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Informationen zum Dokument  BGer H 20/2004  Materielle Begründung
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BGer H 20/2004 vom 19.08.2004
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
H 20/04
 
Urteil vom 19. August 2004
 
I. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Lustenberger und Ursprung; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold
 
Parteien
 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
O.________ AG, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen
 
(Entscheid vom 4. Dezember 2003)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Firma O.________ AG ist der Ostschweizerischen Ausgleichskasse für Handel und Industrie als Arbeitgeberin angeschlossen. Die Ausgleichskasse stellte der O.________ AG am 30. Januar 2003 die Jahresabrechnung für das Jahr 2002 von Fr. 9327.95 zu. Dieser Betrag wurde der Ausgleichskasse am 3. März 2003 gutgeschrieben. Mit Verfügung vom 23. März 2003 forderte die Ausgleichskasse Verzugszinsen für die Zeit vom 30. Januar bis 3. März 2003 in der Höhe von Fr. 44.05, woran sie mit Einspracheentscheid vom 23. Juni 2003 festhielt.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 4. Dezember 2003 gut und hob den Einspracheentscheid vom 23. Juni 2003 auf.
 
C.
 
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren um Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während die Ausgleichskasse deren Gutheissung beantragt. Die O.________ AG verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im AHV-Bereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben, und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 23. Juni 2003) eingetretenen Sachverhalt abstellt, sind die Bestimmungen des ATSG anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen).
 
Die Vorinstanz hat im Übrigen die Bestimmungen und Grundsätze über die Erhebung von Verzugszinsen bei periodisch abrechnenden Arbeitgebern (Art. 41bis Abs. 1 lit. c und Abs. 2 sowie Art. 42 AHVV in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung; AHI 2004 S. 108, 2003 S. 143, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
Anzufügen bleibt, dass die gesetzliche Grundlage zur Erhebung von Verzugszinsen im AHV-Beitragsbereich nicht mehr durch Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) gewährleistet wird, sondern sich die Ermächtigung des Verordnungsgebers zur Regelung von Verzugszinsen seit 1. Januar 2003 aus Art. 26 Abs. 1 ATSG ergibt; dies hat jedoch keinen Einfluss auf die Regelung in Art. 41bis ff. AHVV (vgl. Kieser, ATSG-Kommentar, N 6 f. und N 27 zu Art. 26 ATSG).
 
2.
 
Streitig ist, ob sich die Frist zur rechtzeitigen Bezahlung ausstehender Beiträge auf den nächsten Werktag verlängert, wenn der letzte Tag der Zahlungsfrist auf einen Samstag fällt.
 
2.1 Das beschwerdeführende Bundesamt stützt sich auf Rz 4002.1 des Kreisschreibens über Verzugs- und Vergütungszinsen (KSVZ) in der AHV, IV und EO, wonach sich die Frist zur rechtzeitigen Bezahlung von ausstehenden Beiträgen nicht verlängert, wenn der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen staatlich anerkannten Feiertag fällt. Der klare Wortlaut von Art. 36 Abs. 4 AHVV lasse keine andere Deutung zu; insbesondere liege keine zu füllende Lücke, sondern ein qualifiziertes Schweigen des Verordnungsgebers vor.
 
Das kantonale Gericht zog für seinen Entscheid hingegen Art. 78 OR in Verbindung mit Art. 1 des Bundesgesetzes über den Fristenlauf an Samstagen vom 21. Juni 1963 (SR 173.110.3) in analoger Weise bei; demnach verlängere sich die Pflicht zur Leistung der Beiträge bis zum nächsten Werktag, wenn der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen staatlich anerkannten Feiertag falle. Die analoge Anwendung der privatrechtlichen Regelung rechtfertige sich umso mehr, als der Arbeitgeber als Schuldner bereits das Verzögerungsrisiko bei der Zahlung mittels Giral- oder Buchgeld trage.
 
2.2 Verwaltungsweisungen sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Es soll sie bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Es weicht anderseits insoweit von Weisungen ab, als sie mit den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind (BGE 129 V 205 Erw. 3.2, 127 V 61 Erw. 3a, 126 V 68 Erw. 4b, 427 Erw. 5a, je mit Hinweisen).
 
