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Informationen zum Dokument  BGer 6P.2/2004  Materielle Begründung
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BGer 6P.2/2004 vom 27.04.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6P.2/2004
 
6S.6/2004 /kra
 
Urteil vom 27. April 2004
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Schönknecht.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Raess,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen
 
Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
 
Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.
 
Gegenstand
 
6P.2/2004
 
Art. 9 und 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung, Grundsatz "in dubio pro reo"),
 
6S.6/2004
 
versuchte Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren, versuchte schwere Körperverletzung,
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.2/2004) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.6/2004) gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 15. September 2003.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Zwischen September 1999 und Januar 2000 erhielt X.________ von Y.________ mehrmals Geldbeträge von jeweils drei- bis fünfhundert Franken, damit er A.________, welche von Y.________ schwanger war, so heftig in den Bauch schlage, dass diese ihr Kind verliere. Mit einer Ausnahme schritt X.________ nie zur Tatausführung, sondern behauptete gegenüber Y.________ lediglich, dessen Ansinnen nachgekommen zu sein. Am 3. November 1999 hingegen wurde X.________ um ca. 07.00 Uhr von seinem Auftraggeber mit dessen Auto in die Nähe der Wohnung des Opfers gefahren. Während Y.________ in seinem Wagen in einer Seitenstrasse wartete, begab sich X.________ als Jogger verkleidet vor das Wohnhaus von A.________. Nachdem diese den Hauseingang verlassen und die Strasse überquert hatte, rannte X.________ auf dem Gehsteig aus einer Entfernung von ca. vier bis fünf Metern direkt auf die schwangere Frau zu, holte mit seiner linken Faust nach hinten aus und führte einen Schlag. Dieser traf A.________ im Bereich des linken Ellenbogens und streifte deren linke Beckengegend. Dabei stiess X.________ im Schulterbereich so mit seinem Opfer zusammen, dass er das Gleichgewicht verlor und auf den Gehsteig stürzte.
 
B.
 
Am 15. September 2003 verurteilte das Kantonsgericht St. Gallen X.________ in zweiter Instanz wegen vollendet versuchter Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren sowie vollendet versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren Gefängnis. Als Nebenstrafe sprach es eine Landesverweisung von sechs Jahren aus.
 
C.
 
X.________ führt sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
 
Das Kantonsgericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen verzichten darauf, zu den Beschwerden Stellung zu nehmen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinen Beschwerden sowohl gegen die Verurteilung wegen vollendet versuchter Abtreibung als auch gegen diejenige wegen vollendet versuchter schwerer Körperverletzung. Mit Nichtigkeitsbeschwerde macht er geltend, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einem Eventualvorsatz ausgegangen.
 
2.
 
Gemäss Art. 22 Abs. 1 StGB kann der Täter milder bestraft werden, wenn die strafbare Tätigkeit zu Ende geführt wird, der zur Vollendung des Verbrechens oder des Vergehens gehörende Erfolg aber nicht eintritt. Wie jede Form des strafbaren Versuchs setzt der vollendete Versuch Vorsatz in Bezug auf sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale voraus, wobei Eventualvorsatz genügt (BGE 120 IV 199 E. 3e). Einen fahrlässig begangenen Versuch gibt es nicht (Jörg Rehberg/ Andreas Donatsch, Strafrecht I, Verbrechenslehre, 7. Aufl., Zürich 2001, S. 103).
 
3.
 
Eventualvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs bzw. die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 125 IV 242 E. 3c mit Hinweisen). Der eventualvorsätzlich handelnde Täter weiss um die Möglichkeit bzw. das Risiko der Tatbestandsverwirklichung. Auch der bewusst fahrlässig handelnde Täter erkennt dieses Risiko. Insoweit, d.h. hinsichtlich des Wissensmoments, besteht mithin zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit Übereinstimmung. Der Unterschied liegt beim Willensmoment. Der bewusst fahrlässig handelnde Täter vertraut (aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit) darauf, dass der von ihm als möglich vorausgesehene Erfolg nicht eintreten, das Risiko der Tatbestandserfüllung sich nicht verwirklichen werde. Der eventualvorsätzlich handelnde Täter nimmt hingegen den als möglich erkannten Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf, findet sich damit ab. Wer den Erfolg in Kauf nimmt, "will" ihn im Sinne von Art. 18 Abs. 2 StGB. Dazu ist insbesondere nicht erforderlich, dass der Täter den Erfolg "billigt" (BGE 125 IV 242 E. 3c; vgl. auch BGE 96 IV 99).
 
Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft so genannte innere Tatsachen, ist damit Tatfrage (BGE 128 I 177 E. 2.2) und kann daher im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht zur Entscheidung gestellt werden (Art. 273 Abs.1 lit. b, 277bis BStP). Das gilt grundsätzlich auch, wenn bei Fehlen eines Geständnisses des Täters aus äusseren Umständen auf jene inneren Tatsachen geschlossen wird. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass sich insoweit Tat- und Rechtsfragen teilweise gewissermassen überschneiden (BGE 125 IV 242 E. 3c). Daher hat der Sachrichter die relevanten tatsächlichen Umstände möglichst erschöpfend darzustellen, damit erkennbar wird, aus welchen Umständen er auf Inkaufnahme der Tatbestandsverwirklichung geschlossen und damit auf Eventualvorsatz erkannt hat. Denn der Sinngehalt der zum Eventualdolus entwickelten Formeln lässt sich nur im Lichte der tatsächlichen Umstände des Falles prüfen, und das Bundesgericht kann daher in einem gewissen Ausmass die richtige Bewertung dieser Umstände im Hinblick auf den Rechtsbegriff des Eventualvorsatzes überprüfen (BGE 125 IV 242 E. 3c; 119 IV 242 E. 2c)
 
Zu den relevanten Umständen für die Entscheidung der Rechtsfrage, ob der Täter eventualvorsätzlich oder bewusst fahrlässig gehandelt hat, gehören u.a. die Grösse des (ihm bekannten) Risikos der Tatbestandsverwirklichung und die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung. Je grösser etwa das Risiko der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die tatsächliche Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen, also entgegen seiner Behauptung nicht (pflichtwidrig unvorsichtig) darauf vertraut, dass sich dieses Risiko nicht verwirklichen bzw. der tatbestandsmässige Erfolg nicht eintreten werde. Zu den relevanten Umständen können aber auch die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung gehören (BGE 125 IV 242 E. 3c mit Hinweisen).
 
4.
 
Gemäss Art. 119 Ziff. 2 aStGB wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft, wer einer Schwangeren ohne ihre Einwilligung die Frucht abtreibt. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, ist die seit dem 1. Oktober 2002 in Kraft stehende Bestimmung von Art. 118 Abs. 2 StGB für den Beschwerdeführer nicht milder, weshalb das im Tatzeitpunkt geltende alte Recht Anwendung findet (vgl. Art. 2 Abs. 2 StGB).
 
4.1 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, die Vorinstanz sei in ihrem Urteil davon ausgegangen, dass er keinen gezielten Schlag gegen den Unterleib von A.________ habe führen, sondern diese lediglich habe anrempeln und ihr auf den Arm schlagen wollen. Indem die Vorinstanz aus diesem Willen schliesse, dass er einen Abort in Kauf genommen habe, verletze sie Bundesrecht.
 
4.2 Im Rahmen der Schilderung der Aussagen von A.________ hält die Vorinstanz fest, diese habe in einer ihrer polizeilichen Befragungen gemutmasst und vor den Schranken des Gerichts ausdrücklich bestätigt, dass der Beschwerdeführer auf ihren Unterleib gezielt habe. Getroffen habe dieser nur deshalb nicht, weil sie sich seitlich abgedreht habe. Indem das Gericht die Argumente, welche die Verteidigung in ihrer Berufung gegen die Sachverhaltsdarstellung von A.________ ins Feld führte, einzeln widerlegt, macht es deutlich, dass es deren Aussagen insgesamt für glaubwürdig hält. Entsprechend wird klargestellt, die Aussagen des Opfers seien differenziert. Dass die Vorinstanz dies auch auf die Behauptung von A.________ bezieht, der Beschwerdeführer habe auf ihren Unterleib gezielt, erhellt aus den darauf folgenden Erwägungen. Danach habe A.________ plausibel erklären können, weshalb sie in ihrer ersten polizeilichen Befragung das vermutete Ziel des Schlages noch nicht erwähnt habe. Auch habe sie eindrücklich geschildert, wie sie sich seitlich abgewendet habe.
 
