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Informationen zum Dokument  BGer 5A_646/2009  Materielle Begründung
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BGer 5A_646/2009 vom 25.01.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_646/2009
 
Urteil vom 25. Januar 2010
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
Parteien
 
Gemeinde A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
X.________,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Wohnsitznahme,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 27. August 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a X.________, geboren 1920, wohnte bis Ende November 2008 in B.________. Sie erhielt in den letzten Jahren durch ihren Nachbarn Z.________ immer wieder Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags. Am 2. Juni 2005 unterzeichnete sie eine Vorsorgevollmacht, am 12. Mai 2006 eine Generalvollmacht mit Substitutionsbefugnis, am 28. März 2007 eine Patientenverfügung und am 19. September 2007 eine Vollmacht mit Substitutionsbefugnis, wobei Z.________ jeweils als Bevollmächtigter bzw. Vertrauensperson bezeichnet wurde.
 
A.b Am 25. November 2008 trat X.________ in das Alters- und Pflegeheim C.________ in A.________ ein. Gleichentags meldete Z.________ sie für die Wohnsitzbegründung daselbst an. Die Gemeinde A.________ lehnte eine Wohnsitzbegründung von X.________ mehrfach ab und erliess schliesslich am 2. Februar 2009 eine entsprechende Verfügung. Demnach begründe der Eintritt ins dortige Alters- und Pflegeheim keinen Wohnsitz und für X.________ gelte nach wie vor die Stadt B.________ als Wohnsitz. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz wies eine dagegen erhobene Beschwerde am 10. März 2009 ab.
 
B.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, an welches X.________ daraufhin gelangte, hiess ihre Beschwerde am 27. August 2009 gut und stellte fest, dass sie mit Wirkung ab 1. April 2009 Wohnsitz in A.________ habe. Die Einwohnerkontrolle A.________ habe die erforderlichen administrativen Handlungen vorzunehmen.
 
C.
 
Mit einer als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. subsidiäre Verfassungsbeschwerde bezeichneten Eingabe vom 28. September 2009 ist die Gemeinde A.________ an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Entscheides und die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz.
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit voller Kognition (BGE 134 III 115 E. 1 S. 117; 133 I 206 E. 2 S. 210).
 
1.1 Anlass zur Beschwerde gibt die Weigerung der Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin in das Einwohnerregister einzutragen. Die kommunalen und kantonalen Behörden haben allerdings nicht über die Niederlassung bzw. das polizeiliche Domizil entschieden, sondern über den privatrechtlichen Wohnsitz gemäss Art. 23 ff. ZGB (vgl. zum Ganzen Urteile 2P.49/2005 vom 10. August 2005; 2P.49/2007 vom 3. August 2008 E. 2.2 und 3.1). Die Beschwerdeführerin besteht auf der Feststellung, dass die Beschwerdegegnerin ihren Wohnsitz gemäss Art. 23 ff. ZGB nicht in A.________, sondern in B.________ habe. Der vorliegende Streit dreht sich um die zivilrechtlichen Verhältnisse der Beschwerdegegnerin. Angefochten ist somit ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher ungeachtet ihrer Bezeichnung als Beschwerde in Zivilsachen entgegen zu nehmen. Damit entfällt die Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG).
 
1.2 Zur Beschwerde in Zivilsachen ist berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Diese materielle Umschreibung des Beschwerderechts wurde nötig, da das neu geschaffene Rechtsmittel nicht nur in eigentlichen Zivilsachen erhoben werden kann, wozu der unterlegenen Prozesspartei bereits unter altem Recht die Berufung zustand. Es steht nunmehr auch in einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zur Verfügung. Demnach sind neben den Haupt- und Nebenparteien eines Zivilprozesses auch die Gesuchsteller in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie Behörden und Dritte, denen das materielle Recht trotz fehlender Legitimation in der Sache Parteirechte einräumt, zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt. Im Weiteren steht auch gewissen Bundesbehörden ein Beschwerderecht zu (Art. 76 Abs. 2 BGG). Der angefochtene Entscheid muss aber eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zum Gegenstand haben und in den Aufgabenbereich dieser Behörde fallen (zum Ganzen: Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4312 Ziff. 4.1.3.1; BGE 133 III 421 E. 1.1 S. 425; Urteil 5A_753/2009 vom 18. Januar 2010 E. 1.2).
 
1.3 Demgegenüber sind Gemeinwesen zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, soweit sie in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt sind. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft jedoch noch keine Beschwerdebefugnis (BGE 135 II 12 E. 1.2.1 S. 15). So musste im Fall der Einwohnergemeinde der Stadt D.________ die Legitimation zur Beschwerde gegen die Verpflichtung, eine zugezogene Person ins Einwohnerregister aufzunehmen, verneint werden (Urteil 2C_805/2008 vom 3. Februar 2009 E. 2.4). Ferner sind gewisse in Art. 89 Abs. 2 BGG aufgeführte eidgenössische und kantonale Behörden sowie durch ein Bundesgesetz bestimmte Personen, Organisation und Behörde zur Beschwerde berechtigt. Ob im vorliegenden Fall eine Beschwerdeberechtigung bestehen würde, ist fraglich, braucht aber nicht entschieden zu werden, da hier eine Zivilsache vorliegt und die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht gegeben ist.
 
1.4 Die Beschwerdeführerin äussert sich nicht zur Beschwerdeberechtigung. Ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Beschwerde in Zivilsachen zwecks Klärung des privatrechtlichen Wohnsitzes der Beschwerdegegnerin ist indessen nicht ersichtlich. Zudem ist eine Gemeinde keine Bundesbehörde im Sinne des Gesetzes. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
 
2.
 
Nach dem Dargelegten kann auf die als Beschwerde in Zivilsachen entgegenzunehmende Eingabe nicht eingetreten werden. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werden der Beschwerdeführerin keine Kosten auferlegt (Art. 66 Abs. 4 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Eingabe wird als Beschwerde in Zivilsachen entgegengenommen.
 
2.
 
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Januar 2010
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
Hohl Levante
 
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