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Informationen zum Dokument  BGE 81 IV 281  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Es ist unbestritten, dass die im Rundschreiben vom 6. Januar 1 ...
2. Sidler bestreitet auch nicht, dass die eingeklagte Äusser ...
3. Nach der vom Obergericht implicite übernommenen Feststell ...
4. Die in der "Vereinigung der Kälte-Firmen in der Schweiz"  ...
5. Der Einwand, Litschgi hätte trotzdem zu den Entlastungsbe ...
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61. Urteil des Kassationshofes vom 23. September 1955 i. S. Sidler gegen Litschgi.
 
 
Regeste
 
Art. 173 Ziff. 3 StGB.  
b) Begründete Veranlassung (Erw. 4).  
c) Privatleben (Erw. 5).  
 
Sachverhalt
 
BGE 81 IV, 281 (282)A.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte am 15. Dezember 1953 Albert Sidler zu sieben Monaten Gefängnis, weil er in den Jahren 1951 /1952 zum Nachteil einer Firma für die Installation von Kühlanlagen, bei der er damals als Kältemonteur angestellt war, wiederholt Diebstähle und Veruntreuungen begangen hatte. Wegen dieser Verfehlungen löste jenes Unternehmen im April 1952 den Dienstvertrag mit Sidler auf.
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Alfred Litschgi versandte am 6. Januar 1954 an fünfzehn Mitglieder der "Vereinigung der Kälte-Firmen in der Schweiz", deren Sekretär er ist, ein Rundschreiben, worin er u.a. ausführte:
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"Wir teilen Ihnen mit, dass Kälte-Monteur Sidler Albert von seinem früheren Arbeitgeber wegen Diebstahls und Veruntreuungen entlassen werden musste. Wir bitten Sie, bevor Sie diesen Monteur einstellen wollen, nähere Erkundigungen auf unserem Sekretariat einzuziehen."
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B.- Sidler, der sich durch diese Mitteilung in seiner Ehre verletzt fühlte, klagte gegen Litschgi auf Bestrafung wegen übler Nachrede.
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C.- Das Obergericht des Kantons Zürich wies durch Urteil vom 16. Mai 1955 die Klage ab, weil die Wahrheit des ehrenrührigen Vorwurfes bewiesen sei.
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D.- Sidler führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil vom 16. Mai 1955 sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung des Litschgi wegen übler Nachrede an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Er macht geltend, der Wahrheitsbeweis hätte nicht BGE 81 IV, 281 (283)zugelassen werden sollen, da Litschgi die ehrenrührigen Vorwürfe ohne begründete Veranlassung verbreitet habe.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
 
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BGE 81 IV, 281 (284)Für die künftigen Arbeitgeber und ihre Kunden ist es demnach unerlässlich, die Vertrauenswürdigkeit eines Bewerbers für den Montagedienst zuverlässig beurteilen zu können. Darum ist er auf Auskünfte Dritter, insbesondere früherer Arbeitgeber des Bewerbers, angewiesen.
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Diesem schutzwürdigen Bedürfnis diente die eingeklagte -Äusserung. Sidler war vom erwähnten Unternehmen für die Installation von Kühlanlagen entlassen worden, weil er während seiner beruflichen Tätigkeit Diebstähle und Veruntreuungen begangen hatte. Da diese Verfehlungen die charakterliche Eignung des Entlassenen für den Montagedienst ausschliessen, hatte Litschgi begründete Veranlassung, die übrigen Verbandsmitglieder, deren berechtigte Interessen er als Verbandssekretär zu fördern verpflichtet ist, zu orientieren, um sie vor ähnlichen Vertrauensmissbräuchen zu bewahren. Dabei hat er sich auch im Mittel nicht vergriffen. Er hat das Rundschreiben, worin er die Gründe anführte, die zur Entlassung des Sidler am früheren Arbeitsort geführt haben, unmittelbar und ausschliesslich den Verbandsmitgliedern zugestellt und diese erst noch durch einen entsprechenden Vermerk darauf hingewiesen, dass es sich um eine "vertrauliche" Mitteilung handle.
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5. Der Einwand, Litschgi hätte trotzdem zu den Entlastungsbeweisen nicht zugelassen werden dürfen, weil die eingeklagte Äusserung sich auf das Privatleben beziehe, geht fehl. Gegenstand des Privatlebens bildet nur die eigentliche Privatsphäre. Handlungen, durch die jemand aus dieser heraus an die Aussenwelt tritt, wie das gerade beim Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber zutrifft, fallen nicht mehr darunter (Urteile des Kassationshofes vom 21. Juni 1946 i.S. Witschi, vom 22. Oktober 1948 i.S. Herschdorfer und vom 30. September 1949 i.S. Blaser). Zudem übersieht Sidler, dass die Richtigkeit der dem Privatleben angehörenden Tatsachen nur dann nicht bewiesen werden darf, wenn die Äusserung ohne begründete Veranlassung vorgebracht (verbreitet) worden ist. Hat der BGE 81 IV, 281 (285)Empfänger der Mitteilung ein schutzwürdiges Interesse, über eine dem Privatleben eines andern angehörende Tatsache unterrichtet zu werden, und wird die Auskunft in der Absicht erteilt, diesem Interesse zu dienen, so sind die Entlastungsbeweise des Art. 173 Ziff. 2 StGB zulässig.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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