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Informationen zum Dokument  BGer 6B_1016/2009  Materielle Begründung
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BGer 6B_1016/2009 vom 11.02.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
6B_1016/2009
 
{T 0/2}
 
Urteil vom 11. Februar 2010
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Favre, Präsident,
 
Bundesrichter Schneider, Mathys,
 
Gerichtsschreiberin Unseld.
 
Parteien
 
X.________, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Peter Slongo,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Y.________, vertreten durch
 
Rechtsanwältin Christa Rempfler,
 
Beschwerdegegner,
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Fahrlässige Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 StGB),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
 
des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
 
vom 17. September 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Y.________ stürzte am 13. Dezember 2006 beim Verkleiden der Balkondecke im 1. Obergeschoss einer Liegenschaft in Zürich über die Balkonbrüstung, wobei er sich das rechte Handgelenk brach. Er stellte am 7. März 2007 Strafantrag gegen seine Arbeitgeberin, die W.________ AG, und den bauleitenden Architekten, X.________.
 
B.
 
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ am 2. April 2009 wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 60.--. Es erklärte X.________ mit Z.________ dem Grundsatz nach solidarisch haftpflichtig und verwies den Geschädigten im Übrigen auf den Zivilweg.
 
Auf Berufung von X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 17. September 2009 das erstinstanzliche Urteil.
 
C.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts vom 17. September 2009 aufzuheben, ihn freizusprechen und festzustellen, dass er für den Schaden aus dem Unfall vom 13. Dezember 2006 nicht hafte. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
 
D.
 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Vorinstanz hält folgenden Sachverhalt für erwiesen:
 
Der Beschwerdeführer schloss als bauleitender Architekt im Rahmen des Umbaus eines Einfamilienhauses in Zürich mit der W.________ AG einen Werkvertrag über Gipserarbeiten ab. Gegen Ende der Bauarbeiten, am 8. Dezember 2006, liess er das Fassadengerüst entfernen, ohne die W.________ AG darüber zu informieren. Am 11. Dezember 2006 erteilte er V.________ den Auftrag bzw. erinnerte ihn daran, dass die Verkleidung der Balkondecke im 1. Obergeschoss noch vorzunehmen sei. Obschon das Gerüst zu diesem Zeitpunkt bereits abgebaut war, veranlasste er keine Absturzsicherungsmassnahmen und vergewisserte er sich nicht, dass die Arbeiter selber oder eine Drittperson solche treffen würden.
 
Y.________, welcher die Balkondeckenverkleidung zusammen mit V.________ vornahm, stürzte beim Montieren einer Deckenplatte vom ca. 65 cm hohen Bockgerüst über die 95 cm hohe Balkonbrüstung rund 5 Meter in die Tiefe.
 
2.
 
Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, den Tatbestand der fahrlässigen einfachen Körperverletzung nach Art. 125 Abs. 1 StGB durch pflichtwidriges Unterlassen erfüllt zu haben.
 
2.1 Der zu beurteilende Sachverhalt spielte sich vor Inkrafttreten des revidierten Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches am 1. Januar 2007 ab. Die Vorinstanz geht richtigerweise von der Anwendbarkeit des neuen, für den Beschwerdeführer milderen Rechts aus (Art. 2 Abs. 2 StGB; angefochtener Entscheid S. 6).
 
2.2 Nach Art. 125 Abs. 1 StGB ist auf Antrag strafbar, wer fahrlässig einen Menschen am Körper verletzt. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 StGB). Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist nur anzunehmen, wenn der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter von Dritten hätte voraussehen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz (BGE 135 IV 56 E. 2.1 mit Hinweisen). Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der dabei zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften. Fehlen solche, kann auf Regeln privater oder halbprivater Vereinigungen oder auf allgemeine Rechtsgrundsätze, wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz, abgestellt werden (BGE 135 IV 56 E. 2.1; 134 IV 193 E. 7.2; 127 IV 62 E. 2d, je mit Hinweisen).
 
