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Informationen zum Dokument  BGer 4C.1/2002  Materielle Begründung
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BGer 4C.1/2002 vom 04.09.2002
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4C.1/2002 /zga
 
Urteil vom 4. September 2002
 
I. Zivilabteilung
 
Bundesrichterin und Bundesrichter Walter, Präsident,
 
Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler,
 
Gerichtsschreiber Mazan.
 
A.________,
 
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Advokat Dr. Markus Bürgin, Gerbergasse 48, Postfach, 4001 Basel,
 
gegen
 
B.________,
 
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Dr. Thomas M. Petitjean, Rheinsprung 1, Postfach, 4001 Basel.
 
Mietvertrag; Mietkaution,
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft, Dreierkammer, vom 6. November 2001.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Mietvertrag vom 16. November 1993 bzw. Nachtrag zum Mietvertrag vom 20. Januar 1995 vermietete die B.________ (nachfolgend: die Klägerin) der Firma X.________ Büroräumlichkeiten. Als frühestmöglicher Kündigungstermin wurde der 31. Dezember 1998 vereinbart. Mit Schreiben vom 24. Dezember 1996 kündigte die Mieterin den Mietvertrag per 31. März 1997. Am 5. August bzw. am 11. September 1997 teilte die Firma X.________ der Klägerin mit, dass sie von der A.________ (nachfolgend: die Beklagte) übernommen worden sei.
 
B.
 
In der Folge verlangte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung der für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 1998 noch offenen Mietzinse, abzüglich der von Oktober bis Dezember 1998 eingenommenen Zinsen des Nachfolgemieters. Nachdem es vor der Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten zu keiner Einigung kam, wurde die Beklagte auf Bezahlung von Fr. 37'520.-- eingeklagt.
 
Mit Urteil vom 29. März 2000 wies der Bezirksgerichtspräsident von Arlesheim die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten ab. Die dagegen erhobene Appellation der Klägerin wurde vom Obergericht des Kantons Basel-Landschaft mit Urteil vom 6. November 2000 gutgeheissen und der Fall zur materiellen Beurteilung der Klage an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
Mit Urteil vom 20. April 2001 hiess der Bezirksgerichtspräsident von Arlesheim die Klage teilweise gut und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Fr. 12'520.-- zuzüglich Zins zu bezahlen. Eine von der Klägerin dagegen erhobene Appellation hiess das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft mit Urteil vom 6. November 2001 gut, schützte die Klage vollumfänglich und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Fr. 37'520.-- zuzüglich Zins zu bezahlen.
 
C.
 
Mit Berufung vom 20. Dezember 2001 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht im Wesentlichen, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben. Die Klage sei nur teilweise gutzuheissen, und sie sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 12'520.-- zuzüglich Zins zu bezahlen.
 
Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufung. Eventualiter sei die Sache zur Berechnung der verrechenbaren Investitionen der Berufungsklägerin ans Obergericht des Kantons Basel-Landschaft zurückzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Vorinstanz hat unangefochten festgehalten, dass die Mietzinsen für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 1998 in der Höhe von insgesamt Fr. 37'520.-- offen seien. Umstritten ist hingegen, ob die Beklagte den Wert der von ihr im Mietobjekt getätigten Investitionen mit den ausstehenden Mietzinsen verrechnen kann.
 
2.
 
Der Mietvertrag vom 16. November 1993 enthielt folgende besondere Vereinbarung der Parteien:
 
"Die Investitionen des Mieters gemäss beiliegender Liste gelten als Garantie und gehören ohne Entschädigungsfolge dem Vermieter".
 
Die Klägerin macht geltend, diese Klausel sei so zu verstehen, dass sie auf eine Mietkaution, die üblicherweise vereinbart werde, verzichtet habe. Allerdings sei vereinbart gewesen, dass die Investitionen bei Mietende entschädigungslos an die Vermieterin falle. Eine Verrechnung mit den ausstehenden Mietzinsen sei daher nicht möglich. Die Beklagte geht demgegenüber davon aus, dass die von ihr getätigte Investition eine Mietkaution darstelle. Nach Vertragsende könne sie daher den Wert der Investition mit dem ausstehenden Mietzins verrechnen.
 
