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Informationen zum Dokument  BGer 2A.469/2003  Materielle Begründung
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BGer 2A.469/2003 vom 06.09.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.469/2003 /leb
 
Urteil vom 6. September 2004
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
 
Gerichtsschreiber Uebersax.
 
Parteien
 
X.________ AG, Fabrikation pharmazeutischer
 
und chemischer Produkte,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, Erlachstrasse 8, 3000 Bern 9,
 
Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel, Effingerstrasse 39, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Morphin HCL X.________ 5%, Injektionslösung; Morphinsulfat X.________, Tabletten 100 mg/200mg; Morphinsulfat X.________, Injektionslösung 15 mg/ml,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel vom 27. August 2003.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Am 31. Dezember 2002 meldete die X.________ AG bei der Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, das Präparat Morphin HCL X.________, Injektionslösung (Dosierungsstärken: 0,4% = 0,4 mg/ml; 1% = 10 mg/ml; 2% = 20 mg/ml) an. Am 8. April 2003 reichte die X.________ AG der Swissmedic weitere Beilagen ein für die gleiche Injektionslösung mit den zusätzlichen Dosierungsstärken von 15 mg/ml (1,5%) und von 5% (50 mg/ml) sowie für Morphinsulfattabletten von 100 mg und 200 mg.
 
1.2 Mit Verfügung vom 25. Juli 2003 trat die Swissmedic auf das ergänzende Anmeldungsgesuch vom 8. April 2003 nicht ein, weil die Frist für die Neuanmeldung bestehender Arzneimittel am 31. Dezember 2002 abgelaufen sei. Die drei fraglichen Präparate könnten auch nicht ohne Zulassung als so genannte "essentielle Arzneimittel" zur Vermeidung von Engpässen in der Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln befristet bewilligt werden. Gleichzeitig erhob die Swissmedic eine Verfahrensgebühr von Fr. 500.--.
 
1.3 Am 27. August 2003 wies der Präsident der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel eine dagegen erhobene Beschwerde ab, soweit er darauf eintrat.
 
1.4 Dagegen führt die X.________ AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragt, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben, die Präparate Morphin HCL X.________, Injektionslösung 5%, sowie Morphinsulfattabletten von 100 mg und 200 mg als essentielle Arzneimittel anzuerkennen und befristet zum Vertrieb zuzulassen sowie das Zulassungsverfahren für das Präparat Morphin HCL X.________, Injektionslösung 15 mg/ml, mit dem ersten, am 31. Dezember 2002 eingeleiteten Gesuchsverfahren zu vereinigen. Überdies sei die festgelegte Gebühr von Fr. 500.-- angemessen zu reduzieren. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Swissmedic zurückzuweisen.
 
Die Swissmedic schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Rekurskommission verzichtet in ihrer Stellungnahme auf einen ausdrücklichen Antrag, hält aber sinngemäss am angefochtenen Entscheid fest.
 
2.
 
Gegen Urteile der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. e OG sowie Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]; Urteil des Bundesgerichts 2A.156/2004 vom 25. März 2004, E. 1.1, mit Hinweis).
 
3.
 
3.1 Nach der Übergangsbestimmung von Art. 95 Abs. 3 HMG ist das Zulassungsgesuch für Arzneimittel, die vor Inkrafttreten des Heilmittelgesetzes weder nach kantonalem noch nach Bundesrecht zulassungspflichtig waren und die neu zugelassen werden müssen, innert eines Jahres nach Inkrafttreten des Heilmittelgesetzes einzureichen; bis zum Zulassungsentscheid dürfen sie weiter in Verkehr bleiben.
 
Bei den hier fraglichen drei Präparaten handelt es sich unbestrittenermassen um Arzneimittel, die in den Anwendungsbereich von Art. 95 Abs. 3 HMG fallen. Da das Heilmittelgesetz am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist und die Beschwerdeführerin erst am 8. April 2003 um Zulassung ersucht hat, wurde die gesetzliche Jahresfrist verpasst. Daran ändert nichts, dass die Swissmedic in einem Schreiben vom 12. Mai 2003 an die Beschwerdeführerin festhielt, die Frist für die Einreichung sei "am 31. Dezember 2003 abgelaufen" (statt: 31. Dezember 2002), handelte es sich doch dabei um einen offensichtlichen, auch für die Beschwerdeführerin leicht erkennbaren Verschrieb, aus dem sie nichts zu ihren Gunsten ableiten kann.
 
3.2 Die Beschwerdeführerin beantragt die Vereinigung des Zulassungsverfahrens Morphin HCL X.________ 15 mg/ml mit dem rechtzeitig eingeleiteten hängigen Verfahren des gleichen Präparats mit den Dosierungen 0,4%, 1%, und 2%, gehe es doch dabei nicht um ein neues Produkt, sondern lediglich um eine neue Dosierung. Es ist jedoch nicht bundesrechtswidrig, bei der Anwendung von Art. 95 Abs. 3 HMG eine rechtzeitige Anmeldung für verschiedene vertriebene Dosierungen des grundsätzlich gleichen Wirkstoffes zu verlangen, können sich doch daraus verschiedene Auswirkungen insbesondere auf die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit eines Arzneimittels (vgl. Art. 10 Abs. 1 lit. a HMG) ergeben. Auch die Beschwerdeführerin hat in ihrem rechtzeitigen Gesuch vom 31. Dezember 2002 für die Parallelprodukte nicht ohne Grund die Zulassung von gleichzeitig drei verschiedenen Dosierungen beantragt.
 
