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Informationen zum Dokument  BGer 4P.86/2004  Materielle Begründung
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BGer 4P.86/2004 vom 14.10.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4P.86/2004 /lma
 
Urteil vom 14. Oktober 2004
 
I. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
 
Bundesrichter Nyffeler,
 
Gerichtsschreiber Mazan.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.________,
 
Beschwerdegegner,
 
Landgerichtspräsidium Uri, Rathausplatz 2,
 
6460 Altdorf UR.
 
Gegenstand
 
Art. 9, 29 Abs. 1 und 2 BV (Zivilprozess; Anwaltshonorar),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Landgerichtspräsidiums Uri vom 16. Oktober 2003.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Rechtsanwalt A.________ (Beschwerdeführer) war für B.________ (Beschwerdegegner) im Zusammenhang mit einer Aufenthaltsbewilligung anwaltlich tätig. Am 14. Mai 2002 leistete der Beschwerdegegner eine Akontozahlung von Fr. 2'000.--. Am 31. Juli 2002 stellte der Beschwerdeführer Rechnung über Fr. 3'708.70. Der Fr. 2'000.-- übersteigende Betrag wurde vom Beschwerdegegner nicht bezahlt.
 
B.
 
Mit Klage vom 4. Dezember 2002 beantragte der Beschwerdeführer dem Landgerichtspräsidium, der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, Fr. 1'708.70 nebst 5 % Zins seit 1.9.2002 sowie Fr. 70.-- Zahlungsbefehlskosten und Fr. 130.-- Arrestkosten zu bezahlen. In der Folge reichte der Beschwerdegegner keine Klageantwort ein. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 16. Oktober 2003 waren sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beschwerdegegner anwesend. Der Beschwerdeführer wiederholte die in der Klage gestellten Anträge. Der Beschwerdegegner beantragte die Abweisung der Klage.
 
Mit Urteil vom 16. Oktober 2003 wies das Landgerichtspräsidium die Klage ab.
 
C.
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 29. März 2004 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, das Urteil des Landgerichtspräsidiums Uri vom 16. Oktober 2003 sei aufzuheben.
 
Das Landgerichtspräsidium verzichtete auf eine Stellungnahme.
 
Der Beschwerdegegner erstattete keine Vernehmlassung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Im kantonalen Verfahren setzte das Landgerichtspräsidium dem Beschwerdegegner nach Eingang der Klage Frist zur Erstattung der Klageantwort an. Nachdem die postalische Zustellung gescheitert war, wurde der Beschwerdegegner mittels amtlicher Publikation zur Einreichung der Klageantwort aufgefordert. Da innert Frist keine Klageantwort einging, wurde dem Beschwerdegegner eine Nachfrist angesetzt mit der Androhung, im Säumnisfall werde von der Anerkennung der tatsächlichen Klagegründe und vom Verzicht auf Einreden ausgegangen (Art. 204 in Verbindung mit Art. 219 ZPO/UR). Nachdem innert Frist keine Klageantwort eingegangen war, hielt das Landgerichtspräsidium mit Beweisentscheid vom 23. Mai 2003 unter anderem fest, der Beschwerdegegner habe die tatsächlichen Klagegründe anerkannt und es seien keine rechtserheblichen Tatsachen streitig, über welche Beweis zu erheben wäre (Art. 127/128 ZPO).
 
Im angefochtenen Urteil führte das Landgerichtspräsidium aus, der Beschwerdegegner habe sich bis zur Hauptverhandlung mit den Klagegründen konkludent einverstanden erklärt, indem er trotz Androhung der Säumnisfolgen keine Antwort eingereicht habe. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 16. Oktober 2003 habe er jedoch die Höhe der Forderung bestritten, weshalb das Gericht gemäss Art. 128 ZPO hierüber Beweis zu führen habe. Der Beschwerdeführer habe in der Klage zwar zugesichert, er werde als Beweismittel das gesamte Dossier, die Kontenblätter und die detaillierte Honorarnote vorlegen. Da der Beschwerdeführer diese Beweismittel dem Gericht jedoch nicht ausgehändigt habe, sei die Klage wegen fehlender Substanziierung abzuweisen.
 
2.
 
