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Informationen zum Dokument  BGer 6B_690/2020  Materielle Begründung
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BGer 6B_690/2020 vom 07.01.2021
 
 
6B_690/2020
 
 
Urteil vom 7. Januar 2021
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Bundesrichterin van de Graaf,
 
Gerichtsschreiber Weber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Krumm,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
2. B.B.________,
 
3. C.B.________,
 
4. D.________,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dario Zarro, Gabi Zarro von Gunten,
 
5. H.________ AG,
 
6. F.A.________,
 
7. G.A.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Versuchter Mord; Strafzumessung; Beschleunigungsgebot,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 6. Dezember 2019 (SB190245-O/U/mc-cs).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich wirft A.A.________ bezüglich des vorliegend noch relevanten Anklagepunktes zusammengefasst folgenden Sachverhalt vor:
1
A.A.________ habe sich am 5. November 2016 zusammen mit ihrem mitbeschuldigten Bruder unter Mitnahme von Sturmhauben, Handschuhen und zwei Messern in die Wohnung der Schwiegereltern begeben, um sich bei ihrem Schwiegervater zu rächen und ihn zu erschrecken oder eventuell zu töten. Als der Schwiegervater während ca. einer halben Stunde nicht eingetroffen sei und A.A.________ bemerkt habe, dass die Mutter des 14-jährigen B.B.________ die gegenüberliegende Wohnung verlassen habe und dieser nun allein sei, habe sie ihren Plan geändert und sich entschlossen, B.B.________ mit dem Messer schwer zu verletzen oder zu töten und die Tat dem Schwiegervater unterzuschieben. A.A.________ und der Mitbeschuldigte hätten die Sturmhauben sowie die Handschuhe angezogen, die Messer behändigt und die Wohnung der Familie B.________ betreten. Dort hätten sie B.B.________ auf seinem Bett angetroffen. A.A.________ habe B.B.________ das Mobiltelefon und das Tablet aus der Hand genommen und neben das Bett gelegt. Danach habe sie ca. 15 Mal auf ihn eingestochen und es sei zu einem Kampf zwischen den beiden gekommen. B.B.________ habe A.A.________ zu Boden gestossen, worauf sie zusammen mit dem Mitbeschuldigten die Flucht ergriffen habe.
2
B. Das Bezirksgericht Zürich sprach A.A.________ am 7. Februar 2019 des versuchten Mordes, der mehrfachen falschen Anschuldigung, des Diebstahls, des Hausfriedensbruchs und der Freiheitsberaubung schuldig. Es bestrafte sie mit einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren, unter Anrechnung der Haft, sowie mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 10.--.
3
Auf Berufungen von A.A.________ und der Staatsanwaltschaft hin sprach das Obergericht des Kantons Zürich A.A.________ am 6. Dezember 2019 vom Vorwurf der Freiheitsberaubung frei. Die weiteren erstinstanzlichen Schuldsprüche bestätigte das Obergericht, soweit jene nicht bereits in Rechtskraft erwachsen waren. Es belegte A.A.________ mit einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren, unter Anrechnung der Haft, sowie mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 10.--.
4
C. A.A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an dieses zurückzuweisen. Eventualiter sei sie vom Vorwurf des versuchten Mordes freizusprechen und wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu verurteilen. A.A.________ ersucht um eine mündliche Parteiverhandlung im Sinne von Art. 57 BGG sowie um unentgeltliche Rechtspflege.
5
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
Das Verfahren vor Bundesgericht ist schriftlich; eine öffentliche Parteiverhandlung findet nur unter ausserordentlichen prozessualen Umständen statt (vgl. Art. 57 BGG). Die Parteien haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine öffentliche Parteiverhandlung. Auch eine mündliche Einvernahme im Sinne einer Beweismassnahme ordnet das Bundesgericht grundsätzlich nicht an. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, Beweise abzunehmen und Tatsachen festzustellen, über die sich das kantonale Sachgericht nicht ausgesprochen hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 136 III 209 E. 6.1 S. 214 f. mit Hinweisen).
6
Der Wunsch der Beschwerdeführerin, vor Bundesgericht angehört zu werden, um einen persönlichen Eindruck auf die urteilenden Bundesrichterinnen und Bundesrichter zu machen sowie ihre Geschichte selbst vorzutragen, stellt keinen besonderen Umstand dar, welcher die Durchführung einer Verhandlung und ihrer Befragung gebieten würden. Von einer entsprechenden Anordnung wird deshalb abgesehen.
7
 
2.
 
