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Informationen zum Dokument  BGer 6B_771/2009  Materielle Begründung
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BGer 6B_771/2009 vom 07.10.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_771/2009
 
Urteil vom 7. Oktober 2009
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Ferrari, Mathys,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
Parteien
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Jana Hrebik,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 8090 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
mehrfacher Raufhandel, Verjährung,
 
Beschwerde gegen den Zirkulationsbeschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 5. August 2009.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Das Bezirksgericht Bülach, Jugendgericht, erklärte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 9. April 2009 des mehrfachen Raufhandels schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von fünf Monaten bei einer Probezeit von einem Jahr. Von den Anschuldigungen der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie der einfachen Körperverletzung sprach es ihn frei. Gegen dieses Urteil legte der Beschwerdeführer am 14. April 2009 Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich ein, welche er am 30. April 2009 zurückzog. Mit Eingabe vom 18. Mai 2009 stellte er beim Bezirksgericht Bülach, Jugendgericht, sinngemäss das Begehren um Feststellung der Verjährung im Anklagepunkt des Raufhandels. Das Bezirksgericht Bülach, Jugendgericht, übermittelte das Feststellungsbegehren dem Obergericht des Kantons Zürich. Dieses schrieb das Verfahren am 5. August 2009 als durch Rückzug der Berufung erledigt ab, erklärte das Urteil des Bezirksgerichts Bülach, Jugendgericht, für rechtskräftig und trat auf das Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers nicht ein. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und das Obergericht anzuhalten, auf das Feststellungsbegehren einzutreten. Überdies ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
2.
 
Nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über die Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden. Der Entscheid wird dabei summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
 
3.
 
Vorliegend führte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit dem Rückzug der Berufung das Ende des kantonalen Rechtsmittelverfahrens direkt und unmittelbar herbei. Er verzichtete damit unwiderruflich und aus freien Stücken auf eine Überprüfung des Schuldspruchs wegen Raufhandels, einschliesslich der Fragen betreffend allfällige, zwischenzeitlich eingetretene Prozesshindernisse wie beispielsweise die Verjährung. Dass und inwieweit das Obergericht mit dem angefochtenen Entscheid schweizerisches Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt haben könnte, ist gestützt auf die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ersichtlich. Wohl ist richtig, dass Art. 97 Abs. 3 StGB im Jugendstrafrecht keine Anwendung findet (HANSUELI GÜRBER/CHRISTOPH HUG/PATRIZIA SCHLÄFLI, in Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 36 JstG Rz. 10). Davon geht auch das Obergericht im angefochtenen Entscheid aus. Ebenfalls zutreffend ist, dass der Eintritt der Strafverfolgungsverjährung ein dauerndes Prozesshindernis bildet und als solches in jedem Verfahrensstadium von Amtes wegen zu berücksichtigen ist (BGE 116 IV 80 E. 2a). Das gilt auch im Berufungsverfahren vor Obergericht, freilich indessen nur, soweit ein solches Verfahren überhaupt besteht und nicht - wie hier - zufolge Rückzugs der Berufung definitiv beendet wurde. Der vorliegend allfällig eingetretenen Verjährung hätte deshalb nur Rechnung getragen werden müssen und können, wenn die eingelegte Berufung aufrechterhalten und nicht zurückgezogen worden wäre (ROBERT HAUSER/ERHARD SCHWERI/ KARL HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 41 Rz. 15). Dass das erstinstanzliche Urteil erst im Zeitpunkt des Berufungsrückzugs und damit nach Eintritt der Verjährung rechtskräftig wurde, vermag daran nichts zu ändern. Auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid kann verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Schliesslich ist auch nicht einzusehen, weshalb das Obergericht dem Beschwerdeführer vor Erlass des angefochtenen Entscheids das rechtliche Gehör hätte gewähren müssen. Denn die Möglichkeit, (Berufungs-)Anträge stellen und begründen zu können, ist nur bei bestehenden Prozessverhältnissen bzw. hängigen Verfahren gegeben. Ein solches Verfahren lag aufgrund des Rückzugs der Berufung indessen nicht (mehr) vor. Zusammenfassend konnte das Obergericht im Anschluss an die unmissverständliche Rückzugserklärung des Beschwerdeführers deshalb nicht anders, als das Verfahren abzuschreiben und auf das sinngemäss gestellte Begehren um Feststellung der Verjährung nicht einzutreten.
 
4.
 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann in Anwendung von Art. 64 BGG nicht stattgegeben werden, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Oktober 2009
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin:
 
Schneider Arquint Hill
 
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