VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2P.62/2004  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2P.62/2004 vom 19.03.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2P.62/2004 /leb
 
Urteil vom 19. März 2004
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat
 
Dr. Thomas Burckhardt,
 
gegen
 
Strafgericht Basel-Stadt, Schützenmattstrasse 20, 4003 Basel,
 
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Bäumleingasse 1, 4001 Basel.
 
Gegenstand
 
Art. 9 und 29 BV (Wiederaufnahme des Verfahrens),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 17. Oktober 2003.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das Plenum des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt wählte die Gerichtsschreiberin A.________ am 3. Juni 1992 für die neue, am 1. Januar 1993 beginnende sechsjährige Amtsperiode nicht wieder. Wegen schuldhaften Verhaltens sprach es ihr sodann statt einer Rente eine Austrittsentschädigung von Fr. 169'497.90 aus der Pensionskasse zu. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt in seiner Eigenschaft als Verwaltungs- bzw. Disziplinargericht wies den gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs am 26. Februar 1993 ab.
 
Am 21. Februar 2003 ersuchte A.________ das Appellationsgericht als Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt um Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Antrag, ihr sei gegen die Rückerstattung der Austrittsentschädigung rückwirkend per 1. Januar 1993 eine Rente von Fr. 51'122.-- zuzusprechen; ausserdem ersuchte sie darum, es sei auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. Nachdem der vom Appellationsgericht zum Referenten bestimmte B.________ A.________ Frist angesetzt hatte, um ein Kostenerlasszeugnis einzureichen, verlangte diese am 17. März 2003 den Ausstand der drei am Entscheid vom 26. Februar 1993 beteiligten Richter (nebst B.________ auch C.________ und D.________) wegen Vorbefassung. Der Ausschuss des Appellationsgerichts wies das Ablehnungsbegehren am 25. März 2003 ab. Gegen diesen Zwischenentscheid sowie gegen die in der Folge ergangene Verfügung des Instruktionsrichters des Appellationsgerichts, womit das Kostenerlassgesuch wegen Aussichtslosigkeit des Wiederaufnahmeverfahrens abgewiesen und Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses gesetzt worden war, erhob A.________ am 27. Mai 2003 staatsrechtliche Beschwerde, welche die I. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts mit Urteil vom 21. August 2003 abwies, soweit darauf einzutreten war (Urteil 1P.335/2003).
 
In der Folge stellte A.________ dem Appellationsgericht das Gesuch, die Beurteilung des Revisionsgesuchs einstweilen auf die Frage des Vorliegens von Revisionsgründen zu beschränken. Weiter beantragte sie, das Urteil vom 26. Februar 1993 sei aufzuheben und es sei ein neues Verfahren anzuordnen, wobei die weitere Beurteilung ihres Rechtsbegehrens ausschliesslich Mitgliedern des Appellationsgerichts zugewiesen werde, welche an keinem der früher über ihre Begehren ergangenen Entscheide beteiligt gewesen seien.
 
Mit Urteil vom 17. Oktober 2003 wies das Appellationsgericht das Revisionsgesuch ab.
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 26. Februar 2004 beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Appellationsgerichts vom 17. Oktober 2003 aufzuheben und dieses anzuweisen, das mit Urteil des Disziplinargerichts vom 26. Februar 1993 erledigte Verfahren betreffend den Rentenanspruch der Beschwerdeführerin wieder aufzunehmen und ohne Beteiligung der Richter, die am Urteil des Disziplinargerichts vom 26. Februar 1993 bzw. am Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2003 mitgewirkt haben, durchzuführen. Mit Eingabe vom 2. März 2004 hat die Beschwerdeführerin auf gewisse sinnstörende Fehler in der Rechtsschrift hingewiesen und ergänzend einen Passus "Zusammenfassung und Kosten" eingereicht.
 
2.
 
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt, dass am Urteil vom 17. Oktober 2003 Richter mitgewirkt hätten, die als vorbefasst zu gelten hätten. Das Bundesgericht hat am 21. August 2003 im Verfahren 1P.335/2003 erkannt, dass gegen die Richter, die am ursprünglichen Verfahren mitgewirkt hatten, keine Ablehnungsgründe vorliegen, sodass diese über das Revisionsgesuch befinden könnten. Es ist nicht nachvollziehbar, was die Beschwerdeführerin unter III.B. der Beschwerdeschrift hierzu geltend macht. Es wäre abwegig, eine Vorbefasstheit allein in Bezug auf die Prüfung der Frage, ob Revisionsgründe vorliegen, zu verneinen und zugleich eine Befangenheit für die neue Beurteilung des ursprünglichen Rechtsstreits für möglich zu halten; um das Vorliegen von Revisionsgründen prüfen zu können, muss insbesondere auch die Frage beurteilt werden, ob geltend gemachte neue Tatsachen und Beweismittel für den Rechtsstreit erheblich waren. Das bundesgerichtliche Urteil vom 21. August 2003 lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass keiner der abgelehnten Richter im Hinblick auf dieses vollständige Prüfungsprogramm als vorbefasst zu gelten hat. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift sind offensichtlich unbegründet und grenzen an Trölerei.
 
