebeneinkünfte und geleistete Überstunden oder Einkommenszusätze, zu berücksichtigen. Derartige Zuschläge sind auch bei der Berechnung des Invalideneinkommens miteinzubeziehen, wenn feststeht, dass die versicherte Person im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, die zu solchen Zuschlägen führen (SVR 2011 IV Nr. 55 S. 163 E. 4 und 5, 8C_671/2010; RKUV 1989 Nr. U 69 S. 176 E. 2c, U 24/88).
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In E. 3.2 des Urteils I 398/05 des Eidg. Versicherungsgerichts (EVG) vom 7. Dezember 2005 wird auf dessen Urteil U 268/04 vom 9. Mai 2005 verwiesen. Darin wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer seien "Schichtzulagen für Nacht- und Sonntagsarbeit ausbezahlt" worden. Da es nicht ersichtlich war, dass dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen sein soll, weiterhin solche Arbeit zu verrichten, erachtete das EVG die Vorgehensweise im kantonalen Entscheid, diese Zulagen weder beim Validen- noch beim Invalideneinkommen zu berücksichtigen, als bundesrechtskonform. Hieraus ergibt sich zwanglos, dass Zulagen für Nacht- und Sonntagsarbeit ebenfalls zu den Schichtzulagen zu zählen sind. Aus dem in der Beschwerde angerufenen EVG-Urteil I 618/05 vom 13. Februar 2006, worin ohne Befassung mit dieser Frage bei der Ermittlung des Valideneinkommens die Wochenendzulage (in einem Klammervermerk) addiert wurde und anschliessend beim festgelegten Invalideneinkommen nicht, lässt sich zugunsten der Beschwerdeführerin nichts Gegenteiliges ableiten. Die vorinstanzliche, rechtsprechungsgemässe Betrachtungsweise ist demzufolge nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die vorinstanzliche Festsetzung des Valideneinkommens auf der Basis des von der Arbeitgeberin in der E-Mail vom 26. Mai 2020 angegebenen Grundlohns von monatlich Fr. 4360.-, den die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Fallabschlusses im Jahr 2019 verdient hätte. Die darin zusätzlich zum Grundlohn aufgeführte Flexibilitätszulage von Fr. 175.- im Monat übernahm die Vorinstanz ebenfalls, was die Beschwerdeführerin übersieht, soweit sie diese zusätzlich als Lohnbestandteil angerechnet haben will. Was in der Beschwerde unter Verweis auf die in den Lohnabrechnungen des Jahres 2017 aufgeführten Sonderprämien und Wegzulagen anbelangt, wurde eine Sonderprämie lediglich im Monat April 2017 ausgerichtet, eine Arbeitswegzulage ist in der Lohnabrechnung für den Monat April sowie den Monaten Mai und Oktober 2017 vermerkt. Entgegen den Darlegungen in der Beschwerde ergibt sich gestützt hierauf kein zusätzlicher Anspruch auf regelmässige Zulagen, weshalb die Vorinstanz diese zu Recht nicht zusätzlich bei der Bestimmung des Valideneinkommens berücksichtigte. Das ermittelte Valideneinkommen von Fr. 58'780.- ist bundesrechtskonform.
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4.3.
 
4.3.1. In Bezug auf das im kantonalen Entscheid auf statistischer Grundlage festgesetzte Invalideneinkommen von Fr. 55'244.16 (LSE-Tabelle 2018, TA1, Totalwert, Kompetenzniveau 1, Frauen; monatlicher Bruttolohn von Fr. 4371, angepasst an die übliche Arbeitszeit von 41.7 Stunden und indexiert auf das Jahr 2019), macht die Beschwerdeführerin geltend, es sei zu Unrecht kein leidensbedingter Abzug vom Tabellenlohn (BGE 126 V 75 E. 5b S. 79 f.) vorgenommen worden. Sie verlangt einen Leidensabzug von mindestens 20 %, da ihr selbst leichte Verweisungstätigkeiten nur noch eingeschränkt zumutbar seien. Überdies habe sie aufgrund ihres Aufenthaltsstatus, der rudimentären Sprachkenntnisse und des fortgeschrittenen Alters Einkommensnachteile zu gewärtigen.
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4.3.2. Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert allenfalls zu kürzen. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale, wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können (BGE 142 V 178 E. 1.3; 124 V 321 E. 3b/aa) und die versicherte Person je nach Ausprägung deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 126 V 75 E. 5b/aa i.f.). Der Abzug soll aber nicht automatisch erfolgen. Er ist unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen und darf 25 % nicht übersteigen (BGE 135 V 297 E. 5.2; 134 V 322 E. 5.2; 126 V 75 E. 5b/bb-cc). Ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar (Urteil 8C_652/2008 vom 8. Mai 2009 E. 4, nicht publ. in: BGE 135 V 297).
