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Informationen zum Dokument  BGer 9C_231/2009  Materielle Begründung
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BGer 9C_231/2009 vom 23.12.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_231/2009
 
Urteil vom 23. Dezember 2009
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Borella, Seiler,
 
Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke.
 
Parteien
 
F.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Januar 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1968 geborene F.________, Inhaber eines Handelsdiploms mit KV-Abschluss und selbstständig tätiger Treuhänder, bezieht seit 1969 auf Grund seiner angeborenen spastischen Hemiparese rechts verschiedene Leistungen der Invalidenversicherung; unter anderem wurde ihm mit Verfügung vom 30. August 2007 von der IV-Stelle des Kantons Zürich von Oktober bis Dezember 2005 eine Viertels- und ab Januar 2006 eine Dreiviertelsrente zugesprochen.
 
Ein Gesuch vom 29. Mai 2006 um Kapitalhilfe lehnte die IV-Stelle mit Verfügung vom 15. Oktober 2007 ab, wobei sie bereits mit Verfügung vom 18. Juni 2007 das Gesuch um unentgeltliche Rechtsvertretung im Einspracheverfahren abgewiesen hatte.
 
B.
 
Die gegen die beiden Verfügungen vom 18. Juni und 15. Oktober 2007 erhobenen Beschwerden vereinigte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und wies sie mit Entscheid vom 27. Januar 2009 ab.
 
C.
 
F.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und stellt verschiedene Anträge.
 
Mit Schreiben des Bundesgerichts vom 11. März 2009 wurde F.________ darauf hingewiesen, dass die Beschwerde die gesetzlichen Formerfordernisse hinsichtlich Antrag und Begründung nicht zu erfüllen scheine und eine Verbesserung nur innert der Beschwerdefrist möglich sei. Daraufhin reichte F.________ am 13. März 2009 (Poststempel), mithin innert Beschwerdefrist, eine neue Eingabe ein, mit welcher er folgende ausdrückliche Anträge stellte:
 
"Der Entscheid vom 27. Januar 2009 des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich wird vollumfänglich zurückgewiesen (interne Fehler)!
 
Die Kapitalhilfe sei zu gewähren, im Betrage von mind. CHF 35'000.- = entspricht dem BVG bis zur Errichtung der Einzelfirma bzw. investiertes Kapital zum Betrieb der Einzelfirma, ab 1997/1998 (= minimaler Beitrag zur beruflichen Eingliederung).
 
Die Rechtskosten seinen vollumfänglich zu bezahlen, inkl. Anteil an den persönlichen Auslagen und persönlichem Aufwand (entschädigt zu CHF 1'500.- pro Tag = Ausfall, da nicht für Kunden gearbeitet werden kann (rund 20 Tage Arbeit - der Aufwand war massiv wegen der SVA Zürich/IV). Der Gesamtaufwand beträgt rund CHF 40'000.-
 
Der Schadenersatz aus den massiven Fehlern/Falschaussagen im gesamten IV-Verfahren seien mit CHF 25'000.- zu entschädigen."
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; ohne Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG und Art. 105 Abs. 3 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde an das Bundesgericht (Art. 107 Abs. 1 BGG) nur zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (unter anderem) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Hiezu gehört insbesondere auch die unvollständige (gerichtliche) Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen und die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (Urteile 9C_534/2007 vom 27. Mai 2008, E. 1 mit Hinweis auf Ulrich Meyer, N 58-61 zu Art. 105, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008; Seiler/ von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 24 zu Art. 97).
 
2.
 
Was zunächst den Einwand des Beschwerdeführers betrifft, die IV-Stelle habe den Invaliditätsgrad falsch berechnet, da dieser 70.5 % anstatt 66 % betrage, ist dieses Vorbringen nicht stichhaltig. Der Beschwerdeführer bringt nicht weiter vor und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Berechnung unrichtig ist, ergibt doch der Einkommensvergleich anhand der in der Verfügung vom 30. August 2007 berücksichtigten Einkommenszahlen einen Invaliditätsgrad von 65.88 %. Zudem wäre der genaue Invaliditätsgrad nur rechtserheblich in Bezug auf den Rentenanspruch, der indessen nicht Streitgegenstand ist.
 
3.
 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Kapitalhilfe.
 
3.1 Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen über die Ausrichtung einer Kapitalhilfe zur Aufnahme oder zum Ausbau einer Tätigkeit als Selbstständigerwerbender (Art. 18 Abs. 2 IVG in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung, Art. 7 IVV) zutreffend dargelegt. Insbesondere ist richtig, dass Versicherten, die vor Eintritt der Invalidität in einem Anstellungsverhältnis standen, nur dann eine Kapitalhilfe zu gewähren ist, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit invaliditätsbedingt notwendig ist (Art. 8 Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung). Ist hingegen die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit möglich, besteht kein Anspruch auf Kapitalhilfe (AHI 2002 S. 180; vgl. Rz. 6005 des Kreisschreibens über die Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art, KSBE, gültig ab 1. Januar 2008). Darauf wird verwiesen.
 
