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Informationen zum Dokument  BGer 9C_744/2009  Materielle Begründung
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BGer 9C_744/2009 vom 15.12.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
9C_744/2009{T 0/2}
 
Urteil vom 15. Dezember 2009
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
 
Gerichtsschreiber Fessler.
 
Parteien
 
H.________,
 
vertreten durch Advokat Guido Ehrler,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle Basel-Stadt,
 
Lange Gasse 7, 4052 Basel,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Arbeitsfähigkeit),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 10. Juni 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Der 1966 geborene H.________ arbeitete seit ... 1990 in der Firma G.________ AG. Am 1. März 2002 stürzte er bei der Arbeit von einer Leiter. Die erstbehandelnden Ärzte des Spitals X.________ diagnostizierten eine Commotio cerebri sowie Kontusionen des Handgelenks rechts, der Schulter rechts und der Hals- und Brustwirbelsäule. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) erbrachte bis Ende 2003 Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Heilbehandlung, Taggeld).
 
A.b Im Mai 2003 meldete sich H.________ bei der Invalidenversicherung an und beantragte berufliche Eingliederungsmassnahmen und eine Rente. Nach Abklärungen sprach ihm die IV-Stelle Basel-Stadt mit Verfügung vom 28. Juli 2004 eine ganze Rente für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2003 zu. Mit Einspracheentscheid vom 1. Dezember 2004 hob die IV-Stelle die Verfügung mit der Begründung auf, es seien weitere medizinische Abklärungen erforderlich.
 
Am 27. und 28. September 2005 wurde H.________ in der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) der Klinik B.________ untersucht und begutachtet (Expertise vom 30. Dezember 2005). Mit Verfügungen vom 10. Februar und 6. März 2006 sprach ihm die IV-Stelle für die Zeit ab 1. Januar 2004 eine halbe Invalidenrente samt Zusatzrente für die Ehefrau und drei Kinderrenten zu und bestätigte den Anspruch auf eine ganze Rente für die Monate März bis Dezember 2003. Hiegegen liess H.________ Einsprache erheben.
 
A.c Aufgrund der Einwendungen in der Einsprache holte die IV-Stelle beim Institut Y.________ eine Stellungnahme zu zwei den Gutachtern der MEDAS nicht vorgelegenen neurologischen Berichten ein. Weiter liess sie den Versicherten, welcher sich im April 2007 zum Bezug von Hilflosenentschädigung angemeldet hatte, durch den Psychiater des regionalen ärztlichen Dienstes (RAD), Dr. med. J.________, untersuchen. Der RAD-Arzt äusserte sich in seinem Bericht vom 21. April 2008 zur Arbeitsfähigkeit und nahm zur Hilflosigkeit Stellung. Mit Verfügung vom 30. Juni 2008 sprach die IV-Stelle H.________ ab 1. April 2006 eine Hilflosenentschädigung aufgrund einer Hilflosigkeit mittleren Grades zu.
 
Am 21. August 2008 trat H.________, welcher sich seit 2006 einer ambulanten Psychotherapie unterzog, in die Klinik S.________, zur stationären Behandlung ein.
 
Mit Einspracheentscheid vom 11. November 2008 bestätigte die IV-Stelle die ganze Rente für die Monate März bis Dezember 2003 sowie die halbe Rente ab 1. Januar 2004. Dem Entscheid beigelegt waren (in Kopie) der Bericht des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 sowie die diesbezügliche Stellungnahme des RAD-Psychiaters Dr. med. J.________ vom 7. November 2008.
 
B.
 
Die Beschwerde des H.________ mit dem Antrag auf Ausrichtung einer ganzen Rente über den 31. Dezember 2003 hinaus wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 10. Juni 2009 ab, wobei es dem Versicherten eine Parteientschädigung als Ersatz für die zusätzlichen Aufwendungen, die ihm ohne Gehörsverletzung (Zustellung des Berichts des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 erst mit dem Einspracheentscheid) nicht angefallen wären, zusprach.
 
C.
 
H.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 10. Juni 2009 und die Verfügungen vom 10. Februar und 6. März 2006 seien aufzuheben und ihm ab 1. Januar 2004 weiterhin eine ganze Rente auszurichten.
 
