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Informationen zum Dokument  BGer 8C_910/2008  Materielle Begründung
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BGer 8C_910/2008 vom 30.01.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_910/2008
 
Urteil vom 30. Januar 2009
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
 
Gerichtsschreiber Lanz.
 
Parteien
 
S.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler, Frankenstrasse 3, 6003 Luzern,
 
gegen
 
AXA Winterthur, General Guisan-Strasse 40, 8401 Winterthur, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 3. Oktober 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 13. Februar 2007 verneinte die Winterthur Versicherungen als obligatorischer Unfallversicherer einen weiteren Leistungsanspruch ihrer Versicherten S.________ aus einem am 25. Juni 2006 erlittenen Unfall. Die Frist für die Einreichung einer Einsprache gegen die Verfügung betrug 30 Tage. Am 2. April 2007 erhob S.________ Einsprache, wobei sie nebst materiellen Vorbringen darum ersuchte, die Einsprachefrist wieder herzustellen. Die AXA Winterthur (als Rechtsnachfolgerin der Winterthur Versicherungen) wies das Gesuch um Fristwiederherstellung ab und trat auf die Einsprache vom 2. April 2007 wegen verspäteter Einreichung nicht ein (Einspracheentscheid vom 3. Juni 2008).
 
B.
 
Die von S.________ hiegegen geführte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 3. Oktober 2008 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________ beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei das Gesuch um Wiederherstellung der Einsprachefrist gutzuheissen und die AXA Winterthur zu verpflichten, auf die Einsprache vom 2. April 2007 einzutreten.
 
Die AXA Winterthur beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
Es steht fest und ist nicht umstritten, dass die Einsprache vom 2. April 2007 nach Ablauf der 30tägigen Einsprachefrist gemäss Art. 52 Abs. 1 ATSG und damit verspätet eingereicht wurde. Dies hat zur Folge, dass auf die Einsprache nicht einzutreten ist, es sei denn, die Einsprachefrist wäre wieder herzustellen.
 
Das Gesetz bestimmt hiezu in Art. 41 ATSG (in der seit Anfang 2007 geltenden Fassung) Folgendes: Ist die gesuchstellende Person oder ihre Vertretung unverschuldeterweise abgehalten worden, binnen Frist zu handeln, so wird diese wieder hergestellt, sofern sie unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht.
 
3.
 
Umstritten ist, ob die Einsprachefrist unverschuldet versäumt wurde.
 
3.1 Die Beschwerdeführerin hat hiezu geltend gemacht, ihr Rechtsvertreter habe nach Eingang der Verfügung die Frist auf dem Büro-PC in seine elektronische Fristenagenda eingetragen. Am 12. März 2007 habe der PC mit einem Knall abgestellt und es habe ein neuer installiert werden müssen. Der PC-Supporter habe die Daten des alten PC auf den neuen übertragen. Sämtliche Programme, die auf dem alten PC vorhanden gewesen seien, seien wieder auf dem neuen PC erschienen. Auch die Fristentabelle sei wieder vorhanden gewesen. Der PC-Supporter habe mit Schreiben vom 30. März 2007 die komplette Wiederherstellung der Daten bestätigt. Der Rechtsvertreter habe das Dossier der Beschwerdeführerin am 30. März 2007 in einer anderen Angelegenheit zur Hand genommen. Dabei habe er festgestellt, dass eine Verfügung mit einer abgelaufenen Frist vorliege. In der von ihm umgehend zu Rate gezogenen elektronischen Fristenagenda sei diese Frist nicht enthalten gewesen. Der PC-Supporter habe dies im Schreiben vom 30. März 2007 damit erklärt, dass durch einen nicht erkannten Hardwarefehler die Daten nicht vollständig wieder hergestellt worden seien. Durch eine unglückliche Konstellation sei die Fristentabelle nicht wieder hergestellt, sondern eine alte Version aufgeladen worden. Daher habe der Hardwarefehler mit seinen Auswirkungen nicht erkannt werden können.
 
3.2 Das kantonale Gericht hat gestützt auf das Schreiben des PC-Supporters vom 30. März 2007 erkannt, die Daten der elektronischen Agenda seien nicht auf dem Server, sondern nur auf dem lokalen Laufwerk des Bürocomputers gespeichert gewesen. Der PC-Supporter habe daher für die Wiederherstellung der Daten nicht auf den Server oder eine Backup-Kopie des Servers zurückgreifen können. Es sei ihm jedoch gelungen, die auf dem defekten Computer lokal abgelegten Dateien mit einer speziellen Software teilweise wieder herzustellen und auf den neuen Computer zu laden.
 
