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Informationen zum Dokument  BGer 8C_475/2009  Materielle Begründung
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BGer 8C_475/2009 vom 22.02.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_475/2009
 
Urteil vom 22. Februar 2010
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
 
Gerichtsschreiberin Hofer.
 
Parteien
 
L.________, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Dr. Markus Hofmann,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 21. April 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1970 geborene L.________, österreichischer Staatsangehöriger, war ab dem 17. Februar 2005 bei der Firma W.________ als Forstarbeiter angestellt. Nachdem er am 25. Februar 2005 die Arbeit an seinem Einsatzort in Schweden aufgenommen hatte, wurde er dort am 7. März 2005 bei der Arbeit durch einen umstürzenden Baum schwer verletzt. Die Behandlung erfolgte zunächst in einem Krankenhaus in Schweden und wurde später in Österreich fortgesetzt. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) übernahm die Behandlungskosten und richtete Taggelder aus. Mit Verfügung vom 17. Mai 2006 stellte sie die Leistungen mangels Versicherungsdeckung mit sofortiger Wirkung ein. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 18. Juli 2006 fest. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 13. Dezember 2006 gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Sache an die SUVA zurück zur Prüfung der Frage, ob die Firma W.________. ihre Geschäftstätigkeit gewöhnlich in der Schweiz ausübe. Das Bundesgericht hob den kantonalen Gerichtsentscheid auf Beschwerde der SUVA hin mit Urteil vom 4. August 2008 (U 50/07) auf. Dabei kam es zum Schluss, dass ein Arbeitnehmer, der, wie L.________, von einem Schweizer Unternehmen in einem Mitgliedstaat rekrutiert wird, um unmittelbar in einem weiteren Mitgliedstaat die Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne von Art. 14 Nr. 1 Bst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (SR 0.831.109.268.1) nicht erfülle, sondern für die zu beurteilende Tätigkeit den Rechtsvorschriften des Beschäftigungslandes gemäss Art. 13 Nr. 2 lit. a dieser Verordnung unterliege. Es wies die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz zurück, damit dieses nach Durchführung ergänzender Abklärungen im Hinblick auf einen allfälligen Versicherungsschutz gestützt auf den öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz über die Beschwerde neu entscheide.
 
B.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz unterbreitete der SUVA mit Schreiben vom 25. August 2008 einen entsprechenden Fragenkatalog, den diese am 16. Oktober 2008 beantwortete. L.________ liess sich mit Eingabe vom 15. Januar 2009 dazu vernehmen. SUVA und L.________ nahmen daraufhin nochmals Stellung. Mit Entscheid vom 21. April 2009 wies das kantonale Gericht die Beschwerde des L.________ ab.
 
C.
 
L.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, die SUVA sei zu verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen zu erbringen.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Diese Einschränkungen der Rüge- und Überprüfungsbefugnis gelten nicht bei Beschwerden, welche sich gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung richten. Hier kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 97 Abs. 2 BGG) und ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 3 BGG).
 
1.2 Der Beschwerdeführer beantragt, die SUVA sei zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung zu erbringen. Die SUVA hat ihre Leistungspflicht mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt des Unfalles vom 7. März 2005 nicht bei ihr versichert gewesen. Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildet einzig die von der Vorinstanz verneinte Frage der Versicherungsdeckung bei der SUVA. Bejaht das Bundesgericht die Versicherungsdeckung, kann dies zwar - bei Erfüllung der weiteren versicherungsmässigen Voraussetzungen - einen Anspruch auf Leistungen der schweizerischen Unfallversicherung nach sich ziehen. Dies ändert aber nichts daran, dass es in diesem Verfahren nur um die Frage der Versicherungsdeckung bei der SUVA geht. Ob Versicherungsdeckung besteht, ist - als Vorfrage zu prüfende - Voraussetzung jedes Leistungsanspruchs, welcher gegenüber einem Unfallversicherer (oder einem anderen Versicherer) geltend gemacht wird, unabhängig davon, ob es sich um Geld- oder um Sachleistungen handelt. Diese Vorfrage ist kognitionsmässig nicht anders als die übrigen vom Bundesgericht zu beurteilenden Versicherungsmaterien zu behandeln (BGE 135 V 412 E. 1.2.2 S. 414). Soweit die Frage der Versicherungsdeckung von Sachverhaltsfeststellungen abhängt, gilt daher die eingeschränkte Kognition.
 
