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Informationen zum Dokument  BGer 5C.91/2004  Materielle Begründung
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BGer 5C.91/2004 vom 05.08.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5C.91/2004 /bie
 
Urteil vom 5. August 2004
 
II. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Raselli, Präsident,
 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
 
Gerichtsschreiber von Roten.
 
Parteien
 
1. A.________,
 
2. B.________,
 
Kläger und Berufungskläger, beide vertreten
 
durch Rechtsanwalt lic. oec. HSG Alfred Paul Müller,
 
gegen
 
1. C.________,
 
2. Ehegatten D.________,
 
3. E.________,
 
Beklagte und Berufungsbeklagte,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Hermann Just.
 
Gegenstand
 
Dienstbarkeit,
 
Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer, vom 8. Dezember 2003.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Im Grundbuch der Gemeinde T.________ ist zu Gunsten der Parzellen Nrn. 632, 633 und 635 und zu Lasten der Parzelle Nr. 634 ein Fuss- und Fahrwegrecht eingetragen. Die Dienstbarkeit wurde im Juni/Juli 1976 begründet, als F.________ ab ihrem Grundstück (heute: Nr. 634) die erwähnten Parzellen abtrennte und veräusserte. Das Wegrecht verbindet die mit Wohnhäusern überbauten Parzellen mit dem öffentlichen Mittelweg. Die Dienstbarkeit wurde auf Situationsplänen eingezeichnet, die zu den jeweiligen Kaufverträgen gehörten, in den Vermarkungsskizzen festgehalten, die im November 1981 nach Abschluss der Grundbuchvermessung öffentlich auflagen, und durch Angabe der sog. Kulturgrenzen in den Grundbuchplan aufgenommen, der Teil des am 1. Februar 1994 eingeführten eidgenössischen Grundbuchs bildet. Das Wegrecht gab bei der Einführung des Grundbuchs zu keinen Einsprachen Anlass und konnte während rund zwanzig Jahren offenbar ungestört ausgeübt werden.
 
B.
 
Im September 1996 wurde A.________ Eigentümerin der belasteten Parzelle Nr. 634. Ihr nachmaliger Ehemann B.________ veränderte im Herbst 1996 / Frühjahr 1997 die Zufahrt zu den berechtigten Parzellen. Deren Eigentümer, C.________ (Nr. 632), Ehegatten D.________ (Nr. 635) und E.________ (Nr. 633), setzten sich dagegen klageweise zur Wehr. In zweiter Instanz urteilte das Kantonsgericht von Graubünden am 14. Juni 1999 wie folgt:
 
Die Klage wird teilweise gutgeheissen und die Beklagte [A.________] wird verpflichtet, die Ein- und Zufahrt zum Mittelweg ab der Abzweigung zum Vorplatz auf der Parzelle Nr. 634, Grundbuch der Gemeinde T.________, bis zum Mittelweg baulich wieder so herzustellen und zu gestalten, dass das zu Gunsten der Parzellen Nrn. 632, 633 und 635 des Grundbuches der Gemeinde T.________ eingetragene Fuss- und Fahrwegrecht nördlich innerhalb der in diesem Bereich verlaufenden Kulturgrenze und südlich mindestens innerhalb der in jenem Bereich verlaufenden Kulturgrenze ungehindert ausgeübt werden kann.
 
Das kantonsgerichtliche Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Es musste auf dem Weg der Ersatzvornahme vollstreckt werden. Die von A.________ gegen die Vollstreckungsmassnahmen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht rechtskräftig ab. Die Wiederherstellung des vormaligen Zustandes konnte in der Folge durch die beauftragte Baufirma unter Polizeischutz ausgeführt werden.
 
C.
 
Während des Vollstreckungsverfahrens erhob A.________ Klage gegen die Eigentümer der wegrechtsberechtigten Parzellen mit den Anträgen, das Fuss- und Fahrwegrecht sei festzustellen und nach Süden zu verlegen. B.________, der die Klägerin inzwischen geheiratet hatte, wurde im Verlaufe des Verfahrens Miteigentümer der wegrechtsbelasteten Parzelle und trat dem Prozess als Kläger bei.
 
