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Informationen zum Dokument  BGer 1A.59/2002  Materielle Begründung
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BGer 1A.59/2002 vom 07.10.2002
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1A.59/2002 /sta
 
Urteil vom 7. Oktober 2002
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
 
Bundesrichter Reeb, Féraud, Catenazzi, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiber Härri.
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter, diese vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Kathrin Hässig, Isler Partner Rechtsanwälte, Kronenstrasse 9, 8712 Stäfa,
 
gegen
 
Kanton Zürich, vertreten durch die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Kantonale Opferhilfestelle, Kaspar Escher-Haus, Postfach, 8090 Zürich,
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, II. Kammer, Postfach 441, 8401 Winterthur.
 
Versorgerschaden (Art. 45 Abs. 3 OR); Entschädigung nach dem Opferhilfegesetz (Art. 11 ff. OHG),
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich, II. Kammer, vom 30. Januar 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________, geboren 1992, ist der Sohn von Y.________. Dieser wurde am 22. Januar 1997 ermordet.
 
Am 8. Januar 1999 ersuchte X.________ die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Kantonale Opferhilfestelle, um Entschädigung und Genugtuung.
 
Mit Verfügung vom 14. Juni 2001 hiess die Kantonale Opferhilfestelle das Gesuch um Genugtuung im Umfang von Fr. 30'000.-- gut. Das Gesuch um Entschädigung wies sie ab.
 
Gegen die Abweisung des Gesuchs um Entschädigung erhob X.________ Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 30. Januar 2002 ab.
 
B.
 
X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Sozialversicherungsgerichtes und die Verfügung der Kantonalen Opferhilfestelle im Entschädigungspunkt seien aufzuheben; der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von Fr. 54'540.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 22. Januar 1997 zu bezahlen.
 
C.
 
Das Sozialversicherungsgericht und das Bundesamt für Justiz haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Die Kantonale Opferhilfestelle hat Gegenbemerkungen eingereicht mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Vorinstanz hat als letzte kantonale Instanz die Zahlung einer Entschädigung gestützt auf das Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 4. Oktober 1991 (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5) abgelehnt. Gegen ihr Urteil ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (BGE 126 II 237 E. 1a mit Hinweisen).
 
Soweit der Beschwerdeführer auch die Aufhebung der Verfügung der Kantonalen Opferhilfestelle im Entschädigungspunkt beantragt, ist auf die Beschwerde demgegenüber nicht einzutreten. Entscheide unterer kantonaler Instanzen können mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht mitangefochten werden (BGE 112 Ib 39 E. 1e, 104 Ib 269 E. 1).
 
Der Beschwerdeführer ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 103 lit. a OG befugt. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist im genannten Umfang einzutreten.
 
2.
 
Hilfe nach dem Opferhilfegesetz erhält jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat (Art. 2 Abs. 1 OHG). Die Kinder des Opfers werden diesem gleichgestellt unter anderem bei der Geltendmachung von Entschädigung und Genugtuung nach Art. 11-17 OHG, soweit ihnen Zivilansprüche gegenüber dem Täter zustehen (Art. 2 Abs. 2 lit. c OHG).
 
Gemäss Art. 45 Abs. 3 OR haben Personen, die durch die Tötung ihren Versorger verloren haben, Anspruch auf Schadenersatz. Ziel dieser Bestimmung ist es, die Einkommensverhältnisse, wie sie sich ohne den Tod des Versorgers gestaltet hätten, annähernd zu erhalten, damit die anspruchsberechtigten Hinterlassenen ihre Lebensführung nicht wesentlich zu ändern brauchen (BGE 112 II 87 E. 2b, 108 II 434 E. 2a und 102 II 90 E. 2b, je mit Hinweisen). Es ist die hypothetische Vermögenslage einer Person ohne den vorzeitigen Tod ihres Versorgers festzustellen und mit jener nach dem schädigenden Ereignis zu vergleichen (BGE 101 II 257 E. 1a).
 
Der Versorgerschaden fällt unter den Schadensbegriff von Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 OHG (BGE 126 II 237; Urteil des Bundesgerichts 1A.163/2000 vom 8. November 2000, E. 2d; Gomm/Stein/Zehntner, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 1995, Art. 13 OHG N. 4).
 
3.
 
3.1 Die Ehe der Eltern des Beschwerdeführers wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 23. November 1995 für die Dauer von zwei Jahren getrennt. Der Beschwerdeführer wurde unter die Obhut der Mutter gestellt. Der Vater wurde verpflichtet, für den Beschwerdeführer monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 450.-- zu bezahlen, rückwirkend ab 1. Oktober 1995.
 