2.3 Eine Lücke des Gesetzes liegt vor, wenn sich eine gesetzliche Regelung als unvollständig erweist, weil sie auf eine bestimmte Frage keine (befriedigende) Antwort gibt. Bevor eine ausfüllungsbedürftige Lücke angenommen werden darf, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob das Fehlen einer Anordnung nicht eine bewusst negative Antwort des Gesetzgebers, ein so genannt qualifiziertes Schweigen darstellt. Erst nach Verneinung dieser Frage kann von einer Lücke gesprochen werden (vgl. Häfelin/Haller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Zürich 2002, Rz 233 ff.) Herrschende Lehre und bundesgerichtliche Rechtsprechung unterscheiden echte und unechte Lücken (vgl. Häfelin/Haller, a.a.O., Rz 237 ff.; Blaise Knapp, Précis de droit administratif, 4. Aufl., Basel 1991, Nr. 441; Ulrich Häfelin, Zur Lückenfüllung im öffentlichen Recht, in: Festschrift zum 70. Geburtstag von Hans Nef, Zürich 1981, S. 91 ff., alle mit Hinweisen). Während bei einer echten Lücke eine sich unvermeidlich stellende Rechtsfrage nicht beantwortet wird und das Gericht diese unter Rückgriff auf die ratio legis zu schliessen hat, liegt bei einer unechten Lücke eine sachlich unbefriedigende Antwort vor, deren Korrektur den rechtsanwendenden Organen grundsätzlich nicht bzw. nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt ist (BGE 129 V 6 Erw. 4.1.1 mit Hinweis).
 
2.4
 
2.4.1 Entgegen den Ausführungen des BSV enthält weder Art. 36 Abs. 4 AHVV noch Art. 41bis Abs. 1 lit. c AHVV einen klaren Wortlaut zur Frage, was geschieht, wenn der letzte Tag einer Zahlungsfrist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Würde man der Ansicht des BSV folgen, dass der Schuldner vorzeitig zu leisten hätte, und die Frist nicht über die 30 Tage hinaus verlängern, stünden diesem gerade nicht die im Verordnungstext vorgesehenen 30 Tage zu, was wiederum nicht dem Wortlaut entspräche. Insofern lässt sich aus den einschlägigen Verordnungstexten keine klare Antwort finden. Zudem gibt es keinerlei Anhaltspunkte, von einem qualifizierten Schweigen des Verordnungsgebers auszugehen. Auch der Verweis auf Art. 133 Abs. 1 sowie Art. 163 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (SR 642.11) hilft nicht weiter, da auch diese Bestimmungen sowie Art. 3 der Verordnung über die Fälligkeit und Verzinsung der direkten Bundessteuer vom 10. Dezember 1992 (SR 642.124) die Frage nach der (Nicht-)Verlängerung der Zahlungsfrist nicht beantworten.
 
2.4.2 In seiner Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Fristenlauf an Samstagen vom 19. Oktober 1962 hält der Bundesrat fest, dass im Laufe der letzten Jahre seitens der privaten Arbeitgeber wie der öffentlichen Verwaltung dem Wunsch der Arbeitnehmer nach einem freien Samstag mehr und mehr entsprochen worden sei; deshalb sei es wiederum nötig, hinsichtlich der Fristen darauf Rücksicht zu nehmen, dass Amtsstellen und private Unternehmen an Samstagen ihre Büros und Schalter geschlossen hielten. Der Entwurf, welcher auf dem Postulat vom 15. März 1961 des Nationalrates Huber und Mitunterzeichnern basiere, sehe vor, dass der Samstag hinsichtlich aller bundesrechtlichen oder auf Grund von Bundesrecht durch eine Behörde angesetzten Fristen einem staatlich anerkannten Feiertag gleichgestellt werden solle. Die Bestimmung sei allgemein gehalten, was einer Regelung für Einzelgesetze oder gar für Einzelfälle vorzuziehen sei. Wie der Bund zuständig gewesen sei, in seinen Gesetzen auf den Gebieten des Zivilrechts, des Strafrechts, der Gerichtsorganisation, des Verwaltungs- und Prozessrechts Fristen vorzusehen und den Fristenlauf zu regeln, wenn der letzte Tag auf einen Sonntag oder einen Feiertag falle, sei er auch zuständig, zu sagen, dass der Samstag einem Feiertag in diesem Sinne gleichzustellen sei (BBl 1962 II S. 981 ff.). Sowohl National- als auch Ständerat schlossen sich dieser Argumentation einstimmig an (Amtl. Bull. NR 1963 16 f. und SR 1963 157 f.); der Ständerat hob insbesondere hervor, dass es infolge der geschlossenen Büros von Behörden und privaten Unternehmungen zu Unzukömmlichkeiten führen könne, wo es gelte, innert nützlicher Frist eine Verpflichtung zu erfüllen (Amtl. Bull. SR 1963 157). Aus diesen Ausführungen ist insbesondere zu schliessen, dass der Gesetzgeber damit nicht nur den Fristenlauf im Verfahrensrecht regeln, sondern dieses Gesetz auf alle Fristen angewendet wissen wollte; anders ist es nicht zu verstehen, ansonsten eine explizite Erwähnung des Prozessrechts nach Aufzählung der verschiedenen Rechtsgebiete (Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Gerichtsorganisation und Verwaltungsrecht) obsolet gewesen wäre.
 
