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Informationen zum Dokument  BGer 8C_367/2017  Materielle Begründung
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BGer 8C_367/2017 vom 20.10.2017
 
8C_367/2017
 
 
Urteil vom 20. Oktober 2017
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
 
Gerichtsschreiber Krähenbühl.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Jordi,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung
 
(Kausalzusammenhang, Arbeitsfähigkeit),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
 
vom 13. April 2017 (200 16 947 UV).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ (Jg. 1955), seit Ende März 1990 Büromitarbeiterin in der B.________ AG, wurde am 10. März 2014 als Fahrradfahrerin von einem Kleinlieferwagen in einem Kreisel angefahren und stürzte deswegen zu Boden. Nach erlittenen Kopf- und Rückenkontusionen klagte sie über Schmerzen im Nacken-, Rücken- und Beckenbereich. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) richtete vorerst Taggelder aus und übernahm die Kosten der Heilbehandlung. Mit Verfügung vom 15. Januar 2016 stellte sie diese Leistungen auf den 31. Januar 2016 hin ein, wobei sie gleichzeitig den Anspruch auf eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung verneinte. Zur Begründung führte sie an, die noch geklagten Beschwerden seien organisch nicht hinreichend nachweisbar und nach Prüfung der massgebenden Kriterien sei auch die Adäquanz allfälliger psychischer Beeinträchtigungen nicht gegeben. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 2. September 2016 fest.
1
B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 13. April 2017 ab.
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides vom 13. April 2017 und des Einspracheentscheides vom   2. September 2016 seien ihr aufgrund des Unfalles vom 10. März 2014 rückwirkend ab 1. Februar 2016 sowie auch weiterhin die gesetzlichen Leistungen, namentlich die Kosten der Heilbehandlung, zu gewähren. Eventuell sei die Sache unter Bejahung des Kausalzusammenhanges zwischen versichertem Unfallereignis und eingetretenem Schaden zur Festsetzung der Höhe und des Umfangs der auszurichtenden Leistungen an die Suva zurückzuweisen. Subeventuell sei ein unabhängiges Gutachten zur Frage des Kausalzusammenhanges zwischen Unfall und anhaltend bestehenden Beschwerden einzuholen und der Leistungsanspruch gestützt darauf neu zu beurteilen.
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Die Suva schliesst unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht sieht von einer Stellungnahme zur Sache ab. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten   (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
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1.2. Die bei der Beurteilung der streitigen Leistungsverweigerung berücksichtigten gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung dazu weiter konkretisierten Grundlagen sind im angefochtenen Entscheid ausführlich dargelegt worden. Darauf wird verwiesen.
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Erwägung 2
 
2.1. Die Suva hat der Beschwerdeführerin nach deren Verkehrsunfall vom 10. März 2014 Taggelder gewährt und ist für Heilbehandlungskosten aufgekommen. Auch wenn darüber nie verfügungsweise befunden worden ist, hat sie mit der Ausrichtung dieser Versicherungsleistungen die Unfallkausalität der bestehenden Beschwerden zunächst faktisch anerkannt.
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2.2. Weil von weiterer ärztlicher Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr zu erwarten war, hat die Suva den Versicherungsfall schliesslich zu einem Abschluss im Sinne von Art. 19 Abs. 1 UVG gebracht (vgl. BGE 134 V 109) und mit Verfügung vom 15. Januar 2016 ihre Leistungen auf den 31. Januar 2016 hin eingestellt. Dies ist mit Einspracheentscheid vom 2. September 2016 und dem nunmehr angefochtenen kantonalen Gerichtsentscheid vom 13. April 2017 bestätigt worden.
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Erwägung 3
 