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Die Vorinstanz spreche ihrem mitbeschuldigten Bruder ausreichende kognitive Fähigkeiten zur Konstruktion seiner Schilderungen ab, ohne dies mit einer Expertise zu belegen. Gestützt darauf erachte die Vorinstanz die Aussagen der Beschwerdeführerin zu Unrecht als nicht glaubhaft. Sodann gehe die Vorinstanz willkürlich nicht auf die entlastenden inneren Umstände der Tat ein. Ihre psychische Prädisposition müsse berücksichtigt werden.
8
2.2. Die Vorinstanz erwägt, die erste Instanz habe die Aussagen der Beschwerdeführerin rund um die Ereignisse vom 5. November 2016 korrekt als ausweichend, widersprüchlich, lügenhaft, konstruiert, von Ausflüchten geprägt und vom Bemühen getragen, sich selbst als Opfer darzustellen, den eigenen Tatbeitrag zu verharmlosen und die Schuld ihrem mitbeschuldigten Bruder zuzuschieben, bewertet. Die Vorinstanz erachtet die Angaben der Beschwerdeführerin als grundlegend unglaubhaft (angefochtenes Urteil, E. II. [recte: III.] A. 2.2.3 S. 31).
9
2.3. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, wobei für die Anfechtung des Sachverhalts qualifizierte Begründungsanforderungen gelten (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen. Sie kann sich nicht darauf beschränken, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten und die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut zu bekräftigen (Urteil 6B_49/2019 vom 2. August 2019; nicht publiziert in: BGE 145 IV 329; Urteil 6B_150/2017 vom 11. Januar 2018 E. 2; nicht publiziert in: BGE 144 IV 52; je mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 IV 154 E. 1.1 S. 156; 143 IV 500 E. 1.1; 143 IV 347 E. 4.4; je mit Hinweisen).
10
2.4. Die Beschwerdeführerin setzt sich nicht ausreichend mit den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen auseinander. Für die Würdigung der Aussagen des mitbeschuldigten Bruders stützt sich die Vorinstanz ausserdem und entgegen der Kritik der Beschwerdeführerin auf eine als schlüssig erachtete psychiatrische Begutachtung durch Prof. Dr. E.________, laut welcher beim Mitbeschuldigten eine erhebliche Intelligenzminderung von der Qualität einer geistigen Behinderung vorliege (vgl. angefochtenes Urteil, E. II. [recte: III.] A. 2.2.2 S. 29 f.; kant. Akten, act. 49/4 S. 47 ff.). Unbegründet ist sodann die Kritik der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz sei nicht auf die inneren Umstände der Tat eingegangen (vgl. E. 3.2 und E. 4.2 hiernach). Auf die Beschwerde ist in diesen Punkten demzufolge nicht einzutreten.
11
 
3.
 