Die Vorinstanz (S. 8 f. E. 3c/aa) nimmt an, der Beschwerdeführer habe den über die zweijährige Trennungszeit hinausgehenden Versorgerschaden ungenügend substantiiert. Soweit die geforderte Entschädigung die Zeit nach November 1997 betreffe, sei die Beschwerde deshalb abzuweisen.
 
Die Vorinstanz fügt dem bei, der Beschwerdeführer hätte auch bei genügender Substantiierung nicht in jedem Fall Anspruch auf vollständigen Ersatz durch die Opferhilfe gehabt. Denn die Entschädigung nach dem Opferhilfegesetz sei mit der nach dem Obligationenrecht nur gleichzusetzen, soweit damit die in den Monaten nach der Straftat entstandenen und mit dieser in adäquatem Kausalzusammenhang stehenden Schwierigkeiten abgedeckt würden (angefochtenes Urteil E. 3c/aa am Schluss in Verbindung mit E. 3b/bb).
 
Die Vorinstanz (S. 9 ff. E. 3c/bb) legt sodann dar, der Vater sei der Unterhaltspflicht nur teilweise nachgekommen. Die Alimentenzahlungen von Fr. 450.-- hätten vom Gemeinwesen bevorschusst werden müssen. Vom Vater habe auf dem Regressweg lediglich ein Betrag von gut Fr. 100.-- pro Monat erhältlich gemacht werden können. Für den Versorgerschaden sei dieser letztere Betrag massgebend, nicht die Alimentenbevorschussung von Fr. 450.-- pro Monat. Da die dem Beschwerdeführer seit dem Tod des Vaters zukommende Halbwaisenrente von Fr. 295.-- pro Monat über dem Betrag von gut Fr. 100.-- liege, sei dem Beschwerdeführer kein Versorgerschaden entstanden.
 
3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, sämtliche diese Erwägungen verletzten Bundesrecht.
 
4.
 
4.1 Gemäss Art. 16 OHG, der sich im Abschnitt des Opferhilfegesetzes über die Entschädigung und Genugtuung befindet, sehen die Kantone ein einfaches, rasches und kostenloses Verfahren vor (Abs. 1). Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Abs. 2).
 
Art. 16 Abs. 1 und 2 OHG sollen es dem Opfer ermöglichen, rasch und auf unbürokratische Weise einen Entschädigungsentscheid zu erwirken (Botschaft zum Opferhilfegesetz vom 25. April 1990, BBl 1990 II 993). Nach der Rechtsprechung können an die Substantiierung eines Gesuchs nach Art. 11 ff. OHG keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (BGE 126 II 97 E. 2c S. 101). Das Opfer trifft keine Beweislast im zivilrechtlichen Sinne (Gomm/Stein/Zehntner, a.a.O., Art. 16 OHG N. 13).
 
Der Beschwerdeführer hat im Entschädigungsgesuch vom 8. Januar 1999 (S. 4 ff.) und in der Beschwerde vom 15. August 2001 an die Vorinstanz (S. 6 Ziff. 12) den Versorgerschaden aus seiner Sicht im Einzelnen berechnet. Damit hat er seiner Substantiierungspflicht Genüge getan. Wenn die Vorinstanz der Auffassung gewesen wäre, dass ihr einzelne Elemente zur Berechnung des Schadens für die Zeit nach November 1997 fehlten, wäre es ihre Sache gewesen, diese Elemente von Amtes wegen zu erheben. Gegebenenfalls hätte sie den Beschwerdeführer insoweit zur Mitwirkung auffordern können, wozu er verpflichtet gewesen wäre (BGE 126 II 97 E. 2e). Was insbesondere die Höhe der mutmasslichen Unterhaltsbeiträge des Vaters für die Zeit nach November 1997 angeht, hätte die Vorinstanz - wenn sie der Ansicht gewesen wäre, dass der Berechnung des Beschwerdeführers insoweit nicht gefolgt werden könne - unter Berücksichtigung der Umstände selber einen Betrag festsetzen müssen.
 
Die Beschwerde ist in diesem Punkt begründet.
 