2.4.3 Das Bundesgericht hat in BGE 83 IV 185 festgestellt, die Regelung, wonach sich Fristen bis zum nächsten Werktag verlängern, wenn ihr letzter Tag auf einen Sonntag oder einen anerkannten Feiertag fällt, habe in verschiedenen Bundesgesetzen, wie OG, BZP, BStP, SchKG, OR und ZGB, Aufnahme gefunden und sich zumindest im Bereich des Bundesrechts so eingelebt hat, dass sie die Bedeutung eines allgemein gültigen Grundsatzes erlangt habe.
 
In der Lehre wird die Meinung vertreten, dass Art. 78 OR zur Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe, im Wesentlichen aber als Schutzbestimmung zu Gunsten des Schuldners aufgestellt worden sei, damit dieser wegen eines Sonn- oder Feiertags nicht (vorzeitig) leisten müsse (Leu, in: Honsell/Vogt/Wiegand, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 2. Aufl., Basel/Frankfurt a.M. 1996, N 1 zu Art. 78 OR; Schraner, Zürcher Kommentar, Zürich 2000, N 2 f. zu Art. 78 OR; Weber, Berner Kommentar, Bern 1983, N 4 und 6 f. zu Art. 78 OR; Hohl, in: Thévenoz/Werro, Code des obligations I, Commentaire romand, Genf 2003, N 1 zu Art. 78 OR). Der Schuldner solle "jeden Zeitteil der Frist" in Anspruch nehmen können (Weber, a.a.O., N 6 zu Art. 78 OR). Art. 78 OR gelte für alle Sachleistungspflichten (Leu, a.a.O., N 1 zu Art. 78 OR; Schraner, a.a.O., N 8 zu Art. 78 OR; Weber, a.a.O., N 8 zu Art. 78 OR), wozu auch die Bezahlung einer Geldschuld gehöre. Die Lehre stimmt auch darin überein, dass Art. 1 des Bundesgesetzes über den Fristenlauf an Samstagen auf Grund seiner generellen Geltung für alle bundesrechtlichen oder durch Behörden auf Grund von Bundesrecht angesetzten Fristen ergänzend zu Art. 78 OR zur Anwendung gelangt, wobei jedoch vertragliche und kantonalrechtliche Fristen davon nicht erfasst würden (Leu, a.a.O., N 3 zu Art. 78 OR; Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bern 1990, N 3.4 zu Art. 32 OG; Schraner, a.a.O., N 19 ff. zu Art. 78 OR; Weber, a.a.O., N 21 ff. zu Art. 78 OR). Anzufügen bleibt, dass die mit Art. 78 OR inhaltlich übereinstimmende Regelung von Art. 32 Abs. 2 OG ebenfalls nicht auf das Verfahren vor Bundesgericht beschränkt ist, sondern einem allgemeinen Grundsatz entspricht (Poudret, a.a.O., N 3.1 zu Art. 32 OG).
 
2.4.4 In diesem Zusammenhang ist auch das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen vom 16. Mai 1972 (SR 0.221.122.3), welches die Schweiz ratifiziert und auf den 28. April 1983 in Kraft gesetzt hat, zu berücksichtigen. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens beziehen sich (u.a.) auf alle durch Gesetz, von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde festgesetzten Fristen im Bereich des Zivil-, Handels- und Verwaltungsrechts (einschliesslich des diese Gebiete betreffenden Verfahrensrechts; Art. 1 des Übereinkommens). Gemäss Art. 5 des Übereinkommens wird die Frist bis zum nächstfolgenden Werktag verlängert, wenn innert Frist eine Handlung vorzunehmen ist und der Ablauf der Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder einen einem gesetzlichen Feiertag gleichgestellten Tag fällt. Diese Regelung gilt gemäss Ingress des Übereinkommens nicht nur im interstaatlichen Verhältnis, sondern auch im innerstaatlichen Bereich.
 