IV-Stelle, kantonales Versicherungsgericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Der Beschwerdeführer rügte vor der Vorinstanz eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die IV-Stelle, weil ihm der im Einspracheverfahren eingeholte Bericht des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 erst zusammen mit dem Einspracheentscheid zur Kenntnis gebracht worden sei. Die Beschwerdeerhebung sei notwendig gewesen, um sich Gehör zu diesem Dokument zu verschaffen. Die Vorinstanz hat eine Verletzung des Gehörsanspruchs nach Art. 42 ATSG bejaht, den Mangel indessen im Interesse einer beförderlichen Beurteilung der Sache als geheilt betrachtet und demzufolge von einer Rückweisung abgesehen. Was in der Beschwerde dagegen vorgebracht wird, ist nicht stichhaltig. Die Vorinstanz verfügte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht über uneingeschränkte Kognition (Art. 61 lit. c und d ATSG; BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390). Mit Bezug auf die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen galten der Untersuchungsgrundsatz sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Urteil 9C_511/2009 vom 30. November 2009 E. 4.1.1). Ebenfalls führte das kantonale Versicherungsgericht einen zweiten Schriftenwechsel durch. Die erstmals vor Bundesgericht vorgebrachten Rügen der Nichtbeachtung der Verfahrensrechte nach Art. 44 ATSG in Bezug auf den Bericht vom 15. September 2008 und der fehlenden persönlichen Untersuchung durch die Neurologen des Instituts Y.________ sind, soweit zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG), jedenfalls verspätet (vgl. Urteil 9C_330/2007 vom 28. September 2007 E. 4.1).
 
2.
 
Das kantonale Gericht ist bei der Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG) von einer Arbeitsfähigkeit von 50 % für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausgegangen. Es hat auf das Gutachten der MEDAS vom 30. Dezember 2005 abgestellt, welches den Anforderungen an einen beweiskräftigen ärztlichen Bericht (vgl. dazu BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) genüge. Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beurteilung des Psychiaters der Medizinischen Abklärungsstelle stimme mit derjenigen des Dr. med. F.________ im Gutachten vom 19. Februar 2004 überein, und zwar auch in der Diagnose sowie in der Ansicht, dass dem Versicherten die Anstrengung, sich adäquat zu verhalten und eine Teilleistung zu erbringen, zugemutet werden könne. Weder der neuro-otologische Bericht des Dr. med. M.________ vom 26. Februar 2007 noch der Untersuchungsbericht des RAD-Psychiaters Dr. med. J.________ vom 21. April 2008 vermöchten den Beweiswert des MEDAS-Gutachtens vom 30. Dezember 2005 und des Berichts des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 entscheidend zu schmälern. Die Beurteilung des RAD-Arztes einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % aus psychiatrischer Sicht überzeuge nicht, da objektiv keine Depression schweren Grades habe bestätigt werden können. Zudem habe er keine Stellungnahme zu früheren psychiatrischen Einschätzungen abgegeben, weil es diesbezüglich keine abweichenden Beurteilungen gebe, was nicht zutreffe. Es bestünden sodann keine Hinweise in den Akten, dass sich der psychische Gesundheitszustand in der Zwischenzeit grundlegend verschlechtert hätte. Dies gehe etwa aus der Anamnese des Dr. med. J.________ im Untersuchungsbericht vom 21. April 2008 sowie aus dem Bericht des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 hervor, wonach eine Arbeitsfähigkeit von 50 % auch unter Berücksichtigung allfälliger neuropsychologischer Defizite der Situation angemessen sei.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer rügt eine offensichtlich unrichtige (aktenwidrige), auf einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung beruhende Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Insbesondere bestreitet er den Beweiswert des MEDAS-Gutachtens vom 30. Dezember 2005. Die Expertise sei beinahe drei Jahre vor Erlass des Einspracheentscheides vom 11. November 2008 verfasst worden und sei somit veraltet.
 
4.
 
4.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (Urteil 9C_575/2009 vom 6. November 2009 E. 3.2.1.1).
 