2.3 Die Straftat der fahrlässigen Körperverletzung nach Art. 125 Abs. 1 StGB kann auch durch Unterlassen begangen werden. Ein sog. unechtes Unterlassungsdelikt ist gegeben, wenn im Gesetz wenigstens die Herbeiführung des Erfolgs durch Tun ausdrücklich mit Strafe bedroht wird, der Beschuldigte durch sein Tun den Erfolg tatsächlich hätte abwenden können und infolge seiner Garantenstellung dazu auch verpflichtet war, so dass die Unterlassung der Erfolgsherbeiführung durch aktives Tun gleichwertig erscheint (Art. 11 StGB; BGE 117 IV 130 E. 2a; 113 IV 68 E. 5a; 108 IV 3 E. 1b). Für die Annahme einer Garantenstellung genügt nicht jede, sondern nur eine qualifizierte Rechtspflicht (BGE 134 IV 255 E. 4.2.1; 120 IV 98 E. 2c, je mit Hinweisen). Rechtsprechung und Lehre unterscheiden zwischen Obhutspflichten, d.h. Garantenstellungen zum Schutz eines bestimmten Rechtsgutes gegen alle ihm drohenden Gefahren, und Überwachungspflichten, d.h. Garantenstellungen zur Überwachung bestimmter Gefahrenquellen zum Schutze unbestimmt vieler Rechtsgüter (BGE 129 IV 119 nicht publ. E. 3; 113 IV 68 E. 5b). Eine Garantenstellung kann sich aus Gesetz, Vertrag, einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft oder aus der Schaffung einer Gefahr ergeben (Art. 11 Abs. 2 lit. a - d StGB).
 
2.4 Verlangt wird sodann, dass der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs auch vermeidbar war. Dies ist der Fall, wenn der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bzw. mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre (sog. hypothetischer Kausalzusammenhang; BGE 135 IV 56 E. 2.1; 134 IV 193 E. 7.3; 130 IV 7 E. 3.2). Am erforderlichen rechtserheblichen Kausalzusammenhang fehlt es hingegen, wenn die Folge so weit ausserhalb der normalen Lebenserfahrung liegt, dass sie nicht zu erwarten war, bzw. wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache alle anderen mitverursachenden Faktoren in den Hintergrund drängen (BGE 130 IV 7 E. 3.2).
 
3.
 
3.1 Für die auf dem Bau zu beachtenden Sicherheitsvorschriften sind insbesondere die zur Tatzeit geltende Verordnung vom 29. Juni 2005 über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Bauarbeiten (Bauarbeitenverordnung, BauAV; SR 832.311.141) und die Verordnung vom 19. Dezember 1983 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Verordnung über die Unfallverhütung, VUV; SR 832.30) massgebend.
 
Gemäss Art. 21 Abs. 1 VUV sind hochliegende Arbeitsplätze gegen den Absturz von Personen, Gegenständen, Fahrzeugen und Material durch Abschrankungen oder Geländer zu sichern. Art. 8 Abs. 1 BauAV verlangt, dass Arbeitsplätze sicher sind. Zur Gewährleistung der Sicherheit der Arbeitsplätze sind Absturzsicherungen anzubringen (Art. 8 Abs. 2 lit. a BauAV). Ein Seitenschutz ist u.a. zu verwenden bei ungeschützten Stellen mit einer Absturzhöhe von mehr als 2 m (Art. 15 Abs. 1 BauAV). Wird bei Hochbauarbeiten die Absturzhöhe von 3 m überschritten, so ist ein Fassadengerüst zu erstellen (Art. 18 BauAV). Wo das Anbringen eines Seitenschutzes oder eines Gerüsts technisch nicht möglich oder zu gefährlich ist, sind Fanggerüste, Schutznetze oder Seilsicherungen zu verwenden oder gleichwertige Schutzmassnahmen zu treffen (Art. 19 Abs. 1 BauAV). Der Arbeitgeber muss auf jeder Baustelle eine Person bezeichnen, die für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz zuständig ist (Art. 4 Abs. 1 BauAV).
 