Zwar ist einzuräumen, dass das vorinstanzliche Urteil in der Folge nicht explizit festhält, der Beschwerdeführer habe seinem Opfer in den Unterleib schlagen wollen. Es ist aber nicht einzusehen, weshalb die Vorinstanz ausführlich erstellen sollte, dass der Beschwerdeführer auf den Unterleib von A.________ zielte, diesen aufgrund einer seitlichen Ausweichbewegung des Opfers jedoch verfehlte, wenn sie daraus nicht den Schluss ziehen würde, der Beschwerdeführer habe den Unterleib auch tatsächlich treffen wollen. Das vorinstanzliche Urteil kann daher nicht anders verstanden werden, als dass der Beschwerdeführer A.________ in den Unterleib boxen wollte.
 
4.3 Mit staatsrechtlicher Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, es sei willkürlich und mit dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht vereinbar, wenn das Kantonsgericht implizit davon ausgehe, dass er einen Faustschlag gegen den Unterleib von A.________ habe führen wollen. Er rügt, die entsprechenden Aussagen von A.________ seien widersprüchlich, weshalb das Kantonsgericht diese seinem Urteil nicht hätte zugrunde legen dürfen. Vielmehr hätte es auf seine Sachverhaltsdarstellung abstellen müssen. Danach will er den Angriff auf das Opfer lediglich vorgetäuscht haben, weil er sich von Y.________ beobachtet geglaubt habe.
 
4.3.1 Als Beweiswürdigungsregel besagt der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerte Grundsatz "in dubio pro reo", dass sich der Sachrichter nicht von der Existenz eines für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser Grundsatz verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Willkür, d.h. es greift nur ein, wenn der Sachrichter den Angeklagten verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel an dessen Schuld fortbestanden. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Fehler beruhen oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen. Dabei genügt es nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 127 I 38 E. 2 und 4 mit Hinweisen).
 
4.3.2 Es trifft zu, dass A.________ in ihrer polizeilichen Befragung vom 26. Januar 2000 und in ihrer untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 8. Februar 2000 noch nicht ausdrücklich behauptete, der Beschwerdeführer habe auf ihren Unterleib gezielt. Eine entsprechende Aussage machte sie erst in ihrer polizeilichen Befragung vom 11. Februar 2000. Nach dem vermeintlichen Ziel des Schlages gefragt antwortete sie: "Im Nachhinein muss ich sagen, dass dieser Schlag in den Unterleib hätte gehen sollen." In ihren folgenden Einvernahmen durch den Untersuchungsrichter und das Kantonsgericht bestätigte sie diese Darstellung.
 
Vor den Schranken des Kantonsgerichts führte A.________ aus, dass sie sich unterbewusst eigentlich schon von Anfang über das Ziel des Schlages im Klaren gewesen sei. Nur habe sie dies anfangs nicht wahrhaben wollen und das Verhalten des Beschwerdeführers als Tat eines "Psychos" abgetan. Erst als sie von der Polizei im Rahmen ihrer ersten Befragung darüber aufgeklärt worden sei, dass Y.________ Drohungen gegen sie und ihr ungeborenes Kind ausgesprochen habe, sei ihr der Vorfall wieder ins Gedächtnis gerufen worden. Daraufhin habe sie sich bewusst mit dem Ablauf des Angriffs befasst, wobei ihr klar geworden sei, dass der Schlag wohl in den Unterleib hätte gehen sollen.
 
Das Kantonsgericht konnte diese Begründung ohne Willkür für plausibel halten. Da A.________ zum Zeitpunkt des zu beurteilenden Vorfalls nicht ahnen konnte, dass der fremde Angreifer um ihre Schwangerschaft wusste, geschweige denn, dass er ein Interesse am Tod ihres ungeborenen Kinds haben könnte, ist es verständlich, dass sie die Attacke als Handlung eines Spinners abtat. Aus diesem Grund erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass sie sich nicht bewusst die Frage stellte, welchen Punkt ihres Körpers der Schlag genau hätte treffen sollen. Wenn sie bis zum Zeitpunkt ihrer ersten polizeilichen Befragung aber noch nicht darüber nachgedacht hatte, wohin der Schlag im Einzelnen hätte gehen sollen, ist es verständlich, dass sie dazu in den ersten beiden Einvernahmen noch keine Ausführungen machte, zumal der Vorfall darin nur am Rande thematisiert und sie auch nicht ausdrücklich nach dem Ziel des Schlages gefragt wurde. Über den Umstand, dass Y.________ Drittpersonen dazu angeheuert hatte, bei ihr einen Abort herbeizuführen, wurde sie von der Polizei im Übrigen erst im Anschluss an die Befragung vom 11. Februar 2000 in Kenntnis gesetzt, weshalb ihre Aussage über das vermeintliche Ziel des Schlages dadurch nicht hervorgerufen worden sein kann.
 
