VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6A.72/2003  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6A.72/2003 vom 13.02.2004
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6A.72/2003 /kra
 
Urteil vom 13. Februar 2004
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly,
 
Gerichtsschreiberin Bendani.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Daniel Speck,
 
gegen
 
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen Abteilung IV, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen.
 
Gegenstand
 
Entzug des Führer- und Lernfahrausweises auf unbestimmte Zeit, mindestens für die Dauer von 12 Monaten,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung IV, vom 3. September 2003.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________, geboren 1973, Maschinenzeichner und Chauffeur, besitzt den Führerausweis der Kategorie B seit 1992 und der Kategorie A1 seit 1993. Am 14. März 1994 wurde er verwarnt, weil er mit einem Kleinmotorrad einen Selbstunfall verursacht hatte. Ein Selbstunfall mit einem Personenwagen auf der Autobahn führte am 5. März 1997 zu einem Führerausweisentzug von zwei Monaten. Am 1. Juli 1998 überschritt X.________ mit einem Motorrad innerorts die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 18 km/h. Nachdem er den Verkehrsunterricht erfolgreich besucht hatte, wurde auf die Anordnung einer weiteren Massnahme verzichtet.
 
Am 4. Oktober 2000 lenkte X.________ einen Personenwagen mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,06 Promille und liess beim Anfahren den Motor aufheulen. Weil er im Verfahren erklärte, er sei wegen einer Krankheit (Hirndysfunktion) in Behandlung, die mit der Alkoholauffälligkeit zusammenhänge, wurde eine spezialärztliche Untersuchung angeordnet. Der Gutachter befürwortete am 14. Juni 2001 die Fahreignung von X.________ aus verkehrsmedizinischer Sicht. Am 25. Juni 2001 wurde ihm der Führerausweis der Kategorie B unter Auflagen (Weiterführung der Beratung und Betreuung durch die Sozialpsychiatrische Beratungsstelle sowie Alkoholfahrabstinenz) wieder erteilt. Der Vorfall vom 4. Oktober 2000 wurde mit einem Führerausweisentzug von fünf Monaten geahndet. Am 6. Dezember 2001 wurden X.________ der Lernfahrausweis der Kategorien C und E wieder erteilt und die Auflagen vom 25. Juni 2001 aufgehoben.
 
B.
 
B.a Am 21. Januar 2002 lenkte X.________ einen Personenwagen mit einer BAK von mindestens 0,85 Promille. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen ordnete am 5. Februar 2002 einen vorsorglichen Führerausweisentzug und eine spezialärztliche/verkehrspsychologische Untersuchung an. Das Untersuchungsamt Gossau verurteilte ihn am 29. Mai 2002 zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von einer Woche.
 
Im Gutachten vom 8. November 2002 wird festgehalten, dass sich nicht genügend konkrete Anhaltspunkte für eine eigentliche Alkoholabhängigkeitsproblematik ergeben hätten. Es müsse jedoch zumindest von einem missbräuchlichen beziehungsweise schädlichen Gebrauch von Alkohol mit verkehrsrelevanter Bedeutung, nämlich der Unfähigkeit, Fahren und Trinken trennen zu können, ausgegangen werden. Diese Alkoholproblematik werde dabei im Wesentlichen von einer charakterlichen Störung beeinflusst. Dabei könne bisher die Verhaltensänderung nicht als hinreichend eingeleitet angesehen werden, weswegen derzeit die Fahreignung aus charakterlichen Gründen nicht zu befürworten sei. Möglicherweise sei das psychoorganische Syndrom für das mehrfache Fehlverhalten im Strassenverkehr verantwortlich.
 
B.b Das Strassenverkehrsamt entzog X.________ am 12. Dezember 2002 den Führerausweis auf unbestimmte Zeit, mindestens jedoch für die Dauer von zwölf Monaten. Es machte die Wiedererteilung des Führerausweises vom Nachweis einer mindestens zwölfmonatigen, strikte ärztlich kontrollierten und psychotherapeutisch betreuten Alkoholabstinenz sowie einer ärztlichen Psychotherapie abhängig.
 
Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen wies den Rekurs von X.________ am 3. September 2003 ab. Sie bejaht eine zumindest psychische Alkoholabhängigkeit im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG und lässt die Frage offen, ob ein Führerausweisentzug gestützt auf Art. 14 Abs. 2 lit. b oder d SVG angezeigt sein könnte, da die Alkoholproblematik im Vordergrund stehe.
 
C.
 
X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung unter allfälliger Einholung eines Obergutachtens an das Strassenverkehrsamt zurückzuweisen.
 
Die Verwaltungsrekurskommission hat auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt jedoch die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Strassen schliesst auf Gutheissung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Letztinstanzliche kantonale Entscheide über Führerausweisentzüge unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 24 Abs. 2 SVG).
 
1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann beim Bundesgericht die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, gerügt sowie eine unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 104 lit. a und b OG). Nicht überprüfen kann das Bundesgericht grundsätzlich die Angemessenheit des angefochtenen Entscheids (Art. 104 lit. c OG). Gemäss Art. 105 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhaltes gebunden, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat. An die Begründung der Begehren ist es nicht gebunden. Es kann daher die Beschwerde aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (Art. 114 Abs. 1 OG; BGE 117 Ib 114 E. 4a).
 
2.
 
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz sei nicht dazu befähigt, abweichend von einem als überzeugend gewerteten Gutachten Trunksucht im Sinne vom Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG zu diagnostizieren. Der Entscheid beschwere ihn zu Unrecht mit einer alkoholfürsorgerisch begleiteten Abstinenz, wenn ihm die Fahreignung aus charakterlichen Gründen im Sinne vom Art. 14 Abs. 2 lit. b oder d SVG abgesprochen werde. Eine für sein Fehlverhalten verantwortliche Charakterstörung oder ein psychoorganisches Syndrom müssten durch eine Expertise abgeklärt werden.
 
2.2 Der Führerausweis ist zu entziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Der Sicherungsentzug dient gemäss Art. 30 Abs. 1 VZV der Sicherung des Verkehrs vor ungeeigneten Fahrzeuglenkern. Der Entzug wird auf unbestimmte Dauer verfügt. Wird er wegen eines medizinischen Ausschlussgrunds angeordnet, so kann der Betroffene um Erteilung des Ausweises nachsuchen, sobald der Eignungsmangel behoben ist; eine Probezeit entfällt. In den anderen Fällen, also wenn der Führer wegen Trunksucht oder anderer Suchtkrankheiten oder aus charakterlichen Gründen zum Führen eines Motorfahrzeugs nicht geeignet ist, wird der Entzug mit einer Probezeit von mindestens einem Jahr verbunden (Art. 17 Abs. 1bis SVG; Art. 33 Abs. 1 VZV). Nach Ablauf der Probezeit kann der Ausweis bedingt und unter angemessenen Auflagen wieder erteilt werden.
 
Der Sicherungsentzug greift tief in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen ein, weshalb eine sorgfältige Abklärung aller wesentlichen Gesichtspunkte vorzunehmen ist. In Zweifelsfällen ist ein verkehrspsychologisches oder gerichtsmedizinisches Gutachten anzuordnen (BGE 129 II 82 E. 2, 127 II 122 E. 3b, 126 II 185 E. 2a).
 
2.2.1 Gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 16 Abs. 1 SVG wird der Ausweis entzogen, wenn der Betroffene dem Trunke oder anderen die Fahrfähigkeit herabsetzenden Süchten ergeben ist. Trunksucht wird nach der Rechtsprechung bejaht, wenn der Betreffende regelmässig so viel Alkohol konsumiert, dass seine Fahrfähigkeit vermindert wird und er diese Neigung zum übermässigen Alkoholgenuss durch den eigenen Willen nicht zu überwinden oder zu kontrollieren vermag. Dies gilt entsprechend auch für die Abhängigkeit von anderen Substanzen. Der Betroffene muss mithin in einem Masse abhängig sein, dass er mehr als jede andere Person der Gefahr ausgesetzt ist, sich in einem Zustand ans Steuer eines Fahrzeugs zu setzen, der das sichere Führen nicht mehr gewährleistet. Die Fahreignung ist dann nicht mehr gegeben, wenn er nicht mehr in der Lage ist, Alkohol- bzw. Drogenkonsum und Strassenverkehr ausreichend zu trennen, oder wenn die nahe liegende Gefahr besteht, dass er im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt (BGE 127 II 122 E. 3c S. 126, 124 II 559 E. 4e). Der Suchtbegriff des Verkehrsrechts deckt sich somit nicht mit dem medizinischen Begriff der Alkoholabhängigkeit. Wie die Vorinstanz zu Recht annimmt, erlaubt dieses Verständnis der Trunksucht, auch bloss suchtgefährdete Personen, bei denen aber jedenfalls ein Alkoholmissbrauch vorliegt, vom Führen eines Motorfahrzeugs fern zu halten (BGE 129 II 82 E. 4.1).
 
