VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGE 103 IV 247  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Regeste
Aus den Erwägungen:
5. Als Hinderung einer Amtshandlung ist das Verhalten des Angekla ...
6. Hinderung einer Amtshandlung begeht, wer eine Behörde, ei ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
67. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Oktober 1977 i.S. Moser gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau
 
 
Regeste
 
Art. 286 StGB; Hinderung einer Amtshandlung.  
 
BGE 103 IV, 247 (247)Aus den Erwägungen:
 
1
6. Hinderung einer Amtshandlung begeht, wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten an BGE 103 IV, 247 (248)einer Handlung hindert, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt (Art. 286 StGB).
2
a) Die Amtshandlung, welcher der Beschwerdeführer ein Hindernis in den Weg gelegt haben soll, war die Verhaftung seiner Ehefrau. Die Befragung des Beschwerdeführers war zwar nicht die Verhaftung selber. Sie diente aber dazu, den Aufenthaltsort der Ehefrau zu ermitteln und damit die Verhaftung zu ermöglichen. Die Befragung des Beschwerdeführers nach dem Aufenthaltsort seiner Frau war daher eine Vorbereitungs- und Begleithandlung zum Vollzug der in der Verhaftung Frau Mosers bestehenden Amtshandlung. Deren Hinderung fällt daher an sich ebenfalls unter Art. 286 StGB (BGE 90 IV 139).
3
b) Die Flucht war ferner eine aktive Handlung, welche die Polizei hinderte, den Beschwerdeführer weiter über den Aufenthaltsort seiner Frau zu befragen oder von ihm sonst für die Verhaftung nützliche Auskunft zu erhalten. Sie war daher mehr als bloss passiver Widerstand (BGE 85 IV 143 f.; STRATENWERTH, BT II S. 584). Es erübrigt sich deshalb schon aus diesem Grunde, auf die kontroverse Frage einzutreten, ob und allenfalls wann passiver Widerstand eine Hinderung amtlicher Handlungen darstellen kann.
4
c) Die Befragung, welcher sich der Beschwerdeführer durch Flucht entzogen hat, bezweckte die Verhaftung der Ehefrau. Durch die ausweichende Antwort, man sehe, dass Frau Moser nicht da sei, und durch das brüske Wegfahren gab der Beschwerdeführer kund, dass er sich weigere, den Aufenthaltsort seiner Frau bekanntzugeben oder sonst Auskünfte zu erteilen, welche eine Verhaftung ermöglicht hätten. Zu solcher Auskunft war er nach dem massgeblichen Recht des Kantons St. Gallen auch nicht verpflichtet. Weder wird dies in der Anklage behauptet noch im angefochtenen Urteil dargetan. Bestand aber für den Beschwerdeführer keine Auskunftspflicht oder durfte er wenigstens eine Auskunft, welche zur Verhaftung seiner Frau verwendet worden wäre, verweigern (vgl. Art. 68 StPO SG), war er rechtlich nicht gehalten, an der Fahndung nach seiner Frau aktiv mitzuwirken. Folglich hat er durch die Verweigerung der Auskunft und durch die Flucht, mit der er eine weitere Befragung zu diesem Zweck abgeschnitten hat, die Polizei nicht rechtswidrig an der Verhaftung seiner Frau gehindert. Es stand der Polizei frei, die Fahndung BGE 103 IV, 247 (249)nach Frau Moser pflichtgemäss fortzusetzen. Einen Befehl aber, den Beschwerdeführer selber wegzuführen, hatte die Polizei nicht.
5
d) Die Beschwerde ist daher zu schützen, soweit der Beschwerdeführer wegen Hinderung einer Amtshandlung nach Art. 286 StGB verurteilt wurde.
6
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).