4.3.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe stets ausgesagt, dass er den Angriff auf A.________ nur vorgetäuscht habe, weil er sich von Y.________ beobachtet gefühlt habe. Dies trifft nicht zu. Während er den Vorfall in seinen ersten Einvernahmen gar nicht erwähnte, gab er in seiner polizeilichen Befragung vom 10. Februar 2000 lediglich an, er habe A.________ bei seinem Sturz in der Gegend ihrer Tasche berührt. Tags darauf räumte er ein, diese geschlagen zu haben, als er mit ihr zusammengestossen sei. Erst am 16. Februar 2000 machte er geltend, mit A.________ zusammengestossen zu sein, weil er geglaubt habe, Y.________ beobachte ihn. Dass das Opfer dabei einen Schlag abbekommen habe, habe er nicht gewollt. Bereits in seiner nächsten Einvernahme nahm er seine Aussage jedoch wieder zurück. Er gab an, Y.________ habe ihn von seinem Standort aus nicht beobachten können, was ihm bei seinem Angriff bewusst gewesen sei. Eine Scheinattacke machte er auch in den folgenden untersuchungsrichterlichen Einvernahmen nicht mehr geltend, sondern berief sich darauf erst wieder vor den Schranken der kantonalen Gerichte.
 
Vor dem Hintergrund dieser widersprüchlichen Angaben lassen die gegen das Aussageverhalten von A.________ vorgebrachten Einwände die Beweiswürdigung nicht als unhaltbar erscheinen. Das Kantonsgericht konnte daher willkürfrei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auf den Unterleib von A.________ zielte und nur deshalb nicht traf, weil sich diese seitlich abdrehte. Dass der Beschwerdeführer von Y.________ vor dem fraglichen Vorfall mehrmals zu Attacken gegen A.________ aufgefordert worden war, diese jedoch trotz Entgegennahme der dafür versprochenen Belohnung nicht ausgeführt hatte, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Bei objektiver Betrachtung des gesamten Beweisergebnisses bleiben daher keine schlechterdings nicht zu unterdrückenden Zweifel daran zurück, dass der Beschwerdeführer den Unterleib von A.________ treffen wollte.
 
4.3.4 Eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel liegt demnach nicht vor, weshalb die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen ist.
 
4.4 Laut vorinstanzlichem Urteil war sich der Beschwerdeführer bewusst, "dass ein Zusammenstoss bzw. eine Anrempelung einer schwangeren Frau, mit dem Risiko eines Sturzes, verbunden mit einem Faustschlag gegen den Unterleib", grundsätzlich geeignet ist, einen Fötus abzutöten. Den Eventualvorsatz des Beschwerdeführers leitet die Vorinstanz daraus ab, dass der Beschwerdeführer den Angriff trotz dieses Wissens ausgeführt habe. Denn damit habe er den Tod des ungeborenen Kindes zumindest in Kauf genommen.
 
4.5 Auch wenn die Vorinstanz dies nicht ausdrücklich festhält, so ergibt sich aus ihrem Urteil doch ohne Weiteres, dass der Beschwerdeführer um die Schwangerschaft von A.________ wusste. Laut vorinstanzlichem Urteil sollte er dem Opfer ja derart in den Bauch schlagen, dass es zu einem Abort komme. Fest steht im Weiteren, dass sich der Beschwerdeführer bewusst war, dass ein heftiger Schlag gegen den Unterleib einer schwangeren Frau den Tod des Kindes im Mutterleib herbeiführen kann.
 