Die Abklärung eines gesundheitsschädlichen Alkoholkonsums erfordert zunächst eine Laboruntersuchung, bei der die biologischen Alkohol(missbrauchs)marker CDT, MCV, Gamma-GT, GOT (AST) und GPT (ALT) gemessen werden. Als neuerer Marker zum Nachweis von chronischem Alkoholmissbrauch und namentlich zur Überwachung einer Alkoholabstinenz wird in den letzten Jahren zunehmend der Marker CDT (Carbohydrate Deficient Transferrin) im Blut gemessen. Der Test knüpft daran an, dass nach regelmässigem Alkoholgenuss von täglich mehr als 60 Gramm über eine relativ kurze Trinkdauer (etwa 14 Tage) im Blut vermehrt beschädigte Moleküle des eisentransportierenden Proteins Transferrin gefunden werden (teilweise oder vollständig fehlende Sialinsäurereste). Je nach Testverfahren wird CDT als Units pro Liter (U/l) angegeben oder wird der Anteil von CDT auf das gesamte Transferrin bezogen und als Prozentwert aufgeführt. Die Referenzwerte hängen von der Messmethode ab. Meist gelten Werte über 3% oder über 6%-CDT - jedenfalls bei Männern - als pathologisch. Als seltene Ursachen für falsche positive Resultate werden u.a. schwere Leberinsuffizienzen (primär biliäre Zirrhose, alkoholische oder viral bedingte Leberzirrhose, primäres Leberzellkarzinom oder chronisch aktive Hepatitis) genannt. Nach ca. einer bis drei Wochen Alkoholabstinenz normalisiert sich der CDT-Wert wieder. Die Halbwertszeit beträgt 14 Tage. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass der CDT-Wert auf die Aussage beschränkt ist, dass in den vorangegangenen mindestens zwei bis drei Wochen ein regelmässiger und praktisch täglicher Alkoholkonsum von zumindest 50-60 Gramm erfolgte. Auf der anderen Seite zeigt der Alkohol(missbrauchs)marker kurze Alkoholexzesse nicht an (BGE 129 II 82 E. 6.2.1 mit Hinweisen).
 
Nach der Rechtsprechung ist ein erhöhter CDT-Wert mit Zurückhaltung zu würdigen, namentlich wenn die übrigen Laborwerte keine pathologische Erhöhung zeigen und der Sachverständige eine Alkoholabhängigkeit im Sinne der ICD-10 verneint. Bei einer solchen Konstellation kommt den weiteren, für den Nachweis der Trunksucht erforderlichen Abklärungen besondere Bedeutung zu. Dazu gehören etwa eine gründliche Prüfung der persönlichen Verhältnisse, welche namentlich die Einholung von Fremdberichten von Hausarzt, Arbeitgeber und Familienangehörigen etc. umfasst, eine einlässliche Aufarbeitung der konkreten Trunkenheitsfahrten, eine Alkoholanamnese, d.h. die Erforschung des Trinkverhaltens (Trinkgewohnheiten und Trinkmuster) des Betroffenen und seine subjektive Einstellung dazu, sowie eine umfassende, eigens vorzunehmende körperliche Untersuchung mit besonderer Berücksichtigung von alkoholbedingten Hautveränderungen etc. (BGE 129 II 82 E. 6.2.2 mit Hinweisen).
 