Das Bezirksgericht L.________ wies die Klage vollumfänglich ab (Dispositiv-Ziff. 1). Unter Hinweis auf das rechtskräftige Kantonsgerichtsurteil vom 14. Juni 1999 lehnte das Bezirksgericht die erneute Feststellung von genauem Inhalt und Umfang des Fuss- und Fahrwegrechts ab (E. 6 S. 20 ff. und E. 9 S. 31). Die weiteren Klagebegehren wies es ab, weil eine Verlegung für die Beklagten als Dienstbarkeitsberechtigte Nachteile hätte, die zu einer deutlichen Abnahme der Qualität der bestehenden Zufahrt führten (E. 7 und 8 S. 22 ff. des Urteils vom 5. Februar 2003).
 
Mit kantonaler Berufung erneuerten die Kläger in der Sache ihr Begehren auf Verlegung der Dienstbarkeit. Das Kantonsgericht von Graubünden (Zivilkammer) legte den Berufungsantrag dahin gehend aus, es werde wiederum und ausschliesslich die Feststellung von Inhalt und Umfang des bestehenden Fuss- und Fahrwegrechts begehrt. Unter Hinweis auf sein Urteil vom 14. Juni 1999 nahm das Kantonsgericht an, darüber sei rechtskräftig entschieden (E. 2 S. 7 ff.). Es trat deshalb auf die Klage nicht ein (Dispositiv-Ziff. 1), führte aber in einer Eventualerwägung näher aus, dass sich der Antrag auf Verlegung der Dienstbarkeit auch materiell als unbegründet erwiese (E. 3 S. 9 ff. des Urteils vom 8. Dezember 2003).
 
D.
 
Mit eidgenössischer Berufung beantragen die Kläger dem Bundesgericht die Feststellung und Verlegung des Fuss- und Fahrwegrechts sowie die Durchführung einer Oberexpertise. Das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet mit dem Antrag, die Berufung abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
 
E.
 
Ein Gesuch der Kläger um Erlass von Verboten wegen Besitzesstörung im Amtsbefehlsverfahren gegen die Beklagten blieb erfolglos. Auf eine staatsrechtliche Beschwerde trat zuletzt das Bundesgericht nicht ein (Urteil 5P.4/2004 vom 27. Januar 2004).
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die kantonalen Gerichte haben über die Begehren entschieden, ob das bestehende Fuss- und Fahrwegrecht in seinem genauen Flächenumfang gemäss klägerischer Planbeilage festzustellen und zu verlegen sei. Die dagegen gerichtete Berufung ist grundsätzlich zulässig, wobei auf formelle Einzelfragen im Sachzusammenhang zurückzukommen sein wird. Nicht eingetreten werden kann auf die Berufung, soweit die Kläger ihre Eingaben im kantonalen Verfahren mitsamt den dazugehörigen Akten zum integrierenden Bestandteil der Berufungsschrift erklären (S. 7 Ziff. 12). Solche Verweisungen sind unbeachtlich, da in der Berufungsschrift selbst darzulegen ist, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch das kantonale Urteil verletzt sind (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 104 II 190 E. 1 S. 192; 126 III 198 E. 1d S. 201). Entgegen den Behauptungen, die die Kläger zur offenbar übereinstimmenden kantonalen Praxis aufstellen, bezweckt dieses Begründungserfordernis nicht nur, dem Gericht die Arbeit zu erleichtern. Es soll vielmehr den Rechtsmittelkläger dazu zwingen, sich mit dem angefochtenen Urteil auseinanderzusetzen, was zwangsläufig nicht geschehen kann, wenn lediglich auf frühere und damit vor Erlass des angefochtenen Urteils erstellte Eingaben verwiesen wird (vgl. BGE 84 II 107 E. 1 S. 110; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, S. 153 Anm. 19).
 
2.
 