Zwar reicht das Wissen um die Möglichkeit des Erfolgseintritts allein zur Annahme eines Eventualvorsatzes nicht aus. Erforderlich ist zudem die Inkaufnahme dieses Erfolgs. Es verstösst aber nicht gegen Bundesrecht, aus dem Wissen um das Risiko unter Berücksichtigung der Umstände auf Inkaufnahme des Erfolgs zu schliessen (BGE 125 IV 242 E. 3f). Zu diesen Umständen gehört im vorliegenden Fall in erster Linie, dass der Beschwerdeführer mit seiner linken Faust nach hinten ausholte und den Schlag aus vollem Lauf heraus führte. Hätte A.________ den Tatplan des Beschwerdeführers nicht durch ihre seitliche Ausweichbewegung durchkreuzt, hätte dieser deren Unterleib mit erheblicher Wucht getroffen. Dass die Wahrscheinlichkeit eines Aborts bei einem Faustschlag von dieser Heftigkeit keineswegs vernachlässigbar gering ist, ergibt sich aus dem von der Vorinstanz zitierten Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Kantonsspitals St. Gallen. Der beigezogene Facharzt hält darin fest, dass ein solcher Schlag sowohl zu schweren inneren Verletzungen des ungeborenen Kindes als auch zu einer Ablösung der Plazenta von der Gebärmutterwand und damit zum Tod des Kindes im Mutterleib führen könne.
 
Vor diesem Hintergrund konnte der Beschwerdeführer nicht im Sinne bewusster Fahrlässigkeit darauf vertrauen, dass ein Abort ausbleiben werde. Vielmehr nahm er den Tod des ungeborenen Kindes zumindest in Kauf. Selbst wenn er gehofft haben sollte, dass sich der Erfolg nicht verwirklichen werde, würde dies nur bedeuten, dass ihm dieser unerwünscht war, was Eventualvorsatz indessen nicht ausschliesst. Die Vorinstanz ist daher zutreffend von einem Eventualvorsatz des Beschwerdeführers ausgegangen.
 
4.6 Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen vollendet versuchter Abtreibung ohne Einwilligung der Schwangeren hält demnach vor Bundesrecht stand.
 
5.
 
Nach Art. 122 StGB macht sich strafbar, wer vorsätzlich einen Menschen lebensgefährlich verletzt, wer vorsätzlich den Körper, ein wichtiges Organ oder Glied eines Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ oder Glied unbrauchbar macht, einen Menschen bleibend arbeitsunfähig, gebrechlich oder geisteskrank macht, das Gesicht eines Menschen arg und bleibend entstellt sowie wer vorsätzlich eine andere schwere Schädigung des Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen verursacht.
 
5.1 Den Eventualvorsatz des Beschwerdeführers auf Herbeiführung einer schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB begründet die Vorinstanz damit, durch dessen Verhalten habe eine sehr nahe liegende Gefahr bestanden, dass A.________ unkontrolliert stürzen und dabei mit dem Kopf heftig aufschlagen werde.
 
5.2 Ob der von der Vorinstanz beschriebene Kausalverlauf so wahrscheinlich ist, dass daraus geschlossen werden muss, der Beschwerdeführer habe eine schwere Kopfverletzung des Opfers im Sinne von Art. 122 StGB in Kauf genommen, kann offen bleiben. Denn gemäss dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Kantonsspitals St. Gallen kann ein heftiger Schlag in den Unterleib einer schwangeren Frau einen Riss in der Gebärmutterwand verursachen. Da bei einer solchen Verletzung laut Gutachter die Gefahr einer tödlichen inneren Blutung besteht, wäre der Riss als schwere Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB zu qualifizieren (vgl. BGE 109 IV 18 E. 2c). Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts St. Gallen war sich der Beschwerdeführer des Gefährdungspotentials von Schlägen in den Unterleib werdender Mütter durchaus bewusst. Da er gleichwohl einen Faustschlag von erheblicher Heftigkeit führte (vgl. E. 4.5), konnte er folglich nicht darauf vertrauen, dass eine schwere Körperverletzung des Opfers ausbleiben werde. Vielmehr nahm er diesen Erfolg in Kauf, weshalb ein Eventualvorsatz zu bejahen ist.
 
5.3 Die Verurteilung wegen vollendet versuchter schwerer Körperverletzung ist demnach bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit auch in diesem Punkt als unbegründet.
 
6.
 
Schliesslich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Strafzumessung. Er macht geltend, die ausgefällte Strafe von zweieinhalb Jahren Gefängnis sei unhaltbar hart. Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darauf beruft, er habe A.________ nicht in den Unterleib schlagen wollen, richtet er sich gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, weshalb auf seine Beschwerde in diesem Umfang nicht einzutreten ist (vgl. Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP).
 