2.2.2 Nach Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG darf der Führerausweis nicht erteilt werden, wenn der Bewerber durch körperliche oder geistige Krankheiten oder Gebrechen gehindert ist, ein Motorfahrzeug sicher zu führen. Die medizinischen Mindestanforderungen, die der Bewerber eines Führerausweises erfüllen muss, sind im Anhang 1 zur VZV umschrieben. Die mangelnde psychische Fähigkeit, ein Motorfahrzeug zu lenken, kann insbesondere darin bestehen, dass der Betroffene die Verantwortung für seine Handlungen infolge andauernder pathologischer Zustände wie zum Beispiel psychischer Krankheit oder sehr geringer intellektueller Fähigkeiten nicht übernehmen kann (vgl. Michel Perrin, Délivrance et retrait du permis de conduire, Fribourg 1982, S. 128).
 
2.2.3 Der Sicherungsentzug infolge charakterlicher fehlender Eignung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG ist angezeigt, wenn das bisherige Verhalten des Fahrzeuglenkers keine Gewähr bietet, dass er künftig die Verkehrsregeln beachtet und auf die Mitmenschen Rücksicht nimmt. Anzeichen dafür bestehen, wenn Charaktermerkmale des Betroffenen, die für die Eignung im Verkehr erheblich sind, darauf hindeuten, dass er als Lenker eine Gefahr für den Verkehr darstellt (BGE 104 Ib 95 E. 1). Für den Sicherungsentzug aus charakterlichen Gründen ist die schlechte Prognose über das Verhalten als Motorfahrzeugführer massgebend. Die Behörden müssen gestützt darauf den Ausweis verweigern oder entziehen, wenn hinreichend begründete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Lenker sich im Verkehr rücksichtslos verhalten wird (BGE 125 II 492 E. 2a). Die Frage ist anhand der Vorkommnisse (unter anderem Art und Zahl der begangenen Verkehrsdelikte) und der persönlichen Umstände zu beurteilen. In Zweifelsfällen ist ein verkehrspsychologisches oder psychiatrisches Gutachten gemäss Art. 9 Abs. 1 VZV anzuordnen (BGE 125 II 492 E. 2a).
 
3.
 
Übereinstimmend mit den beiden Gutachten verneint die Vorinstanz eine körperliche Alkoholabhängigkeit des Beschwerdeführers im medizinischen Sinn. Sie schliesst aber auf eine psychische Alkoholabhängigkeit und bejaht deshalb den Entzugsgrund des Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG.
 
3.1 Die Gutachter haben eine körperliche Alkoholabhängigkeit des Beschwerdeführers verneint, was grundsätzlich eine Unfähigkeit im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG ausschliessen sollte. Die Blutuntersuchungen vom 4. Mai 2001 und 13. September 2002 ergaben einen CDT-Wert von 20 U/l bzw. 21 U/l (Normbereich bei Männern weniger als 20 U/l). Diese grenzwertig erhöhten CDT-Werte sprechen für einen vermehrten Alkoholkonsum in der Zeit vor den verkehrsmedizinischen Begutachtungen. Sie bringen jedoch nicht den Nachweis, dass eigentliche Alkoholexzesse vorgekommen seien und der Beschwerdeführer alkoholabhängig sei. Die anderen Alkoholmarker (GOT, GPT und GGT) liegen innerhalb der Norm. Eine Alkoholabhängigkeit gemäss ICD-10 wird schliesslich nicht diagnostiziert. Wie das Bundesgericht im zitierten Entscheid festgehalten hat, ist der Gutachter unter diesen Umständen verpflichtet, eine gründliche Prüfung der persönlichen Verhältnisse und eine körperliche Untersuchung vorzunehmen.
 
3.2 Die Vorinstanz erwägt, dass die Angaben des Beschwerdeführers über seinen Alkoholkonsum widersprüchlich seien und er im Oktober 2000 wegen Alkoholmissbrauchs seine Arbeitsstelle verloren habe. Diese Umstände reichen aber nicht aus, um auf eine Alkoholabhängigkeit des Beschwerdeführers zu schliessen. Denn sie betreffen den Zeitraum von 1998 bis 2000, der für die vorliegende Beurteilung nur beschränkt aussagekräftig ist. Zudem haben die neueren Testresultate keinen missbräuchlichen beziehungsweise schädlichen Gebrauch von Alkohol erkennen lassen. Der Umstand allein, dass der Beschwerdeführer in kurzer Zeit zwei Mal in angetrunkenem Zustand gefahren ist, bedeutet noch nicht, er könne Alkoholkonsum und Strassenverkehr nicht trennen und leide an einem erheblichen Kontrollverlust im Umgang mit Alkohol und einer psychischen Alkoholabhängigkeit (BGE 129 II 82 E. 6.2.2).
 
