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Informationen zum Dokument  BGer 2C_422/2009  Materielle Begründung
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BGer 2C_422/2009 vom 21.12.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_422/2009
 
Urteil vom 21. Dezember 2009
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Müller, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Zähndler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern,
 
Steuerrekurskommission des Kantons Bern.
 
Gegenstand
 
Verweigerung der unentgeltlichen Prozessführung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. Mai 2009.
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
 
1.
 
X.________ und seine Ehefrau Y.________ ersuchten die Steuerverwaltung des Kantons Bern am 19. Januar 2008 um Erlass der Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuer der Periode 2006. Als Begründung führten sie eine finanzielle Notlage an. Die Steuerverwaltung vermochte eine solche indes nicht zu erkennen und wies das Gesuch am 11. Juli 2008 ab. Hiergegen rekurrierten die Steuerpflichtigen bei der Steuerrekurskommission des Kantons Bern und ersuchten gleichzeitig um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Mit Zwischenentscheid vom 23. Februar 2009 wies die Steuerrekurskommission das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab; zwar ging sie von einem monatlichen Einkommensmanko der Steuerpflichtigen in Höhe von Fr. 668.-- aus, doch erachtete sie deren prozessuale Bedürftigkeit unter Hinweis auf vorhandene Liegenschaften als nicht gegeben. Eine von X.________ und Y.________ daraufhin beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern geführte Beschwerde wurde von diesem am 28. Mai 2009 abgewiesen.
 
Mit Eingabe vom 26. Juni 2009 wendet sich X.________ mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht und sucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Verfahren vor der Steuerrekurskommission nach. Während die Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung auf eine Vernehmlassung verzichten, schliessen das Verwaltungsgericht sowie die Steuerverwaltung des Kantons Bern auf Abweisung der Beschwerde.
 
2.
 
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Amtes wegen (Art. 29 BGG; BGE 134 V 45).
 
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage, ob die Steuerrekurskommission des Kantons Bern in ihrer Verfügung vom 23. Februar 2009 dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege zu Recht verweigert hat. Solche Verfügungen stellen Zwischenentscheide dar, welche einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können und daher gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gesondert anfechtbar sind (Urteil 2C_143/2008 vom 10. März 2008 E. 2 mit Hinweisen).
 
In der Sache selbst geht es um den Erlass von Abgaben, weswegen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. m BGG unzulässig ist. Als bundesrechtliches Rechtsmittel kommt daher nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde in Betracht, mit welcher ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Art. 116 BGG).
 
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinandersetzt (BGE 134 II 244). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).
 
Der Beschwerdeführer sieht durch den angefochtenen Entscheid die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) verletzt und behauptet das Vorliegen eines "unzulässigen konfiskatorischen Eingriffs". Die Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege und -verbeiständung (Art. 29 Abs. 3 BV) rügt er dagegen nicht ausdrücklich. Er bringt jedoch deutlich zum Ausdruck, dass er sich ausserstande sieht, die für das Verfahren vor der Steuerrekurskommission benötigten finanziellen Mittel aufzubringen. Aus der von einem juristischen Laien abgefassten Eingabe geht damit hinreichend klar hervor, dass der Beschwerdeführer den angefochtenen Entscheid vor allem auch unter diesem Aspekt beurteilt haben möchte.
 
Nach dem Ausgeführten ist auf die im übrigen form- und fristgerecht eingereichte subsidiäre Verfassungsbeschwerde einzutreten. Wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, erweist sie sich allerdings als offensichtlich unbegründet, weswegen sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG (summarische Begründung; Verweis auf den angefochtenen Entscheid) behandelt werden kann.
 
3.
 
Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Falls es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Dass sich aus dem bernischen Verfassungs- und Verfahrensrecht ein weitergehender Anspruch ergebe, wird im vorliegenden Fall nicht eingewendet. Massgebend ist daher allein die bundesrechtliche Minimalgarantie.
 
Die Vorinstanz hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 3 BV korrekt wiedergegeben (vgl. BGE 119 Ia 11; Urteil 4P.313/2006 vom 14. Februar 2007 E. 3; Urteil 5P.458/2006 vom 6. Dezember 2006 E. 2.2): Insbesondere hat sie zutreffend erkannt, dass die Art der Vermögensanlage keinen Einfluss auf die Zumutbarkeit hat, diese Werte vor Inanspruchnahme der unentgeltlichen Rechtspflege anzugreifen. Konkret bedeutet dies, dass Grundeigentümer die für einen Prozess benötigten finanziellen Mittel grundsätzlich durch Vermietung, Belehnung oder gegebenenfalls Veräusserung der Liegenschaft aufzubringen haben.
 
Wenn der Beschwerdeführer hiergegen vorbringt, der Verkauf seines Grundeigentums oder die Erhöhung der Hypothekarbelastung seien ihm weder möglich noch zumutbar, vermag dieser Einwand nicht zu überzeugen: Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer bewohnte Liegenschaft in A.________ einen amtlichen Wert von Fr. 520'910.-- aufweist, jedoch gegenwärtig mit lediglich Fr. 260'000.-- belastet ist. Den Akten ist zudem zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer noch über weiteres Grundeigentum mit einem amtlichen Wert von Fr. 3'410.-- in der Gemeinde B.________ verfügt. Die zu erwartenden Gesamtkosten für das Verfahren vor der Steuerrekurskommission inkl. aller Gebühren und angemessener anwaltlicher Vertretung betragen gemäss der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Verwaltungsgerichts dagegen maximal Fr. 2'000.--; der von der Steuerrekurskommission verlangte Kostenvorschuss belief sich sogar nur auf Fr. 100.--. Ohne gegen Art. 29 Abs. 3 BV zu verstossen, durfte die Vorinstanz bei dieser Sachlage die prozessuale Bedürftigkeit des Beschwerdeführers verneinen und zum Ergebnis gelangen, dass ihm - trotz seines unbestrittenen Einkommensmankos in Höhe von Fr. 668.--/Monat - die Aufbringung der benötigten finanziellen Mittel aus eigener Kraft zuzumuten sei.
 
Die ebenfalls angerufene Eigentumsgarantie schützt als Institutsgarantie die Eigentumsordnung in ihrem Kern und verbietet dem Gemeinwesen, den Abgabepflichtigen ihr privates Vermögen durch übermässige Besteuerung nach und nach zu entziehen (BGE 106 Ia 342 E. 6a S. 348 f.). Im vorliegenden Verfahren ist der Verweis auf die Eigentumsgarantie jedoch bereits deshalb unbehelflich, weil dieses nicht eine Besteuerung des Beschwerdeführers zum Gegenstand hat, sondern es ausschliesslich um die Kostenvorschusspflicht in einem vom Beschwerdeführer selbst angehobenen Rechtsmittelverfahren geht. Ob der Schutzbereich von Art. 26 BV überhaupt tangiert wird, erscheint daher fraglich. Die Frage kann jedoch offen bleiben: Angesichts der geringen Höhe der zu erwartenden Auslagen des Beschwerdeführers einerseits und des beträchtlichen Umfangs des unbelasteten Teils seines Grundeigentums andererseits kann von einem "konfiskatorischen Eingriff" ohnehin nicht die Rede sein.
 
4.
 
Nach dem Ausgeführten erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.
 
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen werden, da gemäss den obenstehenden Erwägungen davon ausgegangen werden muss, dass der Beschwerdeführer über die notwendigen Mittel verfügt (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung und der Steuerrekurskommission des Kantons Bern, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 21. Dezember 2009
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Zähndler
 
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