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4.3.3. Hinsichtlich des behinderungs- bzw. leidensbedingten Abzugs ist zu beachten, dass das medizinische Anforderungs- und Belastungsprofil eine zum zeitlich zumutbaren Arbeitspensum hinzutretende qualitative oder quantitative Einschränkung der Arbeitsfähigkeit darstellt, wodurch in erster Linie das Spektrum der erwerblichen Tätigkeiten (weiter) eingegrenzt wird, welche unter Berücksichtigung der Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung der versicherten Person realistischerweise noch in Frage kommen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob mit Bezug auf eine konkret in Betracht fallende Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage verglichen mit einem gesunden Mitbewerber nur bei Inkaufnahme einer Lohneinbusse reale Chancen für eine Anstellung bestehen. Lediglich wenn - auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt - unter Berücksichtigung solcher Einschränkungen, die personen- oder arbeitsplatzbezogen sein können, kein genügend breites Spektrum an zumutbaren Verweisungstätigkeiten mehr besteht, rechtfertigt sich allenfalls ein (zusätzlicher) Abzug vom Tabellenlohn (Urteil 8C_693/2014 vom 22. Januar 2015 E. 4.2.1 mit Hinweisen).
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4.3.4. Mit Blick auf die dargelegten Grundsätze hat die Vorinstanz zu Recht keinen Abzug vorgenommen; die leidensbedingten Einschränkungen wurden mit dem genannten Anforderungs- und Belastungsprofil bereits berücksichtigt und dürfen nicht nochmals - als abzugsrelevant - herangezogen werden (vgl. Urteil 8C_678/2015 vom 9. Juni 2016 E. 5.6 mit Hinweis auf das Urteil 9C_366/2015 vom 22. September 2015 E. 4.3.1). Sodann führt die gesundheitlich bedingte Einschränkung auf leichte bis mittelschwere Arbeiten nicht automatisch zu einer Verminderung des hypothetischen Invalidenlohns. Vielmehr ist der Umstand allein, dass nur mehr mindestens leichte bis mittelschwere, wechselbelastende Arbeiten zumutbar sind, auch bei - hier nicht gegebener - eingeschränkter Leistungsfähigkeit kein Grund für einen zusätzlichen leidensbedingten Abzug, weil der Tabellenlohn im Kompetenzniveau 1 bereits eine Vielzahl von leichten Tätigkeiten umfasst (Urteile 8C_61/2018 vom 23. März 2018 E. 6.5; 8C_439/2017 vom 6. Oktober 2017 E. 5.5; 8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.4.2; 9C_386/2012 vom 18. September 2012 E. 5.2). Dass die Vorinstanz angesichts des Zumutbarkeitsprofils von einem genügend breiten Spektrum an zumutbaren Verweisungstätigkeiten ausging, verletzt kein Bundesrecht. Das Bundesgericht hat sodann bisher offen gelassen, ob das Merkmal des fortgeschrittenen Alters in der obligatorischen Unfallversicherung grundsätzlich überhaupt einen Abzug vom Tabellenlohn rechtfertigen könnte (SVR 2018 UV Nr. 15 S. 50, 8C_439/2017 E. 5.6.3 und 5.6.4; SVR 2016 UV Nr. 39 S. 131, 8C_754/2015 E. 4.3; Urteil 8C_878/2018 vom 21. August 2019 E. 5.3.1). Dass die Vorinstanz das von der Beschwerdeführerin als abzugsrelevant angesehene Alter ausser Acht liess, ist nicht zu beanstanden (BGE 146 V 16 E. 7.2.1 mit Hinweisen). Gleiches gilt praxisgemäss auch hinsichtlich der fehlenden Ausbildung und der beschränkten Deutschkenntnisse, wenn der statistische Durchschnittslohn für einfache und repetitive Tätigkeiten (Kompetenzniveau 1) angewendet wird (vgl. dazu die Urteile 8C_314/2019 vom 10. September 2019 E. 6.2; 8C_705/2018 vom 16. Mai 2019 E. 4.3 und 8C_238/2014 vom 1. Juni 2015 E. 6.3.2). Weitere abzugsrelevante Merkmale, namentlich in Bezug auf Nationalität oder Aufenthaltstatus, sind nicht ersichtlich (vgl. etwa 8C_139/2020 vom 30. Juli 2020 E. 6.3.4 mit Hinweis). Die Nichtgewährung eines leidensbedingten Abzugs vom statistischen Wert ist zusammenfassend nicht bundesrechtswidrig (Urteile 8C_49/2018 vom 8. November 2018 E. 6.2.2.2; 8C_482/2016 vom 15. September 2016 E. 5.4.3, je mit Hinweisen).
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5. Schliesslich verlangt die Beschwerdeführerin eine Integritätsentschädigung, ohne indessen aufzuzeigen, worin die Bundesrechtswidrigkeit der Vorinstanz liegt. Sie verweist einzig auf ihre erheblichen Einschränkungen und Schädigungen, woraus sich keine bundesrechtsfehlerhafte Verneinung eines Anspruchs auf Integritätsentschädigung im vorinstanzlichen Urteil ergibt. Die Beschwerde ist unbegründet.
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6. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 20. Mai 2021
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Die Gerichtsschreiberin: Polla
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