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Informationen zum Dokument  BGer 2A.516/2004  Materielle Begründung
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BGer 2A.516/2004 vom 17.09.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.516/2004 /kil
 
Urteil vom 17. September 2004
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Erich Ulmi,
 
gegen
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, Hallwilerweg 7, 6002 Luzern,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom
 
6. Juli 2004.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der aus dem Kosovo stammende A.________, geb. ... 1959, reiste erstmals 1992 als Asylbewerber in die Schweiz ein. Nach Abweisung des Asylgesuchs wurde er im Januar 1994 ausgeschafft. Im Mai 1994 kam er wiederum in die Schweiz und stellte erneut ein Asylgesuch. Dieses wurde bereits am 22. Juni 1994 abgewiesen, ebenso am 7. September 1994 die gegen die entsprechende Verfügung erhobene Beschwerde. Zuletzt wurde ihm Frist zum Verlassen der Schweiz bis zum 30. September 1997 angesetzt. Zwei Wochen vor Ablauf dieser Frist, am 16. September 1997, heiratete er in Luzern eine drogenabhängige Schweizer Bürgerin, nachdem er sich zuvor im Dezember 1996 im Kosovo von seiner früheren Ehefrau, einer Landsfrau, hatte scheiden lassen; das Sorgerecht über den 1994 geborenen Sohn war der Mutter zugesprochen worden.
 
Wegen seiner Heirat mit einer Schweizerin erhielt A.________ gestützt auf Art. 7 ANAG am 10. Dezember 1997 im Kanton Luzern die Aufenthaltsbewilligung, welche mehrmals verlängert wurde. Mit Verfügung vom 12. März 2004 lehnte das Amt für Migration des Kantons Luzern das Begehren von A.________ um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab und trat zugleich auf das Gesuch um Erteilung der Niederlassungsbewilligung nicht ein.
 
Mit Urteil vom 6. Juli 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die gegen die Verfügung des Migrationsamtes erhobene Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war (Ziff. 1 des Rechtsspruchs), und überwies die Sache im Sinne der Erwägungen dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, damit dieses über die Beschwerde insofern entscheide, als sich noch die Frage der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 4 ANAG (nach Ermessen, ohne Rechtsanspruch) stelle (Ziff. 2 des Rechtsspruchs).
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. September 2004 bean-tragt A.________, Ziff. 1 des Rechtsspruchs des Urteils des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben, das Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sei zu bewilligen, eventualiter sei diesbezüglich die Sache an das Verwaltungsgericht oder an das Amt für Migration zurückzuweisen, und das Amt für Migration sei anzuweisen, auf das Gesuch um Erteilung der Niederlassungsbewilligung einzutreten.
 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil, mit welchem das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos wird, ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) und im Wesentlichen unter Hinweis auf die umfassenden Erwägungen des angefochtenen Urteils (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG).
 
2.
 
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) hat der ausländische Ehegatte des Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Kein Anspruch besteht gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechtsehe bzw. Scheinehe). Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann sich die Berufung auf die Ehe im ausländerrechtlichen Verfahren als rechtsmissbräuchlich erweisen. Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die nur formell besteht, und, für ihn erkennbar, keine Aussicht auf ein (weiteres) eheliches Zusammenleben bzw. auf die Führung einer Lebensgemeinschaft mit dem schweizerischen Ehegatten besteht, wobei es auf die Ursache der Trennung nicht ankommt. Die Berufung auf die Ehe läuft in einem solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig unabhängig vom Bestand einer ehelichen Beziehung die Anwesenheit in der Schweiz zu ermöglichen; auf eine derartige Beanspruchung des gesetzlichen Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers in der Schweiz ist Art. 7 ANAG nicht ausgerichtet (BGE 128 II 145 E. 2.2. S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen).
 
Die Annahme einer Ausländerrechtsehe oder einer sonst rechtsmissbräuchlichen Berufung auf eine Ehe setzt klare Hinweise dafür voraus, dass die Führung einer Lebensgemeinschaft nie beabsichtigt war bzw. nicht mehr beabsichtigt und nicht mehr zu erwarten ist (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E. 5a S. 56 f., mit Hinweisen). Dass es sich so verhält, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und ist oft bloss durch Indizien zu erstellen. Dabei handelt sich um tatsächliche Gegebenheiten, und diesbezügliche Feststellungen binden das Bundesgericht, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Frei zu prüfen ist nur die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe bezwecke die Umgehung ausländerrechtlicher Vorschriften und sei rechtsmissbräuchlich (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152).
 
2.2 Das Verwaltungsgericht hat die vorstehend dargestellten, von der Rechtsprechung zur Frage der Scheinehe bzw. der rechtsmissbräuchlichen Berufung auf Art. 7 ANAG entwickelten Kriterien vollständig und zutreffend wiedergegeben und sich bei der Entscheidung darüber, ob dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsbewilligung (oder Niederlassungsbewilligung) verweigert werden durfte, davon leiten lassen. Es nimmt Rechtsmissbrauch an, wobei es davon ausgeht, dass nie ein Ehewille bestand, also schon von Anbeginn an nie die Führung einer ehelichen Gemeinschaft beabsichtigt war. Es schliesst mit anderen Worten auf eine reine Ausländerrechtsehe. Dabei stützt es sich auf zahlreiche tatsächliche Gegebenheiten, die es in E. 4a und b darstellt. Auf die entsprechenden Ausführungen kann verwiesen werden, ohne dass sie im vorliegenden Urteil ausdrücklich wiederzugeben wären. Inwiefern diese Sachverhaltsfeststellungen im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG qualifiziert unrichtig bzw. unvollständig sein sollten oder das Verwaltungsgericht bei der Sachverhaltsermittlung wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt haben könnte, ist - auch in Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerdeschrift - nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere die Aussagen des Beschwerdeführers und der Ehefrau und diesbezügliche Einwendungen des Beschwerdeführers umfassend und in einleuchtender Weise gewürdigt und die Tatsache, dass das Ehepaar schliesslich wiederum eine gemeinsame Adresse vorwies, in seiner Beurteilung nachvollziehbar relativiert (s. auch E. 4c des angefochtenen Urteils). Dass es angesichts der so gewonnenen Erkenntnisse in (stillschweigender) antizipierter Beweiswürdigung von einer weiteren Anhörung der Ehefrau oder von deren Freund absah, ist nicht zu beanstanden, und es liegt insofern keine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder sonst eine unvollständige Sachverhaltsermittlung vor.
 
Bei dieser Sachlage durfte auf das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe, zumindest aber auf rechtsmissbräuchliche Berufung auf eine längst nur noch auf dem Papier bestehende Ehe geschlossen werden. Die darauf gründende Folgerung des Verwaltungsgerichts, dass der Beschwerdeführer aus Art. 7 ANAG keinen Rechtsanspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung oder gar Erteilung der Niederlassungsbewilligung ableiten könne, verletzt Bundesrecht nicht.
 
2.3 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
 
Die bundesgerichtlichen Kosten sind entsprechend dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. September 2004
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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