Nach dem Gesagten verletzen der vorinstanzliche Schluss, der Beschwerdeführer sei im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG trunksüchtig, und die damit verbundene Auflage einer strikten Alkoholabstinenz Bundesrecht (vgl. BGE 129 II 82 E. 2.2).
 
4.
 
Da die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG nicht erfüllt sind, hat die kantonale Behörde noch zu prüfen, ob der Führerausweis nicht gestützt auf lit. b oder d dieser Bestimmung zu entziehen ist.
 
4.1 1994 wurde der Beschwerdeführer verwarnt, weil er mit einem Kleinmotorrad einen Selbstunfall verursacht hatte. Ein Selbstunfall mit einem Personenwagen auf der Autobahn führte 1997 zu einem Führerausweisentzug von zwei Monaten. 1998 wurde er wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 18 km/h innerorts zum Verkehrsunterricht verpflichtet. Im Jahr 2000 lenkte er einen Personenwagen mit einer BAK von mindestens 1,06 Promille und liess beim Anfahren den Motor aufheulen. Dieser Vorfall zog eine spezialärztliche Untersuchung und einen Führerausweisentzug von fünf Monaten sowie die Anordnung von Auflagen (Fortsetzung der psychiatrischen Betreuung, Fahrabstinenz) nach sich. Keine zwei Monate nach Aufhebung der Auflagen lenkte der Beschwerdeführer einen Personenwagen mit einer BAK von mindestens 0,85 Promille.
 
Bei der neuropsychologischen Untersuchung im Jahr 2000 wurde sein Verhalten als unzuverlässig und wenig strukturiert beschrieben. So zeigten sich allgemein eine instabile berufliche Situation und bei Planungsaufgaben Strukturierungsprobleme. Eine psychiatrische Untersuchung fand nie statt.
 
Das Gutachten vom Oktober 2002 spricht von einer charakterlichen Störung, welche im Wesentlichen eine verkehrsrelevante Alkoholproblematik beeinflusse. Möglicherweise sei ein früheres psychoorganisches Syndrom für das Fehlverhalten im Strassenverkehr verantwortlich.
 
4.2 Beim Beschwerdeführer finden sich somit Auffälligkeiten, die einen Sicherungsentzug im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG nach sich ziehen könnten. Die psychischen Probleme sind allerdings nicht hinreichend klar festgestellt, um auf eine aus charakterlichen Gründen fehlende Fahreignung des Beschwerdeführers zu schliessen. Einerseits bestehen die Strukturierungschwierigkeiten schon seit Längerem, und es ist nicht bekannt, ob eine Besserung eingetreten ist. Anderseits stellen die Gutachter lediglich Hypothesen auf bezüglich den Ursprung der angeblichen Nichteignung des Beschwerdeführers. Es ist nicht ersichtlich, welcher Art und von welcher Bedeutung die festgestellte charakterliche Störung ist. Ebenso wenig klar ist, inwiefern sich diese auf das Verhalten des Beschwerdeführers als Fahrzeuglenker auswirkt und ob sie genügt, um einen Sicherungsentzug im Sinne des Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG zu rechtfertigen. Um dies beurteilen zu können, bedarf es eines schlüssigen Gutachtens als Entscheidgrundlage.
 
Zusammengefasst ergibt sich, dass die Vorinstanz für die Anordnung eines Sicherungsentzugs aus medizinischen oder charakterlichen Gründen zu wenig Abklärungen getroffen hat.
 
5.
 
Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid aufzuheben. Mangels genügender Abklärungen kann das Bundesgericht in der Sache nicht selbst entscheiden. Diese ist daher zur Neubeurteilung an den Kanton zurückzuweisen, und zwar - da die Voraussetzungen von Art. 114 Abs. 2 OG erfüllt sind - direkt an das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt. Die Verwaltungsrekurskommission hat über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Beschwerdeverfahrens neu zu befinden.
 
Bei diesem Ausgang sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Der Kanton St. Gallen hat den Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen vom 3. September 2003 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen und zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Beschwerdeverfahrens an die Verwaltungsrekurskommission zurückgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton St. Gallen hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung IV, sowie dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. Februar 2004
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).