Unter Hinweis auf die Begründungspflicht gemäss Art. 224 Abs. 2 ZPO/GR ist das Kantonsgericht auf die klägerischen Begehren um Ausstand von Mitgliedern des Bezirksgerichts nicht eingetreten (E. 1b S. 7). Die Ausstandspflicht kantonaler Behörden wird durch das kantonale Recht und zuletzt im Verfassungsrecht des Bundes geregelt (Art. 30 Abs. 1 BV). Entgegen der Annahme der Kläger (S. 5 f. Ziff. 9 der Berufungsschrift) kann das Bundesgericht im Rahmen der eidgenössischen Berufung weder die Anwendung von kantonalen Form- oder Ausstandsvorschriften noch die Einhaltung von Verfassungsrecht überprüfen. Diesbezüglich ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger zu ergreifen, die in den Bestimmungen über die Berufung ausdrücklich vorbehalten wird (Art. 43 Abs. 1 OG; BGE 127 III 248 E. 2c S. 252). Auf die Berufung kann deshalb nicht eingetreten werden, soweit es um den Ausstand von kantonalen Behörden geht.
 
3.
 
Den Antrag der Kläger auf Einholung einer Oberexpertise hat das Kantonsgericht einerseits gestützt auf Art. 226 Abs. 1 ZPO/GR abgelehnt, wonach neue Beweismittel von Parteien vor der Berufungsinstanz ausser im Falle der Revision nicht angerufen werden dürfen. Andererseits ist es davon ausgegangen, von der Einholung einer Oberexpertise seien auch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten (E. 3a S. 9 f.). Der von den Klägern angerufene Art. 8 ZGB schreibt nicht vor, mit welchen Mitteln der Sachverhalt abzuklären ist, schliesst vorweggenommene Beweiswürdigung nicht aus und ist daher nicht verletzt, wenn das Sachgericht schon auf Grund des Ergebnisses einer nur beschränkten Beweisabnahme von den Tatsachenvorbringen der einen Partei überzeugt ist und die gegenteiligen Behauptungen der anderen Partei für unbewiesen hält. Diesbezüglich ist staatsrechtliche Beschwerde wegen Willkür in der Anwendung kantonalen Rechts oder in der Beweiswürdigung oder wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu erheben (BGE 114 II 289 E. 2a S. 291). Entgegen der Annahme der Kläger (S. 4 f. Ziff. 8 der Berufungsschrift) hat das Kantonsgericht ihren bundesgesetzlichen Beweisanspruch nicht verletzt, indem es auf die Einholung einer Oberexpertise aus prozessualen Gründen und in vorweggenommener Beweiswürdigung verzichtet hat. Soweit die Kläger den entsprechenden Beweisantrag vor Bundesgericht erneuern, kann darauf nicht eingetreten werden. Ausser zur Feststellung der formellen Berufungsvoraussetzungen (z.B. Art. 36 Abs. 2 OG) und in Patentprozessen (Art. 67 OG) darf das Bundesgericht im Berufungsverfahren keine Beweismassnahmen treffen (Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, II, Bern 1990, N. 4.1 zu Art. 63 OG, S. 529). Der Beweisantrag der Kläger ist deshalb unzulässig.
 
4.
 
Die kantonalen Gerichte haben das Feststellungsbegehren der Kläger nicht zugelassen, weil die begehrte Feststellung bereits Gegenstand des kantonsgerichtlichen Urteils vom 14. Juni 1999 gebildet habe. Die Kläger bestreiten, dass der Beurteilung ihres Feststellungsbegehrens die materielle Rechtskraft jenes Urteils entgegenstehe.
 
