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Informationen zum Dokument  BGer 2A.527/2004  Materielle Begründung
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BGer 2A.527/2004 vom 23.09.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.527/2004 /leb
 
Urteil vom 23. September 2004
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch
 
Rechtsanwalt lic. iur. Felix Barmettler,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom
 
23. Juni 2004.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der aus Mazedonien stammende X.________, geb. 1960, heiratete am 1. Juli 1998 in Mazedonien eine 1942 geborene Schweizer Bürgerin. Am 19. Dezember 1998 reiste er in die Schweiz ein und erhielt in Berücksichtigung der Heirat gestützt auf Art. 7 ANAG die Aufenthaltsbewilligung. Am 16. Dezember 1999 wurde der gemeinsame Haushalt der Ehegatten auf unbestimmte Zeit aufgegeben, und am 4./14. Februar 2000 schlossen sie eine entsprechende Trennungsvereinbarung, worin sie auf gegenseitige Unterhaltsbeiträge verzichteten und sich in güterrechtlicher Hinsicht als auseinandergesetzt erklärten. Angesichts der Behauptungen von X.________, die eheliche Gemeinschaft werde bald wieder aufgenommen, wurde die Aufenthaltsbewilligung mehrmals verlängert, zuletzt jeweilen um sechs Monate. Die letzte Bewilligung war bis zum 18. Dezember 2002 befristet.
 
Mit Verfügung vom 23. April 2003 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich ein Gesuch von X.________ um eine weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab. Den dagegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich am 10. März 2004 ab, und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den Regierungsratsbeschluss erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 23. Juni 2004).
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 15. September 2004 beantragt X.________ dem Bundesgericht, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei vollumfänglich aufzuheben, es sei ihm die Niederlassungsbewilligung zu erteilen, eventuell ihm die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, eventuell sei die Sache zur Erteilung der Niederlassungsbewilligung an die Vorinstanz bzw. die Verwaltung zurückzuweisen.
 
Per Fax ist beim Verwaltungsgericht der Rekursentscheid des Regierungsrats vom 10. März 2004 eingeholt worden. Vom Beizug weiterer Akten und von der Anordnung anderer Instruktionsmassnahmen, insbesondere eines Schriftenwechsels, ist abgesehen worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG), wobei auch auf die umfassenden Erwägungen des angefochtenen Entscheids verwiesen werden kann (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG).
 
2.
 
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) hat der ausländische Ehegatte des Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Satz 1); nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung (Satz 2). Kein Anspruch besteht gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechtsehe bzw. Scheinehe). Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann sich die Berufung auf die Ehe im ausländerrechtlichen Verfahren als rechtsmissbräuchlich erweisen. Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die nur noch formell besteht, und wenn, für ihn erkennbar, keine Aussicht auf ein (weiteres) eheliches Zusammenleben bzw. auf die Führung einer Lebensgemeinschaft mit dem schweizerischen Ehegatten besteht, wobei es auf die Ursache der Trennung nicht ankommt. Die Berufung auf die Ehe läuft in einem solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig unabhängig vom Bestand einer ehelichen Beziehung die Anwesenheit in der Schweiz zu ermöglichen; auf eine derartige Beanspruchung des gesetzlichen Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers in der Schweiz ist Art. 7 ANAG nicht ausgerichtet (BGE 128 II 145 E. 2.2. S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen). Rechtsmissbrauch kann auch vorliegen, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die allein wegen der gesetzlich vorgesehenen Trennungsfrist (im Falle der Ehe des Beschwerdeführers betrug sie noch vier Jahre) gemäss Art. 114 und 115 ZGB noch nicht geschieden werden konnte (vgl. BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 152). Da der Ausländer, der mit einem Schweizer Bürger verheiratet ist, nach fünf Jahren ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalts einen Anspruch auf Niederlassungsbewilligung erwirbt und dieser, einmal erworben, selbst durch eine Scheidung nicht mehr untergeht, kann der Bewilligungsanspruch schliesslich nur dann wegen Rechtsmissbrauchs erlöschen, wenn die Voraussetzungen hiefür sich vor Ablauf von fünf Jahren seit der Heirat verwirklicht haben.
 
Die Annahme von Rechtsmissbrauch setzt klare Hinweise dafür voraus, dass die Führung einer Lebensgemeinschaft nicht mehr beabsichtigt und nicht mehr zu erwarten ist (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E. 5a S. 56 f., mit Hinweisen). Dass es sich so verhält, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und ist oft bloss durch Indizien zu erstellen. Dabei handelt sich um tatsächliche Gegebenheiten, und diesbezügliche Feststellungen binden das Bundesgericht, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Frei zu prüfen ist nur die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe bezwecke die Umgehung ausländerrechtlicher Vorschriften und sei rechtsmissbräuchlich (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152).
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht eine im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG qualifiziert unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend; er rügt, bezüglich der Verwendung von schriftlichen Auskünften seiner Ehefrau zur ehelichen Beziehung sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.
 
