VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer I 303/2000  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer I 303/2000 vom 28.01.2002
 
[AZA 7]
 
I 303/00 Gr
 
II. Kammer
 
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard;
 
Gerichtsschreiber Nussbaumer
 
Urteil vom 28. Januar 2002
 
in Sachen
 
H.________, 1944, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Hablützel, Lutherstrasse 4, 8004 Zürich,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- H.________ (geboren 1944) arbeitete ab 3. Februar 1986 als Maler. Seit 17. November 1995 ist er nicht mehr erwerbstätig. Am 15. Oktober 1996 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Nach medizinischen und beruflichen Abklärungen, nach Einholen eines Berichts des Arbeitgebers vom 9. November 1996 und nach Beizug der Akten der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 18. August 1998 ab 1. November 1996 eine Viertelsrente mit Zusatzrente für die Ehefrau zu.
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. März 2000 ab.
 
C.- H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen.
 
Eventuell seien weitere Abklärungen, vorwiegend medizinischer Art, anzuordnen. Ferner stellt er das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung.
 
Die IV-Stelle des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Die gesetzlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen, den Umfang und den Beginn des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis, Art. 29 Abs. 1 IVG), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG) sowie die Rechtsprechung zur Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 115 V 134 Erw. 2 mit Hinweisen) und zur Beweiswürdigung von medizinischen Berichten (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c) sind im kantonalen Entscheid und im Vorbescheid der IV-Stelle vom 11. Dezember 1997 zutreffend dargelegt worden. Darauf wird verwiesen.
 
Zu ergänzen ist, dass nach ständiger Rechtsprechung das Sozialversicherungsgericht die Gesetzmässigkeit der Verwaltungsverfügungen in der Regel nach dem Sachverhalt beurteilt, der zur Zeit des Verfügungserlasses gegeben war (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis).
 
2.- a) Das kantonale Gericht gelangte in Würdigung der im angefochtenen Entscheid im Einzelnen wiedergegebenen ärztlichen Berichte und Gutachten zum Schluss, der Beschwerdeführer sei in seiner bisher ausgeübten Tätigkeit als Maler im Bauwesen nicht mehr arbeitsfähig. Hingegen sei er unter Berücksichtigung der gesamten Beschwerden, namentlich auch unter Berücksichtigung des Asthmas und der Hypertonie, in einer körperlich leichten, wechselbelastenden Tätigkeit, ohne Einsatz des linken Arms über die Horizontale, vollständig arbeitsfähig. Die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts beruht auf einer sorgfältigen und eingehenden Würdigung der medizinischen Akten. Das Eidgenössische Versicherungsgericht pflichtet diesem Ergebnis bei.
 
Ergänzender Abklärungen in medizinischer, namentlich in psychiatrischer, Hinsicht bedarf es nicht. Der Beschwerdeführer übersieht, dass die Stellungnahmen der Ärzte zur Arbeitsfähigkeit in Kenntnis des Asthmaleidens und der übrigen Beschwerden erfolgten. Namentlich Hausarzt Dr. med.
 
S.________ schliesst im Bericht vom 31. Oktober 1997 wegen dem Asthma und der Hypertonie lediglich körperlich strenge Arbeiten aus. Auch die am 28. April 1998 erfolgte Operation (laterale Bandplastik am rechten OSG; Bericht Dr. med.
 
M.________ vom 28. April 1998) ändert am Ergebnis nichts, ist doch aus dem Bericht des Kreisarztes der SUVA vom 2. November 1998 zu schliessen, dass zu diesem Zeitpunkt erwartet werden konnte, in einer leidensangepassten Tätigkeit bestehe weiterhin volle Arbeitsfähigkeit. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es in zeitlicher Hinsicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verwaltungsverfügung, das heisst am 18. August 1998 ankommt (vgl. Erw. 1 hievor). Die zahlreichen mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichten ärztlichen Unterlagen beziehen sich demgegenüber - mit Ausnahme des bereits erwähnten Operationsberichts vom 28. April 1998 - auf einen späteren Zeitpunkt und auf Untersuchungen, die nach Erlass der Verwaltungsverfügung stattgefunden haben. Da aufgrund dieser Arztberichte eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, namentlich des Asthmaleidens, glaubhaft ist, wird die Sache der Beschwerdegegnerin überwiesen, damit diese prüfe, ob sich der Invaliditätsgrad nach Erlass ihrer Verfügung in rentenrelevanter Weise verändert hat.
 