4.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die materielle Rechtskraft, d.h. die Verbindlichkeit eines Urteils für spätere Prozesse, eine Frage des Bundesrechts, sofern der zu beurteilende Anspruch - wie hier - auf Bundesrecht beruht. Eine abgeurteilte Sache liegt vor, wenn der streitige Anspruch mit einem schon rechtskräftig beurteilten Anspruch identisch ist. Die Rechtskraftwirkung beschränkt sich dabei ausschliesslich auf das Urteilsdispositiv. Blosse Urteilserwägungen tatsächlicher und/oder rechtlicher Art erwachsen dagegen nicht in Rechtskraft. Sie haben in einer anderen Streitsache keine bindende Wirkung, sind aber gegebenenfalls zur Klärung der Tragweite des Urteilsdispositivs beizuziehen (vgl. die Zusammenfassungen der Rechtsprechung in: BGE 121 III 474 E. 2 und 4a S. 476 ff.; 123 III 16 E. 2a S. 18 f.; 128 III 191 E. 4a S. 195). Zu beurteilen ist deshalb die Tragweite des konkreten Urteilsdispositivs im Einzelfall anhand der gesamten Urteilserwägungen.
 
4.2 Dem Dispositiv des kantonsgerichtlichen Urteils vom 14. Juni 1999 lässt sich eine Umschreibung der Wegrechtsfläche entnehmen. Danach wird das Wegrecht nördlich und südlich durch die "Kulturgrenze" beschränkt. Die Urteilserwägungen verdeutlichen, dass der genaue Umfang der Dienstbarkeit im damaligen Verfahren strittig gewesen ist. Auf den Einwand hin, die Klagebegehren seien völlig unbestimmt, hat das Kantonsgericht festgehalten, Gegenstand des Prozesses seien die Beschreibung des ursprünglichen Zustands und die rückgängig zu machenden Änderungen (E. 3 S. 8 f.). Es hat sich alsdann mit der Auslegung der Dienstbarkeit befasst (E. 5 S. 10 ff.) und festgestellt, die Situationspläne, die integrierenden Bestandteil der Kaufverträge gebildet hätten, seien nicht schlüssig (E. 5b S. 11). Der während rund zwanzig Jahren unangefochten gebliebene Umfang der Dienstbarkeit ergebe sich im konkreten Fall aus den im Grundbuchplan eingezeichneten und mittels gestrichelten Linien visualisierten Kulturgrenzen, die - unabhängig von bestehenden Rechten - den tatsächlichen Zustand in Bezug auf die verschiedenen Bodenbedeckungsarten aus dem Jahre 1981 wiedergäben. Ab der Abzweigung zum Vorplatz der belasteten Parzelle werde das Wegrecht durch die Bruchkante in den Verbundsteinen abgegrenzt (E. 5c S. 11 ff. des Urteils). Der genaue Verlauf des Wegrechts hat damit Gegenstand des Erstprozesses gebildet und ist im Urteilsdispositiv - unter Berücksichtigung der Urteilserwägungen - mit ausreichender Deutlichkeit festgestellt worden. Es verletzt insoweit kein Bundesrecht, dass es die kantonalen Gerichte im vorliegenden Prozess abgelehnt haben, die beantragte Feststellung erneut zu treffen.
 
4.3 Die Kläger verneinen die Anspruchsidentität, weil es ihnen im vorliegenden Prozess darum gehe, die genaue Lage der Dienstbarkeit in einem verbindlichen und massstabsgetreuen Plan festzuhalten. Dabei handle es sich nicht um die blosse Feststellung von Tatsachen, sondern um deren rechtliche Wertung in einem Plan (unter Verweis auf Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3.A. Zürich 1979, S. 208 Anm. 15). Was die rechtliche Bewertung von Tatsachen angeht, hat das Kantonsgericht - wie gesagt (E. 4.2 soeben) - bereits im Erstprozess Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit festgestellt und deren Ausübung derart eingegrenzt, dass das Urteil vollstreckt werden konnte (vgl. lit. B hiervor). Die gerichtliche Lokalisierung hat sich dabei auf den bestehenden Grundbuchplan gestützt, in dem das Wegrecht durch Angabe der Kulturgrenzen eingezeichnet ist. Zur Feststellung der Dienstbarkeitsgrenzen in einem Plan bedarf es deshalb auch keines neuen Gerichtsverfahrens. Die Verordnung über die amtliche Vermessung im Kanton Graubünden (RB 217.250) sieht in Art. 17 vor, dass die Dienstbarkeitsgrenzen, "sofern sie lagemässig eindeutig definiert sind, auf Verlangen der Betroffenen im Plan für das Grundbuch dargestellt" werden (vgl. zu diesen Fragen: Liver, Zürcher Kommentar, 1980, N. 70 ff. zu Art. 731 und N. 78 ff. zu Art. 738 ZGB). Von diesem Grundbuchplan können die Kläger eine Kopie verlangen (Art. 25 der Verordnung) und verfügen damit über den amtlichen Plan, den sie zur Verwirklichung ihres Bauvorhabens angeblich benötigen. Insgesamt bringen die Kläger somit keinen neuen, vom im Erstprozess beurteilten verschiedenen Anspruch vor. Es geht ihnen vielmehr um die grundbuchliche Behandlung der im Kantonsgerichtsurteil vom 14. Juni 1999 enthaltenen Feststellungen. Darüber aber ist nicht im vorliegenden Zivilprozess abschliessend zu entscheiden, sondern im Verfahren vor den zuständigen Behörden in Grundbuchsachen.
 