4.2 Das angefochtene Urteil verletzt ebenso Bundesrecht, soweit die Vorinstanz annimmt, Entschädigung nach dem Opferhilferecht sei nur zu leisten, soweit damit der in den Monaten nach der Straftat entstandene Schaden gedeckt werde. Bei der Entschädigung nach Art. 11 ff. OHG geht es nicht um Soforthilfe, welche bezweckt, die Schwierigkeiten des Opfers in der ersten Zeit nach der Straftat zu bewältigen. Die Entschädigung geht darüber hinaus. Sie soll vermeiden, dass das Opfer seinen Schaden alleine trägt, wenn der Straftäter unbekannt, flüchtig, zahlungs- oder urteilsunfähig ist (BGE 125 II 169 E. 2b/aa). Dabei ist der gesamte Schaden ins Blickfeld zu nehmen. Eine Begrenzung der opferhilferechtlichen Entschädigung ist nur zulässig, soweit das Gesetz dies vorsieht. Das Opferhilfegesetz und die Verordnung vom 18. November 1992 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfeverordnung, OHV; SR 312.51) begrenzen die Entschädigung erstens durch Berücksichtigung der Einnahmen des Opfers (Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 OHG), zweitens durch die Subsidiarität der staatlichen Leistung (Art. 14 OHG), drittens durch Festlegung des Höchstbetrages von Fr. 100'000.-- (Art. 4 Abs. 1 OHV). Eine zeitliche Begrenzung der Schadensdeckung sehen Gesetz und Verordnung nicht vor. Hätte der Gesetzgeber insoweit eine Schranke setzen wollen, hätte er dies im Gesetz oder der Verordnung zum Ausdruck bringen müssen.
 
Die vorinstanzliche Rechtsauffassung hat das Bundesgericht im Übrigen implizit bereits abgelehnt in BGE 126 II 237, wo es um die Berechnung des Versorgerschadens ging. Eine zeitliche Begrenzung der Schadensdeckung auf die ersten Monate nach der Straftat wird dort nicht vorgenommen.
 
Die Beschwerde ist auch insoweit begründet.
 
4.3
 
4.3.1 Die Vorinstanz ist, wie dargelegt, der Ansicht, die Alimentenbevorschussung durch das Gemeinwesen sei bei der Ermittlung des Versorgerschadens nicht zu berücksichtigen.
 
Das Bundesgericht hatte bisher zu dieser Frage nicht Stellung zu nehmen. Im Schrifttum hat sich, soweit ersichtlich, einzig Alfred Keller dazu geäussert. Er legt dar, es sei erforderlich, dass die Versorgung wirklich, d.h. mit genügender Wahrscheinlichkeit geleistet worden wäre, dass also der Verstorbene die Möglichkeit und den Willen dazu besessen hätte. Selbst ein Scheidungs- oder Vaterschaftsurteil gebe noch keine Gewähr, dass die festgesetzten Beträge bezahlt worden wären. Immerhin sei daran zu denken, dass bei Nichtbezahlung der Alimente möglicherweise das Gemeinwesen in die Bresche gesprungen wäre (Haftpflicht im Privatrecht, Bd. II, 2. Aufl., Bern 1998, S. 80). Keller ist damit offenbar der Auffassung, dass vom Gemeinwesen geleistete Alimentenbevorschussungen bei der Berechnung des Versorgerschadens zu berücksichtigen sind.
 
4.3.2 Der Begriff des Schadens ist im Opferhilferecht der gleiche wie im Haftpflichtrecht (Eva Weishaupt, Finanzielle Ansprüche nach Opferhilfegesetz, in: SJZ 98/2002 S. 327 mit Hinweisen). Schaden im Rechtssinne ist die Differenz zwischen dem gegenwärtigen, nach dem schädigenden Ereignis festgestellten Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte, bzw. die Differenz zwischen den Einkünften, die nach dem schädigenden Ereignis tatsächlich erzielt worden sind und denjenigen, die ohne dieses Ereignis zugeflossen wären (BGE 127 III 403 E. 4a mit Hinweisen). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes: Der Beschwerdeführer erhielt seit der Tötung des Vaters eine Halbwaisenrente von Fr. 295.--. Ohne die Tötung hätte er aufgrund der staatlichen Alimentenbevorschussung den vollen Unterhaltsbeitrag von Fr. 450.-- erhalten. Dem Beschwerdeführer ist damit ein Schaden entstanden, der ihm nach Art. 45 Abs. 3 OR zu ersetzen ist.
 
