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Informationen zum Dokument  BGer 2C_756/2009  Materielle Begründung
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BGer 2C_756/2009 vom 15.12.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_756/2009
 
Urteil vom 15. Dezember 2009
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Müller, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Zünd,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Fürsprecher Oliver Weber,
 
gegen
 
Einwohnergemeinde Biel, vertreten durch die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Bevölkerung, 2502 Biel,
 
Haftgericht III Bern-Mittelland, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Ausschaffungshaft,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Einzelrichter, vom 16. Oktober 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ (geb. 1970) stammt aus der Türkei. Das Bundesamt für Flüchtlinge wies sein Asylgesuch am 4. März 1997 ab, wogegen er erfolglos an die Schweizerische Asylrekurskommission gelangte. Am 29. April 2000 wurde X.________ aus der Schweiz weggewiesen, worauf er untertauchte und sich als "Sans-Papiers" in Neuenburg und Biel aufhielt.
 
B.
 
Anfangs September 2009 leiteten X.________ und die deutsche Staatsangehörige Y.________ (geb. 1971) beim Zivilstandsamt Biel-Nidau ein Ehevorbereitungsverfahren ein. Die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Bevölkerung der Einwohnergemeinde Biel nahm X.________ am 22. September 2009 in Ausschaffungshaft. Dieser weigerte sich am 25. September 2009, den für ihn gebuchten Flug von Zürich nach Istanbul/Gaziantep anzutreten, weshalb der Haftrichter 4 am Haftgericht III Bern-Mittelland gleichentags die Ausschaffungshaft prüfte und bis zum 21. Dezember 2009 bestätigte. Mit Urteil vom 16. Oktober 2009 wies der Einzelrichter am Verwaltungsgericht des Kantons Bern die von X.________ hiergegen eingereichte Beschwerde ab.
 
C.
 
X.________ beantragt vor Bundesgericht, die richterliche Haftgenehmigung aufzuheben und ihn "aus der am 22. September 2009 durch die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Bevölkerung der Einwohnergemeinde Biel angeordneten Ausschaffungshaft zu entlassen". Er macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, zudem bestehe kein Haftgrund und erweise sich seine Festhaltung wegen der bevorstehenden Ehe als unverhältnismässig.
 
Der Einzelrichter am Verwaltungsgericht des Kantons Bern und die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Bevölkerung der Stadt Biel beantragen, die Beschwerde abzuweisen. X.________ hat am 4. Dezember 2009 an seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten und darauf hingewiesen, dass seine Trauung am 10. Dezember 2009 um 11:00 Uhr in der Haftanstalt Witzwil stattfinden werde.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht, die kantonalen Behörden hätten seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt: Sein Anwalt habe am 24. September 2009 per Fax und per Brief sowohl beim Migrationsdienst des Kantons Bern als auch bei der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Bevölkerung der Einwohnergemeinde Biel um Akteneinsicht ersucht; diese sei ihm jedoch erst am 14. Oktober 2009 und somit mehr als zwei Wochen nach der Haftverhandlung gewährt worden, weshalb die Vernehmlassung an das Haftgericht III Bern-Mittelland und die Eingabe an das Verwaltungsgericht ohne Kenntnis der Akten hätten verfasst werden müssen. Obwohl er seinen Anwalt bereits am 24. September 2009 mandatiert habe, was den Ausländerbehörden bekannt gewesen sei, hätten weder diese noch das Haftgericht III Bern-Mittelland seinen Rechtsvertreter über den Hafttermin vom 25. September 2009 informiert; seinem Anwalt sei der Haftentscheid erst fünf Tage nach der Haftverhandlung und auf sein Drängen hin überhaupt eröffnet worden.
 