4.4 Die weiteren Einwände der Kläger sind unbegründet. Entgegen ihrer Darstellung haben die Beklagten die Einrede der abgeurteilten Sache gemäss den Feststellungen im bezirksgerichtlichen Urteil ausdrücklich erhoben (E. 6a S. 20/21), so dass das Kantonsgericht die Frage der materiellen Rechtskraft überprüfen durfte (weiterführend: BGE 112 II 268 E. I/1a S. 272; Hohl, Procédure civile, t. 1: Introduction et théorie générale, Bern 2001, N. 1322 S. 248 f.). Ob die Beklagten ihre Einrede nach kantonalem Recht ausreichend substantiiert hatten, kann im Verfahren der eidgenössischen Berufung nicht überprüft werden (Art. 43 OG; BGE 96 II 447 E. 2a S. 450). Keine Grundlage im kantonsgerichtlichen Urteil findet sodann die Behauptung der Kläger, gestützt auf die Verträge mit den Situationsplänen aus dem Jahre 1976 hätte ein gerichtlicher Vergleich erzielt werden können. Das Kantonsgericht hat wiederholt das Gegenteil festgestellt. Die Feststellungen, wonach die Beklagten den vorgeschlagenen Vergleich abgelehnt (E. 3a S. 9) und eine Genehmigung der Verlegung bestritten haben (E. 3b/aa S. 10/11), sind für das Bundesgericht mangels ausnahmsweise zulässiger Sachverhaltsrügen verbindlich (vgl. Messmer/Imboden, a.a.O., N. 100 S. 138/139).
 
4.5 Aus den dargelegten Gründen erweist sich die kantonsgerichtliche Annahme, mit Bezug auf das Feststellungsbegehren liege eine abgeurteilte Sache vor, nicht als bundesrechtswidrig. Gegenteiliges vermögen die Kläger mit ihren Vorbringen jedenfalls nicht aufzuzeigen (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 116 II 745 E. 3 S. 748 f.; 129 III 404 E. 4.4.2 S. 408).
 
5.
 
Durch die Ausübung des Wegrechts wird nur ein Landstreifen im südlichen Teil des belasteten Grundstücks in Anspruch genommen. Gemäss Art. 742 Abs. 1 ZGB können die Kläger, wenn sie ein Interesse nachweisen und die Kosten übernehmen, die Verlegung des Wegrechts auf eine andere, für die Beklagten nicht weniger geeignete Stelle verlangen. Beide kantonalen Gerichte haben ein Interesse der Kläger daran bejaht, das Wegrecht in südlicher Richtung zu verlegen, sind aber davon ausgegangen, die beantragte Verlegung habe für die Beklagten erhebliche Nachteile zur Folge. Strittig ist im vorliegenden Fall einzig, ob die neue Lage des Wegrechts für die Beklagten "nicht weniger geeignet" ist als die bisherige.
 
