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Informationen zum Dokument  BGer 1A.137/2004  Materielle Begründung
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BGer 1A.137/2004 vom 25.06.2004
 
Tribunale federale
 
{T 1/2}
 
1A.137/2004 /gij
 
Urteil vom 25. Juni 2004
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
 
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
 
Gerichtsschreiber Pfäffli.
 
Parteien
 
1. Swami Omkarananda,
 
2. Divine Light Zentrum (DLZ),
 
3. Divine Light Zentrum Deutschland e.V.,
 
4. Heidrun Eckert,
 
5. Josef Meichtry,
 
Beschwerdeführer,
 
1-3 vertreten durch Heidrun Eckert,
 
gegen
 
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Administrativuntersuchung.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Urteil vom 22. Mai 1979 befand das Bundesstrafgericht Swami Omkarananda, Josef Meichtry und weitere Personen, welche der Anhängerschaft von Swami Omkarananda und dem "Divine Light Zentrum" (DLZ) in .............. angehörten, des Bombenanschlags auf die Liegenschaften des damaligen Regierungsrates und Polizeidirektors Jakob Stucki und von Rechtsanwalt Dr. Willy Hauser am frühen Morgen des 8. Oktober 1975 schuldig. Das Gericht qualifizierte die Straftaten als versuchten Mord und sprach zum Teil langjährige Zuchthausstrafen aus. Beschwerden an den ausserordentlichen Kassationshof blieben ohne Erfolg.
 
Das Strafverfahren und einzelne Vorgänge im Zusammenhang mit der Strafuntersuchung blieben in der Folge umstritten. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragte im Jahre 1999 a. Bundesgerichtspräsident Jean-François Egli mit der Durchführung einer Administrativuntersuchung. Der Beauftragte schloss seinen Bericht im September 2000 ab (vgl. zum Ganzen den Sachverhalt von BGE 129 I 249).
 
B.
 
In der Folge stellte sich verschiedentlich die Frage der Einsicht in die Untersuchungsergebnisse. Josef Meichtry stellte beim EJPD das Begehren um vollständige Einsicht in sämtliche Ergebnisse der Untersuchung. Gegen die Abweisung dieses Begehrens gelangte er an das Bundesgericht, welches die Beschwerde am 27. Mai 2003 teilweise guthiess und die Sache zu neuer Beurteilung an das Departement zurückwies (BGE 129 I 249).
 
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement nahm darauf das Verfahren wieder auf. Es erörterte gegenüber Josef Meichtry sowie Heidrun Eckert, die für die Einsicht von Josef Meichtry bevollmächtigt wurde, die Modalitäten der Einsicht. Es gewährte dieser schliesslich unter Vorbehalt des sog. Ordners 0, gewisser Aussonderungen und einiger Abdeckungen Einsicht in die Ergebnisse der Administrativuntersuchung. Heidrun Eckert erstellte von sämtlichen zugänglichen Akten am 11. und 12. August 2003 Kopien. Heidrun Eckert verlangte darauf am 20. August 2003 im Namen von Swami Omkarananda, des Divine Light Zentrums und für sich auch Einsicht in den sog. Ordner 0 sowie eine schriftliche Begründung für die vorgenommenen Aussonderungen und Abdeckungen.
 
Mit förmlicher Verfügung vom 24. September 2003 verweigerte das EJPD die Einsicht in den Ordner 0 und in die ausgesonderten bzw. abgedeckten Akten. Zur Begründung führte das Departement aus, dass einerseits auf das Ersuchen von Swami Omkarananda nicht eingetreten werden könne. Andererseits handle es sich beim Ordner 0 um departementsinterne Akten; private Geheimhaltungsinteressen sprächen gegen eine Offenlegung der Aussonderungen und Abdeckungen. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2003 teilte das EJPD Josef Meichtry mit, dass die Verfügung vom 24. September 2003 angesichts der Vollmacht von Heidrun Eckert für die gesamte Streitgenossenschaft und damit auch für ihn gelte.
 
Gegen diesen Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements erhoben einerseits Josef Meichtry, andererseits Swami Omkarananda, das Divine Light Zentrum und Heidrun Eckert, alle durch letztere vertreten, am 30. Oktober 2003 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit Urteil vom 3. März 2004 (Verfahren 1A.241/2003) hiess das Bundesgericht die Beschwerde teilweise gut, hob den Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 24. September 2003 auf und wies die Sache zur Gewährung der Einsicht in die in den Erwägungen genannten Aktenstücke an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zurück; im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
 
C.
 
Am 5. Mai 2004 teilte Josef Meichtry dem Bundesgericht mit, dass Swami Omkarananda, das Divine Light Zentrum und Heidrun Eckert im Zusammenhang mit der Administrativuntersuchung eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen werden, welcher er sich vollumfänglich anschliessen wolle.
 