3.3 Gemäss Art. 9 Abs. 4 HMG kann der Vertrieb oder die Abgabe von nicht zugelassenen Arzneimitteln gegen lebensbedrohende Krankheiten befristet bewilligt werden, wenn dies mit dem Schutz der Gesundheit vereinbar ist, von der Anwendung ein grosser therapeutischer Nutzen zu erwarten ist und wenn kein vergleichbares Arzneimittel zur Verfügung steht.
 
Nach Auffassung der Rekurskommission gelten als vergleichbar im Sinne von Art. 9 Abs. 4 HMG alle Arzneimittel, die für die Behandlung der gleichen Krankheit eingesetzt werden können und ein ähnliches Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen. Die Erteilung einer Bewilligung ist danach nicht nur dann ausgeschlossen, wenn bereits identische Präparate zugelassen sind, sondern auch dann, wenn der gleiche therapeutische Erfolg mit anderen Arzneimitteln erreicht werden kann. Ob diese Präparate umständlicher oder teurer sind, müsse ausser Betracht fallen.
 
Mit Recht weist die Rekurskommission in ihrer Vernehmlassung darauf hin, nur die zurückhaltende Anwendung von Art. 9 Abs. 4 HMG stelle sicher, dass die grundlegende Zulassungspflicht gemäss Art. 8 HMG auch greife. Für Präparate, die noch nicht oder nicht mehr zugelassen sind, ist daher in der Regel ein ordentliches Zulassungsverfahren durchzuführen, in dem die massgeblichen Kriterien wie Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit umfassend geprüft werden. Art. 9 Abs. 4 HMG soll lediglich ermöglichen, ausnahmsweise ein Arzneimittel gegen lebensbedrohende Krankheiten sofort zugänglich zu machen, was das zeitintensive und aufwendige vollständige Zulassungsverfahren auf längere Zeit ausschliessen würde (vgl. BBl 1999 3453, insbes. S. 3496 f.), wenn es sonst keine vergleichbare Behandlungsmöglichkeit gibt.
 
Es kann hier offen bleiben, ob die fraglichen Präparate "gegen lebensbedrohende Krankheiten" eingesetzt werden können. Die Vorinstanzen definieren zwar die Anforderungen an die gesetzlich vorgeschriebene Vergleichbarkeit von Arzneimitteln relativ rudimentär. Es ist ihnen jedoch ein gewisser fachtechnischer Beurteilungsspielraum einzuräumen. Die Beschwerdeführerin bestreitet überdies nicht, dass andere Morphin-Präparate erhältlich sind; sie geht aber davon aus, die Dosierungen seien mit den hier fraglichen Produkten nicht vergleichbar. Wenn die Vorinstanzen als Fachorgane jedoch die Vergleichbarkeit aufgrund der Substanz, der Wirksamkeit und der Einsetzbarkeit bejahen, besteht für das Bundesgericht kein Anlass, einzig wegen der unterschiedlichen Dosierungen davon abzuweichen.
 
3.4 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich die Beschwerdeführerin selbst zuzuschreiben hat, wenn sie die hier fraglichen Arzneimittel nicht ohne Zulassung vertreiben kann. Sie hätte die Gelegenheit gehabt, diese Präparate rechtzeitig anzumelden. Nur weil sie die gesetzliche Frist von Art. 95 Abs. 3 HMG verpasst hat, die ihr übrigens bekannt war, wie die rechtzeitige Anmeldung der Parallelprodukte belegt, ist sie nunmehr auf die ordentliche Zulassung gemäss Art. 8 ff. HMG angewiesen.
 
4.
 
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin die ihr von der Swissmedic auferlegte Verwaltungsgebühr von Fr. 500.-- als zu hoch und damit unverhältnismässig.
 
Die Swissmedic untersteht einem Leistungsauftrag und der Pflicht, ihre Kosten mit den erhobenen Gebühren zu decken (vgl. Art. 65 HMG). Dennoch hat sie das Äquivalenzprinzip zu beachten, was bedeutet, dass die Höhe der Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum betriebenen Aufwand stehen muss. Ein Aufwand von zweieinhalb Stunden für die Behandlung des Gesuchs der Beschwerdeführerin erscheint nicht unglaubwürdig, sondern vernünftig angesetzt. Dafür eine Gebühr von Fr. 500.-- zu verrechnen, ist nicht unverhältnismässig, weshalb der angefochtene Entscheid auch insoweit nicht gegen Bundesrecht verstösst, als er die Festlegung der Gebühr durch die Swissmedic schützt.
 
5.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen.
 
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1, Art. 153 und 153a OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, und der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. September 2004
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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