5.1 Art. 742 Abs. 1 ZGB ist ein Anwendungsfall des Grundsatzes, dass der Dienstbarkeitsberechtigte sein Recht in möglichst schonender Weise auszuüben hat (vgl. Art. 737 Abs. 2 ZGB). Der Eigentümer des belasteten Grundstücks soll in dessen Gebrauch, Nutzung und Verbesserung nur soweit eingeschränkt werden, als dies für eine dem Inhalt und Zweck der Dienstbarkeit entsprechende Ausübung des Rechts nötig ist. Trotz der gesetzlichen Formulierung ("nicht weniger geeignet") werden in der Literatur kleinere Verschlechterungen zu Lasten des Dienstbarkeitsberechtigten zugelassen. Das Bundesgericht hat sich gegen eine "engherzige Anwendung" von Art. 742 Abs. 1 ZGB ausgesprochen (vgl. das von den Klägern zitierte Urteil 5C.275/2000 vom 7. September 2001, E. 3a, mit Hinweisen).
 
Rechtsfrage ist, ob der neue Ort sich für die Ausübung der Dienstbarkeit nicht weniger eignet als der bisherige. Art. 742 Abs. 1 ZGB hält das Gericht an, diese Entscheidung nach Recht und Billigkeit (Art. 4 ZGB) - auf Grund einer objektiven Interessenabwägung unter Beachtung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls - zu treffen. Solche Ermessensentscheide überprüft das Bundesgericht an sich frei. Es übt dabei aber Zurückhaltung und greift nur ein, wenn das Sachgericht von dem ihm zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch gemacht hat, d.h. wenn es grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn es Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn es umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und zu korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen. Zurückhaltung auferlegt sich das Bundesgericht ferner, wo es örtliche und persönliche Verhältnisse zu berücksichtigen gilt, denen das Sachgericht näher steht (zit. Urteil 5C.275/2000, E. 3b, mit Hinweisen).
 
Tatfragen betreffen die Feststellungen über die örtlichen Verhältnisse und dabei insbesondere über die Beschaffenheit des bisherigen und des neuen Orts, an welchem die Dienstbarkeit ausgeübt wird bzw. werden soll (BGE 57 II 155 E. 1b S. 158, betreffend Gutachten; allgemein: Urteil 5C.61/1999 vom 19. April 1999, E. 4c/aa). Entgegen der Annahme der Kläger sind die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art, die das Sachgericht aus Gutachten zieht, für das Bundesgericht verbindlich (BGE 113 II 52 E. 2 S. 54/55 mit Hinweisen). Die Kläger übersehen, dass das von ihnen in diesem Zusammenhang angesprochene Ermessen nicht die Billigkeitsentscheidung nach Art. 4 ZGB ("Rechtsfolgeermessen") betrifft, sondern zum Bereich der freien gerichtlichen Beweiswürdigung gehört ("Tatbestandsermessen"), die einer Überprüfung im Berufungsverfahren grundsätzlich entzogen ist (Art. 63 f. OG; vgl. BGE 122 III 219 E. 3b S. 222 mit Hinweisen).
 
5.2 Das Bezirksgericht hat zur Frage der Beschaffenheit des Wegrechts vor und nach der beantragten Verlegung ein Gutachten eingeholt. Um von den berechtigten Parzellen zum öffentlichen Mittelweg zu gelangen, muss eine gewisse Steigung überwunden werden. Die Zufahrt befindet sich gemäss Gutachten "in geneigter Hanglage" und mündet in etwa halbschräg in den Mittelweg ein. Der Gutachter hat die bestehenden und künftigen Verhältnisse anhand der Steigung, der Zufahrtsmöglichkeit mit kleinen Lastwagen und der Verkehrsübersicht beurteilt. In allen drei Punkten - je für sich allein, aber auch zusammengenommen - bewirkt die beantragte Verlegung des Wegrechts nach Auffassung der kantonalen Gerichte erhebliche Qualitätsverschlechterungen. Im Einzelnen geht es um Folgendes:
 
