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Informationen zum Dokument  BGer C 94/2001  Materielle Begründung
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BGer C 94/2001 vom 10.01.2002
 
[AZA 7]
 
C 94/01 Vr
 
III. Kammer
 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
 
Gerichtsschreiberin Hofer
 
Urteil vom 10. Januar 2002
 
in Sachen
 
H.________, 1973, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn, Untere Sternengasse 2, 4500 Solothurn, Beschwerdegegner,
 
und
 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
 
Mit Verfügung vom 17. August 2000 eröffnete das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn (AWA) dem 1973 geborenen, aus der Bundesrepublik Jugoslawien stammenden, in der Schweiz vorläufig aufgenommenen (Aufenthaltsbewilligung F) H.________, dass seine Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ab 20. Juni 2000 verneint werde, weil er seinen Wohnsitz in A.________/BE habe und ihm im Kanton Solothurn daher keine Arbeitsbewilligung erteilt werden könne, weshalb ihm die Vermittlungsfähigkeit abgesprochen werden müsse.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 26. Februar 2001 ab.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt H.________ sinngemäss die Zusprechung von Arbeitslosenentschädigung für die Zeit vom 20. Juni bis 24. August 2000.
 
Während das AWA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die Rechtsprechung zur Vermittlungsfähigkeit von Ausländern, namentlich der Voraussetzung einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtig dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Diese Rechtslage gilt gleichermassen für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung wie für Asylbewerber, soweit das Asylrecht nichts anderes bestimmt (BGE 120 V 379 ff.
 
Erw. 2a-c; SVR 1996 AlV Nr. 77 S. 235 ff).
 
2.- Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Flüchtlinge nach Einreichung des Asylgesuches dem Kanton Bern zugewiesen.
 
Aufgrund der geplanten Heirat mit einer niedergelassenen Italienerin meldete er sich in A.________ ab und zog am 20. Juni 2000 nach B.________/SO, wo er sich bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. Weil das Heiratsdatum im Zeitpunkt der Anmeldung in B.________ noch nicht feststand und zuerst das italienische Verkündungsverfahren durchgeführt werden musste, wurde der Kantonswechsel nicht bewilligt. Da es somit an einer Berechtigung zur Erwerbsaufnahme im Kanton Solothurn fehlte, verneinten das AWA und anschliessend auch das kantonale Gericht den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Dieser Auffassung ist vollumfänglich beizupflichten. Eine Aufenthaltsbewilligung verschafft keinen Anspruch auf Kantonswechsel (BGE 126 II 267 Erw. 2a). Arbeitsbewilligungen an vorläufig Aufgenommene sind von den zuständigen kantonalen Behörden zu erteilen (Art. 14c Abs. 3 ANAG), wozu der Kanton Solothurn mangels Aufenthaltsbewilligung des Versicherten in diesem Kanton nicht zählte. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem in SVR 1996 AlV Nr. 77 S. 235 ff. publizierten Urteil, in welchem es um einen ausländischen Staatsangehörigen ging, der indessen erst nach der Heirat (mit einer Schweizerin) Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung erhob und um Bewilligung eines Kantonswechsels nachsuchte.
 
3.- Die Vorinstanz hat weiter geprüft, ob sich der Beschwerdeführer auf den Vertrauensgrundsatz berufen könne, weil ihm eine falsche Auskunft erteilt worden wäre. Der Grundsatz von Treu und Glauben, der den Bürger und die Bürgerin in ihrem berechtigten Vertrauen auf behördliches Verhalten schützt, bedeutet nach der Rechtsprechung sowohl zu Art. 4 Abs. 1 der alten Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 als auch zu Art. 9 der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 unter anderem, dass falsche Auskünfte von Behörden unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung der Rechtsuchenden gebieten (BGE 121 V 66 Erw. 2a; RKUV 2000 Nr. KV 126 S. 223, Nr. KV 133 S. 291 Erw. 2a). Zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufung auf den sich aus der Bundesverfassung ergebenden Vertrauensschutz gehört nach der Rechtsprechung und Doktrin u.a., dass eine Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf eine bestimmte Person gehandelt hat, dass diese Behörde für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder der Bürger sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte und dass im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen wurden, die nicht ohne Nachteil wieder rückgängig gemacht werden können (BGE 121 V 66 Erw. 2a mit Hinweisen).
 
Diese - kumulativ zu erfüllenden - Erfordernisse sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer von der Gemeinde A.________ darauf hingewiesen wurde, dass er nur nach B.________ ziehen dürfe, wenn eine entsprechende Erlaubnis vorliege, was nicht der Fall war. Nachdem in den vom Versicherten eigenhändig unterzeichneten Formularen "Antrag auf Arbeitslosenentschädigung" vom 21. Juni 2000 und "Meldung bei der Wohngemeinde" vom 20. Juni 2000 der Zivilstand mit "verheiratet" angegeben wurde, konnten die zuständigen Stellen in B.________ erst nach erfolgter Abklärung feststellen, dass zum damaligen Zeitpunkt noch gar keine Heirat rechtsgültig geschlossen worden war. Von einer Falschauskunft kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn und dem
 
Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 10. Januar 2002
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident Die Gerichts- der III. Kammer: schreiberin:
 
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