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind nicht umstritten. Gleiches gilt, soweit die Vorinstanz festgestellt hat, von einer kompletten Wiederherstellung der Daten sei im Schreiben des PC-Supporters vom 30. März 2007 keine Rede.
 
3.3 Die Vorinstanz hat im Weiteren erwogen, da die Daten der elektronischen Agenda nur auf dem lokalen Laufwerk des Computers abgelegt gewesen seien und eben dieser Computer ausgestiegen sei, hätten die von diesem geretteten Daten mit entsprechender Vorsicht behandelt werden müssen. Es entspreche der allgemeinen Erfahrung, dass Computerdaten, wenn sie nicht speziell durch Backups gesichert seien, bei Computerproblemen leicht verloren gingen. Hier seien vor Fristablauf offensichtlich schwerwiegendste Computerprobleme aufgetreten. Deswegen habe sogar der ganze Computer ersetzt werden müssen und sei erforderlich gewesen, die Dateien mit einer speziellen Software wieder herzustellen. Bei diesem Sachverhalt hätte die allein elektronisch geführte Agenda zwingend auf ihre Vollständigkeit überprüft werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, könne nicht von einem unverschuldeten Fristversäumnis ausgegangen werden.
 
3.4 Die vorinstanzliche Beurteilung ist nicht zu beanstanden. Was in der Beschwerde vorgebracht wird, führt zu keinem anderen Ergebnis.
 
3.4.1 Geltend gemacht wird zunächst, der PC-Supporter habe den Rechtsvertreter vor Ablauf der Frist nicht darauf hingewiesen, dass ein Teil der Daten verloren sein könnte. Der Rechtsvertreter habe daher in gutem Glauben von der Vollständigkeit der Fristentabelle ausgehen können. Das Perfide an der Sache sei, dass nicht die gesamte Fristentabelle, sondern lediglich aktuelle Eintragungen verloren gegangen seien. Da das Erscheinungsbild der Fristentabelle und der übrigen Programme gleich wie zuvor gewesen sei, hätten weder der PC-Supporter noch der Rechtsvertreter den Datenverlust erkennen können.
 
All dies vermag die Beschwerdeführerin oder den Rechtsvertreter nicht zu entlasten. Es bleibt dabei, dass aufgrund des aufgetretenen erheblichen Computerproblems eine Prüfung der Fristeintragungen auf Vollständigkeit hätte erfolgen müssen, und zwar auch ohne Hinweis des PC-Supporters auf einen möglichen Datenverlust. Dass das Erscheinungsbild der Programme unverändert geblieben war, ändert hieran ebenfalls nichts.
 
Offen bleiben kann, wie es sich verhielte, wenn der Datenübertragung keine Computerprobleme vorangegangen wären (vgl. auch E. 3.4.2 in fine) oder wenn ein Backup vorhanden gewesen wäre.
 
3.4.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich sodann erneut auf einen in einer Forderungsstreitsache ergangenen Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Zürich. Darin war ein Gesuch um Wiederherstellung einer versäumten Frist gutgeheissen worden. Wie die Vorinstanz indessen zutreffend erwogen hat, lässt sich daraus nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableiten: Dies ergibt sich schon daraus, dass mit § 199 des Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich (GVG-ZH) eine kantonalrechtliche Verfahrensregelung zur Anwendung kam, welche sich von Art. 41 ATSG deutlich unterscheidet. Zudem lässt sich der vom Handelsgericht beurteilte Sachverhalt nicht mit dem vorliegenden vergleichen. Es war, offenbar ohne dass Computerprobleme aufgetreten wären, ein der Fristenbewirtschaftung dienendes Programm auf einen anderen Computer übertragen worden. Dabei wurden die Konfigurationen des Programms so verändert, dass dieses fällige Fristen nicht mehr automatisch anzeigte. Wie dieser Sachverhalt im Lichte von Art. 41 ATSG zu behandeln wäre, braucht hier nicht geprüft zu werden.
 
3.5 Die Beschwerde ist demnach unbegründet.
 
4.
 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 30. Januar 2009
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Ursprung Lanz
 
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