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Informationen zum Dokument  BGer I 44/2004  Materielle Begründung
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BGer I 44/2004 vom 13.09.2004
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 44/04
 
Urteil vom 13. September 2004
 
III. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Jancar
 
Parteien
 
W.________, 1957, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ulrich Würgler, Merkurstrasse 25, 8400 Winterthur,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 12. Januar 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1957 geborene W.________ meldete sich am 6. Januar 2000 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 7. August 2000 ernannte die IV-Stelle des Kantons Zürich Rechtsanwalt Hans Ulrich Würgler, Winterthur, mit Wirkung ab 1. Februar 2000 zum unentgeltlichen Rechtsbeistand der Versicherten und setzte seine Entschädigung auf Fr. 550.- (inklusive Spesenersatz und Mehrwertsteuer) fest.
 
Mit Verfügungen vom 17. Januar 2003 sprach die IV-Stelle der Versicherten für die Zeit ab 1. Januar 1999 bis 30. November 2001 eine ganze Invalidenrente zu. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 14. August 2003 ab. Mit Verfügung vom 14. August 2003 wies sie das Gesuch der Versicherten um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für das Verwaltungsverfahren mangels Bedürftigkeit ab.
 
B.
 
Die Versicherte erhob gegen den Einspracheentscheid und die Verfügung vom 14. August 2003 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde und beantragte die Zusprechung einer ganzen unbefristeten Invalidenrente ab 1. September 1999 sowie die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für die Verfahren vor der IV-Stelle und vor dem kantonalen Gericht.
 
Mit Verfügung vom 13. Oktober 2003 ernannte die IV-Stelle Rechtsanwalt Hans Ulrich Würgler für die Zeit vom 22. September 2000 bis 15. April 2002 zum unentgeltlichen Rechtsbeistand und legte die entsprechende Entschädigung auf Fr. 952.80 (inklusive Spesenersatz und Mehrwertsteuer) fest. Hiegegen erhob die Versicherte ebenfalls Beschwerde und beantragte, es sei ihr für das ganze Verfahren vor der IV-Stelle die unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen und die Entschädigung auf Fr. 2205.80 festzusetzen. Weiter sei ihr die unentgeltliche Verbeiständung für das kantonale Verfahren zu bewilligen.
 
Mit Verfügung vom 12. Januar 2004 wies das kantonale Gericht das Begehren um unentgeltliche Verbeiständung mangels Bedürftigkeit der Versicherten ab.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Versicherte die Aufhebung der kantonalen Verfügung vom 12. Januar 2004 und die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für das kantonale und für das letztinstanzliche Verfahren.
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichten.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren.
 
1.1 Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er ist daher selbstständig beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anfechtbar (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und Art. 128 OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115; RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 154 Erw. 1).
 
1.2 Im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Gericht sind keine Versicherungsleistungen streitig, weshalb das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 100 V 62 Erw. 2).
 
2.
 
2.1 Gemäss Art. 61 Ingress des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem Recht, das bestimmten bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen hat. So sieht lit. f dieser Bestimmung vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen, gewährleistet sein muss (Satz 1). Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt (Satz 2; vgl. auch Art. 29 Abs. 3 BV). Mit Inkraftsetzung des ATSG ist der gemäss alt Art. 69 IVG auch für den Bereich der Invalidenversicherung anwendbare Art. 85 Abs. 2 lit. f Sätze 1 und 2 AHVG aufgehoben worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich inhaltlich nichts geändert, sodass die zu alt Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG ergangene Rechtsprechung weiterhin anwendbar ist (SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 Erw. 2.1 mit Hinweisen; Urteil A. vom 26. April 2004 Erw. 5.3, I 799/03; BBl 1999 V 4627).
 
2.2 Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung (BGE 129 I 135 Erw. 2.2.2, 125 V 35 Erw. 4b, 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b), insbesondere zum Begriff der Bedürftigkeit und zur Massgeblichkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über das Gesuch (BGE 124 I 2 Erw. 2a, 115 Ia 195 Erw. 3a, 108 V 269 Erw. 4; RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 155 Erw. 2, 1996 Nr. U 254 S. 209 Erw. 2; nicht publ. Erw. 7 des Urteils SVR 2002 EL Nr. 9 S. 21, SVR 1998 UV Nr. 11 S. 34 Erw. 7a), zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
3.1 Unbestritten und nicht zu beanstanden ist die Feststellung der Vorinstanz, dass die Ausgaben der Beschwerdeführerin und ihrer Familie monatlich Fr. 9414.25 betragen.
 
3.2 Auf der Einnahmenseite ging das kantonale Gericht von einem monatlichen Betrag von Fr. 11'027.50 (Fr. 3029.- Krankentaggeld der Beschwerdeführerin, Fr. 7639.50 Einkommen des Ehemannes und Fr. 359.- Beitrag des Sohnes) aus.
 
Unbehelflich ist das Vorbringen der Versicherten, sie habe die Arbeitsstelle mit einem monatlichen Einkommen von Fr. 3517.- per 20. November 2002 verloren. Denn die Vorinstanz ging - wie gesagt - gar nicht von diesem Einkommen aus, sondern von dem von der Versicherten unbestrittenermassen bezogenen Krankentaggeld von monatlich Fr. 3029.-.
 
Weiter wendet die Versicherte ein, das kantonale Gericht habe beim Einkommen des Ehemannes die Lohnpfändung für die Steuerschulden von monatlich Fr. 2700.- nicht abgezogen. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Vorinstanz diese Lohnpfändung auf der Ausgabenseite veranschlagt hat, weshalb ihre Berechnung diesbezüglich im Ergebnis korrekt ist.
 
Die Vorinstanz hat die Bedürftigkeit zu Recht verneint, da es der Versicherten - entgegen ihrem Vorbringen - auf Grund des Überschusses von Fr. 437.85 (Fr. 11'027.50 minus Fr. 9414.25.-) möglich ist, die Anwaltskosten innert angemessener Frist zu tilgen (vgl. auch RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 156 Erw. 3c; Urteil O. vom 16. Dezember 2003 Erw. 3.2, I 482/03). Die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Verbeiständung erweist sich somit als rechtens.
 
4.
 
4.1 Praxisgemäss (SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 7 Erw. 5) werden in Verfahren, welche die Frage der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zum Gegenstand haben, keine Gerichtskosten erhoben.
 
4.2 Der Rechtsvertreter der Versicherten hat das ihm vom Eidgenössischen Versicherungsgericht am 27. Januar 2004 zugestellte Formular zur Erlangung der unentgeltlichen Rechtspflege zwar von der Versicherten ausfüllen, jedoch trotz gerichtlicher Aufforderung bewusst nicht von der zuständigen Gemeindebehörde bestätigen lassen (Schreiben des Rechtsvertreters vom 27. Februar 2004). Die Frage nach der Bedürftigkeit ist daher androhungsgemäss auf Grund der Akten zu entscheiden (Urteil B. vom 29. Juni 2004 Erw. 11.2, U 95/03). Nach dem in Erw. 3 hievor Gesagten ist das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren ebenfalls abzuweisen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 13. September 2004
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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