2.
 
2.1 Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen und Grundsätze über den öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz bei unrichtigen behördlichen Auskünften zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Laut Art. 27 ATSG sind die Versicherungsträger und Durchführungsorgane der einzelnen Sozialversicherungen verpflichtet, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches die interessierten Personen über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären (Abs. 1). Jede Person hat Anspruch auf grundsätzlich unentgeltliche Beratung über ihre Rechte und Pflichten. Dafür zuständig sind die Versicherungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind (Abs. 2 Satz 1 und 2). Nach Art. 72 UVV haben die Versicherer dafür zu sorgen, dass die Arbeitgeber über die Durchführung der Unfallversicherung ausreichend informiert werden. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Information an die Arbeitnehmer weiterzugeben. Sinn und Zweck der Beratungspflicht ist, die betroffene Person in die Lage zu versetzen, sich so zu verhalten, dass eine den gesetzgeberischen Zielen des jeweiligen Erlasses entsprechende Rechtsfolge eintritt (BGE 131 V 472; SVR 2008 IV Nr. 10, I 714/06 E. 4.1; ULRICH MEYER, Grundlagen, Begriff und Grenzen der Beratungspflicht der Sozialversicherungsträger nach Art. 27 Abs. 2 ATSG, in: Sozialversicherungsrechtstagung 2006, S. 9).
 
2.2 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben statuiert ein Verbot widersprüchlichen Verhaltens und verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden (BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 636). Die Voraussetzung für eine Berufung auf Vertrauensschutz, welche unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung der Rechtsuchenden gebieten kann, ist erfüllt: 1. wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat; 2. wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder wenn die rechtsuchende Person die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte; 3. wenn die Person die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte; 4. wenn sie im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können und 5. wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat. Der unrichtigen Auskunft gleichgestellt ist die Unterlassung einer behördlichen Auskunft, welche gesetzlich vorgeschrieben oder nach den im Einzelfall gegebenen Umständen geboten war. Die dritte Voraussetzung lautet diesfalls: wenn die Person den Inhalt der unterbliebenen Auskunft nicht kannte oder deren Inhalt so selbstverständlich war, dass sie mit einer anderen Auskunft nicht hätte rechnen müssen (BGE 131 V 472 E. 5 S. 480). Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Anforderung nach einem richtig verstandenen Vollzug der Sozialversicherung dem Vertrauensschutz vorgehen, wenn die Abwägung der Interessen dies im Einzelfall gebietet (BGE 131 II 627 E. 6 S. 636 ff; 129 I 161 E. 4.1 S. 170; 122 V 405 E. 3b/bb S. 409; 2C_762/2008 vom 8. Mai 2009 E. 2.2).
 
3.
 
3.1 Das kantonale Gericht hat geprüft, ob die SUVA eine Auskunft unterlassen hat, zu welcher sie verpflichtet gewesen wäre. In sachverhaltlicher Hinsicht ging es davon aus, die Arbeitgeberfirma habe ihr am 14. Februar 2005 eine Zweckänderung des Betriebes (neu Holzarbeiten und Transporte) gemeldet und um einen Besprechungstermin zwecks Neuerfassung ersucht. Drei Tage später sei der Beschwerdeführer eingestellt worden, worauf dieser am 7. März 2005 den streitigen Arbeitsunfall erlitten habe. Die Unterredung habe schliesslich am 18. März 2005 (recte 15. März) stattgefunden. Laut den Erwägungen der Vorinstanz war der SUVA bekannt oder musste ihr bekannt sein, dass nicht nur die bei ihr seit längerem angeschlossene H.________ AG, sondern auch die von A.________ betriebene Firma W.________ ausländische Arbeitskräfte einstellt und diese im Ausland einsetzt. Sie hätte daher bei der Arbeitgeberin abklären müssen, welche Angestellten allenfalls nicht bei ihr versichert seien, zumal kein Formular E 101 (Entsendebescheinigung) vorgelegen habe. Nicht ersichtlich sei indessen, welche nachteiligen Dispositionen der Beschwerdeführer infolge unterbliebener oder fehlerhafter Auskunft getroffen habe, da der Arbeitsvertrag bereits vor der Besprechung zwischen Arbeitgeberin und SUVA abgeschlossen worden sei und sich auch das Unfallereignis vorher ereignet habe. Die SUVA habe nicht zu verantworten, dass die schwedische Unfallversicherungsanstalt die Versicherteneigenschaft ebenfalls verneine.
 