5.2.1 Laut Gutachten beträgt die Steigung ("mittlere Neigung") der Zufahrt heute 10 % und liegt damit 2 % über dem Richtwert gemäss den Normen der Vereinigung der Schweizerischen Strassenfachleute (sog. Schweizer Norm, SN 640050). Durch die Verlegung erhöht sich die Steigung auf 11.8 %, so dass die "Qualität der Zufahrt" nach der Beurteilung des Gutachters "in Folge der grösseren Steigung leicht abnehmen" wird. Das Bezirksgericht hat dazu auf Grund des vorgenommenen Augenscheins ergänzend festgestellt, dass die geplante Zufahrt an einer gegen den Mittelweg hinauf progressiv ansteigenden Böschung zu liegen komme und im oberen Teil vor der Einmündung eine erheblich höhere Steigung als der Mittelwert von 11.8 % aufweise (E. 7g S. 28). Unter Hinweis auf diese Feststellungen ist das Kantonsgericht davon ausgegangen, die Verlegung der Zufahrt bewirke hinsichtlich der Steigungsverhältnisse eine deutliche Qualitätsabnahme für die Beklagten. Im Bereich der Einmündung sei die Qualität der Zufahrt von entscheidender Bedeutung, da vor dem Einbiegen in den vortrittsberechtigten Mittelweg allenfalls angehalten und wieder angefahren werden müsse. Die erhöhte Steigung könne beim Wiederanfahren nach einem solchen Halt zu erheblichen Schwierigkeiten führen, namentlich wenn Eis, Schnee oder nasses Laub die Fahrbahn beeinträchtigten (E. 3b/bb S. 12 f.).
 
Was die Kläger heute dagegenhalten, lässt die Beurteilung der örtlichen Steigungsverhältnisse nicht als bundesrechtswidrig erscheinen. Dass für die Einfahrt in den Mittelweg die Gemeinde verantwortlich und zuständig sein soll, ist unerheblich für die bejahte Frage, ob sich das Wegrecht im Bereich der Einmündung durch die geplante Verlegung mehr als bloss geringfügig verschlechtert. Sodann können die Kläger aus der Beurteilung des Gutachters nichts ableiten, wonach die Überschreitung des Richtwertes für die mittlere Neigung von Zufahrten in Hanglage "vertretbar" sei. Der Gutachter bezieht sich auf die Mittelwerte von 10 % bzw. nach der Verlegung von rund 12 % und nicht auf den Einmündungsbereich, wo gemäss den gerichtlichen Feststellungen das verschärfte Ansteigen der Zufahrt besonders kritisch ist und jene Mittelwerte deutlich überschritten werden.
 
Schliesslich berufen sich die Kläger auf das Urteil 5C.275/2000, in dem das kantonale Gericht "die etwas grössere Steigung des geplanten Fussweges als nur geringfügigen Nachteil betrachtet" (E. 4a) und damit kein Bundesrecht verletzt hat (E. 4b und 5). Der damals beurteilte kann mit dem vorliegenden Fall nicht verglichen werden, geht es doch hier von vornherein um eine Zufahrt und nicht um einen Fussweg. Ferner ist über die genaue Steigung und die konkreten örtlichen Verhältnisse des Fusswegs nichts bekannt. Aus dem zitierten ergibt sich für das hier zu fällende Urteil somit nichts.
 
