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Informationen zum Dokument  BGE 81 IV 60  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
2. Auch wenn sie [die Frage, ob Gross in bezug auf die dem Bogdan ...
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12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Januar 1955 i.S. Gross gegen Bundesanwaltsehaft.
 
 
Regeste
 
Art. 81 Abs. 2 ZG schliesst nicht aus, dass jemand statt als Gehilfe als Mittäter bestraft werde.  
 
Sachverhalt
 
BGE 81 IV, 60 (61)A.- David Gross und Juan Bogdanov Castillon kamen auf Vorschlag des ersteren überein, Photoapparate und Photomaterial von Deutschland nach Spanien zu schmuggeln. Gross bestellte solche Ware bei Jacobowicz in München, brachte etwa drei Viertel der Mittel auf, um sie bar zu zahlen, und verkaufte sie in Spanien weiter. Bogdanov Castillon beteiligte sich an der Finanzierung der Geschäfte zu etwa einem Viertel und sorgte für den Transport der Ware. Vom Gewinn erhielt jeder die Hälfte. In der Zeit vom 16. August 1952 bis 13. Februar 1953 führte Bogdanov Castillon auf Grund dieser Abmachung im Einvernehmen mit Gross in neun Fahrten etwa 540 kg Ware im Werte von etwa Fr. 170'280.-- in einem dazu hergerichteten Motorwagen ohne Bewilligung der Sektion für Ein- und Ausfuhr der Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (Art. 1 BRB Nr. 65 über die Beschränkung der Einfuhr vom 3. November 1950) und unter Verletzung der Zollmeldepflicht in die Schweiz ein, wobei er ausser dem Zoll von Fr. 864.-- auch die Warenumsatzsteuer von Fr. 3283.20 und die Luxussteuer von Fr. 21'285.-- hinterzog. Nach der Einfahrt in die Schweiz traf er jeweilen in Zürich mit Gross zusammen. Meistens setzte er von dort aus die Fahrt nach Spanien in Begleitung des Gross fort, wobei die beiden die Schweiz in der Gegend von Genf verliessen, ohne die mitgeführte Ware zur Zollbehandlung anzumelden.
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B.- Am 13. Oktober 1953 verfällte das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement Gross und Bogdanov Castillon in Anwendung der Art. 74 Ziff. 3, 76 Ziff. 2, 77, 82 Ziff. 5, 85 des BG vom 1. Oktober 1925 über das Zollwesen (ZG), Art. 52, 53 des BRB vom 29. Juli 1941 über die Warenumsatzsteuer (WUStB) und Art. 41, 42 des BRB vom 13. Oktober 1942 über die Euxussteuer (LStB) in je eine Busse von Fr. 102'168.--. Die Busse gegen Gross, der gerichtliche Beurteilung verlangte, wurde am 16. Juni 1954 vom Kantonsgericht und am 5. November 1954 vom Obergericht des Kantons Schaffhausen bestätigt.
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BGE 81 IV, 60 (62)C.- Gross führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an diese Instanz zurückzuweisen. Er macht geltend, es verletze Art. 81 Abs. 2 ZG in Verbindung mit Art. 333 Abs. 1 StGB. Nach ersterer Bestimmung, die als Sondernorm den allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches vorgehe, könne er entgegen der Auffassung der kantonalen Instanzen nicht als Mittäter, sondern nur als Gehilfe bestraft werden; Täter sei nur Bogdanov Castillon, der die Ware über die Grenze geführt habe. Die Unmöglichkeit von Mittäterschaft bei rein subjektiver Teilnahme an der Entschliessung oder Planung im Zollstrafrecht erhelle aus der Feststellung, dass das Zollstrafrecht ursprünglich ein Verschulden des Täters gar nicht gekannt, sondern lediglich die formelle Zuwiderhandlung gestraft habe. Also habe nach Zollstrafrecht ein Nicht-Warenführer wegen Irrelevanz der subjektiven Verhältnisse unmöglich die Deklarationspflicht und Zahlungspflichten an der Grenze verletzen sondern nur Gehilfe sein können.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
 
2. Auch wenn sie [die Frage, ob Gross in bezug auf die dem Bogdanov Castillon zur Last fallenden Widerhandlungen Gehilfe oder vielmehr Mittäter sei] zu entscheiden wäre, könnte dem Beschwerdeführer unmöglich die Stellung eines blossen Gehilfen zuerkannt werden. Nach aussen als Käufer und Wiederverkäufer der Ware auftretend, verband er sich mit Bogdanov Castillon zu einer stillen Gesellschaft, um die Ware unter Begehung der strafbaren Handlungen von Deutschland durch die Schweiz nach Spanien zu verschieben. Er steht durch seine Teilnahme am Entschlusse, aus dem diese Handlungen hervorgegangen sind, ja als geistiger Urheber des ganzen Planes, in geradezu typischer Weise als Hauptbeteiligter da und wäre daher auch nach allgemeinem BGE 81 IV, 60 (63)Strafrecht als Täter (Mittäter) zu bestrafen (BGE 69 IV 98, BGE 70 IV 102, BGE 76 IV 106). Eine Sonderbestimmung, die gemäss Art. 333 Abs. 1 StGB den allgemeinen Normen vorginge, enthält Art. 81 Abs. 2 ZG nicht. Art. 81 ZG will nicht die Täterschaft von der Gehilfenschaft abgrenzen, sondern lediglich bestimmen, dass auch Anstifter, Gehilfen und Begünstiger strafbar seien. In Abs. 1 werden diese drei Formen der Beteiligung umschrieben, und Abs. 2 stellt klar, als Gehilfe gelte insbesondere, "wer Waren liefert oder vermittelt, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten oder beschränkt ist und von denen er weiss oder annehmen muss, dass sie dazu bestimmt sind, unter Verletzung bestehender Verbote oder Beschränkungen über die Grenze geschafft zu werden." Damit wird nur gesagt, dass auch schon das blosse Liefern oder Vermitteln von Schmuggelware Gehilfenschaft sein könne, dass es also nicht etwa, weil der Lieferant oder Vermittler weder die Ware selber über die Grenze schafft, noch Auftrag dazu erteilt, straflos sei. Dass jemand, der die Ware liefert oder vermittelt, immer nur als Gehilfe zu bestrafen sei, auch wenn seine Beteiligung im einzelnen Falle die Merkmale der Mittäterschaft aufweist, wird damit nicht bestimmt. Zu einer solchen Privilegierung des Mittäters hätte auch sachlich gar kein Anlass bestanden. Inwiefern sodann daraus, dass die Zollübertretungen unter altem Zollgesetz Strafe auch ohne Verschulden nach sich zogen, die Unmöglichkeit strafbarer Mittäterschaft sich ergeben sollte, ist schon an sich unverständlich, ganz abgesehen davon, dass das geltende Zollgesetz auf dem Boden des Verschuldensstrafrechts steht, obschon es freilich den Exkulpationsbeweis dem Angeschuldigten auferlegt (Art. 75 Abs. 3, 77 Abs. 4 ZG). Die Auffassung des Verteidigers, nur der Warenführer könne Täter sein, wird zudem durch Art. 9 Abs. 1 ZG unmissverständlich widerlegt.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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