Die konkrete Beweiswürdigung ist wie die darauf beruhende Sachverhaltsfeststellung ebenfalls nur unter diesem eingeschränkten Blickwinkel überprüfbar (Urteile 9C_410/2008 vom 8. September 2008 E. 3.3.1 und 9C_801/2008 vom 6. Januar 2009 E. 2.2). Die Beweiswürdigung durch das kantonale Gericht verletzt Bundesrecht, namentlich wenn es den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_161/2009 vom 18. September 2009 E. 1.2 mit Hinweisen).
 
4.2 Im Sozialversicherungsverfahren gelten der Untersuchungsgrundsatz sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG und Art. 61 lit. c ATSG).
 
4.2.1 Der rechtserhebliche Sachverhalt ist von Amtes wegen unter Mitwirkung der Versicherten resp. der Parteien zu ermitteln. In diesem Sinne rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 43 und 273; Urteil 9C_214/2009 vom 11. Mai 2009 E. 3.2). Der Verzicht auf weitere Abklärungen oder im Beschwerdefall auf Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu diesem Zwecke (antizipierte Beweiswürdigung) verletzt etwa dann Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG), wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage, wie namentlich Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person, auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (Urteil 9C_575/2009 vom 6. November 2009 E. 3.1 mit Hinweisen).
 
4.2.2 Die Beweise sind ohne Bindung an förmliche Beweisregeln umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Die kantonalen Versicherungsgerichte haben somit alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Anspruchs gestatten. Insbesondere dürfen sie bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, weshalb sie auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; Urteil 9C_511/2009 vom 30. November 2009 E. 4.1.1).
 
4.3 Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen Situation und Zusammenhänge einleuchtet und die Schlussfolgerungen des Arztes begründet sind (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; Urteil 9C_624/2009 vom 7. Oktober 2009 E. 4.1.1 mit Hinweis). Untersuchungsberichte regionaler ärztlicher Dienste können, sofern sie diesen Anforderungen genügen, einen vergleichbaren Beweiswert wie ein anderes Gutachten haben (Urteile 9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 4.3.2 und 9C_204/2009 vom 6. Juli 2009 E. 3.3.2).
 
5.
 
Das kantonale Gericht hat alle relevanten medizinischen Unterlagen in die Beweiswürdigung miteinbezogen und dargelegt, weshalb auf das MEDAS-Gutachten vom 30. Dezember 2005 und den das neurologische Fachgutachten vom 28. September 2005 ergänzenden Bericht des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 abzustellen ist und nicht auf die davon abweichenden ärztlichen Berichte, insbesondere den RAD-Untersuchungsbericht vom 21. April 2008. Von einer Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung kann somit nicht gesprochen werden.
 
6.
 
Seit dem MEDAS-Gutachten vom 30. Dezember 2005 wurden verschiedene medizinische Abklärungen durchgeführt und fachärztliche Berichte erstellt. Es liegt auf der Hand, dass sich die Gutachter damit nicht auseinandersetzen konnten. Allein deshalb verliert indessen die Expertise nicht entscheidend an Beweiskraft. Erst wenn in einem späteren ärztlichen Bericht objektive, nicht rein subjektiver ärztlicher Interpretation entspringende Aspekte benannt werden, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind, drängt sich allenfalls eine andere Beurteilung auf oder besteht Anlass für weitere Abklärungen (vgl. Urteil 9C_276/2009 vom 24. Juni 2009 E. 4.2.3 mit Hinweisen).
 
6.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe gemäss dem Bericht des Dr. med. K.________ vom 17. Juli 2008 beim Unfall vom 1. März 2003 (recte: 2002) mit grösster Wahrscheinlichkeit eine Parenchymschädigung erlitten. Entgegen der Auffassung der Gutachter der MEDAS leide er an einem klar fassbaren organischen Substrat, das geeignet sei, deren Zumutbarkeitseinschätzung zu beeinflussen.
 