6.1 Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen (Art. 63 StGB). Dem Sachrichter steht bei der Gewichtung der im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden Komponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in dieses auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der ausschliesslich eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden kann (Art. 269 BStP), nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn er wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 128 IV 73 E. 3b mit Hinweisen).
 
6.2 Die Vorinstanz hat die Strafzumessung unter Verweis auf das Urteil des Bezirksgerichts St. Gallen eingehend, sorgfältig und überzeugend vorgenommen. Sie hat alle wesentlichen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt und in nicht zu beanstandender Weise gewichtet. Darauf kann verwiesen werden. Nachfolgend ist lediglich auf einzelne Vorbringen des Beschwerdeführers näher einzugehen.
 
6.2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend der lange Zeitablauf und sein seitheriges Wohlverhalten hätten nicht bloss leicht strafmindernd berücksichtigt werden dürfen.
 
Gemäss Art. 64 Abs. 8 StGB kann der Richter die Strafe mildern, wenn seit der Tat verhältnismässig lange Zeit verstrichen ist und der Täter sich während dieser Zeit wohl verhalten hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muss der Richter die Strafe mindern (BGE 116 IV 11 E. 2e). Verhältnismässig lange Zeit gilt dabei als verstrichen, wenn die Strafverfolgung der relativen Verjährung nahe ist, wobei auf den Zeitpunkt der Ausfällung des Sachurteils abzustellen ist (BGE 115 IV 95 E. 3).
 
Für strafbare Handlungen, die mit Zuchthaus bedroht sind, betrug die relative Verjährungsfrist nach Art. 70 Abs. Abs. 2 aStGB zehn Jahre (AS 54 777). Da zwischen der Tat und der Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils nicht einmal ganz vier Jahre liegen, sind die Voraussetzungen von Art. 64 Abs. 8 StGB offensichtlich nicht erfüllt. Die Vorinstanz war daher nicht verpflichtet, den Zeitablauf in einem grösseren Umfang strafmindernd zu gewichten, weshalb sich der Einwand des Beschwerdeführers als unbegründet erweist.
 
6.2.2 Sodann beanstandet der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz seine Strafempfindlichkeit nicht strafmindernd berücksichtigt habe. Da er verheiratet sei und drei Kinder habe, führe die ausgefällte Strafe zu einer unverhältnismässig harten Trennung von seiner Familie.
 
Die Verbüssung einer langjährigen Freiheitsstrafe ist für jeden in ein familiäres Umfeld eingebetteten Täter mit einer gewissen Härte verbunden. Als unmittelbar gesetzmässige Folge jeder Sanktion darf sich diese Konsequenz deshalb nur bei Vorliegen aussergewöhnlicher Umstände erheblich strafmindernd auswirken. Da solche Umstände vorliegend nicht ersichtlich sind, ist es nicht bundesrechtswidrig, dass die Vorinstanz die familiäre Situation des Beschwerdeführers nicht strafmindernd berücksichtigt hat.
 
6.3 Angesichts der im vorinstanzlichen Urteil festgehaltenen strafzumessungsrelevanten Tatsachen und der diese bewertenden Erwägungen erscheint die im unteren Bereich des Strafrahmens von sechs Monaten Gefängnis bis 15 Jahren Zuchthaus angesetzte Strafe nicht unhaltbar hart. Die vom Beschwerdeführer beanstandete Strafzumessung hält folglich vor Bundesrecht stand.
 
7.
 
Nach dem Gesagten ist die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
 
8.
 
Der Beschwerdeführer stellt einen Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. Art. 152 OG). Seine Bedürftigkeit ist ausgewiesen. Für das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde ist das Gesuch indessen abzuweisen, da die Beschwerde von Anfang an aussichtslos war. Damit wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 156 Abs. 1 OG). Seiner finanziellen Situation ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (vgl. Art. 153a Abs. 1 OG).
 
Für das Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gutzuheissen. Dementsprechend werden keine Kosten erhoben (vgl. Art. 278 Abs. 1 BStP), und es ist dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Markus Raess, eine angemessene Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse zuzusprechen (vgl. Art. 152 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde abgewiesen.
 
3.
 
Für das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde wird dem Beschwerdeführer eine reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- auferlegt.
 
4.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
5.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde gutgeheissen.
 
6.
 
Für das Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde werden keine Kosten erhoben.
 
7.
 
Dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Markus Raess, wird für das Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.
 
8.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. April 2004
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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