3.1. In rechtlicher Hinsicht bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe nicht mit direktem Vorsatz einen versuchten Mord, sondern eventualvorsätzlich eine versuchte Tötung begangen. Sie habe den Tod des Opfers zwar in Kauf genommen, aber nicht angestrebt. Aufgrund ihrer verminderten Steuerungsfähigkeit habe sie zudem nicht besonders skrupellos handeln können.
12
3.2. Die Vorinstanz erwägt zunächst zum Sachverhalt, die Beschwerdeführerin habe das Opfer mit einem grösseren Küchenmesser angegriffen. Sie habe ihm insgesamt 15 Stich- und Schnittverletzungen im Bereich des Brustkorbs und am Oberbauch, an den Oberarmen, an der linken Hand und im Gesicht sowie zwei kombinierte Schnitt- und Stichverletzungen an der linken Schulter und am rechten Knie zugefügt. Mehrere Stichverletzungen seien unmittelbar über lebenswichtigen Strukturen wie Lunge, Herz, Halsgefäss links, Leber und der Halsschlagader gelegen. Die Lunge sei verletzt worden. Der Angriff der Beschwerdeführerin sei eindeutig gegen den Oberkörper des Opfers erfolgt, wobei sie gemäss ihren eigenen Aussagen gewusst habe, dass Messerstiche in den Oberkörper tödlich sein können. Das Opfer habe sich heftig mit Armen und Beinen gewehrt. Die Beschwerdeführerin habe ihren Angriff jedoch fortgesetzt und zwar auch dann noch, als es ihm ein erstes Mal gelungen sei, sie von sich weg an die Wand zu schubsen. Sie habe erst von ihm abgelassen, nachdem das Opfer es geschafft habe, sie auf den Boden zu werfen, wo sie sich den Kopf gestossen habe. Dieses Vorgehen der Beschwerdeführerin könne nicht anders interpretiert werden, als dass sie den Tod des Opfers gewollt habe. Sie habe in ihrem zweiten anonymen Schreiben an die Polizei denn auch von einer Tötung des Opfers geschrieben und in der polizeilichen Hafteinvernahme geäussert, wäre die Türe zur Wohnung der Familie B.________ verschlossen gewesen, hätte sie nicht geklingelt und gesagt "ich bin da um dich umzubringen" (angefochtenes Urteil, E. II. [recte: III.] A. 3.2 S. 33 f.). Anlässlich ihrer rechtlichen Würdigung führt die Vorinstanz aus, die erste Instanz habe das Verhalten der Beschwerdeführerin zutreffend als mit direktem Tötungsvorsatz begangenen versuchten Mord gewürdigt. Zum direkten Tötungsvorsatz könne auf die vorstehenden Ausführungen (zum Sachverhalt) verwiesen werden (angefochtenes Urteil, E. II. [recte: III.] A. 5.1 S. 39).
13
Die Beschwerdeführerin, so die Vorinstanz weiter, habe sich namentlich innerhalb der Familie sozial isoliert und abgewertet gefühlt. Der aus dem Hass gegenüber deren Schwiegervater geborene Tötungsversuch am Opfer sei in jedem Fall Ausdruck extremsten Egoismus resp. extremster Geringschätzung des Lebens. Die psychischen Verletzungen der Beschwerdeführerin seien schon als Anlass für einen Tötungsversuch zulasten des Schwiegervaters kaum nachvollziehbar. Für einen solchen an einem fremden Jungen, der mit den innerfamiliären Spannungen nicht das Geringste zu tun habe, gelte das umso mehr. Mit ihrer Tat habe die Beschwerdeführerin ein Zufallsopfer zum Werkzeug ihrer primitiven Rache gemacht. Ein Handeln in einem irgendwie gearteten Affekt habe bereits die erste Instanz mit zutreffender Begründung verneint. Auch in der Tatausführung zeige sich eine erschreckende Gefühlskälte, indem die Beschwerdeführerin trotz heftiger Gegenwehr des Opfers nicht von ihrem absolut verwerflichen Plan abgerückt sei. Erst als es dem Opfer ein zweites Mal gelungen sei, sie wegzuschubsen und sie sich dabei den Kopf gestossen habe, habe sie von ihm abgelassen. Ihr Handeln sei insgesamt besonders skrupellos. Das gelte unabhängig von Intensität und Detaillierungsgrad der Planung. Die Beschwerdeführerin sei folglich in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils des versuchten Mordes schuldig zu sprechen (angefochtenes Urteil, E. II. [recte: III.] A. 5.1 S. 39 f.).
14
3.3. Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB). Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so macht er sich des Mordes strafbar und ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren (vgl. Art. 112 StGB). Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind (Art. 22 Abs. 1 StGB; BGE 140 IV 150 E. 3.4 S. 152; 137 IV 113 E. 1.4.2 S. 115; 131 IV 100 E. 7.2.1 S. 103; je mit Hinweisen).
15
Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 StGB). Beim direkten Vorsatz ersten Grades will oder nimmt der Täter den Erfolg in Kauf und sieht diesen als sicher voraus. Beim Eventualdolus hält der Täter den Erfolg nur für möglich (BGE 129 IV 230 E. 5.2 mit Hinweisen).