2.2 Dem angefochtenen Urteil liegt die Auffassung zugrunde, dass sämtliche neu eingereichten Dokumente, die von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf den Nachweis eines Revisionsgrundes angerufen worden sind, dieser schon seit Jahren zugänglich waren; dass diese Annahme in einer gegen verfassungsmässige Rechte verstossenden Weise getroffen worden sei, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Davon ausgehend hat sich das Appellationsgericht mit dem Unterschied zwischen absoluter und relativer Verjährung/Verwirkung von Revisionsgesuchen befasst und erkannt, dass für sämtliche revisionsweise geltend gemachten Vorbringen (hinsichtlich von Gesetzes oder von Verfassungs wegen vorgesehener Revisionsgründe) jedenfalls die relative Verwirkungsfrist längst abgelaufen sei. Was es dabei, etwa unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, über die Gründe für eine bloss kurze Dauer solcher Fristen ausführt (insbesondere E. 3b), entspricht Doktrin und Rechtsprechung und hält insbesondere verfassungsrechtlicher Überprüfung stand. Die diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin sind unbehelflich, so die Behauptung, es müssten strafprozessuale Grundsätze zur Anwendung kommen. Abgesehen davon, dass wohl selbst im Strafverfahren neu entdeckte Tatsachen und Beweismittel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben innert einer gewissen Frist geltend zu machen sind (zur Bedeutung einer minimalen verfahrensrechtlichen Diligenz auch im strafrechtlichen Bereich: BGE 125 IV 298 E. 2b S. 302; ferner Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl. Zürich 2004, FN 600 zu RZ 1152 S. 442), lässt sich ein Entscheid über pensionskassenrechtliche Forderungen nach einer Nichtwiederwahl offensichtlich nicht als Strafurteil qualifizieren.
 
Durfte das Revisionsgesuch schon darum abgewiesen werden, weil kein Revisionsgrund fristgerecht geltend gemacht wurde, braucht nicht geprüft zu werden, wie es sich mit der Erheblichkeit der im Revisionsverfahren beigebrachten Urkunden verhält. Es ist aber festzuhalten, dass auch diesbezüglich nicht erkennbar ist, inwiefern das angefochtene Urteil verfassungsmässige Rechte verletzen könnte. Ins Leere stossen sodann die in Ziff. III/C der Beschwerdeschrift erhobenen Rügen. Im Revisionsverfahren können bloss in eng begrenztem Rahmen Revisionsgründe geltend gemacht werden. Nur wenn ein früherer Entscheid revisionsweise aufgehoben wird, können gegebenenfalls appellatorische Vorbringen im neu durchzuführenden Hauptverfahren gehört werden. Da das Appellationsgericht die Voraussetzungen für eine Revision verneint hat, stellt sich das Problem der Zulassung solcher weiterer Rügen zum Vornherein nicht. Schon insofern geht die Kritik der Beschwerdeführerin an E. 5 des angefochtenen Entscheids vorbei. Im Übrigen hätten verfahrensrechtliche Rügen, wie sie dort erwähnt sind, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ohne weiteres mit rechtzeitiger staatsrechtlicher Beschwerde gegen den ursprünglichen Entscheid vorgetragen werden können. Schliesslich behauptet die Beschwerdeführerin zu Unrecht, im Hauptverfahren sei seinerzeit kein genügender Rechtsschutz garantiert gewesen, stand doch gegen die Verfügung des Strafgerichtsplenums ein ordentliches Rechtsmittel an eine gerichtliche Instanz (Disziplinargericht) zur Verfügung.
 
2.3 Den in der staatsrechtlichen Beschwerde erhobenen Rügen fehlt jegliche vernünftige Grundlage. Die Prozessführung vor Bundesgericht wie schon im Kanton grenzt insgesamt an Rechtsmissbrauch. Soweit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, erweist sie sich als offensichtlich unbegründet und ist sie abzuweisen.
 
2.4 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten grundsätzlich der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Anlass, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen, wie die Beschwerdeführerin dies anregt, besteht nicht. Für die Bemessung der Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) ist Art. 153a OG massgeblich.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Strafgericht Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. März 2004
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).