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Informationen zum Dokument  BGer 9C_540/2016  Materielle Begründung
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BGer 9C_540/2016 vom 20.10.2016
 
{T 0/2}
 
9C_540/2016
 
 
Urteil vom 20. Oktober 2016
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Parrino,
 
Gerichtsschreiberin Dormann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Rechtsanwalt und Notar Claude Wyssmann,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin,
 
Kompetenzzentrum D-CH West,
 
Monbijoustrasse 61, 3007 Bern.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 16. Juni 2016.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ meldete sich im August 2003 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nachdem die IV-Stelle des Kantons Aargau das Gesuch erstmals mit Verfügung vom 19. Mai 2004 resp. Einspracheentscheid vom 19. September 2005 abgewiesen hatte, holte sie im Rahmen weiterer Abklärungen insbesondere das Gutachten der Klinik B.________ vom 30. August 2013 ein. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte sie mit Verfügung vom 12. Juni 2014 erneut einen Rentenanspruch.
1
B. Dagegen erhob A.________ im Juli 2014 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau. Dieses ordnete am 9. Februar 2016 eine weitere (psychiatrische/rheumatologische) Begutachtung des Versicherten durch das Ärztliche Begutachtungsinstitut (ABI) an. Die Abklärungsstelle gab mit Schreiben vom 7. April 2016 bekannt, dass die Dres. med. C.________ und D.________ für die Expertise vorgesehen seien. Mit Eingabe vom 9. Mai 2016 liess der Versicherte beantragen, es sei vom formellen Ausstandsbegehren gegen die Ärzte des ABI Kenntnis zu nehmen und es seien die durch das angerufene Gericht bestimmten Gutachterpersonen, die Dres. med. C.________ und D.________, "wegen Besorgnis der fehlenden Ergebnisoffenheit" zu ersetzen; den Parteien seien drei Zweiervorschläge zu unterbreiten. Ferner ersuchte er um Sistierung des Ausstands- und damit des Gerichtsverfahrens bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens vor der Beauftragten für Information und Datenschutz des Kantons Solothurn.
2
Mit Entscheid vom 16. Juni 2016 wies das kantonale Gericht sowohl den Antrag betreffend Sistierung des Verfahrens als auch das Ausstandsbegehren gegen die Dres. med. C.________ und D.________ ab.
3
C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 16. Juni 2016 sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen mit der Anordnung, dieses habe bei den Dres. med. C.________ und D.________ eine Stellungnahme "gemäss Art. 49 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 63 VRP-AG" zum Ausstandsbegehren des Versicherten einzuholen; eventualiter sei anzuordnen, die Vorinstanz habe das Ausstandsverfahren bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens vor der Beauftragten für Information und Datenschutz des Kantons Solothurn zu sistieren; subeventualiter sei dem Ausstandsbegehren gegen die Dres. med. C.________ und D.________ stattzugeben und das kantonale Gericht anzuweisen, mit den Parteien eine Einigung über die Wahl der Gutachterpersonen zu suchen resp. neue Experten zu bestimmen.
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Erwägungen:
 
1. Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG).
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Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig, (a) wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können oder (b) wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 BGG).
6
 
Erwägung 2
 
2.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid, mit dem einerseits über ein Ausstandsbegehren und anderseits über die Aussetzung des kantonalen Verfahrens entschieden wurde. Soweit die Beschwerde Letzteres betrifft, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, dass die Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sein sollen. Insoweit ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten.
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2.2. Was den Ausstand anbelangt, so hat das kantonale Gericht zu Recht (BGE 139 V 349 E. 5.2.2.1 S. 355; vgl. auch Urteil 9C_465/2015 vom 27. August 2015 E. 2) nur personenbezogene Ausstandsgründe mit Verbindung zum konkreten Einzelfall als zulässig erachtet.
8
Es hat in diesem Zusammenhang festgestellt, Dr. med. C.________ sei weder Autor noch Unterzeichner der zur Begründung des Ausstandsbegehrens eingereichten Schreiben des ABI vom 5. und 30. November 2015, und er habe darin auch keine Erwähnung gefunden. Dr. med. D.________ sei zwar Mitunterzeichner des Schreibens vom 30. November 2015, diesem fehle aber jeglicher konkrete Bezug zum Beschwerdeführer. Weitere (zulässige) Ausstandsgründe seien nicht vorgebracht worden oder erkennbar gewesen.
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2.3. Dass diese Feststellungen offensichtlich unrichtig (unhaltbar, willkürlich: BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153; Urteil 9C_607/2012 vom 17. April 2013 E. 5.2) sein sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht (substanziiert) geltend gemacht.
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Sie beruhen auch nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG: Dass die Vorinstanz von den betroffenen Ärzten keine Stellungnahme einholte, steht nicht im Widerspruch zu den bundesrechtlichen Verfahrensregeln von Art. 61 ATSG; zudem fehlt eine hinreichend begründete (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) Rüge, dass kantonales Verfahrensrecht (§ 63 des aargauischen Gesetzes vom 4. Dezember 2007 über die Verwaltungsrechtspflege [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG; SAR 271.200] i.V.m. Art. 49 ZPO) in willkürlicher oder grundrechtswidriger Weise angewendet worden sein soll. Schliesslich umfasst der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) kein Recht auf Stellungnahme durch einen anderen Verfahrensbeteiligten.
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Damit bleiben die vorinstanzlichen Feststellungen (E. 2.2) für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
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2.4. Bei diesen Gegebenheiten hat die Vorinstanz das Ausstandsbegehren zu Recht abgewiesen. Da die Beschwerde, soweit überhaupt zulässig, offensichtlich unbegründet ist, wird sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den vorinstanzlichen Entscheid nach Art. 109 Abs. 3 erledigt.
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3. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen.
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Unia Arbeitslosenkasse, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 20. Oktober 2016
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Glanzmann
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann
 
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