1.2 Dieses Vorgehen, das als solches von den Behörden nicht bestritten ist, erscheint nicht unproblematisch: Nach Art. 81 Abs. 1 Satz 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländer und Ausländerinnen (AuG; SR 142.20) hat der inhaftierte Ausländer Anspruch darauf, mit dem von ihm bezeichneten Rechtsvertreter mündlich und schriftlich zu verkehren. Ist er im Verfahren vor dem Haftrichter nicht vertreten, weil die Behörden nichts unternommen haben, um ihm den Kontakt zu ermöglichen, bzw. weil sie seinen Anwalt nicht über die Festhaltung oder den Hafttermin informiert haben, verletzt dies seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (so die Urteile 2A.236/ 2002 vom 27. Mai 2002 E. 2 und 3, publ. in: Pra 2002 Nr. 142 S. 769 ff.; 2A.346/2006 vom 4. Juli 2006 E. 4.1; 2C_334/2008 vom 30. Mai 2008 E. 4; THOMAS HUGI YAR, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax et al., Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, N. 10.40). Eine wirksame Vertretung setzt auch voraus, dass der Rechtsvertreter die Möglichkeit erhält, die Haftverhandlung vorzubereiten, was nur möglich erscheint, wenn ein entsprechendes Akteneinsichtsgesuch prioritär geprüft und die Unterlagen dem Rechtsvertreter möglichst umgehend zur Verfügung gestellt werden. Dieser muss rechtzeitig zumindest in diejenigen Akten Einsicht nehmen können, welche als Grundlage des Entscheids dienen sollen (vgl. zum Akteneinsichtsrecht bei der Ausschaffungshaft das Urteil 2A.294/2002 vom 3. Juli 2002 E. 2).
 
1.3 Mit dem Beschwerdeführer ist davon auszugehen, dass eine Bearbeitungsfrist von zwanzig Tagen wegen der zeitlichen Dringlichkeit von Haftverfahren als zu lange zu gelten hat; ihm ist aus der Verzögerung im konkreten Fall indessen kein relevanter Nachteil entstanden; zudem hat er die aufgetretenen Probleme teilweise selber zu verantworten: Der Beschwerdeführer hat sich am 25. September 2009 in Zürich geweigert, seinen Heimflug anzutreten, was es erforderlich machte, seine Haft kurzfristig richterlich überprüfen zu lassen. Zwar wurde sein Anwalt von den Behörden hierüber nicht offiziell informiert, doch war diesem der Zeitpunkt der Verhandlung auf telefonische Anfrage hin bekannt gegeben worden. Er konnte indessen aus termin-lichen Gründen nicht daran teilnehmen, doch reichte er für seinen Klienten rechtzeitig eine schriftliche Stellungnahme ein, ohne eine Verschiebung der Verhandlung zu beantragen, an denen die wichtigsten Aktenstücke auflagen.
 
1.4 Praxisgemäss führt im Übrigen nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einer Haftentlassung. Es kommt vielmehr jeweils darauf an, welche Bedeutung den verletzten Vorschriften für die wirksame Wahrung der Rechte des Betroffenen im Vergleich zu den Interessen an der Durchsetzung der Ausschaffung zukommt (vgl. 2C_356/ 2009 vom 7. Juli 2009 E. 5.4; BGE 125 II 369 E. 2e S. 374; 122 II 154 E. 3a S. 158): Der Beschwerdeführer konnte trotz der erschwerten Verhältnisse seine Rechte wahren, weshalb es sich nicht rechtfertigt, ihn wegen einer Verletzung verfahrensrechtlicher Garantien aus der Haft zu entlassen. Es kann unter diesen Umständen dahin gestellt bleiben, ob die entsprechenden Vorbringen - wie das Verwaltungsgericht einwendet - als unzulässige Noven aus dem Recht zu weisen wären (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
2.
 
2.1 Die zuständige kantonale Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, wenn ihm ein erstinstanzlicher Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet worden ist und sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 AuG). Die Haft ist zu beenden, wenn der Vollzug der ausländerrechtlichen Massnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar erscheint (vgl. Art. 80 Abs. 6 lit. a AuG). Die für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung notwendigen Vorkehren müssen umgehend getroffen und kontinuierlich vorangetrieben werden (Art. 76 Abs. 4 AuG; "Beschleunigungsgebot"). Die Festhaltung soll schliesslich als Ganzes verhältnismässig bleiben (BGE 130 II 56 E. 1 S. 58; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.114 ff. S. 478 ff.); es ist hierbei jeweils aufgrund der konkreten Umstände zu prüfen, ob die Haft zur Sicherung des Vollzugs eines im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK schwebenden Ausweisungsverfahrens (noch) geeignet und erforderlich erscheint und nicht gegen das Übermassverbot, d.h. das sachgerechte und zumutbare Verhältnis von Mittel und Zweck verstösst (vgl. BGE 133 II 97 E. 2.2 S. 100; 134 I 92 E. 2.3.2 S. 97).
 