2.1 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, es sei zwar richtig, dass er seine Beweismittel nur offeriert und nicht eingereicht habe. Allerdings seien gemäss Beweisentscheid vom 23. Mai 2003 - infolge Anerkennung der klägerischen Behauptungen durch den Beschwerdegegner - keine rechtserheblichen Tatsachen mehr streitig gewesen, über welche Beweis hätte geführt werden müssen. Deshalb habe auch keine Veranlassung bestanden, weitere Beweismittel einzureichen. Indem das Landgerichtspräsidium im Beweisentscheid vom 23. Mai 2003 einerseits festgestellt habe, es seien keine rechtserheblichen Tatsachen streitig, über welche Beweis zu erheben sei, anderseits aber dem Beschwerdeführer angelastet habe, er habe die offerierten Beweismittel nicht eingereicht, um ein Beweisverfahren durchzuführen, sei widersprüchlich und damit willkürlich entschieden worden. Es könne nicht angehen, den Beschwerdeführer von seiner Beweisführungslast zu dispensieren, dann aber die Klage abzuweisen, weil er seine Beweismittel nicht eingereicht und somit seine Klage ungenügend substanziiert habe. Damit habe die Vorinstanz gegen das Willkürverbot und das Gebot von Treu und Glauben verstossen (Art. 9 BV) sowie den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV).
 
2.2 Wenn der Beklagte keine Klageantwort einreicht, setzt ihm der Richter gemäss Art. 204 ZPO eine Nachfrist von zehn Tagen an, mit der Androhung, dass bei einer erneuten Säumnis davon ausgegangen werde, der Beklagte anerkenne die tatsächlichen Klagegründe und verzichte auf Einreden. In Anwendung dieser Bestimmung hat die Vorinstanz mit Beweisentscheid vom 23. Mai 2003 nach dem Ausbleiben der Klageantwort des Beschwerdegegners festgestellt, dass keine rechtserheblichen Tatsachen mehr streitig seien, über welche Beweis zu erheben sei. Trotz dieses Beweisentscheides hat das Landgerichtspräsidium in der Folge aufgrund der Bestreitungen, welche der Beschwerdegegner an der Hauptverhandlung vom 16. Oktober 2003 erstmals vorgetragen hatte, die Sachdarstellungen des Beschwerdeführers als bestritten bezeichnet, so dass darüber gemäss Art. 128 ZPO Beweis zu erheben sei. Diese Begründung steht in krassem Widerspruch zu Art. 204 ZPO, gemäss welcher Bestimmung bei Säumnis des Beklagten von der Anerkennung der tatsächlichen Klagegründe und vom Verzicht auf Einreden auszugehen ist. Damit ist das Landgerichtspräsidium in Willkür verfallen, weshalb das angefochtene Urteil aufzuheben ist. Nachzutragen ist, dass der zu Recht als willkürlich beanstandete Entscheid nicht deswegen in einem besseren Licht erscheint, weil der Beweisentscheid vom 23. Mai 2003 im angefochtenen Urteil unerwähnt geblieben ist.
 
2.3 Nachdem sich ergeben hat, dass das angefochtene Urteil wegen willkürlicher Anwendung kantonalen Prozessrechts aufzuheben ist, besteht kein Anlass, auf die weiteren Verfassungsrügen einzugehen.
 
3.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist gutzuheissen und das Urteil des Landgerichtspräsidiums Uri vom 16. Oktober 2003 aufzuheben. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdegegner kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen. Wenn ein Anwalt in eigener Sache prozessiert, ist nur ausnahmsweise - z.B. beim Vorliegen einer komplizierten Sache mit hohem Streitwert oder bei hohem Arbeitsaufwand, welcher den üblichen Aufwand für die Besorgungen der persönlichen Angelegenheiten übersteigt - eine Prozessentschädigung zuzusprechen (vgl. BGE 110 V 132 E. 4d S. 134 f.). Solche Umstände, die ausnahmsweise eine Prozessentschädigung an den in eigener Sache prozessierenden Beschwerdeführer zuliessen, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Das Urteil des Landgerichtspräsidiums Uri vom 16. Oktober 2003 wird aufgehoben.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdegegner auferlegt.
 
3.
 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Landgerichtspräsidium Uri schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. Oktober 2004
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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