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Informationen zum Dokument  BGE 84 IV 11  Materielle Begründung
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Regeste
Nach Art. 365 StGB wird das Verfahren vor den kantonalen Behörden, soweit es nicht durch Vorschriften des Strafgesetzbuches und des Gesetzes über die Bundesstrafrechtspflege geregelt ist, von den Kantonen bestimmt. Dass der kantonale Richter verpflichtet sei, sämtliche gleichzeitig verfolgten Handlungen eines Beschuldigten in ein und demselben Verfahren zu beurteilen, lässt sich den Bestimmungen der erwähnten Bundesgesetze nicht entnehmen, auch nicht Art. 68 Ziff. 1 StGB. Diese Norm ist nicht eine solche des Verfahrens, sondern der Strafzumessung, indem sie bestimmt, wie die Strafe zu bemessen ist, wenn jemand in ein und demselben Urteil für mehrere Handlungen oder wegen Verletzung mehrerer Strafbestimmungen verurteilt wird. Müsste nach der Auslegung des Beschwerdeführers immer eine Gesamtstrafe ausgefällt werden, sobald mehrere Handlungen eines Beschuldigten durch den gleichen Richter zu beurteilen sind, so hätte das zur Folge, dass der Richter gehalten wäre, nach Entdeckung jeder neuen Tat, und sei es erst durch ein Geständnis des Beschuldigten in der Gerichtsverhandlung, die Beurteilung einer früheren Handlung bis zum Abschluss der neuen Untersuchung auszusetzen, ungeachtet der Art des neuen Deliktes und der Dauer des neuen Strafverfahrens. Das würde zu Unzukömmlichkeiten führen, die mit den Zwecken einer geordneten Strafrechtspflege unvereinbar wären. Das Bundesgericht hat daher wiederholt entschieden, dass Art. 68 Ziff. 1 StGB das kantonale Prozessrecht nicht berührt und es diesem überlässt, darüber zu bestimmen, ob zwei oder mehrere Strafverfahren getrennt durchzuführen oder zu vereinigen sind (unveröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 5. Oktober 1956 i.S. Hächler und dort aufgeführte frühere Entscheidungen).
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5. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Februar 1958 i.S. Bachmann gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
 
 
Regeste
 
Art. 68 Ziff. 1 StGB schreibt nicht vor, dass mehrere Handlungen eines Beschuldigten vom Richter gleichzeitig zu beurteilen seien, sondern überlässt es dem kantonalen Prozessrecht, darüber zu bestimmen, ob mehrere Strafverfahren getrennt durchzuführen oder zu vereinigen sind.  
 
BGE 84 IV, 11 (11)Nach Art. 365 StGB wird das Verfahren vor den kantonalen Behörden, soweit es nicht durch Vorschriften des Strafgesetzbuches und des Gesetzes über die Bundesstrafrechtspflege geregelt ist, von den Kantonen bestimmt. Dass der kantonale Richter verpflichtet sei, sämtliche gleichzeitig BGE 84 IV, 11 (12)verfolgten Handlungen eines Beschuldigten in ein und demselben Verfahren zu beurteilen, lässt sich den Bestimmungen der erwähnten Bundesgesetze nicht entnehmen, auch nicht Art. 68 Ziff. 1 StGB. Diese Norm ist nicht eine solche des Verfahrens, sondern der Strafzumessung, indem sie bestimmt, wie die Strafe zu bemessen ist, wenn jemand in ein und demselben Urteil für mehrere Handlungen oder wegen Verletzung mehrerer Strafbestimmungen verurteilt wird. Müsste nach der Auslegung des Beschwerdeführers immer eine Gesamtstrafe ausgefällt werden, sobald mehrere Handlungen eines Beschuldigten durch den gleichen Richter zu beurteilen sind, so hätte das zur Folge, dass der Richter gehalten wäre, nach Entdeckung jeder neuen Tat, und sei es erst durch ein Geständnis des Beschuldigten in der Gerichtsverhandlung, die Beurteilung einer früheren Handlung bis zum Abschluss der neuen Untersuchung auszusetzen, ungeachtet der Art des neuen Deliktes und der Dauer des neuen Strafverfahrens. Das würde zu Unzukömmlichkeiten führen, die mit den Zwecken einer geordneten Strafrechtspflege unvereinbar wären. Das Bundesgericht hat daher wiederholt entschieden, dass Art. 68 Ziff. 1 StGB das kantonale Prozessrecht nicht berührt und es diesem überlässt, darüber zu bestimmen, ob zwei oder mehrere Strafverfahren getrennt durchzuführen oder zu vereinigen sind (unveröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 5. Oktober 1956 i.S. Hächler und dort aufgeführte frühere Entscheidungen).
 
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