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Tatfragen, in denen die Vorinstanz eine auf Beweiswürdigung beruhende Feststellung getroffen hat, prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 143 I 310 E. 2.2); den kantonalen Instanzen steht bei der Beweiswürdigung ein weiter Ermessensspielraum zu. Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt vor, wenn der angefochtene kantonale Entscheid auf einer unhaltbaren Beweiswürdigung beruht, d.h. wenn die Behörde von Tatsachen ausgeht, die klar nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen vereinbar sind oder die offenkundig fehlerhaft festgestellt worden sind (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375). Rechtsfragen prüft das Bundesgericht frei, so, ob gestützt auf die festgestellten Tatsachen direkter Vorsatz resp. Eventualvorsatz gegeben ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4).
17
Eine vorsätzliche Tötung stellt sich als Mord dar, wenn fremdes Leben aussergewöhnlich krass missachtet wird. Die Generalklausel "besondere Skrupellosigkeit" wird durch eine nicht abschliessende Aufzählung qualifizierender Merkmale konkretisiert. Neben den Absichten und Motiven des Täters (Beweggründe, Ziel und Zweck) können auch Faktoren massgebend sein, die dem nach aussen hin in Erscheinung tretenden Tathergang zuzuordnen sind. Indessen lässt sich auch die Art der Ausführung nicht losgelöst von inneren Faktoren beurteilen, muss sie doch ebenfalls Ausdruck einer besonders skrupellosen Haltung des Täters sein. Art. 112 StGB erfasst den skrupellosen, gemütskalten, krass und primitiv egoistischen Täter ohne soziale Regungen, der sich zur Verfolgung seiner Interessen rücksichtslos über das Leben anderer Menschen hinwegsetzt. Die Art der Tatausführung ist besonders verwerflich, wenn sie unmenschlich oder aussergewöhnlich grausam ist resp. wenn dem Opfer mehr physische oder psychische Schmerzen, Leiden oder Qualen zugefügt werden, als sie mit einer Tötung ohnehin verbunden sind. Massgebend sind in erster Linie die Merkmale der Tat selbst. Vorleben und Verhalten nach der Tat sind nur zu berücksichtigen, soweit sie einen Bezug zur Tat aufweisen und zur Klärung der Täterpersönlichkeit beitragen. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung der inneren und äusseren Umstände. Dabei können besonders belastende Momente durch entlastende ausgeglichen werden; die Tötung kann auch erst aufgrund des Zusammentreffens mehrerer belastender Umstände, die je einzeln womöglich nicht ausgereicht hätten, als besonders skrupelloses Verbrechen erscheinen. Eine besondere Skrupellosigkeit kann beispielsweise fehlen, wenn das Tatmotiv einfühlbar und nicht krass egoistisch war, so etwa, wenn die Tat durch eine schwere Konfliktsituation ausgelöst wurde (BGE 144 IV 345 E. 2.1; 141 IV 61 E. 4.1; 127 IV 10 E. 1a; Urteile 6B_943/2018 vom 17. Januar 2019 E. 1.1.2; 6B_877/2014 vom 5. November 2015 E. 6.2, nicht publ. in BGE 141 IV 465). Eine gewisse Hilflosigkeit und Verzweiflung schliesst aber die Erfüllung des Mordtatbestandes nicht aus (vgl. BGE 127 IV 10 E. 1 f.; Urteil 6B_136/2014 vom 21. Juli 2014 E. 1.3.2). Gleiches gilt für einen Affekt und für verminderte Schuldfähigkeit (BGE 101 IV 279 E. 5, 98 IV 153 E. 3b; Urteile 6B_507/2020 vom 17. August 2020 E. 1.1; 6B_305/2013 vom 22. August 2013 E. 4.6; je mit Hinweisen).
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3.4. Die Beschwerdeführerin belegt, soweit sie sich überhaupt ausreichend mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinandersetzt und damit den Begründungsanforderungen für ihre Beschwerde nach Art. 42 Abs. 2 BGG nachkommt, keine Verletzung von Bundesrecht. Die Erkenntnis der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt, ist in Anbetracht des vorinstanzlich festgestellten Willens und des weiteren nicht als willkürlich gerügten Tatablaufs, insbesondere der eingetretenen Verletzungen sowie der Umstände, dass sich das Opfer heftig wehrte, die Beschwerdeführerin erst nach einem zweiten erfolgreichen Wegstossen von diesem abliess sowie angesichts ihrer Aussage an einer Hafteinvernahme, nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz begründet mit ihren Hinweisen auf die extreme Geringschätzung des Lebens eines Kindes als Zufallsopfer sowie die Tatausführung denn auch überzeugend, weshalb sie die Tat als besonderes skrupellos und daher als versuchten Mord qualifiziert. Eine verminderte Schuldfähigkeit der Beschwerdeführerin schliesst entgegen deren Ansicht eine solche rechtliche Würdigung nicht aus (vgl. E. 3.3 hiervor). Die Vorinstanz berücksichtigt die verminderte Schuldfähigkeit sodann zu Recht im Rahmen ihrer Strafzumessung (vgl. E. 4.2 hiernach).
19
 