2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen nur berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurde (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer beruft sich in seinen Eingaben auf zahlreiche neue Umstände (Abschluss des Verkündverfahrens, Trauungsermächtigung, Heiratsdatum usw.), welche die Haft als unverhältnismässig erscheinen liessen. Diese können im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden: Die Bindung an den Sachverhalt schliesst das Vorbringen von neuen tatsächlichen Behauptungen und Beweismitteln grundsätzlich aus (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG; Urteil 2C_731/2009 vom 30. November 2009 E. 3.2; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.187). Das Bundesgericht berücksichtigt nachträgliche Veränderungen des Sachverhalts in der Regel nicht, da der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden kann, sie habe den Sachverhalt fehlerhaft festgestellt, falls sich dieser erst nach ihrem Entscheid verändert hat. Solche Sachvorbringen sind im Rahmen eines Haftentlassungsgesuchs (vgl. Art. 80 Abs. 5 AuG; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.29 ff.) oder im Haftverlängerungsverfahren geltend zu machen (BGE 125 II 217 E. 3a S. 221 mit Hinweisen; ANDREAS ZÜND, in: Spescha et al., Migrationsrecht, 2. Aufl. 2009, N. 1 zu Art. 76 AuG; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.187). Grundsätzlich nicht Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens bildet die Asyl-, Wegweisungs- oder Bewilligungsfrage; entsprechende Einwände sind jeweils in den Verfahren in der Sache selber zu prüfen. Nur wenn ein Wegweisungsentscheid offensichtlich unzulässig, d.h. geradezu willkürlich bzw. nichtig erscheint, kann die Haftgenehmigung verweigert werden, da der Vollzug einer in diesem Sinn rechtswidrigen Anordnung nicht mit einer ausländerrechtlichen Zwangsmassnahme sichergestellt werden darf (BGE 130 II 56 E. 4.2.4 S. 63 f.; 128 II 193 E. 2.2.1; 125 II 217 E. 2 S. 220; Urteil 2C_362/ 2008 vom 16. Mai 2008 E. 2.2).
 
2.3
 
2.3.1 Im Rahmen der so beschränkten Prüfungsbefugnis ist der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2009 nicht zu beanstanden: Der Beschwerdeführer wurde im Asylverfahren aus der Schweiz weggewiesen; der damit verbundenen Ausreisepflicht kam er nicht nach, er tauchte vielmehr während Jahren unter und meldete sich erst wieder, als er auf die Erteilung einer Bewilligung hoffen konnte. Damit bestand bei ihm entgegen seinen Einwänden Untertauchensgefahr im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 AuG (BGE 130 II 377 E. 3.3.3, 56 E. 3.1 S. 58 f.; 128 II 241 E. 2.1 S. 243; 125 II 369 E. 3b/aa S. 375; 122 II 49 E. 2a S. 51; ZÜND, a.a.O., N. 6 zu Art. 76 AuG). Sein bisheriges Verhalten liess ohne Weiteres befürchten, dass er sich auch künftigen Anordnungen widersetzen und einen allfälligen Wegweisungsvollzug erneut vereiteln könnte, sollten sich seine Hoffnungen auf einen bewilligten Verbleib im Land zerschlagen (vgl. Urteil 2A.671/2006 vom 11. Dezember 2006 E. 2.1).
 