2.4.5 Des Weitern ist zu beachten, dass die Ausgleichskassen die Bezahlung der Beiträge mittels der Rechnung beigelegtem Einzahlungsschein einfordern, was den Schuldner dazu zwingt, die Dienste der Post oder einer Bank in Anspruch zu nehmen. Da jedoch in aller Regel die Banken und die Post an Samstagen und Sonntagen keine Gutschriften auf den Konten vornehmen, und es dem Schuldner somit verunmöglicht ist, an diesen Tagen zu erfüllen, ist entgegen der Ansicht des BSV nicht die Frist zu Lasten des Schuldners zu verkürzen und dieser zu einer vorzeitigen Leistung zu verpflichten, sondern vielmehr die Frist bis zum nächsten Werktag zu verlängern. Dies rechtfertigt sich umso mehr, als die Frist nicht erst mit Zustellung der Rechnung, sondern bereits mit deren Versand zu laufen beginnt (Art. 41bis Abs. 2 AHVV), und der Schuldner das Verzögerungsrisiko bei Bezahlung mittels Buch- oder Giralgeld zu tragen hat (AHI 2003 S. 144 Erw. 3.3 mit Hinweisen), sodass ihm bereits aus diesen Gründen nicht volle 30 Tage zur Verfügung stehen.
 
2.5 Nach dem Gesagten enthält Rz 4002.1 KSVZ keine dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Auslegung und ist somit nicht massgeblich; vielmehr verlängert sich die Frist zur Zahlung ausstehender Beiträge bis zum nächsten Werktag, sofern der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemein anerkannten Feiertag fällt. Daran ändert auch der Einwand des BSV, es seien keine privatrechtliche Grundsätze analog anzuwenden, nichts. Abgesehen davon, dass sich dies bereits aus dem oben erwähnten Europäischen Übereinkommen (Erw. 2.4.4) gebietet, welches ausdrücklich auch das Verwaltungsrecht ausserhalb des Verfahrensrechts erfasst, wird auch in anderen Fragen, etwa bei der Funktion des Verzugszinses als verschuldensunabhängigem vereinfachtem Schadens- und Vorteilsausgleich (ZAK 1992 S. 166 mit Bezug auf Art. 104 f. OR), der Bestimmung des massgeblichen Zeitpunkts der Beitragszahlung (AHI 2003 S. 143 mit Bezug auf Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR) oder der Berechnung der Verzugszinsen (AHI 2004 S. 108 mit Bezug auf die in der Schweiz im kaufmännischen Verkehr übliche deutsche Usanz), auf privatrechtliche und kaufmännische Grundsätze zurückgegriffen; mithin ist nichts gegen eine analoge Anwendung einer Bestimmung des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts einzuwenden. Dies gilt umso mehr, als Art. 78 OR in Verbindung mit Art. 1 des Bundesgesetzes über den Fristenlauf an Samstagen Ausdruck einer allgemein anerkannten Regelung ist, welche auch in anderen Rechtsgebieten explizit statuiert wurde oder Geltung hat (vgl. etwa Art. 32 Abs. 2 OG, Art. 20 Abs. 3 VwVG, Art. 31 Abs. 3 SchKG, Art. 29 StGB in Verbindung mit BGE 83 IV 185, Art. 38 Abs. 2 ATSG sowie Art. 5 des Übereinkommens über die Berechnung von Fristen).
 
3.
 
Die Arbeitgeberin hatte 30 Tage seit Rechnungsstellung Zeit, die ausstehenden Beiträge der Jahresabrechnung zu leisten (Art. 41bis Abs. 1 lit. c AHVV). Die Rechnung der Ausgleichskasse datiert vom 30. Januar 2003, sodass die Zahlungsfrist am 1. März 2003 ablief. Da der 1. März 2003 ein Samstag war, verlängerte sich die Frist bis zum nächstfolgenden Werktag, dem Montag, 3. März 2003. Mit der Gutschrift des ausstehenden Betrags auf dem Konto der Ausgleichskasse am 3. März 2003 hat die Firma jedoch rechtzeitig geleistet und daher keine Verzugszinsen zu bezahlen.
 
4.
 
Da weder die Anerkennung noch Verweigerung von Versicherungsleistungen streitig ist, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem BSV können keine Gerichtskosten auferlegt werden (Art. 156 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). Die in der Sache ebenfalls unterliegende Ausgleichskasse hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Ostschweizerischen Ausgleichskasse für Handel und Industrie auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und der Ostschweizerischen Ausgleichskasse für Handel und Industrie zugestellt.
 
Luzern, 19. August 2004
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
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