4.
 
4.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich sodann gegen die vorinstanzliche Strafzumessung. Sie habe ohne direkten Vorsatz, jemanden umzubringen, gehandelt. Selbst in diesem Fall könne aufgrund der objektiven Tatschwere keine lebenslängliche Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe festgelegt werden. Sie habe zwar mehrfach auf das Opfer eingestochen, doch habe sie es unterlassen, nachdem sie umgestossen worden sei, weiter auf das Opfer einzustechen, bis dieses tatsächlich gestorben wäre. Die Vorinstanz habe die verminderte Steuerungsfähigkeit nicht oder zu wenig berücksichtigt. Ausserdem verkenne die Vorinstanz, dass bei Tötungsdelikten immer das Leben und somit das höchste Rechtsgut des Opfers vernichtet werde. Diese Tatsache könne deshalb nicht zur Ermittlung der Tatschwere beigezogen werden.
20
4.2. Die Vorinstanz erwägt zur Beurteilung der objektiven Schwere zum Tatbestand des Mordes, die Beschwerdeführerin habe, nachdem sie das Mobiltelefon und das Tablet des Opfers ruhig weggelegt habe, mindestens 15 Mal mit einem Messer auf das sich stark wehrende Opfer eingestochen. Sie habe dieses völlig ahnungslos in dessen Schlafzimmer überrascht, also an einem Ort, der subjektiv in besonderem Mass mit dem Gefühl der Geborgenheit verbunden sei. Das Opfer habe ihr nicht den geringsten Anlass für den Angriff gegeben. Es sei im von der Beschwerdeführerin seit längerem geplanten Rachefeldzug gegen deren Schwiegervater schlicht Mittel zum Zweck gewesen. Die Beweggründe für die Tat seien folglich niedrigster Natur gewesen. Umstände, die die objektive Tatschwere irgendwie relativieren würden, seien nicht ersichtlich. Namentlich ändere die erst vor Ort erfolgte Planänderung nichts an der objektiven Schwere der Tat. Diese habe nichts Impulsives oder Überstürztes an sich. Sie sei vielmehr Ausdruck von Erbarmungslosigkeit und unfassbarer Geringschätzung des Lebens eines Jugendlichen. Objektiv sei von einem ausserordentlich schweren Verschulden auszugehen, das für das vollendete Delikt eine lebenslängliche Freiheitsstrafe rechtfertige (angefochtenes Urteil, E. IV. 3.1 S. 49 f.).
21
Zur subjektiven Tatschwere sei laut Vorinstanz festzuhalten, die Beschwerdeführerin habe direktvorsätzlich gehandelt. Der direkte Vorsatz widerspiegle indessen die ausserordentliche objektive Tatschwere und habe insofern keine eigenständige Bedeutung. Vieles spreche sodann dafür, dass die Klagen der Beschwerdeführerin über eheliche und familiäre Feindseligkeiten ihr gegenüber im Vorfeld der Tat objektiv zu relativieren seien. An ihrem subjektiven Leiden bestünde jedoch kein Zweifel. Sie habe sich als Opfer fortdauernder Beeinträchtigung durch ihren Schwiegervater und ihren Ehemann gesehen. Neben der bei ihr diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode habe das aber keine eigenständige Bedeutung. Die Schuldfähigkeit der Beschwerdeführerin sei aufgrund ihrer depressiven Störung gemäss überzeugender gutachterlicher Einschätzung sodann in maximal leichtem Grad vermindert. Diese zu ihren Gunsten anzunehmende leicht verminderte Schuldfähigkeit relativiere ihr subjektives Verschulden leicht. Das objektiv ausserordentlich schwere Verschulden reduziere sich deshalb auf ein sehr schweres Verschulden, das für das vollendete Delikt eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren rechtfertigen würde (angefochtenes Urteil, E. IV. 3.2 S. 50 f.).
22
Diese hypothetisch schuldangemessene Strafe für das vollendete Delikt sei aufgrund des Umstands zu reduzieren, dass es bei einem Versuch geblieben sei. Die Beschwerdeführerin habe dem Opfer acht Stichverletzungen im Bereich des Brustkorbs und an den Armen, fünf Schnittverletzungen im Gesicht, am Brustkorb, am rechten Arm und an der linken Hand, zwei kombinierte Schnitt- und Stichverletzungen an der Schulter und am rechte Knie sowie eine Verletzung am rechten Nasenflügel zugefügt. Ferner habe das Opfer an der rechten dritten Rippe und am Brustbein Brüche erlitten. Mehrere Stichverletzungen seien unmittelbar über lebenswichtigen Strukturen wie Lunge, Herz, Halsgefäss links, Leber und der Halsschlagader gelegen. Tatsächlich verletzt worden sei die Lunge. Die Folge sei ein beidseitiger Lungenkollaps mit unmittelbarer Lebensgefahr gewesen. Die unmittelbare Lebensgefahr habe nur durch die notfallmässige Einlage von Drainageschläuchen in den Brustkorb abgewendet werden können. Die Beschwerdeführerin habe das schwer verletzte Opfer in der Wohnung zurückgelassen. Dieses selbst sei es gewesen, das sich aus der Wohnung in die Treppenanlage begeben habe und schliesslich zu Wohnungen gelangt sei, deren Bewohner glücklicherweise anwesend gewesen seien, sodass eine ärztliche Versorgung noch rechtzeitig habe erfolgen können. Dass das Opfer den Angriff der Beschwerdeführerin überlebt habe, sei folglich alleine dessen Willen, glücklichen Umständen und der ärztlichen Versorgung geschuldet. Es würden sodann mit grosser Sicherheit schwere kosmetische Schäden im Gesicht verbleiben, namentlich eine grosse linksseitige Narbe. Davon ausgehend sei eine Reduktion der hypothetischen Einsatzstrafe für das vollendete Delikt um zwei Jahre auf 18 Jahre Freiheitsstrafe angemessen (angefochtenes Urteil, E. IV. 3.3 S. 51 f.).