3.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, das kantonale Gericht habe den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig gewürdigt. Das Verhalten der SUVA verstosse nicht nur gegen die Aufklärungs- und Beratungspflicht gemäss Art. 27 Abs. 1 und 2 ATSG und gegen die Pflicht, den Arbeitgeber im Sinne von Art. 72 UVV über die Durchführung der Unfallversicherung ausreichend zu informieren, sondern auch gegen das Rechtsgleichheitsprinzip nach Art. 8 BV und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäss Art. 9 BV. Zur Begründung führt er aus, die SUVA habe während Jahren von Arbeitnehmern des Betriebes bei Auslandseinsätzen erlittene Unfälle übernommen, ohne nähere Abklärungen über deren Versicherteneigenschaft zu tätigen oder eine Entsendebescheinigung zu verlangen. Dies werde von der SUVA denn auch grundsätzlich nicht bestritten. Hingegen stelle diese sich auf den Standpunkt, aus der unbürokratischen und verfahrensökonomischen Übernahme von Unfällen mit geringen Versicherungsleistungen könne der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Zudem habe die SUVA stets die Auffassung vertreten, eine kurze Instruktion des Arbeitnehmers vor dem Auslandseinsatz genüge, um den Entsendestatus zu begründen. Aufgrund des Verhaltens und der jahrelangen Praxis der SUVA habe angenommen werden können, diese erbringe bei einem Unfall des Beschwerdeführers die gesetzlichen Leistungen.
 
4.
 
4.1 Wie BGE 134 V 428 zeigt, ist die Versicherungsunterstellung von Wanderarbeitnehmern nicht immer leicht zu beurteilen. Gerade bei der Qualifikation von entsandten Arbeitnehmern stellen sich relativ komplexe Rechtsfragen, welche sich aufgrund des Gesetzestextes allein nicht ohne weiteres beantworten lassen. Die Unklarheiten über die Handhabung der Entsenderegelungen veranlassten schliesslich das Bundesamt für Sozialversicherungen, in Rz. 2017.1 der Wegleitung über die Versicherungspflicht in der AHV/IV auf den 1. Januar 2006 eine Präzisierung der Weisungsbestimmungen zur Entsendung vorzunehmen, wie seiner Vernehmlassung vom 22. Mai 2007 zu entnehmen ist.
 
4.2 Gemäss Feststellungen der Vorinstanz hat der Aussendienstmitarbeiter der SUVA in einer Aktennotiz vom 4. Mai 2006 festgehalten, der Betriebsinhaber sei bis zu seinem Besuch vom 3. Februar 2006 im Glauben gewesen, seine Angestellten seien bei der SUVA unfallversichert. Anlässlich des Betriebserfassungsbesuchs vom 15. März 2005 sei der Arbeitgeber nicht darüber informiert worden, dass für Entsandte das Formular E 101 hätte ausgestellt werden müssen, weshalb die Firma ein solches bisher auch nie eingefordert habe. Zudem war offenbar auch seitens der SUVA nicht klar, ob eine kurze Instruktion in der Schweiz genüge, um den Entsendestatus zu begründen, weshalb sie die Frage im Einspracheentscheid vom 18. Juli 2006 offen liess.
 
4.3 Aufgrund der Praxis der SUVA, Schadensfälle bei Auslandseinsätzen des Betriebes ohne vorgängige Prüfung der Versicherteneigenschaft zu übernehmen, bestand für den Arbeitgeber und die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer kein Grund zur Annahme, sie müssten im Hinblick auf die Sicherstellung der Versicherungsdeckung spezielle Massnahmen oder Abklärungen treffen.
 
5.
 
