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Informationen zum Dokument  BGer 5A_780/2008  Materielle Begründung
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BGer 5A_780/2008 vom 09.02.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_780/2008/don
 
Urteil vom 9. Februar 2009
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter L. Meyer
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Fehlmann,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegner,
 
Betreibungsamt Brugg.
 
Gegenstand
 
Nachpfändung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer betreibungsrechtlicher Aufsichtsbehörde vom 14. Oktober 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ und drei weitere Gläubiger stellten am 13. Juni 2008 gestützt auf ihre provisorischen Verlustscheine beim Betreibungsamt Brugg den Antrag (nach Art. 115 Abs. 3 SchKG), es sei das Guthaben des Schuldners Y.________ bei der Kantonalbank A.________ (Konto Nr. 1) nachzupfänden. Noch am gleichen Tag teilte das Betreibungsamt der Kantonalbank (mit Anzeige gemäss Art. 99 SchKG) mit, dass die Forderung aus dem Guthaben bis zum Betrag von Fr. 66'000.-- rechtsgültig nur noch an das Amt geleistet werden könne. Am 19. Juni 2008 kündigte das Betreibungsamt dem Schuldner in der Betreibung Nr. 2 die Nachpfändung auf den 24. Juni 2008 an. Mit Beschwerde vom 24. Juni 2008 (Datum des Vollzugs der Nachpfändung) erhob Y.________ Beschwerde und machte u.a. geltend, wegen der Massnahme des Betreibungsamtes betreffend das Guthaben auf seinem Geschäftskonto könne er (als praktizierender Arzt) ausstehende Löhne und Mietzinsen nicht fristgerecht bezahlen.
 
B.
 
Mit Entscheid vom 22. Juli 2008 wies das Gerichtspräsidium Brugg als untere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde die Beschwerde von Y.________ ab, soweit darauf eingetreten wurde. Gegen diesen Entscheid gelangte Y.________ an das Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde, welche die Beschwerde mit Entscheid vom 14. Oktober 2008 guthiess und die Pfändung der Forderung aus dem Guthaben auf dem betreffenden Konto bei der Kantonalbank aufhob.
 
C.
 
X.________ als Betreibungsgläubigerin führt mit Eingabe vom 13. November 2008 Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vom 14. Oktober 2008 aufzuheben und den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde bzw. die Verfügung des Betreibungsamtes zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter ersucht die Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung.
 
Das Betreibungsamt hat keine Stellungnahme eingereicht. Die obere Aufsichtsbehörde hat sich am 20. November 2008 zur Beschwerde vernehmen lassen, ohne einen Antrag zu stellen. Y.________ als Beschwerdegegner beantragt mit Eingabe vom 25. November 2008 die Abweisung der Beschwerde und mit Eingabe vom 27. November 2008 hat er den Beschwerdeentscheid des Gerichtspräsidiums Brugg als unterer Aufsichtsbehörde über das Konkursamt Aargau vom 7. August 2008 eingereicht. Mit Präsidialverfügung vom 10. Dezember 2008 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Gegenstand des angefochtenen Beschwerdeentscheides ist die am 19. Juni 2008 auf den 24. Juni 2008 angekündigte, offenbar gleichentags vollzogene Nachpfändung einer Forderung (Art. 115 Abs. 3 SchKG). Die obere Aufsichtsbehörde hat vorliegend nicht über die vom Betreibungsamt am 13. Juni 2008, mithin vorsorglich erlassene Anzeige an den Drittschuldner (Art. 99 SchKG), sondern über die Pfändbarkeit des umstrittenen Guthabens entschieden und mit dem angefochtenen Entscheid die Forderungspfändung aufgehoben.
 
1.2 Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG). Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Beschwerdeentscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17 SchKG - wie hier die Nachpfändung - sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG (BGE 133 III 350 E. 1.2 S. 351). Der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde ist unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze anfechtbar (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die fristgerecht erhobene Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).
 
1.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, im Verfahren vor der Vorinstanz keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten zu haben, was von der oberen Aufsichtsbehörde in der Vernehmlassung bestätigt wird. Sie hat - als Betreibungsgläubigerin - ohne Weiteres ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides (vgl. BGE 5A_158/2008 vom 9. Oktober 2008 E. 4), mit welchem die Forderungspfändung aufgehoben wurde. Die Beschwerdeberechtigung gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG ist gegeben.
 
1.4 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), zu dem laut der Begriffsbestimmung des BGG auch das Verfassungsrecht gehört.
 
2.
 
2.1 Die Beschwerdeführerin wirft der oberen Aufsichtsbehörde die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs vor. Sie habe keine Kenntnis vom Beschwerdeverfahren gehabt; die Vorinstanz habe ihr keine Gelegenheit gegeben, sich zur Beschwerde des Beschwerdegegners zu äussern, sondern ihr einzig den in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheid zugestellt.
 
2.2 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV steht den Parteien das rechtliche Gehör zu. Dieser Anspruch ist formeller Natur, womit seine Verletzung ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führt (BGE 125 I 113 E. 3 S. 118; 122 II 464 E. 4a S. 469). Das rechtliche Gehör dient einerseits der Klärung des Sachverhaltes, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines ihn belastenden Entscheides zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis äussern zu können, wenn dieses geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56).
 
2.3 Im vorliegenden Fall hat die obere Aufsichtsbehörde die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Nachpfändung einer Forderung aufgehoben. Die Beschwerdeführerin ist durch die Aufhebung der Nachpfändung in ihrer Rechtsstellung als Gläubigerin unmittelbar betroffen. Sie hätte vor Erlass des Entscheides über die Aufhebung der Nachpfändung angehört werden müssen, da sich dieser für sie belastend auswirkt. Die obere Aufsichtsbehörde räumt in ihrer Vernehmlassung selber ein, dass der Beschwerdeführerin vor Erlass des Entscheides versehentlich keine Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden sei. Indem die obere Aufsichtsbehörde ihr keine Gelegenheit gegeben hatte, sich zum Verfahren und Entscheid zu äussern, ist das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt worden. Der angefochtene Entscheid ist somit aufzuheben, ohne dass die von der Beschwerdeführerin überdies geltend gemachten Rechtsverletzungen noch zu prüfen wären.
 
3.
 
Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache ist zu neuer Entscheidung im Sinne der vorangehenden Erwägungen zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der mit seinem Antrag unterliegende Beschwerdegegner kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in Zivilsachen ist gutzuheissen, und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer betreibungsrechtlicher Aufsichtsbehörde, vom 14. Oktober 2008 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin mit Fr. 1'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer betreibungsrechtlicher Aufsichtsbehörde schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Februar 2009
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
Hohl Levante
 
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