6.2
 
6.2.1 Die Neurologen der Medizinischen Abklärungsstelle diagnostizierten im Wesentlichen ein chronisches zervikocephales Schmerzsyndrom bei Status nach milder traumatischer Hirnverletzung nach Leitersturz am 1. März 2002 und circa 2000 (laut Aktenlage). Die Experten wiesen darauf hin, dass die im SPECT vom 2. November 2004 festgestellte deutliche Minderperfusion im okzipitalen Kortex links mehr als rechts keinen Rückschluss auf die zugrunde liegende Pathologie (traumatische Hirnverletzung oder sekundäre Folge einer Depression) zulasse. Die Arbeitsfähigkeit sei bei deutlicher funktioneller Überlagerung der Beschwerden kaum zu beurteilen. Aus neurologischer Sicht sei aufgrund der chronischen Nacken- und Kopfschmerzen die Arbeitsfähigkeit höchstens zu 10 % eingeschränkt (neurologisches Fachgutachten vom 28. September 2005).
 
6.2.2 Dr. med. K.________, Oberarzt Klinik Z.________, hielt in seinem im Auftrag des Institus Y.________ erstellten Gutachten vom 17. Juli 2008 fest, aufgrund der SPECT- und PET-Untersuchungsbefunde vom ... 2004 und ... 2005 bestehe eine Parenchymschädigung, welche sehr wahrscheinlich unfallbedingt sei und nicht mit einer Depression in Zusammenhang stehe. Inwieweit die Läsion für die derzeitige Symptomatik und für die Arbeitsunfähigkeit ursächlich sei, könne aufgrund des Verdachts einer deutlichen funktionellen Überlagerung nicht gesagt werden. Die beiden Ursachen könnten mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht mit genügender Objektivität getrennt werden.
 
6.2.3 Die Ärzte des Instituts Y.________ erachteten aufgrund der Ausführungen des Dr. med. K.________ die Parenchymveränderungen als überwiegend wahrscheinlich unfallbedingt, was an der Diagnose eines chronischen zervikocephalen Schmerzsyndroms bei Status nach zweimaliger milder traumatischer Hirnverletzung nichts ändere. Unfallkausale neuropsychologische Defizite liessen sich zwar nicht ausschliessen, dürften insgesamt aber im Hintergrund stehen (Bericht vom 15. September 2008).
 
6.3 Die Beurteilungen der Neurologen der MEDAS und des Dr. med. K.________ weichen somit einzig in Bezug auf die Ätiologie (traumatische Hirnverletzung oder sekundäre Folge einer Depression) der festgestellten Parenchymveränderungen voneinander ab. Diese Differenz vermag indessen die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im Gutachten der MEDAS vom 30. Dezember 2005 nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen, und zwar umso weniger, als (auch) aus nuklearmedizinischer Sicht die Pathogenese keine zuverlässigen Aussagen zum funktionellen Leistungsvermögen gestattet. Der Beweiswert der Expertise wird auch nicht dadurch geschmälert, dass die Neurologen des Instituts Y.________ die damalige Einschätzung der Arbeitsfähigkeit von 50 % als angemessen bezeichneten. Diese Aussage ist im Kontext zu sehen und zu verstehen, dass die betreffenden - nicht psychiatrischen - Fachärzte von einem unveränderten neurologischen Beschwerdebild (chronisches zervikocephales Schmerzsyndrom bei Status nach zweimaliger milder traumatischer Hirnverletzung) ausgingen, was nicht bestritten ist. Für dieses Verfahren nicht von Bedeutung ist und daher offenbleiben kann, ob längerfristig keine neuropsychologische Defizite zu erwarten sind, wie im Bericht des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 ausgeführt wird.
 
7.
 
Die weiteren Vorbringen in der Beschwerde gegen das MEDAS-Gutachten vom 30. Dezember 2005 werfen die Frage auf, ob die nachher erstellten ärztlichen Berichte oder später eingetretene Umstände die damalige Beurteilung der Experten der Medizinischen Abklärungsstelle ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr als schlüssig erscheinen lassen.
 
7.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, gemäss dem Bericht des RAD-Psychiaters Dr. med. J.________ vom 21. April 2008 habe seit der Begutachtung durch die MEDAS eine Symptomausweitung stattgefunden. Demgegenüber hat sich nach Auffassung der Vorinstanz der psychische Gesundheitszustand aufgrund der Anamnese des RAD-Arztes und der Beurteilung des Instituts Y.________ seither nicht grundlegend verschlechtert (vgl. E. 2 hievor).
 