5.1 Die Frage, ob eine Person als ordentliche oder entsandte Arbeitnehmerin zu gelten hat und mithin welchen Rechtsvorschriften sie unterliegt (vgl. Art. 13 ff. der Verordnung Nr. 1408/71), stellt sich nicht erst im Zeitpunkt des Eintritts eines Versicherungsfalles, sondern bereits wenn es darum geht festzustellen, welcher Versicherungsträger zuständig ist, Prämien zu erheben. Die Rechtsordnung stellt den Betroffenen mit der Möglichkeit der Einholung einer Entsendebescheinigung ein relativ einfaches Verfahren zur Klärung der Zuständigkeit des Versicherungsträgers zur Verfügung. Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (SR 0.831.109.268.11) sieht vor, dass Arbeitnehmer oder Arbeitgeber eine "Entsende"-Bescheinigung (E 101) beantragen können, welche in der Schweiz von den Ausgleichskassen ausgestellt wird (BGE 134 V 428 E. 4 S. 433 mit Hinweisen). Mit dieser Bescheinigung erklärt der zuständige Träger, dass sein eigenes System der sozialen Sicherheit auf die entsandten Arbeitnehmer während der Dauer der Entsendung anwendbar bleibt. Wegen des Grundsatzes, dass die Arbeitnehmer einem einzigen System der sozialen Sicherheit angeschlossen sein sollen, hat diese Bescheinigung zur Folge, dass das System der sozialen Sicherheit des anderen Mitgliedstaates nicht angewandt werden kann. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der zuständige Träger des Entsendestaates gestützt auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet, den Sachverhalt, der für die Bestimmung der im Bereich der sozialen Sicherheit anwendbaren Rechtsvorschriften massgebend ist, ordnungsgemäss zu beurteilen und damit die Richtigkeit der in der Bescheinigung E 101 aufgeführten Angaben zu gewährleisten. Aufgrund der damit verbundenen Vermutung der Richtigkeit der Bescheinigung ist der zuständige Träger des Mitgliedstaates, in den der Arbeitnehmer entsandt wird, daran gebunden, solange die Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wurde (Urteile des EuGH vom 10. Februar 2000 C-202/97 Fitzwilliam, Slg. 2000 I-883 Randnr. 49 ff.; vom 26. Januar 2006 C-2/05 Herbosch Kiere, Slg. 2006 I-1079 Randnr. 20 ff.). Obwohl diese Rechtsprechung aufgrund von Art. 16 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) für die Schweiz grundsätzlich nicht bindend ist, kann sie sich trotzdem daran orientieren (BGE 130 II 113 E. 5.2 S. 119; RtiD 2008 II S. 320, C_33/2007 vom 14. März 2008 E. 3.4). Hinsichtlich der Entsendebescheinigung erscheint dies insofern geboten, als der Beschluss Nr. 181 vom 13. Dezember 2000 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer (ABl. L 329 vom 14. Dezember 2001) gemäss Art. 2 Abs. 1 von Anhang II FZA in Verbindung mit Abschnitt B Ziff. 4.66 dieses Anhangs zu den Rechtsakten zählt, welche die Schweiz berücksichtigt (BGE 134 V 428 E. 6.1 S. 434). Ziff. 7 des Beschlusses Nr. 181 hält die aus der Pflicht zur Zusammenarbeit hergeleitete, auf der Rechtsprechung des EuGH basierende Verpflichtung des zuständigen Trägers des Entsendestaates zur ordnungsgemässen Beurteilung des Sachverhalts im Hinblick auf das auszustellende Formular E 101 ausdrücklich fest.
 