Der Umstand, dass der überwiegende Teil des dem Beschwerdeführer zugekommenen Unterhalts aufgrund der Alimentenbevorschussung durch das Gemeinwesen finanziert wurde und voraussichtlich auch in Zukunft finanziert worden wäre, ändert daran nichts. Bei der Alimentenbevorschussung, die zur öffentlichen Fürsorge gehört, richtet das Gemeinwesen anstelle und auf Rechnung der säumigen Eltern die Leistungen aus, deren das Kind für seinen Unterhalt bedarf (Cyril Hegnauer, Berner Kommentar, 1997, Art. 293 ZGB N. 22 f. und 27). Das Gemeinwesen erfüllt also die Schuld des Unterhaltspflichtigen. Dafür geht der Unterhaltsanspruch des Kindes auf das Gemeinwesen über (Hegnauer, a.a.O., N. 22). Woher die Unterhaltszahlung stammt, braucht den Unterhaltsberechtigten nicht zu kümmern. So erwog das Bundesgericht bereits in BGE 74 II 202 für die Frage, ob eine Tochter als Versorgerin ihrer Mutter zu gelten habe, sei es unerheblich, ob die Tochter die betreffenden Mittel zunächst vom Ehemann erhalten und dann an die Mutter weitergegeben habe, oder ob der Ehemann die Zuwendung an die Schwiegermutter unmittelbar vorgenommen habe (E. 7). Unter Hinweis auf diesen Entscheid bemerkt Keller (a.a.O., S. 81), dass es unerheblich sei, woher das dem Versorgten zugegangene Geld komme. Für den Unterhaltsberechtigten ist unter schadensrechtlichen Gesichtspunkten in der Tat entscheidend, dass die Unterhaltsleistung - von wem auch immer - erbracht wurde und in Zukunft ohne den Tod des Unterhaltspflichtigen weiterhin erbracht worden wäre. Ob der Unterhaltspflichtige die Zahlung selbst geleistet oder ob das an seiner Stelle das Gemeinwesen oder sonst jemand - z.B. eine den Beteiligten nahe stehende Person - getan hätte, ist insoweit belanglos.
 
Folgendes kommt hinzu: Art. 45 Abs. 3 OR bezweckt, wie gesagt (E. 2), die Einkommensverhältnisse, wie sie sich ohne den Tod des Versorgers gestaltet hätten, annähernd zu erhalten, damit der anspruchsberechtigte Hinterlassene seine Lebensführung nicht wesentlich zu ändern braucht. Der Beschwerdeführer kann seine bisherige Lebensführung nur dann ohne wesentliche Änderung beibehalten, wenn ihm die Differenz zwischen der Halbwaisenrente und dem Unterhaltsbeitrag von Fr. 450.-- erstattet wird.
 
Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Zusammenhang auch das Europäische Übereinkommen vom 24. November 1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (SR 0.312.5), das für die Schweiz am 1. Januar 1993 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 des Übereinkommens muss die staatliche Entschädigung je nach Lage des Falles unter anderem zumindest decken: bei Unterhaltsberechtigten den Ausfall von Unterhalt. Diese Bestimmung spricht ebenfalls dafür, dass es auf die Sicht des Versorgten ankommt. Ist die Halbwaisenrente geringer als der Unterhaltsbeitrag, der ihm ohne die Straftat zugegangen wäre, erleidet er einen Ausfall von Unterhalt, der nach Art. 4 des Übereinkommens zu ersetzen ist.
 
Die Beschwerde ist in diesem Punkt ebenfalls begründet.
 
5.
 
5.1 Das vorinstanzliche Urteil ist aufzuheben.
 
Die Berechnung des Versorgerschadens im vorliegenden Fall ist nicht spruchreif. Das gilt schon deshalb, weil unklar ist, wieweit der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Mutter auch nach Ablauf der zweijährigen Trennungszeit noch Anspruch auf Alimentenbevorschussung gehabt hätte (vgl. Vernehmlassung der Opferhilfestelle S. 3 Ziff. 2). Die Zusprechung der geltend gemachten Fr. 54'540.-- nebst Zins durch das Bundesgericht fällt deshalb ausser Betracht. Insoweit ist die Beschwerde abzuweisen.
 
Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2 OG). Diese wird unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze den Versorgerschaden zu ermitteln haben.
 
5.2 Der Beschwerdeführer dringt mit sämtlichen Rügen durch. Deshalb sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG). Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, teilweise gutgeheissen, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. Januar 2002 aufgehoben und die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kanton Zürich und dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, II. Kammer, sowie dem Bundesamt für Justiz schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Oktober 2002
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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