3.2 Die Bauarbeitenverordnung basiert auf Art. 83 Abs. 1 des Unfallversicherungsgesetzes vom 20. März 1981 (UVG) und auf Art. 40 des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 (ArG). Sie richtet sich in erster Linie an Betriebe, die in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen (Art. 81 Abs. 1 UVG). Aus der Bauarbeitenverordnung und der Verordnung über die Unfallverhütung lässt sich keine Garantenstellung des bauleitenden Architekten gegenüber Personen, die nicht Arbeitnehmer sind und nicht in einem Subordinationsverhältnis stehen, ableiten (Urteil des Bundesgerichts 6P.121/2006 vom 7. Dezember 2006 E. 2.4). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Bauleitung die genannten Vorschriften nicht beachten muss (Urteil des Bundesgerichts 6B_437/2008 vom 24. Juli 2009 E. 5.7.1).
 
4.
 
4.1 Die Vorinstanz erwägt, die SIA-Norm 118 sei im Vertrag mit der W.________ AG übernommen worden. Eine vertragliche Garantenstellung des Beschwerdeführers ergebe sich aus Art. 104 der SIA-Norm 118, wonach der bauleitende Architekt den Unternehmer beim Einhalten der Sicherheitsnormen zu unterstützen habe (angefochtener Entscheid E. 4.6.4 und 4.6.6 S. 17). Der Beschwerdeführer habe das bestehende Baugerüst abbauen lassen und damit eine taugliche Sicherheitseinrichtung entfernt. Er hätte daher sicherstellen müssen, dass für die anstehenden Verkleidungsarbeiten ein hinreichender Ersatz erstellt wird, beispielsweise durch Erlass entsprechender Anweisungen an die Arbeiter oder deren Vorgesetzten (E. 4.6.6). Ob dem Beschwerdeführer auch eine Garantenstellung aus dem Gefahrensatz oder aus Gesetz zukomme, könne offen bleiben (E. 4.6.8 und 4.6.9). Hätte er sichergestellt, dass nach dem Abbau des Gerüsts eine taugliche Sicherheitsvorrichtung erstellt wird, hätte der Sturz vermieden werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Gewähr gehabt, dass sich der Verantwortliche der W.________ AG noch vor Beginn der Verkleidungsarbeiten auf die Baustelle begeben werde. Er habe sich auch nicht darauf verlassen dürfen, dass die betroffenen Arbeiter von sich aus die notwendigen Sicherungsmassnahmen ergreifen würden (E. 4.7.3).
 
4.2 Unternehmer und Bauleitung sind nach Art. 104 der SIA-Norm 118 bei der Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet, die Sicherheit der am Bauwerk Beschäftigten zu gewährleisten. Auf die Sicherheit ist bei der Projektierung, der Festlegung des Bauvorgangs und der Ausführung der Arbeiten Rücksicht zu nehmen. Der Unternehmer trifft die notwendigen Schutzmassnahmen zur Unfallverhütung. Er wird dabei von der Bauleitung unterstützt (Art. 104 SIA-Norm 118). Art. 104 der SIA-Norm 118 statuiert eine subsidiäre Verantwortlichkeit der Bauleitung für die Sicherheit auf dem Bau (Urteil des Bundesgerichts 6B_437/2008 vom 24. Juli 2009 E. 5.7.3).
 
4.3 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Bundesrecht. Die Vorinstanz habe zu Unrecht aus dem Vertrag zwischen der Bauherrschaft und der W.________ AG eine Garantenstellung seinerseits gegenüber Y.________ abgeleitet. Er habe den Vertrag über die Gipserarbeiten mit der W.________ AG im Namen und als Vertreter der Bauherrschaft abgeschlossen. Da ein Vertrag zu Lasten eines Dritten den Dritten nicht verpflichte, ergebe sich daraus keine Garantenstellung (Beschwerde Ziff. 42 ff.).
 