5.2 Mit Bezug auf den Beschwerdeführer wurde von keiner Seite eine Bescheinigung E 101 anbegehrt. Nach den Angaben der SUVA in der Eingabe vom 16. Oktober 2008 werden die Prämien in der Regel an Hand der allgemeinen Lohnerklärungen der Arbeitgeber am Jahresende erhoben. Erst im Rahmen eines Versicherungsfalles oder einer Revision würden genauere Abklärungen durchgeführt. Zwar muss der Arbeitgeber dem Versicherer aufgrund von Art. 120 Abs. 2 UVV erst nach Ablauf des Rechnungsjahres die zur Berechnung der endgültigen Prämienbeträge massgebenden Löhne melden. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, können die Unfallversicherer jedoch nicht darauf vertrauen, die Unterstellung der Arbeitnehmer unter die zuständige Rechtsordnung lasse sich im Rahmen eines konkreten Unfalles immer noch überprüfen. So hält auch Ziff. 6 des Beschlusses Nr. 181 fest, der Vordruck E 101 sei vorzugsweise vor Beginn des betreffenden Zeitraumes auszustellen. Eine frühzeitige Klärung des Versicherungsschutzes liegt nicht nur im Interesse eines guten Funktionierens der Sozialversicherung. Sie ist auch erforderlich, um den in der Schweiz niedergelassenen Arbeitgebern, die Arbeitnehmer ins Ausland entsenden, und den betroffenen Arbeitnehmern eine möglichst optimale Rechtssicherheit zu gewährleisten. Zwar ist der SUVA beizupflichten, dass sie nicht selber den Sachverhalt mittels Bescheinigung E 101 verbindlich feststellen kann. Zumindest in jenen Fällen, in denen der Unfallversicherer aufgrund des bisherigen Tätigkeitsfeldes des ihm unterstellten Betriebes Kenntnis davon hat, dass Arbeitnehmer für kurzfristige Einsätze im Ausland beschäftigt werden, kann indessen von ihm verlangt werden, die Betroffenen anzuhalten, die Bescheinigung E 101 einzuholen. Nachdem die SUVA aufgrund der bisherigen Tätigkeit des Betriebes wusste, dass immer wieder ausländische Arbeitskräfte eingestellt und teilweise im Ausland eingesetzt wurden, hätte sie in diesem Sinne vorgehen müssen. Dies hat sie nicht getan und damit ihre Informationspflicht verletzt.
 
5.3 Aufgrund des Verhaltens der SUVA konnte der Arbeitgeber und mit ihm der Beschwerdeführer glauben, hinsichtlich des Einsatzes in Schweden bestehe bei ihr Versicherungsdeckung, und sie hatten keinen Grund zur Annahme, dass der Arbeitnehmer für den Auslandseinsatz in Wirklichkeit von Gesetzes wegen von dieser Versicherung ausgeschlossen war. Die nachteilige Disposition des Beschwerdeführers besteht darin, dass er den Schwedeneinsatz ohne Zusicherung einer Versicherungsdeckung geleistet hat. In dieser Hinsicht kann aus Erfahrung angenommen werden, dass er die gefährliche Tätigkeit eines Waldarbeiters nicht aufgenommen hätte, wenn er gewusst hätte, dass er nicht gegen Unfall versichert war. Für diesen hypothetischen Kausalverlauf verlangt die bundesgerichtliche Rechtsprechung keinen strikten Beweis. Es genügt vielmehr, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Geschehensablauf spricht (8C_784/2008 vom 11. September 2009 E. 5.3, nicht publ. in: BGE 135 V 412). Aus den Akten ergeben sich keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beschwerdeführer in Versicherungsangelegenheiten nachlässig verhielt und sich nicht rechtzeitig nach einer Versicherungsmöglichkeit im Beschäftigungsland umgesehen hätte, wenn er nicht auf die Zuständigkeit der SUVA vertraut hätte.
 
5.4 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Voraussetzungen für eine Berufung auf den Vertrauensschutz (vgl. E. 2.2) erfüllt sind. Gründe des öffentlichen Interesses, welche dem Vertrauensschutz im vorliegenden Fall vorgehen würden, sind nicht auszumachen und werden auch nicht vorgebracht. Ziel von Art. 14 der Verordnung Nr. 1408/71 ist gemäss den Erwägungen des Beschlusses Nr. 181, Hindernisse, die der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Wege stehen, zu beseitigen und bei kurzen Erwerbstätigkeiten Verwaltungsaufwand zu ersparen. Ist die Versichertenunterstellung somit als vertrauensschutzrechtlich zustande gekommen zu betrachten, bleiben die geltend gemachten Leistungsansprüche zu prüfen. Zu diesem Zweck und zum Erlass einer neuen Verfügung wird die Sache an die SUVA zurückgewiesen.
 
6.
 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdegegnerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat dem Beschwerdeführer überdies eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 21. April 2009 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 17. Mai 2006 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
 
4.
 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung der vorangegangenen Verfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz zurückgewiesen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 22. Februar 2010
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Ursprung Hofer
 
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