2.3.2 Auch seine Heiratspläne standen im September 2009 einer Festhaltung nicht entgegen: Als geschützte Familienbeziehung gelten für das Aufenthaltsrecht grundsätzlich nur rechtlich anerkannte Beziehungen (Ehe, eingetragene Partnerschaft); dementsprechend besteht für ein ausländisches, nicht zusammenlebendes verlobtes Paar kein Anspruch auf die Erteilung einer Einreise- bzw. Aufenthaltsbewilligung, um hier ein im Sinne von Art. 8 EMRK relevantes Ehe- und Familienleben erst vorzubereiten. Es ist Verlobten regelmässig zuzumuten, sich im Ausland zu verehelichen und den Ausgang des aufenthaltsrechtlichen Bewilligungsverfahrens dort abzuwarten (vgl. Art. 17 AuG; 2A.358/2004 vom 23. Juni 2004 E. 2, publ. in FamPra.ch 2005 S. 110). Der Vollzug einer Wegweisung bzw. eine zu dessen Sicherung angeordnete Haft ist nur dann unverhältnismässig, wenn sämtliche für die Eheschliessung notwendigen Papiere bereits vorliegen, ein konkreter Heiratstermin feststeht und binnen Kurzem mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gerechnet werden kann (vgl. die Urteile 2C_731/2009 vom 30. November 2009 E. 4.3 und 5.3; 2C_575/ 2008 vom 1. September 2008 E. 5.5; 2C_180/2007 vom 12. Juni 2007 E. 2.4; 2C_132/2007 vom 24. April 2007 E. 2.2.2; 2A.236/2005 vom 21. April 2005 E. 2.3; 2A.38/2005 vom 4. Februar 2005 E. 2.3 und 2A.649/2004 vom 16. November 2004 E. 2.2 mit Hinweisen).
 
2.3.3 Wenn die kantonalen Instanzen davon ausgegangen sind, dies sei im September 2009 beim Beschwerdeführer noch nicht der Fall gewesen, war das nicht bundesrechtswidrig: Zwar hatten die Verlobten zu diesem Zeitpunkt das Verkündverfahren bereits eingeleitet, doch war dieses noch nicht abgeschlossen; aufgrund der Akten erschienen weitere Abklärungen insbesondere mit Blick auf eine allfällige Umgehungs- bzw. Scheinehe erforderlich (vgl. PETER NIDERÖST, Sans-Papiers in der Schweiz, in: Uebersax et al., Ausländerrecht, a.a.O., N. 9.50 ff.), nachdem sich die deutsche Partnerin des Beschwerdeführers erst seit dem 20. August 2009 in der Schweiz aufhielt und sie diesen zwei Jahre zuvor über Internet kennengelernt hatte. Die Genehmigung seiner Haft war zu diesem Zeitpunkt zur Sicherung des geplanten Wegweisungsvollzugs noch geeignet und erforderlich; sie verstiess auch nicht gegen das Übermassverbot.
 
3.
 
3.1 Anders könnte es sich heute verhalten, falls die Ehe inzwischen tatsächlich geschlossen worden sein sollte: Soweit ersichtlich haben sich die Indizien, dass die geplante Ehe in rechtsmissbräuchlicher Weise eingegangen werden könnte, nicht erhärtet. Das Verkündverfahren ist erfolgreich beendet worden und der Eheschluss wurde auf den 10. Dezember 2009 in der Haftanstalt Witzwil angesetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung erschiene danach nicht zum Vornherein als ausgeschlossen: Der Beschwerdeführer kann als Ehepartner einer gestützt auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Person einen (abgeleiteten) Aufenthaltsanspruch nach Art. 3 Anhang I FZA geltend machen. Das Aufenthaltsrecht nach diesem Abkommen entsteht nicht erst durch Erteilung der Bewilligung, sondern bereits aufgrund der Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen (ZÜND, in: Spescha et al. [Hrsg.], Migrationsrecht, a.a.O., N. 7 zu Art. 115 AuG). Eine Person, die gestützt auf das Abkommen an sich aufenthaltsberechtigt wäre, darf selbst dann zunächst in der Schweiz verbleiben, wenn die Behörden (noch) prüfen müssen, ob der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit entgegen stehen (vgl. BGE 134 IV 57 E. 4 S. 58 f.; Urteile 2C_35/2009 vom 13. Februar 2009 E. 6.4 und 2A.494/2003 vom 24. August 2004 E. 4.3; Art. 5 Anhang I FZA in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25. Februar 1964 [ABl. Nr. 56, 1964, S. 850]). Art. 17 AuG, der grundsätzlich ein Abwarten des Ausgangs des Bewilligungsverfahrens im Ausland verlangt, ändert hieran nichts (Urteil 2C_35/2009 vom 13. Februar 2009 E. 6.4).
 