4.4 Auch die Vorinstanz geht davon aus, dass der Vertrag über die Gipserarbeiten zwischen der Bauherrschaft und der W.________ AG zustande kam (angefochtener Entscheid E. 4.6.1 S. 14 und E. 4.6.3 S. 15). Nicht nachvollziehbar ist, weshalb sie in der Folge den Beschwerdeführer als Vertragspartner bezeichnet und daraus ohne nähere Begründung vertragliche Pflichten des Beschwerdeführers ableitet (angefochtener Entscheid E. 4.6.6 S. 17). Allerdings verweist auch der Architektenvertrag vom 6. Juni 2006 zwischen der Bauherrschaft und dem Beschwerdeführer bezüglich der Sorgfaltspflichten des Architekten auf die allgemein anerkannten Regeln seines Fachgebiets (Art. 1.3.1 SIA-Norm 102; angefochtener Entscheid E. 4.5 S. 14). Ob Art. 104 der SIA-Norm 118, als für den Beschwerdeführer bindend, eine vertragliche Garantenstellung des bauleitenden Architekten begründet, kann offen bleiben, da sich eine Garantenstellung und ähnliche Sorgfaltspflichten des Beschwerdeführers jedenfalls aus dem allgemeinen Gefahrensatz (Ingerenz) ergeben.
 
5.
 
5.1 Eine Garantenstellung des Bauleiters aus Ingerenz lässt sich mit den gleichen Überlegungen wie bei der Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunst nach Art. 229 StGB auch für den Tatbestand von Art. 125 StGB herleiten (Urteile des Bundesgerichts 6B_516/2009 vom 3. November 2009 E. 3.3.1; 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 5.2 und 5.3; vgl. auch 6P.121/2006 vom 7. Dezember 2006 E. 2.6).
 
5.2
 
5.2.1 Die mit der Leitung und Ausführung eines Bauwerks betrauten Personen sind dafür verantwortlich, dass in ihrem Bereich die Regeln der Baukunde eingehalten werden (BGE 109 IV 15 E. 2a S. 17). Wie weit die strafrechtliche Verantwortung einer am Bau beteiligten Person reicht, bestimmt sich auf Grund von gesetzlichen Vorschriften, vertraglichen Abmachungen oder der ausgeübten Funktionen sowie nach den jeweiligen konkreten Umständen (Urteil des Bundesgerichts 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 6.1). Die Verantwortung für die Verhütung von Unfällen kann in gewissen Grenzen delegiert werden, wenn für die nötige Instruktion und Überwachung gesorgt wird (BGE 104 IV 96 E. 5).
 
5.2.2 Zu den Aufgaben der Bauleitung zählen die Koordination und Überwachung der gesamten Bauarbeiten. Der Bauleiter muss die durch die Umstände gebotenen Sicherheitsvorkehrungen anordnen und generell für die Einhaltung der anerkannten Regeln der Baukunde sorgen. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob die gefährdeten Personen dem Bauleiter direkt unterstellt sind (BGE 101 IV 28 E. 2b; Urteil des Bundesgerichts 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 6.3). Kann die Bauleitung jederzeit durch Anordnungen und Weisungen in den Gang der Arbeiten eingreifen, muss sie sicherstellen, dass die Sicherheitsvorschriften beachtet werden. Ansonsten gehört die Überprüfung der Arbeit eines beigezogenen Spezialisten nicht zum Pflichtenkreis des bauleitenden Architekten. Dieser muss jedoch einschreiten, wenn er eine Verletzung elementarer Sicherheitsvorschriften feststellt. Dies gilt insbesondere, wenn dadurch eine Gefahr für die körperliche Integrität oder das Leben Dritter hervorgerufen wird (Urteile des Bundesgerichts 6B_437/2008 vom 24. Juli 2009 E. 5.7.2 und 5.7.3; 6S.181/2002 vom 30. Januar 2003 E. 3.2.1, je mit Hinweisen). Schafft der bauleitende Architekt beispielsweise durch die geplante Reihenfolge der Arbeitsabläufe, durch eine mangelnde Koordination zwischen Arbeitern verschiedener Berufssparten oder durch eine unübliche Bauweise einen spezifischen Gefahrenzustand, muss er alles Zumutbare tun, damit die Gefahr zu keiner Verletzung fremder Rechtsgüter führt (Urteil des Bundesgerichts 6S.181/2002 vom 30. Januar 2003 E. 3.6).
 