23
Für die mehrfache falsche Anschuldigung zulasten des Schwiegervaters betreffend die Tat vom 5. November 2016 erachtet die Vorinstanz eine Erhöhung dieser hypothetischen Einsatzstrafe um jedenfalls 2 Jahre auf 20 Jahre Freiheitsstrafe als angezeigt. Das genaue Mass einer zusätzlichen Straferhöhung aufgrund einer falschen Anschuldigung zulasten des Ehemannes könne offen bleiben, da die zulässige Höchststrafe von 20 Jahren Freiheitsstrafe schon erreicht sei (angefochtenes Urteil, E. IV 4.1.3 S. 55). Für die weiteren Schuldsprüche des Diebstahls und des Hausfriedensbruchs sanktioniert die Vorinstanz die Beschwerdeführerin ferner mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 10.-- (angefochtenes Urteil, E. IV 7.1 S. 57 f.).
24
4.3. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens richtet sich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung nach der Schwere der Verletzung oder der Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
25
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und der Gesamtstrafenbildung nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips wiederholt dargelegt (BGE 144 IV 313 E. 1.1 S. 316 ff., 217 E. 3 S. 223 ff.; je mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. Dem Sachgericht steht bei der Gewichtung der verschiedenen Strafzumessungsfaktoren ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin in die Strafzumessung nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 144 IV 313 E. 1.2 S. 319).
26
4.4. Soweit die Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Rüge zur Strafzumessung abermals vorbringt, nicht mit direktem Vorsatz gehandelt zu haben, weicht sie vom diesbezüglich nicht zu beanstandenden vorinstanzlichen Urteil ab (vgl. E. 3.4 hiervor). Darauf ist nicht erneut einzugehen. Ohnehin ist die Rüge nicht nachvollziehbar, misst die Vorinstanz dem Vorsatz der Beschwerdegegnerin doch ausdrücklich keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. E. 4.2 hiervor).
27
Die weitere Kritik der Beschwerdeführerin ist unbegründet. Ihr Argument gegen die vorinstanzliche Einsatzstrafe, wonach sie es nach ihrem Sturz unterlassen habe, weiter auf das Opfer bis zu dessen Tod einzustechen, ist nicht stichhaltig, weil die Vorinstanz eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ausdrücklich nur für ein vollendetes Delikt als gerechtfertigt erachtet. Diese bloss hypothetische Einsatzstrafe reduziert die Vorinstanz gerade auch zufolge des ausgebliebenen Taterfolgs. Dass das Opfer aufgrund der ihm tatsächlich zugefügten, von der Vorinstanz im einzelnen beschriebenen Verletzungen und demnach ohne abermalige Gewalt nach dem Sturz der Beschwerdeführerin hätte sein Leben verlieren können, bringt die Beschwerdeführerin zu Recht nicht vor.
28
Die verminderte Steuerungsfähigkeit berücksichtigt die Vorinstanz ebenso ohne Verletzung von Bundesrecht. Nachdem bereits der Gutachter plausibel zum Schluss gekommen war, die depressive Störung der Beschwerdeführerin vermindere deren Schuldfähigkeit in maximal leichtem Grad (vgl. kant. Akten, act. 48/9 S. 77 ff.), liegt die entsprechende vorinstanzliche Reduktion eines ausserordentlich schweren Verschuldens auf ein noch sehr schweres Verschulden und daraus resultierend einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren im sachrichterlichen Ermessen.
29
Schliesslich ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Vorinstanz das Rechtsgut des Lebens zu Unrecht bei der Bemessung der Strafe herangezogen habe. Sie bewertet lediglich die ausserordentliche Geringschätzung des Lebens eines Jugendlichen durch die Beschwerdeführerin als verschuldenserhöhend, was nicht zu beanstanden ist.
30
Insgesamt ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgeht, wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht lässt oder das ihr bei der Strafzumessung zustehende Ermessen überschreitet. Die Beschwerde erweist sich somit auch in diesem Punkt als unbegründet.
31
 
