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Informationen zum Dokument  BGer 2F_4/2021  Materielle Begründung
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BGer 2F_4/2021 vom 12.02.2021
 
 
2F_4/2021
 
 
Urteil vom 12. Februar 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz, Beusch,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Gesuchstellerin,
 
gegen
 
Kantonales Steueramt Aargau,
 
Gemeinderat B.________/AG,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer.
 
Gegenstand
 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2012,
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 9. Dezember 2020 (2C_1012/2020).
 
 
Erwägungen:
 
1. 
 
1.1. Die Steuerkommission von B.________/AG veranlagte A.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) mit Verfügungen vom 17. April 2014 (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau) bzw. vom 30. Juni 2014 (direkte Bundessteuer) zur Steuerperiode 2012 nach Ermessen. Die Veranlagungsverfügungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. Die Steuerpflichtige stellte am 28. Januar 2019 ein Revisionsgesuch betreffend die Veranlagungsverfügungen, welches das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid WBE.2020.177 vom 27. Oktober 2020 kantonal letztinstanzlich abwies. Der Entscheid wurde der Steuerpflichtigen gemäss der elektronischen Sendungsverfolgung "Track&Trace" der Post CH AG am Montag, 2. November 2020, um 11.36 Uhr zugestellt.
 
1.2. Mit Eingabe von Donnerstag, 3. Dezember 2020, 19.56 Uhr, erhob die Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Mit Urteil 2C_1012/2020 vom 9. Dezember 2020 trat das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht ein, da die Beschwerdefrist, die am Mittwoch, 2. Dezember 2020, um 24.00 Uhr geendet hatte, ungenutzt verstrichen war.
 
1.3. Mit Eingabe vom 29. Januar 2021 unterbreitet die Steuerpflichtige dem Bundesgericht ein Fristwiederherstellungs- und Revisionsgesuch. Sie beantragt sinngemäss, die Beschwerdefrist von 30 Tagen sei ihr wiederherzustellen und in Aufhebung des Urteils 2C_1012/2020 sei auf die Sache einzutreten, eventuell sei das Urteil in Revision zu ziehen.
 
1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen, namentlich von einem Schriftenwechsel (Art. 102 Abs. 1 BGG), abgesehen.
 
2. 
 
2.1. Die Steuerpflichtige ersucht primär um Wiederherstellung der Beschwerdefrist, Aufhebung des Entscheids vom 9. Dezember 2020 und materielle Behandlung der Beschwerdesache (hinten E. 2.2). Ergänzend stellt sie das Gesuch um Revision des Entscheids vom 9. Dezember 2020 (hinten E. 2.3).
 
 
2.2.
 
2.2.1. Auf eine verspätete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG nur einzutreten, wenn die steuerpflichtige Person einerseits nachweist, dass sie oder ihre Vertretung unverschuldet - etwa durch Militär- oder Zivildienst, Krankheit, Landesabwesenheit oder andere erhebliche Gründe - an der rechtzeitigen Einreichung verhindert war (materielle Voraussetzung) und anderseits das Rechtsmittel innert 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe eingereicht wurde (formelle Voraussetzung; BGE 119 II 86 E. 2 S. 87; 112 V 255 E. 2a S. 255 f.; Urteil 2C_837/2020 vom 14. Oktober 2020 E. 2.2.2).
 
2.2.2. Derartige qualifizierte Gründe, die trotz ergangenem Urteil vom 9. Dezember 2020 eine Wiederherstellung der versäumten Beschwerdefrist erlauben könnten (Art. 51 Abs. 2 BGG), trägt die Steuerpflichtige nicht vor. Sie macht im hier einzig interessierenden Punkt, nämlich der Frage der Fristwahrung, lediglich geltend, dass sie einem Verständnisfehler unterlegen sei und die Frist daher unzutreffend berechnet habe. Dies allein kommt keinem "anderen erheblichen Grund" im Sinne von Art. 51 Abs. 1 BGG gleich ("Nichtwissen schützt nicht"; Urteil 2C_576/2020 vom 17. August 2020 E. 3.3.2). Nichts Anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass die Steuerpflichtige anwaltlich nicht vertreten war und sie gemäss ihrem Vorbringen auch über die unentgeltliche Rechtspflege nicht aufgeklärt worden sei. Wie die Steuerpflichtige selber dartut, ergab sich die Verspätung daraus, dass sie vom 3. bis 30. November 27 Tage zählte (anstatt 28). Um einen solchen Rechnungsfehler zu vermeiden, wäre eine anwaltliche Vertretung nicht notwendig gewesen. Das Fristwiederherstellungsgesuch ist abzuweisen.
 
 
2.3.
 
2.3.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine Beschwerde gegen ein bundesgerichtliches Urteil sieht das Gesetz nicht vor. Das Bundesgericht kann auf eines seiner Urteile nur zurückkommen, soweit ein gesetzlicher Revisionsgrund gegeben ist. Die um Revision eines bundesgerichtlichen Urteils ersuchende Person hat gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG namentlich einen vom Gesetz vorgesehenen Revisionsgrund (Art. 121 ff. BGG) zu nennen und aufzuzeigen, inwiefern das revisionsbetroffene Urteil an einem revisionserheblichen Mangel leiden soll, ansonsten auf das Gesuch nicht einzutreten ist (Urteil 2F_34/2020 vom 4. Januar 2021 E. 2.1). Findet das Bundesgericht, der Revisionsgrund treffe zu, hebt es den früheren Entscheid auf und entscheidet es neu (Art. 128 Abs. 1 BGG; BGE 136 I 158 E. 2.1 S. 163).
 
2.3.2. Die Steuerpflichtige holt weit aus und begründet ihr Revisionsgesuch unter anderem damit, dass das Bundesgericht übersehen habe, dass sie von der Vorinstanz in der Frage der unentgeltlichen Rechtspflege nicht aufgeklärt worden sei. Das unterinstanzliche Urteil habe ohnehin keine korrekte Rechtsmittelbelehrung enthalten. Die Ermessensveranlagungen seien zudem der Höhe nach willkürlich. Alle diese und weitere Einwände, die hier nicht zu wiederholen sind, zielen indes am Kern der Sache vorbei: Das Bundesgericht hatte im revisionsbetroffenen Verfahren einzig zu prüfen, ob die Eintretensvoraussetzungen erfüllt waren. Da dies nicht der Fall war, erübrigte sich eine materielle Prüfung der vorgetragenen Einwände. Dass es mit diesem Vorgehen einen Revisionsgrund gesetzt habe, bringt die Steuerpflichtige mit Recht nicht vor. Ihr Revisionsgesuch ist abzuweisen.
 
3. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton Aargau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
 
2. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
 
3. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. Februar 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher
 
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