7.1.1 Die Vorinstanz hat den Bericht des RAD-Arztes gewürdigt und ist zum Ergebnis gekommen, dieser erfülle die Anforderungen an einen beweiskräftigen Arztbericht nicht. Diese Würdigung beruht weder auf einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung noch auf einer Bundesrechtsverletzung. Insbesondere gibt der RAD-Arzt zur Frage "Stellungnahme zu früheren psychiatrischen Einschätzungen der Arbeitsfähigkeit" an: "Entfällt, keine abweichenden Stellungnahmen". Dies zwingt zum Schluss, dass er das MEDAS-Gutachten nicht kannte oder nicht berücksichtigte. Auf dessen Bericht kann deshalb nicht abgestellt werden (vgl. Urteil 9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 4.3.1). Auch die nachfolgende Stellungnahme des RAD-Arztes vom 29. Mai 2008 ist entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers in keiner Weise einlässlich, sondern gegenteils äusserst rudimentär und wenig aussagekräftig.
 
7.1.2 Immerhin hat die Vorinstanz die von Dr. med. J.________ gestellten Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig behandelt, mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F33.11) und eine dissoziative Bewegungsstörung (ICD-10 F44.4) nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Sie hat lediglich aufgrund des zweifelhaften Schweregrades der Depression die Einschätzung des RAD-Psychiaters einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % als nicht nachvollziehbar bezeichnet.
 
Auch wenn der RAD-Untersuchungsbericht vom 21. April 2008 den Beweiswert des MEDAS-Gutachtens vom 30. Dezember 2005 nicht entscheidend zu schmälern vermag, stellt er damit zumindest ein Indiz dar, dass sich der Gesundheitszustand seither in einer für die Arbeitsfähigkeit allenfalls erheblichen Weise geändert haben könnte.
 
In Bezug auf die erneute Einschätzung des Instituts Y.________ vom 15. September 2008 weist der Beschwerdeführer mit Recht darauf hin, dass es sich bei den Ärzten, die diese Stellungnahme verfasst haben, um Neurologen handelte. Ihre Einschätzung der Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht von 50 % gemäss dem MEDAS-Gutachten kann demzufolge lediglich beschränkte Aussagekraft haben (vgl. Urteil 9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 4.3.1).
 
7.2 Weiter wird in der Beschwerde vorgebracht, der Versicherte stehe seit 2006 bei Dr. med. R._________, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in ambulanter Behandlung. Dieser habe im Bericht vom 12. September 2006 eine Chronifizierung der Situation festgestellt. Am 21. August 2008 habe der Versicherte zudem eine stationäre Behandlung in der Klinik S.________ angetreten.
 
7.2.1 Aus dem Umstand allein, dass der Beschwerdeführer seit 2006 sich einer ambulanten und stationären psychiatrischen Behandlung unterzog, lässt sich nicht auf eine erhebliche Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes schliessen. Vorliegend ist indessen zu beachten, dass die Gutachter der MEDAS selber eine konsequente psychotherapeutische Behandlung als am vordringlichsten bezeichnet hatten, aufgrund des Ausmasses der Störung vermutlich initial in stationärem Rahmen. Der Explorand habe sich bei der Untersuchung in einem Zustand präsentiert, in welchem er keinem potenziellen Arbeitgeber zumutbar sei. Es könne jedoch von ihm erwartet werden, vermehrt Anstrengungen auf sich zu nehmen, um sein Verhalten zu ändern und sich adäquater zu verhalten, was zumindest eine Teilleistung ermöglichen würde.
 
7.2.2 Im Bericht vom 12. September 2006 an den Hausarzt hielt Dr. med. R._________ fest, das Ziel einer Behandlung müsse sein, das Fehlverhalten zu beeinflussen, was am ehesten durch eine längere stationäre Massnahme noch erreicht werden könne. Über die im August 2008 begonnene stationäre Behandlung in der Klinik S.________, insbesondere Dauer, Erfolg und Verhalten des Versicherten (Motivation und Eigenanstrengung, d.h. Wille zur Schmerzüberwindung), ist nichts bekannt. Aussagen hiezu sind jedoch bedeutsam für die Frage, ob zumindest bis zum Erlass des den gerichtlichen Prüfungszeitraum begrenzenden Einspracheentscheids vom 11. November 2008 (BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4) auf das MEDAS-Gutachten vom 30. Dezember 2005 abgestellt werden kann.
 