3.2 Zwar hat das Bundesgericht bisher vorausgesetzt, dass sich der Drittstaatsangehörige bereits rechtmässig mit einem nicht nur vorübergehenden Aufenthaltstitel in der Schweiz oder in einem anderen Vertragsstaat aufgehalten haben muss, damit er sich auf Art. 3 Anhang I FZA berufen kann (vgl. BGE 130 II 1 E. 3.6 S. 9 ff.; 134 II 10 E. 3 S. 14 ff.). Es hat diese Rechtsprechung inzwischen jedoch an diejenige des Europäischen Gerichtshofs angepasst (EuGH-Urteil C-127/08 vom 25. Juli 2008 i.S. Metock et al.): Der Nachzug eines Familienmitglieds mit Drittstaatsangehörigkeit gemäss dem Freizügigkeitsabkommen setzt heute nicht mehr voraus, dass sich der Familienangehörige bereits rechtmässig mit einem nicht nur vorübergehenden Aufenthaltstitel in der Schweiz oder in einem anderen Vertragsstaat aufgehalten hat. Mit Blick auf die deutsche Staatsangehörigkeit der Partnerin des Beschwerdeführers, die in der Schweiz erwerbstätig ist, wird er sich auf die Regelung des Familiennachzugs nach FZA berufen können (vgl. das zur Publikation bestimmte Urteil 2C_196/2009 vom 29. September 2009 E. 3). Anhaltspunkte dafür, dass von ihm eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung ausginge, welche der Erteilung der Bewilligung entgegenstehen würde, sind zurzeit nicht ersichtlich (vgl. Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA; zur Publikation bestimmtes Urteil 2C_196/2009 vom 29. September 2009 E. 4). Sollten sich diese Annahmen bestätigen, dürfte eine weitere Festhaltung des Beschwerdeführers heute kaum mehr verhältnismässig sein: Die Ausschaffungshaft darf im Rahmen von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK nur zur Sicherung eines "schwebenden" Ausweisungsverfahrens dienen; aufgrund der dargelegten bewilligungsrechtlichen Ausgangslage wäre der Vollzug der Wegweisung vom 29. April 2000 zurzeit wohl nicht (mehr) im Sinne dieser Bestimmung absehbar, zumal die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern am 5. November 2009 ihrerseits der Eingabe des Beschwerdeführers im Bewilligungsverfahren "vorläufig aufschiebende Wirkung" beigelegt hat (vgl. BGE 122 II 148 ff.).
 
4.
 
4.1 Da der Beschwerdeführer die Haftentlassung aufgrund des veränderten Sachverhalts verfahrensrechtlich korrekt mit einem Haftentlassungsgesuch hätte gelten machen müssen (vgl. oben E. 2.2), kann die vorliegende Beschwerde, die sich gegen einen Entscheid richtet, der als solcher nicht bundesrechtswidrig war, nicht gutgeheissen werden. Weil sich seine Festhaltung heute allenfalls nicht mehr rechtfertigen lässt, falls der Beschwerdeführer sich tatsächlich verheiratet hat, und eine Fortsetzung der Ausschaffungshaft unter diesen Umständen Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK verletzen könnte, werden die kantonalen Behörden von Amtes wegen zu prüfen haben, ob er nicht sofort aus der Haft zu entlassen ist. Die vorliegende Eingabe wird diesbezüglich deshalb im Sinne der Erwägungen abgewiesen (vgl. BGE 124 II 1 E. 2c; ZÜND, a.a.O., N. 7 zu Art. 80 AuG).
 
4.2 Es rechtfertigt sich, dem Gesuch des bedürftigen Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen, da seine Eingabe nicht als zum Vornherein aussichtslos gelten konnte (vgl. Art. 64 BGG): Es werden deshalb keine Kosten erhoben. Die Honorarnote des Anwalts ist im Rahmen der unentgeltlichen Verbeiständung jedoch angemessen zu kürzen, weil sie auch Bemühungen umfasst, welche das Bewilligungs- und nicht das vorliegende Haftverfahren betreffen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen:
 
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.
 
2.2 Fürsprecher Olivier Weber, Biel, wird als unentgeltlicher Rechtsbeistand bezeichnet und für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Dezember 2009
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Hugi Yar
 
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