3.1. Das kantonale Gericht hat die medizinischen Unterlagen einer eingehenden Prüfung unterzogen. Dabei ist es zum Schluss gelangt, dass im Zeitpunkt der am 15. Januar 2016 verfügten Leistungseinstellung per 31. Januar 2016 bezüglich Halswirbelsäule und Schädel - abgesehen von einem Status nach Fraktur des Felsenbeines - keine organisch nachweisbare Unfallfolgen mehr vorlagen. Seitens des Gehörs erwähnt es eine zwar unfallbedingte, aber nicht erhebliche Hörstörung bei kompensiertem Tinnitus. Diese begründet laut vorinstanzlichem Entscheid weder eine Arbeitsunfähigkeit noch einen leistungsrelevanten Integritätsschaden. Die Notwendigkeit weiterer Abklärungen hat das Gericht insoweit - in antizipierter Beweiswürdigung - verneint.
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3.2. Die Vorinstanz hat bei ihrer Beurteilung zwischen den Beschwerden unterschieden, die einerseits das Gehör - insbesondere den intermittierenden Tinnitus und den sekundenweisen Drehschwindel - sowie andererseits die Wirbelsäule und den Schädel betreffen. Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der diesbezüglichen Arztberichte hat sie dargelegt, dass seitens des Gehörs und damit zusammenhängender störender Erscheinungen zwar in geringfügigem Ausmass organisch objektivierbare Schädigungen auszumachen sind, diese jedoch nicht erheblich sind und weder eine Arbeitsunfähigkeit noch eine Integritätseinbusse bewirken, welche mittels Versicherungsleistungen auszugleichen wären. Zu dieser Erkenntnis ist das kantonale Gericht gestützt auf die Berichte der Frau Dr. med. C.________, Fachärztin für Oto-Rhino-Laryngologie, von der Suva-Abteilung Arbeitsmedizin, vom  3. Juni 2013 und 21. Mai 2015 gekommen. Was Schädigungen der Halswirbelsäule und des Schädels anbelangt, hat das Gericht festgehalten, dass nach Angaben des Kreisarztes Dr. med. D.________ vom 19. März 2015 einzig ein Status nach querer Felsenbeinfraktur rechts als strukturell objektivierbare Unfallfolge vorliege. Eine weitergehende Schädigung von Halswirbelsäule oder Schädel wird von Dr. med. D.________ nicht genannt. Weil diese Einschätzung einleuchtend und nachvollziehbar sei sowie mit den Berichten zahlreicher anderer Ärzte in Einklang stehe, stellte das vorinstanzliche Gericht auf die Auskunft des Kreisarztes Dr. med. D.________ ab. Auf die überzeugende Auseinandersetzung der Vorinstanz mit offenbar von der Beschwerdeführerin angerufenen ärztlichen Meinungen, die zu abweichenden Folgerungen führen sollen, kann verwiesen werden. Seitens des Bundesgerichts ist dieser nichts beizufügen.
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3.3. Die Beschwerdeführerin bemängelt erneut ausgiebig die vorinstanzliche Würdigung der medizinischen Unterlagen über allfällige somatische Unfallfolgen. Sämtliche ihrer Einwände sind jedoch nicht geeignet, die diesbezügliche Betrachtungsweise der Vorinstanz ernsthaft in Frage zu stellen. Namentlich ist nicht ersichtlich, inwiefern diese bundesrechtswidrig sein oder auf mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen beruhen sollte.
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3.3.1. Die neu beigebrachten Schreiben der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin und Gerodontologie der Universität E.________ vom 27. Januar und 5. April 2017 sagen über die Unfallkausalität von seit dem versicherten Unfallereignis vom 10. März 2014 angeblich neu hinzugekommenen Kiefer- und Ohrenschmerzen links ebenso wenig aus wie über allfällige davon ausgehende Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit oder der Integrität. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob deren Beibringung erst im aktuellen Verfahrensstadium überhaupt noch zulässig war (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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3.3.2. Dass sich die vorinstanzliche Beurteilung der mit dem Hörvermögen zusammenhängenden Schädigungen einzig auf die beiden Berichte der Frau Dr. med. C.________ vom 3. Juni 2013 und 21. Mai 2015 stützt, kann nicht als Grund dafür angeführt werden, dass sie auf mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen beruhen würde. Allein dass Frau Dr. med. C.