5.
 
5.1. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung des Beschleunigungsgebots geltend. Sie sei schon seit ihrer Verhaftung am 29. Juni 2017 dem Druck und den Belastungen strafprozessualer Verfolgungsmassnahmen unterworfen.
32
5.2. Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Art. 6 Ziff. 1 EMRK vermittelt diesbezüglich keinen weitergehenden Schutz als Art. 29 Abs. 1 BV. Gemäss Art. 5 Abs. 1 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss. Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, ein Strafverfahren mit der gebotenen Beförderung zu behandeln, nachdem die beschuldigte Person darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Sie soll nicht länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt sein. Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Ob sich die Dauer als angemessen erweist, ist in jedem Einzelfall unter Würdigung aller konkreten Umstände zu prüfen (BGE 143 IV 373 E. 1.3.1 S. 377 mit Hinweisen).
33
5.3. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf, die Dauer des Verfahrens zu kritisieren, ohne im Einzelnen darzulegen, inwiefern dieses aufgrund der konkreten Umstände beförderlicher hätte behandelt werden können. Kommt hinzu, dass sie die Rüge, soweit ersichtlich, erstmals vor Bundesgericht vorbringt. Die Vorinstanz äussert sich jedenfalls nicht dazu und die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Auf diese Rüge ist damit nicht einzutreten (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 80 Abs. 1, Art. 99 Abs. 1 BGG).
34
Soweit die Beschwerdeführerin zusätzlich eine Verletzung von Art. 84 Abs. 4 StPO geltend macht, erweist sich ihre Rüge als unbegründet. Bei den in Art. 84 Abs. 4 StPO geregelten Fristen handelt es sich nach der Rechtsprechung um Ordnungsvorschriften, deren Missachtung nicht zwingend mit einer Verletzung des Beschleunigungsgebots einher geht (Urteile 6B_1220/2019 vom 14. April 2020 E. 6.5; 6B_13/2020 vom 29. Januar 2020 E. 4; 6B_603/2019 vom 28. November 2019 E. 1.2).
35
6. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Der finanziellen Lage der Beschwerdeführerin ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Januar 2021
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Weber
 
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