7.3 Schliesslich wird geltend gemacht, die Zusprechung einer Hilflosenentschädigung mit Verfügung vom 30. Juni 2008 spreche für den schweren Verlauf resp. die Chronifizierung des Leidens. Das kantonale Gericht hat sich zum selben Vorbringen in der vorinstanzlichen Beschwerde nicht geäussert.
 
Der Beschwerdeführer hatte sich im April 2007 zum Bezug von Hilflosenentschädigung angemeldet. Die Abklärungen ergaben, dass er in fünf massgeblichen Lebensverrichtungen auf direkte Hilfe durch Drittpersonen angewiesen war und zudem der dauernden Pflege bedurfte. Es bestand somit eine mittelschwere Hilflosigkeit (Art. 42 Abs. 2 IVG und Art. 37 Abs. 2 IVV). Unter anderem war der Beschwerdeführer beim Aufstehen von Stuhl und auch Toilette, beim Ankleiden und bei der Medikamenteneinnahme auf Dritthilfe angewiesen. Fortbewegen in der Öffentlichkeit war nur mit Überwachung möglich (vgl. Berichte Dr. med. J.________ vom 21. und 29. April 2008 sowie "Abklärungsbericht Hilflosigkeit IV" vom 21. Januar 2008 mit Ergänzung vom 28. April 2008; zu deren Beweiswert BGE 130 V 61). Diese Hilflosigkeit stellt nicht nur ein gewichtiges Indiz für eine Änderung des Gesundheitszustandes dar, sondern wirft überdies die Frage auf, inwiefern dem Versicherten auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt eine erwerbliche Tätigkeit sozial-praktisch noch zumutbar ist (BGE 127 V 294 E. 4c in fine S. 298). Gemäss Verfügung vom 30. Juni 2008 bestand eine Hilflosigkeit mittleren Grades spätestens seit 2005. Die Anmeldung bei der Invalidenversicherung erfolgte indessen erst im April 2007. In diesem Zeitpunkt ist die Hilflosigkeit als manifest und rentenrechtlich allenfalls bedeutsam zu betrachten.
 
7.4 Es bestehen somit gewichtige Anhaltspunkte, dass sich die gesundheitliche Situation spätestens seit der Anmeldung zum Bezug von Hilflosenentschädigung im April 2007 in allenfalls anspruchserheblicher Weise geändert hat. Ab diesem Zeitpunkt kann die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im MEDAS-Gutachten vom 30. Dezember 2005 nicht mehr als schlüssig gelten. Die Vorinstanz hat zu diesem Zeitraum keine hinreichenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen, sodass der rechtserhebliche Sachverhalt in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit insoweit als unvollständig abgeklärt bezeichnet werden muss (E. 4.2.1). Umgekehrt kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht eine ganze Rente gestützt auf den Bericht des RAD-Arztes zugesprochen werden, weil dieser die Anforderungen an ein beweiskräftiges Gutachten nicht erfüllt (vorne E. 7.1.1).
 
Die IV-Stelle wird den Beschwerdeführer nochmals psychiatrisch begutachten lassen. Die sachverständige Person wird beim ambulant behandelnden Arzt sowie bei den Ärzten der Klinik S.________ schriftliche oder allenfalls mündlich Auskünfte einzuholen haben (vgl. RUDOLF CONNE, Zur Qualität versicherungspsychiatrischer Gutachten, in: SZS 4/2009 S. 390 ff.).
 
8.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Parteien die Gerichtskosten je zur Hälfte zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat nach Massgabe seines Obsiegens Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 10. Juni 2009 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle Basel-Stadt vom 11. November 2008 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2007 Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung hat. Für die Zeit ab 1. April 2007 hat die IV-Stelle nach ergänzenden Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Leistungsanspruch neu zu verfügen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden je zur Hälfte dem Beschwerdeführer und der IV-Stelle Basel-Stadt auferlegt.
 
3.
 
Die IV-Stelle Basel-Stadt hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'400.- zu entschädigen.
 
4.
 
Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt hat die Gerichtskosten und die Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren neu festzusetzen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 15. Dezember 2009
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Meyer Fessler
 
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