________ angesichts ihres beruflichen Umfeldes in einer gewissen Nähe zur Suva steht und deshalb als versicherungsinterne Fachkraft zu qualifizieren ist, mindert die Beweiskraft ihrer Angaben nicht, bleibt doch auch sie stets zur objektiven Berichterstattung verpflichtet. Immerhin konnte sie sich zur Untermauerung ihrer Ansichten auf Verlaufsberichte der ORL-Abteilung des Spitals F.________ vom 7. Juli und 5. November 2014, auf eine neutrale Quelle mithin, berufen. Vor diesem Hintergrund genügen ihre Stellungnahmen vom 3. Juni 2013 und 21. Mai 2015, auch wenn es sich dabei um relativ kurz ausgefallene Aktenbeurteilungen handelt, den Anforderungen der Rechtsprechung an die Grundlage für eine zuverlässige und abschliessende Beurteilung.
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3.3.3. Was die Beschwerden der Halswirbelsäule und des Schädels anbelangt, besteht kein Anlass, die bestimmt gehaltene Antwort des Kreisarztes Dr. med. D.________ vom 25. März 2015, wonach als strukturell objektivierbare Folge des Unfalles vom 10. März 2014 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einzig ein Status nach querer Felsenbeinfraktur rechts zu sehen sei, weiter in Frage zu stellen und nach allfälligen andern Schädigungen zu suchen. Von weiterer ärztlicher Behandlung der offenbar bereits ausgeheilten Felsenbeinfraktur rechts erwartete Dr. med. D.________ keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr. Die Vorinstanz erachtet diese Beurteilung als mit zahlreichen weiteren Arztberichten in Einklang stehend und widerlegt überdies Einwendungen der Beschwerdeführerin in auch für das Bundesgericht überzeugender Weise. Auch insoweit ist die Beschwerde unbegründet.
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3.3.4. Die natürliche Kausalität eines allfälligen psychischen Gesundheitsschadens mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit oder die Integrität liess das kantonale Gericht unter Hinweis auf das Ergebnis seiner Adäquanzprüfung offen. Die Adäquanz der geklagten Beschwerden zum am 10. März 2014 erlittenen Unfall verneinte es, nachdem es zunächst das Vorliegen eines Schädel-Hirntraumas anerkannt und deswegen eine Prüfung nach der Schleudertrauma-Praxis, wie sie in BGE 117 V 369 umschrieben worden ist, als angezeigt erachtet hatte. Weil seiner Ansicht nach von den nach BGE 134 V 109 E. 10.2 f. S. 127 ff. zu prüfenden Kriterien keines erfüllt war, bestätigte es die angefochtene Leistungseinstellung auch mangels adäquaten Kausalzusammenhanges.
15
Die dagegen vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführerin beruhen auf deren persönlichen Betrachtungsweise, welche derjenigen der Vorinstanz gegenübergestellt wird. Eine blosse Gegenüberstellung der eigenen Interpretation genügt den Anforderungen an eine rechtsgenügliche Beschwerdebegründung in aller Regel jedoch nicht. Eine solche muss aufzeigen, inwiefern ein kantonaler Entscheid bundesrechtswidrig sein oder auf unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen soll. Die zur Verfügung stehenden Unterlagen geben hier über die entscheidrelevanten Punkte hinreichend Aufschluss, sodass nicht gesagt werden kann, der rechtserhebliche Sachverhalt sei unvollständig oder unrichtig erhoben worden. Ebenso wenig besteht Anlass, die daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen in Frage zu stellen. Weder ist der angefochtene kantonale Entscheid rechtswidrig noch beruht er auf einem Sachverhalt, der in rechtswidriger Weise festgestellt worden wäre. Die dagegen erhobene Beschwerde ist demnach als unbegründet abzuweisen.
16
4. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und 4 BGG) sind von der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
17
Demnach erkennt das Bundesgericht:
18
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
19
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 20. Oktober 2017
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl
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