5.2.3 Der Bauunternehmer muss seine Angestellten sorgfältig auswählen, die notwendigen Anleitungen erteilen und überwachen (BGE 117 IV 130 E. 2a). Er muss die Sicherungsmassnahmen anordnen und das Material zur Verfügung stellen, damit Sicherheitsvorrichtungen rechtzeitig errichtet werden können (Roelli/Fleischanderl, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 23 zu Art. 229 StGB). Der Vorarbeiter ist oft ein bewährter Facharbeiter, dessen Stellung sich nicht sehr stark von der seiner Untergebenen unterscheidet und an welchen nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden können wie an den Polier. Er hat jedoch eine leitende Funktion auf dem Arbeitsplatz. Als verantwortlicher Fachmann muss er für die Einhaltung der Pläne und Anordnungen des Arbeitgebers sorgen, sich um die erforderlichen Sicherheitsvorkehren kümmern und seinen Vorgesetzen auf allfällige Mängel aufmerksam machen (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts Str. 364/1985 vom 7. Oktober 1985 E. 2; Roelli/Fleischanderl, a.a.O., N. 28 und 30 zu Art. 229 StGB). Wesentliche Entscheide hat der Bauunternehmer selber zu treffen und darf sie nicht auf Poliere oder Vorarbeiter abwälzen (Roelli/Fleischanderl, a.a.O., N. 23 zu Art. 229 StGB mit Hinweisen). Hingegen ist er nicht verpflichtet, erfahrene Mitarbeiter permanent zu überwachen (BGE 117 IV 130 E. 2d; Urteil des Bundesgerichts 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 6.2).
 
5.3 Bei den Verkleidungsarbeiten auf dem vollständig überdeckten, ins Gebäude eingelassenen Balkon im 1. Obergeschoss der Liegenschaft handelte es sich nicht um Hochbauarbeiten im Sinne von Art. 16 BauAV, welche zwingend ein Sicherheitsgerüst erforderten. Für die Verkleidungsarbeiten auf dem Balkon musste demnach kein Fassadengerüst angebracht werden, sondern es waren auch andere geeignete Sicherungsmassnahmen zulässig. Indem der Beschwerdeführer das Gerüst entfernen liess, verletzte er folglich noch keine Sorgfaltspflicht. Eine Erfüllung des Tatbestands der fahrlässigen Körperverletzung durch aktives Tun ist zu verneinen (vgl. BGE 129 IV 119 E. 2.2; 115 IV 199 E. 2a).
 
5.4 Wohl war es in erster Linie am Bauunternehmer, seine Angestellten entsprechend auszubilden, die notwendigen Anordnungen zu erteilen und ihnen das Material für die Errichtung der Absturzsicherung zur Verfügung zu stellen. Auch der Beschwerdeführer als Bauleiter musste jedoch, wenn er direkte Weisungen erteilte, dafür sorgen, dass die Sicherheitsvorschriften eingehalten wurden. Dies galt auch für kleine Zusatz- oder Nachbesserungsarbeiten, bei deren Ausführung den Sicherheitsvorschriften oft nicht nachgelebt wird, da diese nicht selten mit verhältnismässig grossem Aufwand verbunden sind. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer die bestehende Sicherung wenige Tage vor Inangriffnahme der Arbeiten entfernen liess, ohne eine andere geeignete Schutzmassnahme zu treffen. Er unterliess es zudem, den Bauunternehmer darüber zu informieren, obschon er nicht davon ausgehen konnte, dass sich dieser vor den Arbeiten nochmals auf die Baustelle begab. Als bauleitender Architekt wäre er verpflichtet gewesen, die Arbeiten entsprechend zu organisieren, damit die weiteren Beteiligten ihre Aufsichts- und Sicherheitspflichten erfüllen konnten.
 