5.2.2 Gestützt auf das Gutachten sind beide kantonalen Gerichte davon ausgegangen, dass eine Rückwärtszufahrt mit einem kleinen, zweiachsigen Lastwagen von rund neun Metern Länge und 2.2 Metern Breite sowohl bei der heute bestehenden wie auch bei der geplanten Zufahrt im Grundsatz möglich sei. Deutliche qualitative Unterschiede bewirke die Verlegung insofern, als sich die bisher genügenden Seitenabstände erheblich verkleinerten und ein mehrphasiges Fahren notwendig werde (E. 7h S. 29 f. des bezirksgerichtlichen und E. 3b/cc S. 13 f. des kantonsgerichtlichen Urteils). Die dagegen erhobenen Einwände der Kläger sind nicht stichhaltig. Die blosse Möglichkeit, auch künftig mit Kleinlastwagen zuzufahren, genügt nicht, wenn beurteilt werden soll, ob und in welchem Umfang die Verlegung des Wegrechts dessen Ausübung erschwert. Die festgestellte deutliche Verschlechterung der Zufahrt ist auch nicht unerheblich, weil Kleinlastwagen bereits heute nur ausnahmsweise zufahren. Ein Ausnahmefall (z.B. Zügel- oder Tanklastwagen, Ambulanzen u.ä) kann eintreten, wie das Bezirksgericht das anschaulich beschrieben hat. Danach ist die Zufahrt bei einem Brandfall zumindest zur Parzelle Nr. 633 heute möglich, während dies nach der Verlegung nicht mehr garantiert wäre und auf jeden Fall länger dauern würde. Von einer Gleichwertigkeit der Zufahrten oder von nur geringfügigen Unzukömmlichkeiten einer Verlegung kann entgegen der Darstellung der Kläger auch unter dem Blickwinkel der Zufahrtsmöglichkeit mit Kleinlastfahrzeugen nicht ausgegangen werden.
 
5.2.3 Wesentlich gegen die Verlegung des Wegrechts spricht nach Auffassung der kantonalen Gerichte die Verschlechterung der Sichtverhältnisse bei der Einmündung in den Mittelweg (E. 7i S. 30 des bezirksgerichtlichen und E. 3b/dd S. 14 ff. des kantonsgerichtlichen Urteils). Darauf und bereits auf hiervor zu den beiden anderen Punkten Gesagtes kann verwiesen werden. Dass für die misslichen Sichtverhältnisse die Gemeinde verantwortlich sein soll und dass an anderen Orten in der Gemeinde die Sichtverhältnisse angeblich ebenso wenig der Norm entsprechen, ist für die Beurteilung der konkreten Nachteile, die eine Verlegung des Wegrechts für die Beklagten mit sich bringt, unerheblich. Wer, wo, wann und weshalb einen Verkehrsspiegel angebracht hat und was darin zu sehen ist, haben die kantonalen Gerichte für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, so dass die Kläger mit ihrer diesbezüglich abweichenden Sachdarstellung nicht zu hören sind. Auch der - gerichtlich nicht festgestellte - Umstand, dass Bäume und Sträucher schon heute die Sichtverhältnisse beeinflussen, vermag nichts an der kantonsgerichtlichen Beurteilung zu ändern, wonach die geplante gegenüber der aktuellen Zufahrt eine erheblich schlechtere Verkehrsübersicht bietet.
 
5.3 Auf Grund der Vorbringen der Kläger erscheint es insgesamt nicht als bundesrechtswidrig, dass das Kantonsgericht die beantragte Verlegung des Wegrechts abgelehnt hat, weil dessen neue Lage für die Beklagten deutlich weniger geeignet ist als die bisherige. Die Berufung bleibt in diesem Punkt erfolglos. Zur kantonsgerichtlichen Auslegung des klägerischen Berufungsantrags, wonach - entgegen dem klaren Wortlaut - gar keine Verlegung des Wegrechts begehrt werde, braucht sich das Bundesgericht damit nicht mehr zu äussern.
 
6.
 
Als Schlussergebnis kann festgehalten werden, dass die Annahme des Kantonsgerichts kein Bundesrecht verletzt, es liege mit Bezug auf das Begehren, Inhalt und Umfang des Wegrechts festzustellen, eine abgeurteilte Sache vor (E. 4 hiervor). Mit der Abweisung der Berufung steht nun auch rechtskräftig fest (Art. 38 OG), dass eine Verlegung des Wegrechts im von den Klägern beantragten Umfang ausser Betracht bleiben muss (E. 5 hiervor).
 
7.
 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Kläger kostenpflichtig unter solidarische Haftbarkeit (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Klägern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. August 2004
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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