Gemäss § 7 Abs. 1 des Zürcher Gesetzes vom 24. Mai 1959 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG) untersucht die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen durch Befragen der Beteiligten und von Auskunftspersonen sowie unter anderem durch den Beizug von Urkunden "oder auf andere Weise". Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Ausgeschlossen ist hingegen die förmliche Zeugeneinvernahme durch Verwaltungsbehörden (Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum VRG, 2. Aufl. Zürich 1999, Rz. 14 zu § 7). Der Beschwerdeführer legt nicht dar und es ist nicht ersichtlich, woraus sich bei dieser verfahrensrechtlichen Grundlage eine Pflicht des Migrationsamtes ergeben hätte, seine Ehefrau mündlich und in seinem Beisein zu befragen (vgl. Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O. Rz. 14 ff.). Blosse schriftliche Äusserungen von Dritten können der Sachabklärung dienen. Erforderlich ist einzig, dass den Parteien die Möglichkeit geboten wird, Einsicht in entsprechende Schreiben zu nehmen (Akteneinsichtsrecht gemäss § 8 VRG). Offenbar hat das Migrationsamt vor Erlass seiner Verfügung vom 23. April 2003 dem Beschwerdeführer die diversen Schreiben, mit welchen seine Ehefrau seit 2000 an die Behörden gelangt war, nicht vorgelegt. Bereits diese Verfügung hätte dem Vertreter des Beschwerdeführers Anlass gegeben, im Hinblick auf die Erhebung eines Rekurses an den Regierungsrat Akteneinsicht zu verlangen. Nachdem der Regierungsrat im Rekursentscheid die fraglichen Dokumente ausdrücklich erwähnt hatte, hätte der rechtskundig vertretene Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht zu verlangen und sich dazu erschöpfend zu äussern; wenn er dies unterlassen hat, kann er heute mit der Gehörverweigerungsrüge nicht mehr gehört werden, da die Heilung einer allfälligen Gehörsverweigerung durch die Vorinstanzen des Verwaltungsgerichts aus den im angefochtenen Entscheid genannten Gründen (E.3.2 am Ende) möglich gewesen wäre.
 
Die Sachverhaltsermittlung durch das Verwaltungsgericht lässt sich unter dem Gesichtspunkt von Art. 105 Abs. 2 OG sodann in keinerlei anderer Hinsicht beanstanden.
 
Die verfahrensrechtliche Rüge, es stelle eine formelle Rechtsverweigerung dar, dass das Verwaltungsgericht auf das Begehren um Erteilung der Niederlassungsbewilligung nicht eingetreten sei, stösst insofern ins Leere, als dieses im Hinblick auf das Begehren um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung geprüft hat, ob die Berufung auf die Ehe im ausländerrechtlichen Verfahren rechtsmissbräuchlich sei, und dabei annahm, dass die Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs sich vor Ablauf der fünf Jahre gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG verwirklicht hätten. Damit hat es im Ergebnis auch geprüft, ob die Verweigerung der Niederlassungsbewilligung rechtmässig sei.
 
2.3 Das Verwaltungsgericht hat die vorstehend (E. 2.1) dargestellten, von der Rechtsprechung zur Frage der missbräuchlichen Berufung auf Art. 7 ANAG entwickelten Kriterien vollständig und zutreffend wiedergegeben und sich bei seiner Entscheidung davon leiten lassen. Es durfte sich in tatsächlicher Hinsicht darauf stützen, dass die Eheleute nach nur einem Jahr ehelichen Zusammenlebens den gemeinsamen Haushalt aufgaben und diesen seither nie wieder aufgenommen haben, dass die Ehefrau seit dem Jahr 2000 wiederholt und kontinuierlich erklärte, die Scheidung einzuleiten, sobald dies in zeitlicher Hinsicht (Art. 114 ZGB) möglich werde, dass sie jeglichen Kontakt mit dem Beschwerdeführer ablehnte und schliesslich das Scheidungsverfahren bei erster Gelegenheit auch einleitete. Der Beschwerdeführer kann dem einzig entgegensetzen, dass er dauernd erklärt habe, an der Ehe festhalten zu wollen; er vermag aber auch in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde keinen einzigen selbst bloss annähernd konkreten Anhaltspunkt dafür zu nennen, dass seit Ende 2000 zu irgend einem Zeitpunkt die Wiederaufnahme einer Lebensgemeinschaft mit seiner Frau möglich erschien. Dass keine derartigen Aussichten bestanden, musste ihm längst klar sein. Da in seinem Fall seit Jahren mit einer Wiederaufnahme des ehelichen Zusammenlebens nicht ernsthaft gerechnet werden kann, erscheint die Berufung auf Art. 7 ANAG klar als rechtsmissbräuchlich.
 
2.4 Zu anderen Anspruchsgrundlagen für eine Bewilligungserteilung äussert sich der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr. Solche sind in seinem Fall nicht gegeben, wie das Verwaltungsgericht in E. 2.3 und 2.4 seines Entscheids zutreffend dargelegt hat.
 
2.5 Das Verwaltungsgericht hat Bundesrecht nicht verletzt, indem es die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung bestätigte und dem Begehren um Erteilung der Niederlassungsbewilligung keine Folge gab. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
 
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. September 2004
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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