2.1 Der Inhalt einer vertraglichen Vereinbarung bestimmt sich in erster Linie durch subjektive Auslegung, das heisst nach dem Sinn, den ihr die Parteien übereinstimmend beigemessen haben (Art. 18 Abs. 1 OR). Nur wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien im Rahmen einer objektivierten Vertragsauslegung aufgrund des Vertrauensprinzips so zu interpretieren, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Der Vorrang der subjektiven vor der objektivierten Vertragsauslegung ergibt sich aus Art. 18 OR (BGE 121 III 118 E. 4b/aa S. 123 mit Hinweisen).
 
2.2 Die Vorinstanz geht davon aus, dass die Vorstellungen der Parteien in Bezug auf die auslegungsbedürftige Klausel nicht übereinstimmten. Ein tatsächlicher Konsens durch subjektive Auslegung lasse sich nicht feststellen. Der Inhalt der Klausel sei daher aufgrund einer objektivierten Auslegung mit Hilfe des Vertrauensprinzips zu ermitteln. Dieses Vorgehen wird von der Beklagten nicht beanstandet. Im Gegenteil bestätigt sie ausdrücklich, es stehe fest, dass sich die Parteien nicht richtig verstanden hätten. Sie macht nur geltend, dass die vom Obergericht vorgenommene Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht zutreffend sei.
 
2.3 Nach Auffassung der Vorinstanz beinhaltet der Wortlaut der auszulegenden Klausel insoweit einen unüberwindbaren Widerspruch, als die Investitionen einerseits die Funktion einer Sicherheitsleistung hätten, andrerseits aber entschädigungslos an die Vermieterin fielen. Bei einer für beide Parteien sinnvollen Interpretation sei die Klausel so zu verstehen, dass die Vermieterin wegen der Investition der Mieterin keine Sicherheitsleistung verlangt habe. Wenn aber keine Sicherheit vereinbart worden sei, könne der Wert der getätigten Investition nicht mit den ausstehenden Mietzinsen verrechnet werden.
 
2.4 Die Einwände, welche die Beklagte gegen diese Auslegung vorbringt, sind nicht überzeugend. Im Unterschied zum Obergericht scheint die Beklagte die Meinung zu vertreten, die Vereinbarung der Parteien sei aufgrund des Wortlautes und aller Umstände so zu verstehen, dass eine Mietkaution vereinbart worden sei. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass die Beklagte offenbar mit der Interpretation des Obergerichtes einig geht, dass sie nach Beendigung des Mietvertrages nichts mehr zurückfordern könne. Einerseits führt sie aus, der Wortlaut der auszulegenden Bestimmung sei von ihr dahingehend verstanden worden, dass ihre Investitionen ins Mietobjekt von der Klägerin als Mietkaution akzeptiert würden und "dass sie diese Kaution bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zurückfordern könne". An anderer Stelle macht sie geltend, dass mit der Klausel drei Punkte geregelt würden, "nämlich dass eine Mietkaution verlangt und gestellt [werde], dass diese in Form von Investitionen geleistet [werde] und dass sie (bei Beendigung des Mietverhältnis) in jedem Fall der Vermieterin [verbleibe]".
 
2.5 Wenn die Beklagte in Einklang mit dem angefochtenen Urteil davon ausgeht, dass sie die "in Sachwerten geleistete Kaution bei Beendigung des Mietvertrages nicht mehr zurückfordern [könne]", kann sie den unbestrittenen Mietzinsausständen in der Höhe von Fr. 37'520.-- auch keine Forderungen aus der angeblichen Sicherheitsleistung zur Verrechnung gegenüber stellen. Die Vorinstanz hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, der Klägerin Fr. 37'520.-- nebst Zins zu bezahlen.
 
3.
 
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft zu bestätigen.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 OG).
 
Das Bundesgericht erkennt:
 
1.
 
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 6. November 2001 bestätigt.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.--wird der Beklagten auferlegt.
 
3.
 
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, Dreierkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. September 2002
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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