Mit Eingabe vom 16. Mai 2004 erhoben Swami Omkarananda, das Divine Light Zentrum .............., das Divine Light Zentrum Deutschland e.V. und Heidrun Eckert, alle durch letztere vertreten, "Verwaltungsgerichts- und Rechtsverweigerungsbeschwerde" beim Bundesgericht. Eine gleichlautende Eingabe reichten sie ausserdem beim Bundesrat ein. Gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführer richtet sich die Beschwerde "gegen das anlässlich der AU (Administrativuntersuchung) anstelle eines konventionskonformen Verfahrens praktizierte verfügungsfreie Verwaltungshandeln",..., "gegen die Verfügung des EJPD vom 30. März 1999 betreffend Durchführung einer AU",...und "gegen die auf Telefonate und Eingaben der Betroffenen hin ergangene Nicht-Verfügung des EJPD vom 11. Mai 1999, mit welcher den Betroffenen sämtliche Partei- und Mitwirkungsrechte aus Art. 6 EMRK, das Recht auf Erlass einer Verfügung und jeder wirksame Rechtsschutz iSv. Art. 13 EMRK verweigert wurden." Dabei stellten die Beschwerdeführer folgende Anträge:
 
1. Es sei die Unzulässigkeit der Durchführung einer AU
 
a) angesichts der strafrechtlichen Natur der zu untersuchenden Missstände (BStr. 2/78) und der damit verbundenen Rechtsposition der Betroffenen im Hinblick auf Revision, Rehabilitation und Wiedergutmachung
 
b) angesichts des voraussehbaren Eingreifens von Entschädigungsansprüchen (civil rights iSv Art. 6 EMRK) analog zu BGE 129 I 249, 259 Erw. 5.2 festzustellen.
 
2. Es seien die Mangelhaftigkeit der Durchführung der AU und die damit verbundenen Grundrechtseingriffe in Rechte aus Art. 1, 5, 6, 13, 18 sowie Art. 8-11 und 14 EMRK festzustellen.
 
3. Es sei anstelle der AU ein Untersuchungsverfahren anzuordnen, in welchem die BF. die ihnen seit 1975 vorenthaltenen und nach wie vor geschuldeten Rechte aus Art. 5 und 6 EMRK ausüben können, die ihnen noch nie gewährt wurden.
 
4. Es sei die absolute Nichtigkeit des "Urteils" Bstr. 2/78 vom 22. Mai 1979 ex tunc festzustellen. Dies inbesondere auch im Hinblick auf den am extremsten betroffenen, inzwischen verstorbenen Bf. Swami Omkarananda, dem eine Revision verwehrt ist. Dies auch im Hinblick auf die staatlich geschuldete Wiedergutmachung der an ihm und seiner Institution begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
 
5. Die Kosten seien auf die Bundeskasse zu nehmen."
 
D.
 
Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen und auf den von den Beschwerdeführern beantragten Meinungsaustausch mit dem Bundesrat betreffend die Zuständigkeit.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die vorliegende Beschwerde richtet sich einzig gegen die Administrativuntersuchung bzw. gegen die Art und Weise ihrer Durchführung. Sie beinhaltet indessen kein Begehren um Revision des Bundesstrafurteils vom 22. Mai 1979.
 
Wie das Bundesgericht bereits in BGE 129 I 249 E. 2 ausgeführt hat, ist die vorliegend umstrittene Administrativuntersuchung auf der Grundlage eines Bundesratsbeschlusses vom Departementsvorsteher eingeleitet worden und längst abgeschlossen. Sie hat sich nicht gegen bestimmte Personen gerichtet, sondern hatte die Abklärung bestimmter Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Untersuchung in einem früheren Strafverfahren zum Gegenstand. Die Administrativuntersuchung führte zum genannten Bericht, mündete indessen nicht in Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG, welche gegenüber dem Bürger Pflichten begründen, ändern oder aufheben. Grundsätzlich sind die Beschwerdeführer daher durch die Administrativuntersuchung als solche und deren Abschluss nicht in eigenen rechtlichen Interessen betroffen. Sie können weder die angeblich unzulässige Fragestellung noch die angebliche Unvollständigkeit der Untersuchung bemängeln. Ebenso wenig können sie eine Verletzung der in diesem Zusammenhang angerufenen Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention geltend machen. Insbesondere betrifft die Administrativuntersuchung als solche keine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen und hat keine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 EMRK zum Inhalt. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass Untersuchungsgegenstand das frühere Strafverfahren bzw. die Art und Weise der damaligen Untersuchung war. Mit dem Untersuchungsergebnis wird in keiner Weise über eine strafrechtliche Anklage gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK befunden. Ebenso wenig stand die ursprüngliche Anklage bzw. die damalige Verurteilung in Frage, welche rechtskräftig geworden ist. Sie kann nicht durch das Bundesgericht selbst für nichtig erklärt, sondern höchstens im Rahmen eines Revisionsverfahrens einer Neuüberprüfung zugeführt werden.
 
Nach dem Gesagten führte die Administrativuntersuchung zu keiner Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten. Deshalb liegt insoweit auch keine der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegende Verfügung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 OG i.V.m. Art. 5 VwVG vor. Aus dem gleichen Grund bleibt auch kein Raum für eine Rechtsverweigerungsbeschwerde (Art. 97 Abs. 2 OG). Ausserdem fehlt es den Beschwerdeführern an der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 103 lit. a OG, da sie durch die Administrativuntersuchung als solche und deren Abschluss nicht in eigenen rechtlichen Interessen betroffen wurden. Auf die Beschwerde kann deshalb nicht eingetreten werden.
 
2.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Juni 2004
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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