b) Das kantonale Gericht ermittelte für das Jahr 1998 ein Valideneinkommen von Fr. 69'550.-. Dabei lehnte es die Berücksichtigung der Einkünfte aus den Nebenerwerbstätigkeiten ab, da in die Vergleichsrechnung nur Einkünfte einzubeziehen seien, die mit einem normalen Arbeitspensum erzielt werden können (Hinweis auf Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht:
 
Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], S. 207 mit Hinweisen). Ob dieser Standpunkt zutreffend ist oder ob gegenteils und unter welchen Voraussetzungen beim Valideneinkommen auch Einkünfte zu berücksichtigen sind, welche die versicherte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung im Rahmen einer oder mehrerer, ein normales Arbeitspensum übersteigender Haupt- oder Nebenerwerbstätigkeiten erzielte, kann wie im Urteil L. vom 28. August 2000 (I 486/99) offen bleiben. Selbst wenn zu Gunsten des Beschwerdeführers der Nebenerwerb dazugerechnet wird, erhöht sich dadurch der Invaliditätsgrad nicht in rentenrelevanter Weise. Aufgrund der Auszüge aus dem individuellen Konto in den letzten zehn Jahren vor der Anmeldung und seit der Arbeitsaufnahme beim letzten Arbeitgeber ist ein versicherter Nebenverdienst von Fr. 42'746.- oder rund Fr. 4275.- pro Jahr ausgewiesen. Der Beschwerdeführer käme daher höchstens auf ein Valideneinkommen von Fr. 73'825.- für das Jahr 1998. Ausser Acht zu lassen sind schliesslich die Kinderzulagen, da sie auch im Rahmen des mit einer Ganztagesarbeit erzielbaren Invalideneinkommens bezogen werden können.
 
c) Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nicht auf die wenig aussagekräftigen DAP-Blätter, sondern auf die vom Bundesamt für Statistik herausgegebene Schweizerische Lohnstrukturerhebung (LSE) abzustellen. Danach belief sich gemäss Tabelle A1 der Zentralwert für die mit einfachen und repetitiven Aufgaben (Anforderungsniveau 4) beschäftigten Männer im privaten Sektor (bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden) im Jahre 1998 auf monatlich Fr. 4268.-. Auf der Basis von 41,9 Wochenstunden (Die Volkswirtschaft 2001, Heft 11 S. 100, Tabelle B9.2) ergibt sich im Jahre 1998 ein Gehalt von monatlich Fr. 4470. 70 oder Fr. 53'648. 75 für das ganze Jahr (4470. 70 x 12). Gewährt man mit dem kantonalen Gericht dem Beschwerdeführer den höchst zulässigen Abzug von 25 % (BGE 126 V 79 Erw. 5b/aa-cc; bestätigt mit Urteil D. vom 27. November 2001, I 82/01), so ergibt sich ein erzielbares Invalideneinkommen von Fr. 40'236.- im Jahr. Daraus resultiert eine Erwerbseinbusse von Fr. 33'589.- (Fr. 73'825.- minus Fr. 40'236.-) und damit ein Invaliditätsgrad von rund 45,5 %. Damit hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Viertelsrente, wie dies die Beschwerdegegnerin verfügt hat.
 
3.- Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Martin Hablützel für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der
 
Gerichtskasse eine Entschädigung (einschliesslich
 
Mehrwertsteuer) von Fr. 2500.- ausgerichtet.
 
IV. Die Akten werden der IV-Stelle des Kantons Zürich überwiesen, damit sie im Sinne der Erwägung 2a verfahre.
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
 
des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse
 
des Schweizerischen Gewerbes und dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 28. Januar 2002
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der II. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).