3.2 Ebenfalls zutreffend hat die Vorinstanz unter Hinweis auf die Erwerbsbiographie des Versicherten angefangen beim Handelsdiplom mit KV-Abschluss dargetan, dass zwar seine Behinderung (Hemiparese) eine empfindliche Einschränkung der Einsetzbarkeit des rechten Arms und der rechten Hand bedeute, es ihm aber trotzdem möglich gewesen sei, das Handelsdiplom zu erwerben und anschliessend während mehr als zehn Jahren entsprechend berufstätig zu sein mit entsprechendem Einkommen, weshalb der 1999 erfolgte Wechsel von einer unselbstständigen zur selbstständigen Tätigkeit bei der Aufgabe der Tätigkeit für die Firma X.________ nicht invaliditätsbedingt notwendig gewesen sei. Die - teils weitschweifigen, teils im Wortlaut an der Grenze zur Ungebührlichkeit gehaltenen - Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Insbesondere ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass - selbst wenn es zutreffen sollte, dass der Beschwerdeführer zur Aufgabe seiner Anstellung bei der Firma X.________ gedrängt worden sein sollte, weil die Arbeitgeberin die Behinderung als nachteilig im Kundenkontakt erachtet habe - damit keineswegs die Notwendigkeit verbunden gewesen war, auf eine selbstständige Erwerbstätigkeit umzustellen, zeigt doch die Erwerbsbiographie des Versicherten bis 1999 das Vorhandensein von Anstellungsmöglichkeiten entsprechend seinen beruflichen Qualifikationen. Inwiefern damit eine unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts oder eine unhaltbare Beweiswürdigung vorliegt, und der kantonale Entscheid Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), ist nicht ersichtlich.
 
Sodann besteht auch im Rahmen der 2003 erfolgten Umwandlung von der Einzelfirma zur AG kein Anspruch auf Kapitalhilfe. Im asim-Gutachten vom 29. Dezember 2006 wurde dem Versicherten ab 2003 eine Arbeitsfähigkeit als Treuhänder von 50 % attestiert. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht, weshalb er diese 50%-Tätigkeit nicht weiterhin im Rahmen der Firma Z.________ hätte ausüben können oder inwiefern die Tätigkeit bei der Y.________ AG seinen Beschwerden im linken Handgelenk besser Rechnung trägt, umfasst seine Tätigkeit doch nach wie vor die gleichen Arbeiten, sei es am Computer oder beim Kundenkontakt. Dass ihm lediglich eine reduzierte Arbeitsfähigkeit verbleibt, wird bereits mit der Invalidenrente abgegolten. Gemäss Abklärungsbericht Selbstständigerwerbende erfolgte der Wechsel von der Z.________ (Einzelfirma) zur Y.________ (AG) denn auch infolge eines Betrugsfalles, um den Verlust zu minimieren. In Bezug auf die im Jahre 2003 erfolgte Umstellung von der Firma Z.________ auf die Y.________ AG besteht daher kein Anspruch auf Kapitalhilfe.
 
4.
 
Was sodann den Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege im Einspracheverfahren betrifft, ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass bei Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung der anwaltliche Aufwand lediglich ab dem Zeitpunkt der Gesuchstellung vergütet wird (Urteil 8C_83/2008 vom 9. Dezember 2008) und dass der Versicherte auf Grund seines erst nach Mandatsniederlegung seines Rechtsvertreters gestellten Gesuchs schon deshalb keinen Anspruch auf Entschädigung hat, abgesehen davon, dass diese auch sachlich nicht gerechtfertigt war. Die Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen zu keinem anderen Ergebnis zu führen.
 
5.
 
Schliesslich macht der Beschwerdeführer Schadenersatz in der Höhe von Fr. 25'000.- geltend. Da die IV-Stelle darüber indes nicht verfügt hat, ist auf das Begehren mangels Anfechtungsgegenstand nicht einzutreten, abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer weder den Schaden substanziert darlegt, noch vorbringt, inwiefern das Verhalten der IV-Stelle als widerrechtlich zu betrachten wäre, weshalb die Voraussetzung einer Schadenersatzpflicht nach Art. 78 ATSG (SZS 2009 S. 132, 9C_894/2008) ohnehin nicht erfüllt wären.
 
6.
 
Die Beschwerdeführer als unterliegende Partei hat die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 23. Dezember 2009
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Meyer Helfenstein Franke
 
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