Der Beschwerdeführer hätte die Angestellten der W.________ AG daher darauf hinweisen müssen, dass für die Verkleidungsarbeiten die notwendige Absturzsicherung anzubringen war und gegebenenfalls erläutern müssen, in welcher Form dies zu erfolgen hatte. Zumindest hätte er den Arbeitgeber über die Entfernung des Gerüsts informieren müssen, damit dieser seiner Aufsichtspflicht nachkommen und seinerseits die erforderlichen Instruktionen für die Einhaltung des gesetzlichen Sicherheitsstandards erteilen konnte. Selbst wenn man davon ausgeht, V.________ sei als Vorarbeiter zum Einsatz gelangt, durfte der Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres annehmen, der Verantwortliche der W.________ AG habe diesen entsprechend instruiert bzw. die Verantwortung für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften gültig an diesen delegiert. Indem er weder die Arbeiter direkt auf die Notwendigkeit der Anbringung einer Absturzsicherung hinwies, noch deren Arbeitgeber über die Entfernung des Gerüsts in Kenntnis setzte, verletzte er seine Sorgfaltspflichten.
 
5.5 Die Gefahr des Erfolgseintritts war für den Beschwerdeführer voraussehbar. Hätte er die Angestellten der W.________ AG entsprechend instruiert bzw. deren Verantwortlichen darauf hingewiesen, dass das Gerüst entfernt wurde und eine andere Absturzsicherung anzubringen war, hätte der Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden werden können, da nicht davon auszugehen war, dass diese den Hinweis missachtet hätten. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden.
 
Die Unterscheidung verschiedener Verantwortlichkeitsbereiche ist eine Folge der beim Bau unumgänglichen Arbeitsteilung, wobei sich die einzelnen Tätigkeiten häufig nicht scharf voneinander abgrenzen lassen, so dass bei einer festgestellten Verletzung von Regeln der Baukunde die strafrechtliche Verantwortung oft mehrere Personen gleichzeitig trifft (Urteil des Bundesgerichts 6B_516/2009 vom 3. November 2009 E. 3.3.1 mit Hinweisen). Die Vorinstanz weist zutreffend darauf hin, dass das Fehlverhalten des Verantwortlichen der W.________ AG und der betroffenen Bauarbeiter nicht derart aussergewöhnlich war, dass es den Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung des Beschwerdeführers und dem Erfolgseintritt unterbrechen konnte.
 
Der Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung nach Art. 125 Abs. 1 StGB ist nicht bundesrechtswidrig.
 
6.
 
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo geltend. Die Vorinstanz hätte an einer vertraglichen Garantenstellung grösste Zweifel haben und ihn deshalb freisprechen müssen (Beschwerde S. 5 Ziff. 7 und S. 18 Ziff. 58).
 
Ob der Beschwerdeführer auch eine Garantenstellung aus Vertrag hatte, kann offen bleiben (vgl. supra E. 4.4). Auf die Rüge ist daher nicht einzutreten. Im Übrigen handelt es sich hierbei in erster Linie um eine Rechtsfrage. Nicht ersichtlich ist daher, inwiefern die Vorinstanz, indem sie von einer vertraglichen Garantenstellung des Beschwerdeführers ausging, den Grundsatz in dubio pro reo als Beweiswürdigungsregel (vgl. BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a, je mit Hinweisen) verletzt haben könnte.
 
7.
 
Der Beschwerdeführer beantragt die Durchführung eines zusätzlichen Schriftenwechsels, sollte das Bundesgericht von den von der Vorinstanz zu seinen Gunsten getroffenen Feststellungen (insbesondere keine Anwendbarkeit der BauAV etc.) abweichen (Beschwerde Ziff. 13 S. 6).
 
Das Bundesgericht wendet Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Weicht es von der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz ab, ist dem Beschwerdeführer nur ausnahmsweise vorgängig rechtliches Gehör zu gewähren, wenn es den Entscheid mit einer Rechtsnorm oder einem rechtlichen Standpunkt zu begründen beabsichtigt, die im bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurden, auf die sich die beteiligten Parteien nicht berufen haben und mit deren Erheblichkeit im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten (vgl. BGE 123 I 63 E. 2d; 115 Ia 94 E. 1b). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
 
8.
 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird gegenstandslos.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Februar 2010
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Favre Unseld
 
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